Social Web

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Neue Geschäftsmodelle. Die Frage, wie man momentan mit Dienstleistungen im WWW Geld verdienen kann, ist nicht trivial: Die Basissoftware läuft zum großen Teil auf Open-Source-Technologie, die meisten Dienste werden kostenlos zur Verfügung gestellt und die Konkurrenz ist riesig. Keine guten Voraussetzungen also, um einen Mehrwert zu generieren. Doch es gibt durchaus Ideen, mit denen Unternehmen im Web 2.0 Profite machen, z. B. über Premiummitgliedschaften, Werbung oder Nischenprodukte (siehe Kapitel 3.2.3).

10. Eigene Web-2.0-Ästhetik. Mit dem Web 2.0 entwickelte sich ein ganz eigenes Look&Feel. Dieses ist sehr verspielt, farbenfroh und kennt im Prinzip keine strengen Gestaltungsregeln. Das zeigten schon die für das frühe Web 2.0 so typischen lustigen, vokalarmen, zum Teil lautmalerischen Titel an, die mit Punkten und Zahlen angereichert wurden – z. B. lib.rario.us, Voo2do und Qooxdoo (sprich »kuckst du«). Das Webdesign selbst zeichnete sich durch bunte, kontrastreiche Farben, Badges, Bänder, Schaltflächen, Farbverläufe, Schatten und Spiegeleffekte aus. Zudem nahm man nicht mehr die ganze Breite des Browserfensters in Anspruch, sondern stellte die Inhalte in die Mitte, so dass die Seiten stärker an Din-A4-Seiten im Hochformat erinnern.


Abb. 1.6: Chocri besitzt das typische Web-2.0-Look&Feel und ist ein Beispiel für die neuen Geschäftsmodelle im Social Web.

Die Webseite »Web 2.0 Name Generator« nimmt die Ästhetik des neuen Webs ein wenig auf die Schippe und generiert per Mausklick typische Web-2.0-Namen.

Aktuell erleben wir mit dem sogenannten Flat-Design, einem grafisch minimalistischen Gestaltungsstil, bereits eine neue Generation der Web 2.0-Ästhetik, die den Anforderungen des mobilen Webs besser entspricht.

1.3.2 Definition »Social Web«

Ein Teilbereich des Web 2.0 ist das »Social Web«.2 Der Begriff fokussiert auf die Bereiche des Web 2.0, bei denen es nicht um neue Formate oder Programmarchitekturen, sondern um die Unterstützung sozialer Strukturen und Interaktionen über das Netz geht. Einen Ausgangspunkt für eine Definition bietet Hippner (2006), der jedoch den Begriff »Social Software« verwendet. Dieser umfasst für ihn:

• »webbasierte Anwendungen,

• die für Menschen,

• den Informationsaustausch, den Beziehungsaufbau und die Kommunikation

• in einem sozialen Kontext unterstützen.«

Gegenstand sozialer Software sind also Programme oder dynamische Webseiten, die die Techniken des Internets als Trägermedium für sich nutzen. Es geht dabei nicht primär darum, Verbindungen zwischen Servern herzustellen oder Daten auszutauschen, sondern Menschen als Zielpublikum dabei zu helfen, bestimmte zwischenmenschliche Interaktionen auszuführen. Diese bewegen sich vor allem in den Bereichen Austausch von Informationen oder Wissen, Herstellung von Kontakten zu anderen Personen und Unterhaltung mit diesen über das Internet. Diese Interaktionen finden innerhalb eines definierbaren Netzwerks statt, sind also zielgerichtet und durch Regeln gebunden. Hippner ergänzt seine Beschreibung noch um eine Reihe »spezifischer Prinzipien«, die wir weiter unten diskutieren werden.

Diese Definition ist in vielen Teilen auf das Social Web anwendbar. Jedoch sind hier Adaptionen nötig. Während Hippner von »webbasierten Anwendungen« spricht, nimmt er beispielsweise Instant Messaging mit auf, das nicht auf dem WWW aufsetzt. Wir plädieren dafür, das WWW als hartes Kriterium vorauszusetzen. Andere Plattformen benötigen jeweils eigene Software, während webbasierte Anwendungen im von uns gebrauchten Sinn im Browser laufen und nicht von externen Komponenten abhängen. Damit ist auch eine Abgrenzung von vielen Online-3D-Infrastrukturen wie Second Life möglich. Auch erweiterte Techniken wie Java oder Flash werden wir in diesem Buch weitestgehend ausklammern, obwohl durch die fast flächendeckende Verbreitung der entsprechenden Plug-ins hier möglicherweise von einer Kerntechnik des WWW gesprochen werden könnte.

Die Bereiche, in denen Anwendungen des Social Webs eingesetzt werden, sind zu erweitern und anzupassen. Neben dem Austausch von Informationen ist auch deren Erstellung von entscheidender Bedeutung. Wie wir in Kapitel 3.1.5 argumentieren werden, ist die elektronische Vernetzung eine entscheidende Voraussetzung für kollaborative Verfahren, die in vielen Bereichen des Social Webs eingesetzt werden, um gemeinsam etwas Neues zu schaffen. Anders als bei der individuellen Inhaltserstellung kann dieser kreative Akt ohne die Plattformen im Netz nicht stattfinden. Wir sehen daher die Kollaboration als eine wesentliche Dimension der sozialen Interaktion im Netz an. Des Weiteren werden Beziehungen im Social Web nicht nur aufgebaut, sondern auch aufgefrischt oder gepflegt, wenn dies anderweitig nicht mehr so leicht möglich wäre. Festzustellen ist, dass gerade in sozialen Netzwerken die Rückbindung an realweltliche Gruppen enorm ist, ja diese sogar häufig vor einer Kontaktaufnahme im Social Web bestehen. Beziehungspflege scheint daher ein wesentliches Moment der Partizipation in diesem Bereich darzustellen.

Der Begriff »sozial« ist im Englischen doppeldeutig und wird mit »gesellschaftlich« oder »gesellig« übersetzt. Er besitzt also sowohl eine gesellschaftliche als auch eine gemeinschaftliche Dimension. Während sich Mitglieder einer Gesellschaft dieser aus rationalen Gründen und Zwecküberlegungen anschließen, überwiegt bei der Gemeinschaft ein emotionales Moment. Beide können im Social Web gefunden werden. Dies gilt sowohl bei der Wahl der Plattformen, auf denen die Webnutzer partizipieren, als auch bei der Art der Teilnahme. Daher ist diesen unterschiedlichen Zielsetzungen in der Definition Rechnung zu tragen.

Social Software zielt auf Programme und Anwendungen ab. So sprechen Koch und Richter (2009, S. 12) in ihrer Definition des Begriffes von »Anwendungssysteme[n], die unter Ausnutzung von Netzwerk- und Skaleneffekten, indirekte und direkte zwischenmenschliche Interaktion (Koexistenz, Kommunikationen, Koordination, Kooperation) auf breiter Basis ermöglichen und die Identitäten und Beziehungen ihrer Nutzer im Internet abbilden und unterstützen.« In der Unterscheidung sind unter Social Web auch die bereitgestellten Daten sowie das soziale Geflecht der Beteiligten untereinander subsumiert. Diese tragen ganz wesentlich zur Attraktivität der Plattformen und deren Nutzen für die Websurfer und somit deren Erfolg bei. Die bereitgestellten Daten bieten die Grundlage für einen kom munikativen Austausch über die Plattform, der sonst nicht stattfinden würde. Social-Web-Anwendungen ohne zugehörige Community sind nicht denkbar, sie gehört als zwingende Voraussetzung dazu, um diesen Titel tragen zu können.

Wir schlagen in der Konsequenz des Gesagten vor, »Social Web« wie folgt zu definieren.

Das »Social Web« besteht aus:

• (im Sinne des WWW) webbasierten Anwendungen,

– die für Menschen

– den Informationsaustausch, den Beziehungsaufbau und deren Pflege, die Kommunikation und die kollaborative Zusammenarbeit

– in einem gesellschaftlichen oder gemeinschaftlichen Kontext unterstützen, sowie

• den Daten, die dabei entstehen und

• den Beziehungen zwischen Menschen, die diese Anwendungen nutzen.

Betrachtet man die Anwendungen des Social Webs, so kristallisieren sich einige Prinzipien heraus, die allen diesen Formen mehr oder weniger gemeinsam sind (vgl. Hippner 2006):

• Im Mittelpunkt steht das Individuum bzw. die Gruppe. Funktionen der Kommunikation untereinander sind wesentlich für eine Social-Web-Anwendung. Fast alle Dienste sind personalisiert, so dass die Aktionen des Einzelnen nachvollziehbar werden. Das steht im Gegensatz zu Programmen oder herkömmlichen Webseiten, die quasi anonym genutzt werden.

• Das Individuum integriert sich in die Gruppe. Einzelkämpfer, die auf Kosten der Community arbeiten, werden nicht gerne gesehen. Das ist auch verständlich. Viele Teilnehmer in Social-Web-Anwendungen stecken viel Energie in den Aufbau der Community, sie leisten dabei kostenlose Arbeit. Wer sich hier nicht integriert, stört diesen Aufbau.

• Personen, Beziehungen, Inhalte und Bewertungen sollen sichtbar gemacht werden. Es herrscht eine große Transparenz hinsichtlich der Aktionen, Daten und Zusammenhänge in Social Webs.

• Grundlage ist die Idee der Selbstorganisation. Es werden keine starren Verhaltensregeln oder Datenstrukturen vorgegeben. Die Community passt die Inhalte an ihre Bedürfnisse an und macht eine Plattform zu ihrem Medium. Dazu gehört auch, gewisse Verhaltensnormen herauszubilden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer »Demokratisierung« des Webs.

• Es wird eine soziale Rückkopplung beispielsweise in Form von Social Ratings gegeben. Freiheit der Selbstorganisation wird dadurch in Bahnen gelenkt. Beiträge werden bewertet und können nach diesen Bewertungen geordnet werden. Somit werden diejenigen belohnt, die Inhalte beisteuern, die eine bestimmte Community gerne sieht.

• Der Fokus liegt weniger auf der einzelnen Information, sondern vielmehr auf der Struktur, die aus der Verknüpfung derselben erwächst. Erst, wenn die Beiträge verbunden und miteinander in Beziehung gesetzt werden, können die Inhalte ihre Stärke ausspielen. Es wird eine Art kollektives Wissen aufgebaut.

Mit dieser Definition gewappnet, können wir uns im folgenden Abschnitt den konkreten Erscheinungsformen von Social-Web-Anwendungen widmen.

2 Praxis des Social Webs
2.1 Einteilungskriterien

Die Fülle der Social-Web-Anwendungen ist schier unüberschaubar. Zu fast jedem erdenklichen Bereich des Lebens findet man mittlerweile eine passende Community im Netz. Dennoch kristallisieren sich – ihrem Aufbau nach – gewisse Prototypen heraus, nach denen die Plattformen einzuteilen sind:

 

• Wikis fokussieren auf die kollaborative Erstellung von Texten. Ziel der Community ist es, Inhalte gemeinsam zu schreiben. Dabei steht die Sache im Mittelpunkt, der einzelne Autor ist kaum erkennbar.

• Blogs sind persönlich gefärbte Journale. Sie werden meistens von Einzelpersonen geführt und haben häufig tagesaktuelle Themen zum Gegenstand. Die Gemeinschaft entsteht durch die Vernetzung der einzelnen Blogs.

• Microblogging konzentriert sich, wie der Name sagt, auf besonders kurze Botschaften, die über eine zentrale Plattform ausgetauscht werden. Diese haben einen kommunikativen Charakter und in der Regel eine kurze Aktualitätsspanne.

• Social-Network-Dienste dienen dem Aufbau und der Pflege von Beziehungsnetzwerken. Es gibt viele verschiedene Plattformen, die sich an spezifische Gruppen wie Studenten oder Geschäftsleute richten.

• Social Sharing, gelegentlich auch als objektzentrierte Software tituliert, bezeichnet eine Gruppe von Anwendungen, die sich mit der Bereitstellung und dem Tausch von digitalen Inhalten beschäftigen. Das können beispielsweise Videos, Bilder oder Bookmarks sein.

• Daneben gibt es Elemente, die auf vielen dieser Plattformen zu finden sind. Die Quervernetzung mit RSS ist ein Beispiel dafür. Diese lassen sich nicht einer der Formen zuordnen, sondern sind als Erweiterungen zu begreifen.

Zunehmend nehmen die einzelnen Dienste auch Elemente anderer Bereiche mit auf, z. B. Blogs mit einer Social Network-Erweiterung. Wir sprechen hier von integrierten Plattformen.

Neben der technischen Herangehensweise bietet es sich an, die Anwendungen des Social Webs nach ihrem Zweck zu bestimmen. In der Literatur zum Social Web findet man häufig Einteilung der Applikationen anhand von drei Kriterien. Hippner (2006) nennt diese Information, Beziehungen und Kommunikation. Es ist jedoch festzustellen, dass der letzte Punkt kein distinktives Merkmal einzelner Formen ist. Vielmehr sind in allen Anwendungen des Social Webs kommunikative Funktionen enthalten und werden dort auch genutzt. Schmidt (2006a) spricht von Informationsmanagement, Beziehungsmanagement und Identitätsmanagement. Beziehungsmanagement und Identitätsmanagement bedingen sich gegenseitig, so dass wir diese als zwei Seiten einer Medaille begreifen.

Betrachten wir die Bereiche, die in der Definition von »Social Web« zu finden sind:

• Beim Informationsaustausch liegt der Schwerpunkt auf der Publikation und Verteilung von Objekten, die gewisse Informationen enthalten. Das können multimediale Dateien genauso wie subjektive Meinungen oder Erkenntnisse sein.

• Der Beziehungsaufbau und deren Pflege fokussiert auf zwischenmenschliche Verbindungen. Es geht darum, andere Menschen kennen zu lernen, Informationen über sie zu gewinnen oder Bekanntschaften aus der realen Welt im Netz wiederzufinden.

• Eine kollaborative Zusammenarbeit dient der Sammlung und Herstellung von neuem Wissen, Aussagen oder Erkenntnissen. Dabei gruppiert sich eine Reihe von Menschen um ein Thema, um dies gemeinsam zu bearbeiten und zu veröffentlichen

• Kommunikation bezieht sich im hier verwendeten Sinn vor allem auf den Austausch von Mitteilungen zwischen zwei Personen. Dies kann beispielsweise über Messaging-Funktionen geschehen.

In der Tendenz beziehen sich alle diese Kategorisierungen auf ein Dreieck, das auf die Entitäten Information/Daten und Person sowie die Aktion der Übermittlung (Kommunikation) aufbaut3. Wie im vorherigen Kapitel schon erläutert, halten wir die Erstellung der Informationen in der Gruppe für ein wichtiges Element und plädieren dafür, aus drei Dimensionen vier zu machen, indem man die Kollaboration mit aufnimmt. Ein Nachteil an dieser Stelle ist der Verlust geometrischer Schönheit in der Darstellung.

Zwischen den einzelnen Bereichen bestehen Wechselwirkungen. So ist eine Kollaboration ohne Kommunikation nur sehr schwer denkbar, gleiches gilt für die Beziehungspflege. Der Austausch von Informationen ist auch gegeben, wenn kollaborativ erstellte Werke im Netz zur Verfügung gestellt werden. Und der Tausch multimedialer Daten dient nicht selten der Beziehungspflege, beispielsweise bei Online-Fotoalben aus dem privaten Bereich.


Abb. 2.1: Dreiecksmodell

Wie bereits festgestellt, ist Kommunikation ein Thema, das in allen Anwendungen in mehr oder weniger intensiver Form zu finden ist. Wir vernachlässigen diese Dimension daher in der folgenden Übersicht und verbinden die restlichen Aspekte in Anlehnung an das aus der Literatur bekannte Dreiecksmodell. Ein ideales Medium, das alle drei Aufgaben erfüllt, wäre in der Mitte angesiedelt. Abb. 2.1 zeigt, wo die Autoren die genannten Typen von Social-Web-Anwendungen verorten würden.

Sehen wir uns im folgenden Kapitel die einzelnen Typen im Detail an.

2.2 Wikis

Stellen Sie sich vor, Sie browsen durch das Internet und finden auf einer Seite die Publikationsliste Ihrer Lieblingsautorin. Nur das neueste Buch ist nicht verzeichnet. Nun gibt es auf dieser Seite einen Knopf »bearbeiten«. Sie klicken ihn an, es öffnet sich ein Bearbeitungsfenster mit dem Quellcode der Seite, Sie fügen den neuen Titel ein und speichern die Eingabe ab. Der neue Titel ist sofort online. Wenn Sie eine Internetseite finden, auf der man das machen kann, dann haben Sie es höchstwahrscheinlich mit einer Wiki-Seite zu tun.

Selbstverständlich kann nun ein anderer Internetnutzer Ihren Beitrag erweitern, verändern oder rückgängig machen. So sind die Regeln. Doch diese Fähigkeit der Wiki-Software hat die Qualität des Mediums Internet tiefgreifend verändert. Und es wird schon bald keinen Arbeitsbereich mehr geben, der nicht in der einen oder anderen Form ein Wiki als Plattform nutzt – ob für die gemeinsame Wissenssammlung, zur Vorbereitung von Projekten oder zu Dokumentationszwecken.

Was sind eigentlich Wikis? Im Mittelpunkt von Wiki-Projekten steht der gemeinsam erarbeitete Text. Ein Wiki ist eine webbasierte Software, die es allen Betrachtern einer Seite erlaubt, den Inhalt zu ändern, indem sie diese Seite online im Browser editieren. Damit ist das Wiki eine einfache und leicht zu bedienende Plattform für kooperatives Arbeiten an Texten und Hypertexten. Sowohl Wikis als auch Blogs arbeiten meistens mit einer vereinfachten Layoutsyntax, die das Erstellen von Inhalten nicht schwerer macht als das Schreiben von E-Mails. Für anspruchsvollere Nutzer stellen die meisten Systeme mittlerweile einen WYSIWYG-Editor zur Verfügung.

Das heißt, die eigentliche Revolution des Wiki-Ansatzes besteht im Berechtigungssystem. Alle Nutzer haben zunächst gleiche Bearbeitungsrechte. Diese können freilich eingeschränkt werden. Aber grundsätzlich ist der Vertrauensvorschuss bei Wiki-Projekten Grundlage jeder Kooperation. Es handelt sich um ein echtes Many-to-many-Medium. Alle Beteiligten arbeiten am gleichen Text. Der zufällige Leser sieht immer die aktuelle Fassung des Artikels.


Abb. 2.2: Beim Wiki steht die gemeinsame Arbeit an einer Artikelsammlung im Mittelpunkt.

Damit es nicht zu einem größeren Chaos kommt, besitzen Wiki-Seiten eine Versionierung, über die alle Änderungen nachvollzogen werden können. Über spezielle Seiten kann man sehen, welche Seiten zuletzt oder sehr häufig bearbeitet wurden und somit einen Brennpunkt darstellen.

Der Gemeinschaft kommt bei Wikis eine sehr große Bedeutung zu. Nur wenn sich die Teilnehmer kooperativ verhalten, kann ein Wiki funktionieren. Andererseits handelt es sich um ein tendenziell demokratisches Medium mit flachen Hierarchien, bei dem der Einzelne eine gewichtige Stimme hat.

Merkmale:

• Jeder Teilnehmer darf Inhalte editieren.

• Beiträge können je nach Konfiguration des Wiki-Systems anonym oder nur mit Registrierung erfolgen.

• Die Daten liegen nicht in strukturierter Form vor.

• Die Strukturierung und Ordnung der Inhalte wird komplett den Nutzern übertragen.

• Nutzer können neue Seiten anlegen und die Verweisstruktur verändern.

• Die Vorgehensweise ist ergebnisorientiert und man sieht jeweils die neueste Fassung.

• Der Benutzer rückt als Person in den Hintergrund.

2.2.1 Geschichte

Das allererste Wiki. Dieses wurde unter dem Namen WikiWikiWeb bereits 1995 von Ward Cunningham entwickelt. Der Entwickler suchte aus Unzufriedenheit mit den gängigen Textverarbeitungsprogrammen nach einem neuen Dokumentationssystem, das stärker den Bedürfnissen eines Programmierers entspricht. Sein Ziel war die Erstellung einer möglichst einfachen Software, die es ermöglichen sollte, gemeinschaftlich an Softwarecodes zu arbeiten und diese sofort zu veröffentlichen. Das neue Programm sollte alle Bearbeitungsschritte automatisch dokumentieren, um Änderungen leichter nachvollziehen zu können. Ideengeber für Cunningham war der Shuttlebus vom Flughafen Honolulu zum Strand: der Wikiwiki Bus. »Wikiwiki« ist ein hawaiianisches Wort und bedeutet so viel wie »schnell« oder »sich beeilen«. Der Name steht für die Programmatik der Wiki-Software, schnell und unkompliziert Inhalte zur Verfügung zu stellen. Am Ende ging der erste Wiki-Server ans Netz und ist bis heute in Betrieb. Seitdem wurden zahlreiche Weiterentwicklungen von Cunninghams erstem Wiki veröffentlicht, sogenannte Klone. Die meisten davon wurden unter eine Open-Source-Lizenz gestellt und sind kostenlos verfügbar. Prominente Vertreter sind MediaWiki, TWiki oder DokuWiki.


Abb. 2.3: Startseite der chinesischen Wikipedia

Wikipedia. Nach Wards Wiki entstanden weitere Wiki-Communitys, z. B. das berühmte MeatballWiki, in dem sich die Autoren stark mit Online-Communitys an sich auseinandersetzen. Aber erst mit dem Erfolg der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia wurden Wikis einem breiteren Publikum bekannt. Bei Wikipedia wird das Wiki-Konzept eingesetzt, um enzyklopädisches Wissen kooperativ »von unten« erarbeiten und darstellen zu können. Allein in der deutschsprachigen Ausgabe wurden von Mai 2001 bis August 2015 über 1.838.000 Artikel gemeinsam erarbeitet. Flaggschiff der Wiki-Technologie bleibt jedoch die englische Ausgabe, für die bis August 2015 rund 5 Millionen Artikel geschrieben wurden. Weltweit existiert Wikipedia in rund 300 Sprachen.

Corporate Wikis. Parallel dazu hat das Wiki eine – naturgemäß weniger sichtbare – Karriere in den Intranets größerer Firmen wie Motorola oder SAP gemacht, wo es vornehmlich als Projekt- und Wissensmanagement-Werkzeug verwendet wird. Gerade IT-Abteilungen verwenden Wikis in ihrer täglichen Arbeit. Die Entwicklung eigener Corporate oder Enterprise Wikis, die ihr Angebot an den organisatorischen und rechtlichen Bedürfnissen von Unternehmen ausrichten, läutete eine neue Phase ein. Eines der frühen Systeme, das auf diesen Zweck hin optimiert wurden, ist TWiki. Die kommerziellen Nachfolger sind häufig proprietäre Software, für die eine Lizenz bezahlt werden muss, wie z. B. für das australische Confluence-Wiki.

Andere Verbreitungswege. Daneben gab es von der Öffentlichkeit unbemerkt weitere Verbreitungswege der Wiki-Software. So kennen beispielsweise viele Onlinespieler Wikis von Dokumentationen von Spielregeln und Spielstrategien. Auch andere Nutzergruppen, sogenannte Special-Interest-Gruppen, nutzen Wikis schon seit geraumer Zeit, um sich über Autos, Software, Fernsehserien, Bildung oder Städte auszutauschen. Als typisches Beispiel ist hier das »Game of Thrones«-Wiki zu nennen. Es nutzt den Dienst »Wikia«, der sich auf diese Zielgruppen spezialisiert hat.