Buch lesen: «Düstere Märchen», Seite 2

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Das Mädchen antwortete fast schon gefühllos: „Nachschub holen und das kann Stunden dauern.“

Er führte die Kinder aus dem Haus, nachdem er ihnen Kleidung gegeben hatte und auch schließlich raus aus dem dunklen Wald, der auch zu ihrem Grundstück gehörte.

Als er sich vergewisserte, dass die Kinder allein nach Hause finden würden, eilte zu seinem Haus zurück um vor Gret da zu sein und um ihn zu warnen.

All diese Geschehnisse dauerten weniger als eine Stunde. Als er nun sein Haus wieder betrat, hatte sich nichts verändert, keiner war da, nicht mal die Hexe.

Er eilte in die Küche und öffnete die Luke zum Ofen in dem immer noch das Fleisch köchelte. Er packte das Stück, was die Form eines Torsos hatte, trug es mit Tüchern, welche ihn vor der Wärme schützten, mit sich und warf es in den brennenden Kamin des Wohnzimmers.

Auf dem Fleisch, was nun im Feuer lag bildeten sich immer mehr Verbrennungen an der Oberfläche, es löste sich immer schneller auf und zerfiel komischerweise binnen von Minuten zu Asche. „Was hast du getan?“, erschallte es hinter ihm.

Hensel drehte sich um und erblickte seine neue Mutter mit der schwarzen Katze im Arm. Panik stieg nun in dem Jungen auf, wusste er doch durch die Kinder, zu was diese Frau fähig war. Er versuchte aber selbstbewusst zu wirken: „Ich habe die hilflosen Wesen befreit, die du gefangen gehalten hast.“

Er betrachtete sie genau. Diese Frau, die sich für Anfang zwanzig oder Mitte dreißig ausgab, war schon wieder um Jahre gealtert. „Ich brauche diese Kinder, sonst bin ich nur ein Altersschwaches ..?“

Hensel beendete wutgeladen ihren Satz „..Monster. Die Kinder haben mir erklärt, dass du sie essen wolltest um ewige Jugend zu erhalten, aber eine Frage musst mir mir beantworten. Wenn du nur hinter der Jugend her bist und dafür Kinder essen musst, wieso hast du meinen Vater um den Finger gewickelt und bist hier?“

Die Frau, die sich immer weiter in ihre derzeitige Situation hineinsteigerte, schrie: „Ich bin schön und jung und habe ein Leben in Reichtum und Liebe einfach verdient! Aber du willst mich leiden sehen! Du willst nicht das ich bleibe und das werde ich alles deinem Vater sagen!“

Die schwarze Katze sprang wieder blitzschnell auf den Jungen zu und attackierte ihn erneut. Der Junge versuchte, die Katze, die sich in ihm festgekrallt hatte, abzuschütteln, taumelte und fiel auf die Kante des Tisches, der neben dem Kamin stand. Er blutete stark, sein Kopf schmerzte und er blieb bewusstlos am Boden liegen.

Gret war gerade auf den Weg vom Markt wieder zurück nach Hause. Um alles für die schräge Stiefmütter von Hensel zu besorgen, hatte er Stunden gebraucht.

Letztendlich hatte er aber alle Einkäufe erledigt und stand jetzt wieder vor seinem geliebten Zuhause, welches allerdings anders wirkte als noch einige Stunden zuvor. Das Haus schien jegliches Leben verloren zu haben. Es brannte keine Kerze und alles war dunkel und düster.

Nichtsdestotrotz betrat er das Haus, da er sich um Hensel sorgte. Gretel stellte die Einkäufe in der dunklen und unbeheizten Küche ab, wo nur der Ofen brannte.

Er blickte sich unbeirrt um und streifte durch das Untergeschoss, wo er versuchte, seinen Freund zu finden. „Hensel, wo bist du?“

Der Rufende wurde immer panischer und fing an zu schreien, eine Antwort erhielt er schließlich aber nur von einer ihm verhassten Person. Die Hexe stand, wie bei Hensel auch schon, mit ihrer Katze auf dem Arm vor ihm, ihr Gesicht war mit einem Schleier verhüllt und ihr Körper nach vornüber gebeugt. „Schrei nicht so herum, der Junge ist weg.“

Gret ignorierte sie und rannte ins Wohnzimmer, aus dem sie gekommen war und zum erloschenen Kamin. Dort kniete er sich nieder um einige Blutstropfen auf dem Boden zu finden. Die Hexe stand nun auch wieder hinter ihm. Er drehte sich um und fauchte sie an: „Was hast du ihm angetan?! Er ist unschuldig!“

Die Frau antwortete nicht. Er griff sie an, schlug auf sie ein, riss ihr im Handgemenge den Schleier vom Gesicht und sprang zum Kamin zurück. Dort angekommen suchte er nach einer Waffe und griff nach einem der Schürhaken, die immer dort standen. Er blickte die Frau wieder, mit der Waffe in der Hand, an und erschrak beim Anblick, welcher sich ihm bot.

Gret musterte ihr gealtertes, verunstaltetes und vernarbtes Gesicht. „Du bist eine verdammte Hexe! Oh Gott und ich habe es noch nicht mal gemerkt? Ich hatte zwar ein ungutes Gefühl, aber ich dachte, das liegt daran, dass ich eifersüchtig bin, weil du meine Welt, mit deiner Anwesenheit zerstörst.“

Die Hexe kicherte grell. „Du konntest mich auch nicht erkennen. Durch die Kinder, die ich gegessen habe, konnte ich mein Selbst sehr gut verschleiern. Schade ist nur, dass dein Freund mein Essen freigelassen hat. Jetzt muss ich mir wieder neues züchten, aber keine Angst: Er hat dafür bezahlt. Leider war er zum essen zu alt.“

Gret war schockiert und dachte, sich verhört zu haben. Sein Hensel, den er liebte, hatte dafür bezahlt, dass er kleine, unschuldige Kinder gerettet hatte? Er hob zornesbleich den Schürhaken und rannte schreiend auf sie zu. „Du hast ihn doch nicht etwa getötet?! Weißt du, ich bin einmal ein Hexenjäger gewesen. Erlernt habe ich das Handwerk von meiner Familie. Vor so vielen Jahren habe ich dieses Leben schon aufgegeben, weil ich irgendwie Mitleid mit den Kreaturen hatte, aber jetzt verstehe ich endlich den Sinn hinter unserer Arbeit.“

Er stürzte auf sie zu und schlug der Hexe mit dem Eisenhaken ins Gesicht. Die Frau schrie vor Schmerzen auf und ihr Gesicht, mitsamt der Haut und der Augen, begann sich vom Knochen zu schmelzen. Die Hexe floh angsterfüllt vor ihrem Peiniger in Richtung Küche. Sie hätte nicht gedacht, dass er so etwas mit ihr anrichten würde.

Gret ließ aber nicht locker, er war auf Rache aus, weil er seinen Geliebten Hensel für tot hielt und verfolgte sie in einem schnellen Schritttempo. „Weißt du, wieso sich dein Gesicht auflöst? Du bist eine Kreatur von der finsteren Seite der Welt und hast dich dem Teufel verschrieben. Auch wenn es nun vielleicht etwas spät kommt, Eisen ist eine eurer Schwächen. Solche Wunden heilen bei euch niemals. Selbst wenn du überlebst, wird es dich in alle Ewigkeit als Hexe zeichnen.“

Die Hexe versuchte ihr Gesicht durch ihre Hände aufrechtzuerhalten, bevor es komplett schmolz aber vergeblich. Sie war verzweifelt und flehte ihn an: „Bitte, ich will noch nicht sterben. Sei nicht mehr so wütend auf mich. Weißt du, dein kleiner Freund, er lebt noch, ich habe ihn im Keller angebunden. Er blutet zwar, aber er lebt. Bitte geh hinunter, befreie ihn und wenn ihr wieder heraufkommt, bin ich weg. Ihr werdet mich nie wieder sehen.“

Die neue Frau von Hensels Vater hatte sich mittlerweile vor dem geöffneten Ofen geflüchtet. Diesen Ort liebte sie am meisten in diesem Haus, da sie dort ihrer Lieblingsaktivität, dem Backen, nachgehen konnte.

Gret überlegte ob er sie entfliehen lassen sollte. Er dachte an seine Gründe, die Jagd nicht mehr durchzuführen und blickte in die Unendlichkeit der Flammen, die noch im Ofen loderten: „Wie alt bist du nun eigentlich wirklich und komm uns nicht wieder mit Anfang zwanzig oder Mitte dreißig?“

Die Hexe rührte sich nicht von der Wärme des Ofen weg: „Zweihundertachtzig!“

Gret ging auf sie zu. „Du hast dein Leben nur durch unschuldiges, anderes Leben verlängert. Deine Lebenserwartung ist aber eigentlich um mehr als das Vierfache überschritten. Wie viele Kinder mussten für diesen Frevel sterben?“

Sie antwortete nicht, doch natürlich musste sie das auch nicht, er wollte die Antwort auch gar nicht wissen. Er schritt weiter auf sie zu, rammte ihr den Schürhaken in die Brust und stieß sie mit aller Kraft in den Ofen. Noch während sie erbärmlich aufschrie, schloss er die Ofentür.

Die Hexe jaulte erbärmlich auf und jammerte um Hilfe. Gretel, der nicht auf sie hören wollte, schloss die Klappe komplett und die Geräusche verstummten mit dem Schließen.

Der Verursacher beobachtete die Szene noch einige Sekunden und verschwand dann in Windeseile Richtung Keller. Er hoffte inständig, dass diese Frau nicht gelogen hatte.

Er rief verzweifelt nach seinem Freund und hörte wenige Momente später endlich eine Antwort.

Er stürmte zum Ursprung und stand auch schon vor ihm. Hensel war an Armen und Beinen gefesselt und blutete am Kopf, aber sonst schien er unversehrt. Gret rannte zu ihm und berührte sein Gesicht. „Oh mein Hensel, du blutest. Bitte Verzeih mir, dass ich deine Bedenken so lange ignoriert und als Träumereien abgetan habe.“

Hensel lächelte nur gequält: „Das ist alles halb so schlimm, aber könntest du mich bitte losmachen. Ich weiß, was hier unten geschehen ist und bin noch ganz traumatisiert davon.“

Gret reagierte sofort, befreite Hensel und umfasste seinen Oberarm. Er führte seinen Freund aus dem Keller und noch während das passierte, erzählte er erneut von seiner Familie, die nicht nur einfache Jäger sondern Hexenjäger waren.

Als sie aus dem Keller wieder herauskamen, warteten schon Hensels Vater und einige junge Männer, die sich für die Taten ihrer Eltern an der Frau des Holzfällers schämten, aus dem naheliegenden Dorf auf sie. Der Vater trat zu seinem Sohn, der von Gret immer noch gestützt wurde. „Mein armer Junge, ich habe alles von unseren Nachbarn gehört und die haben es von den Kindern. Ich bin Schuld, ich habe mich entwickeln lassen. Wo ist die Hexe jetzt?“

Hensel wusste nichts drauf zu sagen, so sprach Gret für ihn: „Ich habe die Hexe im Ofen verbrannt und Hensel hat die unschuldigen Kinder befreit, die im Keller angebunden waren.“

Der Vater lächelte: „Das Hensel ein Held ist, wissen wir doch schon längst. Die Kinder haben es uns gesagt. Also ist sie jetzt wirklich tot?“ Gret sah den Vater von Hensel an und nickte. „Die Hexe ist tot, kein Kind muss sich mehr vor ihr fürchten.“

Einige Wochen waren mittlerweile seit den Ereignissen vergangen, alles hatte sich wieder zur Normalität gewandelt. Während der Vater weiter seinen beruflichen und privaten Alltag pflegte, trainierten die beiden jungen Männer eifrig im Garten.

Hensel wurde von Gret durch einen gezielten Schlag zu Boden geschickt, richtete sich aber gleich wieder auf um sich auf die Wiese zu setzen: „Gret, du bist immer noch so gut trainiert, wieso hast du eigentlich wirklich aufgehört ein Jäger zu sein?“

Der ehemalige Jäger setzte sich neben ihn und erklärte: „Weißt du, es ist schon schön ein Held zu sein und die Dankbarkeit der Menschen zu genießen, aber ich wollte damals einfach nur normal sein. Ich wurde siebzehn Jahre lang zum Jäger ausgebildet und beneidete die anderen Kinder, dass sie einfach ihren Weg gehen konnten. Außerdem haderte ich mit Gedanken über die Wesen, die wir töteten. Ich glaubte nicht, dass sie alle böse sind. Doch trotz alldem muss ich sagen, dass ich meine Ausbildung nicht bereue. Sie hat uns beiden das Leben gerettet. Wir wären sonst gestorben.“

Hensel blickte ihn mitfühlend an. „Du hast recht, ich weiß ja wie du aufgewachsen bist. Wir machen das hier ja auch nur um uns zu verteidigen, wenn mein Vater sich wieder mal in eine Hexe verlieben sollte.“

Er sah sich um und dann seinem Freund in die Augen. „Alles, was ich mir wünsche, ist für immer mit dir hier in diesem Haus zu Leben.“

Gret lächelte ebenfalls, beugte sich vor und gab Hensel einen langen, zarten Kuss auf die weichen, roten Lippen: „Das wünsche ich mir auch.“

Beide blickten dann in die unendlichen Weiten des blauen Himmels und so lebten sie glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage.

Die zwei Brüder - Drachenjäger

Es war einmal in einem fernen und unbekannten Land. Dort lebten zwei Brüder, die sich über alles liebten und immer zusammenhielten.

Die beiden saßen zitternd in einer Ecke ihres brennenden Kinderzimmers und hatten schon mit dem Leben abgeschlossen. Beide weinten und verschlimmerten dieses jedes Mal wenn sie einen weiteren Schrei des gefährlichen, roten Feuerdrachen, der ihr väterliches Schloss angriff, hörten.

Die Kinder hatten mit angesehen, wie ihr Vater als erster bei der Verteidigung ihres Zuhauses gestorben war. Die beiden waren dann verängstigt und aufgelöst in ihr Zimmer gerannt und hatten sich dort unter dem Bett versteckt.

Die beiden wussten, dass sie nun allein in der Welt waren, da ihre Mutter schon lange nicht mehr am Leben war, sie war bei der Geburt der Zwillinge gestorben.

Als dem jüngeren der beiden, Ludwig, das klar wurde, tröstete er seinen fünfzehn Minuten älteren Brüder Wilhelm und zog ihn mit sich auf die Beine und unter dem Bett hervor. „Komm Will, wir müssen weglaufen, sonst werden wir verbrennen.“

Will stand nun auf seinen eigenen Beinen, weinte aber immer noch. „Aber es brennt überall und wir kommen hier allein nicht raus, wir sind doch erst sechs.“

Ludwig streichelte seinem großen Bruder über das schwarze Haupt. „Weißt du nicht mehr, was Papa einmal zu uns gesagt hat? Wenn wir in Gefahr sind, sollen wir fliehen und leben. Im Schrank ist doch der Geheimgang, der in die Berge führt. Wir müssen ihn einfach nehmen und schon sind wir draußen.“

Die beiden Junge begannen zu husten, da das Feuer und der Rauch immer dichter wurden, allerdings krabbelten sie ohne größeren Schaden zu nehmen in den Schrank, welcher zum Glück feuerfrei war und folgten dem langen, dunklen Geheimgang nach draußen.

Sie blickten sich noch einmal zu ihrem Schloss um, doch der Drache speite immer noch sein todbringendes Feuer und so verschwanden die Jungen so schnell sie nur konnten in eine unbekannte Richtung.

Am Anfang völlig auf sich gestellt schafften die Beiden es recht gut, sich durchzuschlagen, denn auch wenn sie nur mit dem geflohen waren, was sie am Körper trugen, fand jeder von ihnen jeden Morgen nach dem Aufstehen eine Goldmünze. Diese Gabe hatten sie einer guten Fee, die sehr gut mit ihrer Mutter befreundet war, zu verdanken.

Sie zogen von Dorf zu Dorf auf der Suche nach jemanden, der sie nach Hause begleiten würde, um nachzusehen ob noch etwas von ihrem Schloss übrig war, es Überlebende gab und um den Drachen zu töten.

Nach einigen Fehlversuchen und nachdem sie die Suche schon fast aufgeben wollten, fanden sie einen jungen Jäger, der wohl um die zwanzig war, der sofort fasziniert von ihnen war.

Er begleitete die schwarzhaarigen Zwillingsbuben mit den grünen Augen zu ihrem Zuhause. Allerdings war alles zu spät, kein Stein war mehr auf dem anderen, kein Mensch mehr zu sehen und alles niedergebrannt. Der Drache allerdings war auch gestorben, unendlich viele Speere steckten in seinem Leib und hatten ihm wohl sein Leben gekostet.

Die Kinder waren aufgelöst und weinten bitterlich als sie all dies sahen, doch der Jäger tröstete sie und versprach, wenn sie wollten, ihr neuer Vater zu werden. Der Mann hatte die Jungen während der Reise lieb gewonnen, außerdem hatte er sich schon immer Kinder gewünscht, aber dazu nie die passende Frau gefunden.

Die Jungen mochten den Jäger auch recht gerne und da alles besser war als allein zu sein, stimmten sie zu. Allerdings stimmten sie einer Adoption nur zu, wenn der neue Vater sie in der Drachenjagd unterrichten würde.

Nachdem alle eingewilligt hatten, ließen sich die drei unweit des elterlichen Schlosses in einem verlassenen Bauernhaus nieder.

Der Vater begann wie versprochen, nach einer Eingewöhnungszeit, die Kinder fortan zu unterrichten. Er hob auch die Goldstücke, die sie jeden morgen fanden, für sie auf, damit sie später, wenn sie erwachsen waren, ein Auskommen hatten auch, wenn sie mal keine Arbeit finden würden.

Einige Jahre lebten sie glücklich, die Zwillinge waren mittlerweile sechzehn. Beide waren gute Jäger geworden und begleiteten den Ziehvater immer wieder auf die Jagd.

Die Jungen hatten sich sehr gut entwickelt, beide waren groß, gutaussehend und muskulös geworden. Sie hatten sich ihre Haare lang wachen lassen und waren äußerlich nun gar nicht mehr auseinander zu halten. Doch am Charakter merkte man sofort, wer der Zwillinge wer war, Wilhelm war immer noch etwas mitgenommen von den Geschehnissen der Vergangenheit und sensibel und Ludwig ein Draufgänger geworden, dem nur sein Bruder wichtig war.

Beide waren vom Jäger auch zu guten Drachenjägern ausgebildet geworden und es war an der Zeit, dass sie sich als unabhängige Jäger bewiesen. Der Vater beschloss, nachdem er ihnen nichts mehr beibringen konnte, dass es nun an der zeit war, die Ausbildung zu beenden und er suchte für sie je einen Drachen, den sie töten sollten.

Er beobachtete mit dem jeweils anderen Bruder das Geschehen aus der Ferne um bei Bedarf einzugreifen, aber beide schafften ihre Prüfung allein und schlossen sie mit Bravur ab. Nachdem der Vater dies gesehen hatte, sprach er beide als Jäger frei. Nun konnten sie selbst Jäger ausbilden, sich sogar Drachenjäger nennen und in die Welt konnten sie nun auch allein hinausziehen.

Allerdings wollte er sie nicht gehen lassen. Er wollte sie immer bei sich behalten und so verschwieg er diesen Aspekt, er war ohnehin der Meinung, dass sie mit sechzehn dazu noch viel zu jung waren.

Die Zwillinge jedoch wussten auch so davon, denn sie warteten nur darauf und wollten die Welt sehen und sahen sich nach der bestanden Prüfung dafür bereit, in die Welt zu ziehen und so ließ er sie schweren Herzens ziehen.

Er gab ihnen zum Abschied noch je ein gutes Breitschwert, das gesparte Geld und eine gute Armbrust. Er umarmte noch jeden von ihnen herzlich. „Meine lieben Jungen, bitte vergesst mich nicht. Passt immer auf euch auf und streitet euch niemals. Wenn ihr euch jemals trennen solltet, so rammt die Schwerter in die Mitte eines Baum an einer Gabelung. So könnt ihr immer sehen wie es den jeweils anderem geht. Wenn die Klinge blank bleibt, ist alles in Ordnung, wenn sie aber rostet, ist eurem Gegenstück etwas passiert. Aber beachtet: Solange es immer noch eine blanke Stelle gibt, ist eine Rettung nicht aussichtslos.“

Sie versprachen alles zu beachten und winkten sich nun alle noch traurig gegenseitig zum Abschied zu. Während der Jäger nun allein zurückblieb, freuten sich die Zwillinge die Welt zu erkunden.

Nachdem sie einige Stunden unterwegs waren, plagte sie der Hunger und kein Gasthaus oder Dorf war weit und breit zu sehen.

Da der Hunger doch zu groß war, um noch länger warten zu können, beschlossen sie diesmal keine Drachen sondern Tiere zu jagen, um die dann zu essen.

Nachdem sie etwas gesucht hatten, fanden sie einen fetten Hasen. Den Brüdern lief das Wasser im Munde zusammen. Der Jüngere setzte die Armbrust an und wollte schießen, aber dann begann der Hase mit ihnen zu sprechen. Er bettelte um sein Leben und und versprach ihnen dafür zwei seiner Jungen. Die Zwillinge wussten nicht wie sie reagieren sollten. Sprechende Tiere hatten sie noch nie gesehen und sahen sich nur skeptisch an. Diese Unsicherheit der Jäger nutze der Hase aus, hoppelte davon und ließ seine Kinder einfach zurück.

Während die kleinen Häschen ihren Vater nicht zu vermissen schienen, hoppelten sie nur freudig um die Brüder herum. Diese fanden nun ihre Sprache wieder und Ludwig stürzte sich sofort auf sie und packte sie an den Ohren. „Zwar etwas klein, aber für jeden einen, das reicht bis wir etwas anderes finden.“

Wilhelm war schockiert und riss sie seinem jüngeren Bruder aus der Hand. „Das sind doch noch Babys, die können wir nicht essen.“

Der jüngere Bruder verzog das Gesicht und starte ihn an, konnte aber nicht widersprechen, nachdem er gesehen hatte wie die kleinen Häschen in den Armen seines Bruders mit diesem kuschelten und spielten. „Okay, ich kann das nun auch nicht mehr. Dann suchen wir eben weiter.“

Die beiden Brüder suchten also weiter und fanden einen Fuchs. Wieder legte der Jüngere an und wollte schießen. Er dachte zwar, Fuchs ist nicht so sein Fall, aber immerhin war es Fleisch.

Doch auch hier begann der Fuchs zu sprechen und bat um sein Leben. Im Gegenzug ließ auch dieses Tier zwei seiner Jungen da und verschwand.

Auch hier wollte der jüngere Brüder die beiden Tiere essen, aber der ältere setzte sich auch für diese ein. Die beiden Jungfüchse trotteten nun hinter ihnen her.

Auf ihrer weiteren Suche nach Essen stießen sie erst auf einen Wolf, dann einen Bären und zum Schluss auf einen Löwen. Der Jüngere wollte die wilden Tiere töten, damit sie niemanden verletzten konnten, aber auch diese baten um ihr Leben und ließen dafür, dass sie verschont wurden, ebenfalls je zwei ihrer Kinder zurück.

Die Suche nach Essen jedoch musste fortgesetzt werden, da auch hier der Ältere darauf bestand, die Kleinen weder zu essen noch zu töten, sondern dass sie sie begleiten sollten, sie würden ohne ihre Eltern ohnehin nicht überleben.

Als sie nun keine Tiere mehr fanden, beschlossen sie weiterziehen um vielleicht ein paar Früchte des Waldes zu finden.

Ludwig, der lieber etwas Fleisch gegessen hätte, beschwerte sich ununterbrochen, dass er es kaum noch aushalten konnte vor Hunger.

Wilhelm wiederum versuchte ihm, immer noch die Hasen auf dem Arm und die anderen Tiere hinter sich, abzulenken und lächelte. „Was ist das nur für ein komischer Wald, dass die Tiere hier alle reden können.…?“

Ludwig vergaß für einen kurzen Moment seinen Hunger und unterbrach ihn und setzte den Satz nach seiner Interpretation fort. „...und ihre Kinder loswerden wollen.“

Beide begannen zu lachen, wurden aber von den Füchsen nach kurzer Zeit unterbrochen. „Wir können euch den Weg weisen und euch zu einigen Beeren führen.“

Ludwig bekam große Augen und sagte etwas zu laut. „Also seid ihr doch für etwas gut. Dann los mit euch, zeigt uns den Weg, bevor ich euch doch noch essen. Wir werden euch folgen.“

Die beiden Füchse führten sie wieder tiefer in den Wald und hielten erst bei einigen Sträuchern voll mit Erdbeeren und Himbeeren an. Ludwig stürzte sich sofort darauf und pflückte alle reifen Beeren ab.

Die Brüder und auch die Tiere setzten sich im Kreis auf und teilten die Beeren unter sich auf. Während sie aßen, erzählten die Brüder ihren neuen Freunden alles über ihre Vergangenheit, dass sie als Prinzen geboren worden waren, ihre Eltern gestorben und sie vom Jäger aufgenommen worden waren und dieser sie dann ausbildet hatte und sie nun auf Drachenjagd waren. Die Tiere waren davon so beeindruckt, dass sie das auch alles unbedingt machen wollten und sich ihnen gerne anschlossen und helfen wollten.

Nachdem alle satt waren, legten sie sich zum Schlafen hin, die Zwillinge nebeneinander im weichen Moos eines Baumes, die Hasen kuschelte sich wieder in Wilhelms Arme und die anderen Tiere legten sich um sie herum.

Einige Tage lebten sie nun so weiter, waren glücklich und vergnügt und die Zwillinge versuchen Aufträge als Drachenjäger zu finden, aber leider vergeblich. Diese Gegend war sicher, aber alles andere wäre auch nicht recht. Da diese Gegend zum Gebiet von ihnen und ihrem Vater gehörte und da 3 Drachenjäger hier lebten, wäre es eine Schande gewesen, wenn Drachen die Menschen tyrannisieren würden.

Sie blieben mit ihren Tieren noch einige Tage im Dorf und sammelten Informationen. Sie erfuhren, dass der weitere Weg sich in zwei Richtungen aufteilte und in beiden Richtungen von Drachen gesprochen wurde, gegen die niemand kämpfte oder sie besiegen konnte.

Als sie an der Gabelung ankamen und überlegten, sprach Wilhelm schweren Herzens: „Komm, lass uns die Tiere teilen und uns trennen. Wir werden überall gebraucht um die Unschuldigen zu retten.“

Ludwig erschrak. Seit dem Tod ihres Vaters waren sie niemals getrennt gewesen und er hatte immer auf seinen großen Bruder geachtet und ihn vor Leid beschützt. „Warum? Zusammen sind wir stark und schaffen alles.“

Wilhelm umarmte sein Gegenstück und wirkte genauso traurig wie sein Bruder. „Ich weiß, aber hier braucht man uns beide auf verschiedenen Schlachtfeldern. Wir müssen die Menschen von den Leiden der Drachen befreien, sonst geht es ihnen noch wie uns damals.“

Ludwig sprach erneut auf ihn ein: „Aber wir können doch auch zusammen erst in die eine und wenn wir dort fertig sind in die andere Richtung ziehen? Auf einige Wochen mehr kommt es doch auch nicht an!“

Will streichelte dem Kopf seines Bruders. „Das können wir doch nicht machen, die Menschen leiden lassen, während wir lachen und spielen. Wir...“

Ludwig unterbrach ihn. „Aber was ist, wenn dir etwas passiert? Ich habe schon immer auf dich aufgepasst. Was ist..?“

Nun unterbrach ihn Will. „Dafür bin ich dir sehr dankbar. Aber du musst zugeben, dass ich die Jägerprüfung auch ohne Hilfe mit Bravur bestanden habe.“

Ludwig stimmte ihm zu. „Ja, aber dabei bin ich tausend Tode gestorben.“

Wilhelm wusste, dass sein Bruder ihn immer wegen seiner Schüchternheit und weil er ihr erstes Abenteuer nicht so gut weggesteckt hatte, beschützte, aber nun war es auch für ihn an der Zeit selbstständig zu werden. „Ich danke dir für alles, aber dieses eine Mal sollten wir uns treffen. Wir treffen uns dann, in einem Jahr an dieser Gabelung wieder und machen das, was Vater gesagt hat. Wir rammen unsere Schwerter in den Baum und wenn sich einer um den anderen sorgt, kommt er hier her und sieht sich das Schwert an. Ist es blank so gibt es kein Grund zur Sorge. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass wir schließlich auch noch unsere Tiere haben, diese können uns auch helfen.“

Ludwig war immer noch nicht einverstanden. „Und wenn ich einmal nach den Schwertern sehe und deines ist verrostet? Was soll ich dann machen, mir Vorwürfe machen und weiterleben?“

Wilhelm löste sich von ihm und begann die Tiere aufzuteilen, jeder sollte eines von den verschiedenen Arten bekommen. „Ein bisschen Rost bedeutet doch nicht, dass man gestorben ist, suche einfach nach mir und hilf mir. Aber ich denke nicht, dass das nötig sein wird. Bitte lieber Bruder, mache mir das Herz nicht noch schwerer. Wir müssen doch schließlich beide lernen unabhängig zu sein und nach diesem Jahr können wir dann für immer zusammenbleiben, wenn du das dann noch willst. Vielleicht willst du nach dieser Unabhängigkeit auch ohne deinen Bruder leben.“

Ludwig verstand, warum sein Bruder das wollte und willigte ein. „Rede doch nicht so. Na gut, du hast gewonnen.“

Sie verabschiedeten sich voneinander, versprachen sich ewige Liebe und Treue und gingen mit ihren Tieren ihrer Wege.

Ludwig zog so lange mit einem mulmigen Gefühl geradeaus allein durch die Lande bis er auf ein Dorf stieß, was in Trauer geschmückt war.

Ludwig trat in das erste Gasthaus ein, was sich am Ortseingang befand und bestellte sich etwas Gutes zu essen für sich und seine Tiere, die wegen fehlender Gäste sogar in der Taverne speisen durften.

Als das Essen schließlich serviert war, fragte der junge Mann sofort, was mit der Stadt nicht stimmte. Neben den schwarz verhangenen Häusern war auch keine Menschenseele zu sehen.

Der Wirt erzählte: „Wir trauern um unsere Prinzessin, die bald sterben wird. Alles begann damit, dass ein Drache bei uns auftauchte und einen Tribut verlangte damit er uns nicht zerstörte. Wir müssen seit damals unter der Herrschaft eines Drachen leben. Er lässt das Dorf nur in Ruhe wenn er jedes Jahr eine Jungfrau mit reinem Herzen zum Fressen erhält. Wir sind diesem Wunsch immer nachgekommen, aber mittlerweile gibt es keine Mädchen mehr, die den Bedürfnissen des Drachen entsprechen könnten. Unsere letzte Jungfrau, unsere Prinzessin, muss heute gehen und dann haben wir niemanden mehr und müssen nächstes Jahr unter Garantie sterben.“

Ludwig war sprachlos. „Warum habt ihr nie etwas dagegen unternommen oder um Hilfe gerufen?“ Der Wirt resignierte. „Wir haben es versucht, allerdings hat der Drache es niemals zugelassen. Er hat jeden, der Widerstand geleistet hat, getötet. Wir hatten sogar erfahrene Jäger hier und auch diese sind gescheitert. Sie sehen also junger Mann, wir haben unsere Töchter nicht gerne hergegeben.“

Ludwig schämte sich für seinen Ausspruch von vorhin. „Entschuldigen sie, ich habe unüberlegt gesprochen. Aber jetzt ist die Angst vorbei. Ich bin ein Drachenjäger auf der Suche nach Arbeit und ich werde euch helfen. Bitte beschreibt mir den Weg zum Drachenhorst, während meine Tiere und ich uns stärken.“

Der Wirt berichtete weiter und teilte ihm sogar mit, dass der, der den Drachen tötete, die Prinzessin zur Frau bekommt und später sogar König werden würde.

Nachdem der Jäger sich gestärkt und gut mit Informationen ausgerüstet hatte, begab er sich zum Berg des Drachen und begann mit seinen Tieren den Aufstieg.

Auf dem Gipfel angekommen fand er eine alte, fast verfallene Kirche und vor dieser waren drei mit roter Flüssigkeit gefüllte, goldene Becher aufgestellt. Eine Inschrift prangte unter dem Podest auf dem Sie standen. Wer die Becher austrinkt, wird der stärkste Mann auf Erden und in der Lage sein, das Monsterbezwinger-Schwert, was vor dem Tore der Kirche begraben ist, zu führen.

Ludwig kam das Schwert gerade recht, er hatte schließlich keines mehr seitdem er es in den Baum gerammt hatte. Da er von sich selbst überzeugt war, versuchte er ohne die Becher zu leeren das Schwert zu heben.

Er fand es sofort in der Erde, allerdings misslang es ihm, es aufzuheben, es war einfach zu schwer. Er kehrte zu den Bechern zurück, trank sie nacheinander völlig aus und konnte das Schwert nun heben.

Mit der besten Bewaffnung, die man sich nur vorstellen konnte, betrat er nun die Kirche, wo die Prinzessin angebunden war und auf den Tod wartete. Er sah sich um und sah nicht nur das Mädchen sondern auch den siebenköpfigen Drachen der vor ihr stand. Irgendwie war das sein Glück gewesen, da er sonst nie an diese Waffe gekommen wäre.

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120 S. 1 Illustration
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9783754177136
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