Buch lesen: «Broken Bones», Seite 8

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„Mir geht es gut, aber du hast doch keine Ahnung von dem Zeug was du da redest. Die Bücher sollen nebensächlich sein. Sie sind nur ungefährlich, wenn man nur eines von dreien hat, oder sie sich in den Händen der Menschen befinden. Aber in den Händen eines so starken und alten Vampirs sind sie sogar sehr gefährlich. Er hat alle drei und kann unter Garantie die antike Muttersprache lesen.“

Sakuya sah Angel mit seinen lavendelfarbenen Augen an. „Sind die Bücher denn wirklich so gefährlich.“

Der Junge mit den eisblauen Augen erwiderte den Blick seines Freundes.

„Noch mehr als du dir vorstellen kannst. Ich habe einmal einen Einsatz der Bücher miterlebt und das war genau zu dem Zeitpunkt, als ich Iris und Wolf kennengelernt habe. Dort erfuhr ich, dass man mit ihnen die ganze Menschheit ausrotten kann und sogar noch darüber hinaus Schaden anrichten kann.“

Marik kniete sich hin und sah nun auch Angel an.

„Was hat es denn mit ihnen auf sich und wo kommen diese ungewöhnlichen Bücher überhaupt her? Oh! Und was kann man mit ihnen eigentlich genau machen? Du sagtest sie könnten die Menschen auslöschen, aber wie können die das genau tun?“

Angel blickte Sakuya fragend an, völlig überfordert welche Frage er zuerst beantworten soll. Dieser legte seine Hand auf die seines Freundes.

„Am Besten du erzählst ganz von vorne. Okay.“

Der junge Vampir lächelte.

„Okay, so werde ich es machen. Allerdings werde ich erst anfangen, wenn sich jeder von euch hingesetzt hat. Ihr müsst mir auch versprechen, dass ihr mich nicht unterbrecht. Das Ganze ist schließlich schon einhundert Jahre her und ich brauche all meine Konzentration, um mich so genau wie möglich an alles zu erinnern.“

Nachdem er das Versprechen von allen Anwesenden hatte, begann er zu erzählen: „Naja es ist doch noch ganz frisch, erst vor einigen Jahren habe ich mich schon einmal an diese Geschichte zurückerinnert. Vielleicht fange ich auch genau da an. Es war vor genau zehn Jahren und der Tag hat so begonnen wie jeder andere auch...“

Kapitel 10

Italien, Vatikan, zehn Jahre zuvor

Angel betrat soeben gemeinsam mit seinem besten Freund und engsten Vertrauten Sakuya den beeindruckenden mit rotem Teppich ausgelegten Saal, in dem der heilige Vater arbeitete und die Hilfesuchenden empfing.

Dort saß der zumeist alte Mann, auf einem goldenem Stuhl, der mehr einem Thron ähnelte als einem alltäglichen Sitzmöbel, der einen mächtigen König würdig gewesen wäre.

Von diesem königlichem Ort aus war er das Oberhaupt aller gläubigen Christen. Eigentlich sollte man Respekt vor so einer wichtigen Persönlichkeit haben, die auch noch dazu so ein hohes Amt begleitete. Jedoch der junge Vampir, mit den kurzen schwarzen Haaren und der schneeweißen Haut hatte das nicht.

Wieso sollte er auch, er war viel älter als dieser augenscheinlich alte und weise Mann, auch wenn er natürlich nicht so aussah.

In diesen vielen Jahren, die er bereits für den Vatikan arbeitete, wechselten ständig die Kardinäle die den Platz als Papst, einnahmen. Diese Würdenträger versuchten ihm ständig Vorschriften zu machen oder zu sagen, wie er seine Arbeit tun sollte.

Mit vielen dieser Vorschriften hatte Angel ein Problem, aber mit einigen konnte er auch leben, manchmal waren sie sogar irgendwie nützlich.

Was dem jungen Vampir aber eigentlich störte, war dieser regelmäßige Austausch der Führungsposition. Natürlich wusste er, dass die Menschen nun mal alles Sterbliche waren, und diese starben eben früher oder später, auch wenn er das in seiner Unsterblichkeit verdrängte, so lag doch genau darin der Lauf aller vergänglichen Dinge.

Die wenigsten Menschen die hierher kamen um die Aufgabe des toten Oberhauptes zu übernehmen, hatten von dem, was hier vor sich ging, einen Verdacht.

Ahnungslosigkeit war das Einzige, was sie aus der Außenwelt, aus der sie kamen, mitbrachten.

Angels Einheit aus Vampiren war dafür zuständig, die mächtigen übernatürlichen Kreaturen, die töteten oder zu Gräueltaten neigten, zur Strecke zu bringen.

Bei dem Wort Kreaturen darf man aber nicht nur an Vampire oder Werwölfe denken, es gibt nämlich noch sehr viele weitere Monster auf unserem dunklen, kalten und verachtenswerten Planeten.

Kein Sterblicher, hat sie bis jetzt zu Gesicht bekommen, da sie sich ständig verstecken und völlig unsichtbar für Menschen sind.

Sollte es dann aber doch einmal vorkommen, dass ein Mensch sie zu Gesicht bekommt, ist es ihm auch nicht möglich von dem Gesehenen zu erzählen, da dies unweigerlich der Tod desjenigen wäre.

In einen der unzähligen Kellergewölbe, in denen auch die Vampire ihr zu Hause hatten, gab es eine Reihe von Gefängnissen mit allerhand Monstern, die die Jäger im Laufe der Zeit gefangen genommen hatten.

Exakt dadurch, dass die neuen Oberhäupter keine Ahnung hatten, musste man sie Monate lang einweisen. Doch selbst danach hielten die Meisten von ihnen alles, was sie erfuhren, für einen schlechten Scherz oder gar für einen bösen Traum.

Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, war da auch noch dieses ständige Mitleid ihrerseits mit den armen Kreaturen, die doch keine Chance auf ein Leben hatten, was Angel total auf den Geist ging.

Es ist schließlich nicht so, als ob diese Kreaturen nicht wüssten was sie tun. Denn gerade die menschenähnlichen Wesen, so wie auch Angel eines ist, wissen sehr gut, was sie tun und was sie in der Vergangenheit getan haben.

Unter Ihnen gilt, mit dem Alter kommt nicht nur die Kraft, sondern auch Erfahrung und Weisheit.

Es gab aber auch das krasse Gegenteil. Päpste die einfach nur die jegliche Ausrottung aller andersartigen Wesen verlangten. Diese Vorgehensweise musste wiederum auch nicht sein, da die Kreaturen nicht alle schlecht sind.

Als der junge Vampir mit diesem Job anfing, hatte er auch oft mit seinem Gewissen zu kämpfen. Er fragte sich damals, ob sie wirklich boshaft sind, obgleich, bei Vereinzelten der übernatürlichen Kreaturen empfindet er manchmal heute noch so.

Schließlich sind er und seine Freunde auch solche Monster, aber sie sind keine bösartigen Wesen. Doch diese anfängliche Unsicherheit verflüchtigte sich, bei ihm mehr und mehr, nachdem er die blutigen Schauplätze sah, die diese Ungeheuer hinterließen.

Seit den damaligen Tagen des Einstiegs hatte er für die Meisten nur noch Hass und Abscheu übrig. Aber man konnte auch nicht über alle sagen, dass sie blutrünstige Bestien waren. Es gibt schließlich nur wenige, die sich für diesen Lebensstil entscheiden. Jedoch waren es genau diese Wesen, welche sich mit ihrem blutigen Weg in die Öffentlichkeit drängen.

Wenn es aber einmal so war, und ein Wesen diesen Weg des Blutes folgte, war es für das normale Leben verloren.

Angel blickte sich gelangweilt um, er war deprimiert, denn genau heute war wieder so ein unmöglicher Tag. Ihre Heiligkeit, wie der Papst in der Öffentlichkeit noch genannt wurde, war vor einigen Wochen gestorben und ein neuer Kardinal wurde vom einem Konklave erwählt um sein Nachfolger zu sein. Ein Kardinal träg den Titel, der nur vom Papst an besondere Diener Gottes verliehen wird, mit Ehrfurcht und stolz und nur sie waren in unserer Welt auserwählt, den Platz des Hüters über den heiligen Stuhl an sich zu nehmen. Der neue Papst sollte heute endlich den heiligen Stuhl besetzen.

Der schwarzhaarige Vampir brummte schlecht gelaunt vor sich hin.

„Mann! Schon wieder ein neuer alter Sack. Warum sterben die auch immer so schnell? Alle paar Jahre immer das gleiche Theater. Langsam reichst mir wirklich.“

Jetzt ergriff sein bester Freund, der neben ihm stand, das Wort. „Sei doch nicht so gemein. Sie sind eben nur Menschen und uns unterlegen, daran musst du immer denken. Und mal abgesehen davon: Bist du immer so böse zu den Kardinälen. Also bitte, sei wenigstens diesmal freundlich. Ich will mir nicht immer das Gleiche von den Menschen anhören müssen. Die denken doch alle gleich, dass es nur schlechte Vampire gibt.“

Sakuya war eine gute Seele unter den Vampiren und wenn die beiden jungen Vampire sich unterhielten, konnte man schon fast denken, dass er Angels älterer Bruder sei.

Angel, der heute einen schwarzen Anzug mit einem lavendelfarbenen Seidenhemd und einer schwarzen Krawatte trug, erwiderte darauf: „Das ist aber irgendwie auch gemein von dir. So böse bin ich doch auch nicht zu den Opas. Aber wenn du das denkst, verspreche ich dir, dass ich diesmal mein bestes geben werde, um dich nicht in Verlegenheit zu bringen. Aber sag mal, wie haben sich eigentlich die Anderen hier vor gedrückt.“

Sakuya, der genauso wie sein Freund eine blendend weiße Haut hatte und ein makelloses Gesicht besaß, trug eine blaue Jeans, einen schwarzen Pullover und eine grauweiße Lederjacke, meinte in einem ernsten Ton: „Die drücken sich nicht, die arbeiten.“

Der Jüngere der Beiden schmollte leicht.

„Ich wusste nicht, dass man Hurerei neuerdings arbeiten nennt. Ich beziehe mich damit natürlich nicht auf alle, aber Akira und die Prinzessin machen so etwas bestimmt.“

Sakuya lachte kaum merklich und konnte sich die Worte: „Du bist ja schon wieder total garstig heute. Wolltest du nicht freundlich sein, Schatzi.“, nicht verkneifen.

Sein Freund sagte darauf nichts mehr, er hatte durchaus mit allem, was er sagte recht, genauso wie eigentlich immer, das war aber auch kein Wunder, sie kannten sich eben schon über hundertzehn Jahre.

Der schwarzhaarige Vampir würde wohl nur noch schlechtere Laune bekommen, denn sie standen jetzt schon vor dem alten Mann mit den grauen Haaren, seinem spitzten Hut, welcher prunkvoll weißgolden war und seiner prächtigen Robe.

Die zwei Nachtwesen wurden von einem seiner unzähligen kirchlichen Untergebenen als unsterbliche Vampire vorgestellt.

Der neue Papst musste in seiner Jugend ein ansehnlicher junger Bursche gewesen sein, da er für sein hohes Alter von um die siebzig noch recht gut aussehend war.

Sie verbeugten sich, allerdings nicht wie die anderen Priester es taten, aus Respekt, sondern weil es in Japan, ihrer Wahlheimat so Sitte war. Es war einfach ein Zeichen von Höflichkeit.

Angel blieb erstmal nur ruhig und teilnahmslos stehen, er wollte, wie er es versprochen hatte, seine besten Manieren zeigen. Sakuya hatte ihn schließlich dazu aufgefordert und er wollte seinen Freund nicht wieder in Verlegenheit bringen.

Die Vampire sahen ihn an, denn jetzt sprach der neue Papst: „Ich habe schon oft viele Gerüchte davon gehört, dass der Vatikan ganz besondere Haustiere beherbergt, jedoch, dass sie wie echte Menschen Aussehen und das man sie nicht mal von uns unterscheiden kann, hätte ich nicht gedacht.“

Beide blickten sich nur empört an. Dass sie Vampire waren, sah man ihnen natürlich nicht an, was hatte dieser Mann denn gedacht. Sie waren zwei überaus hübsche Jungs mit jugendlichen und wohl geformten Gesichtszügen, obwohl Angel noch etwas sehr Jungenhaftes an sich hatte.

Der Jüngere wurde wütend. Mit allem konnte er leben, aber das Wort Haustiere machte ihn einfach nur stinksauer. Der Vampir bereute, dass er noch vor einigen Minuten in Betracht gezogen hatte, freundlich zu diesem Bastard zu sein. Er war kurz vor der Explosion, schließlich hatte er nicht nur ihn, sondern auch seinen Freund Sakuya beleidigt.

Doch bevor er auch nur den Mund öffnen konnte, ergriff der Mann, den er wie ein Familienmitglied liebte, auch schon das Wort.

„Wir sind keine Haustieren. Wir sind euch überlegende Wesen, die sich dazu entschlossen habe, den Menschen zu helfen. Uns mag jetzt das fehlen, was euch Menschen ausmacht, die Sterblichkeit, aber nichtsdestotrotz unterscheiden wir uns kaum von euch. Wissen sie, was sie gesagt haben, gibt mir zu denken. Aus diesem Grund frage ich mich auch, ob sie vielleicht keine anständige Erziehung genossen haben. Wir mögen allenfalls Monster sein, wie sie gesagt haben, aber sowohl Angel als auch ich haben in unserem Leben noch nie etwas Böses getan. Also ist Abneigung hier völlig fehl am Platz. Sie dürfen auch nicht alles glauben, was sie über Vampire hören oder lesen. Bilden sie sich doch erstmal selbst eine eigene Meinung, bevor sie uns verurteilen.“

Als Angel seinem Freund so zuhörte, riss er erstaunt die Augen weit auf, denn so einen Ausbruch war er von dem ruhigen Sakuya nicht gewöhnt.

Natürlich kam es auch schon mal vor, dass er sauer wurde, aber das war die Seltenheit und eine absolute Ausnahme.

Der Vampir, den er schon seit seiner Kindheit kannte, versuchte stets ruhig und gelassen zu sein, auch auftretende Probleme konnte er so lösen.

Diese gelassene Art versuchte er auch Angel beizubringen, doch manchmal stieß er damit auf taube Ohren.

Sakuya, reagierte auch so, wenn ihn jemand beleidigte. In solchen Fällen, tat er es damit ab, dass es dessen eigene Meinung sei. Schließlich hatte jeder ein Recht auf eine eigene Meinung. Was wäre das denn für eine langweilige Welt, wenn jeder das Gleiche denken würde?

Jedoch wenn es um Angel ging, hatte er nicht diese Ansichten. Der junge Mann verteidigte ihn wenn jemand versuchte ihm zu tyrannisieren, zu beleidigen oder zu verletzen. Aber er reagierte auch allergisch auf Kamikaze Aktionen von Angel.

Dieses ungewöhnliche Verhalten lag höchstwahrscheinlich daran, dass er seit dem Tod seiner älteren Schwester, die ihm lieber und teurer als alles auf der Welt gewesen war, Angel als seinen kleinen Bruder ansah.

Gerade deswegen wurde er jetzt auch so böse, es war nicht, weil er sich durch die Worte des alten Mannes beleidigt fühlte, sondern weil es auch um seinen kleinen Bruder ging.

Schließlich musste ein großer Bruder auf seinen kleinen Bruder aufpassen. Das war die Meinung, die er vertrat.

Dem weisen alten Mann, der eigentlich doch der Vernünftigere sein sollte, war seine unüberlegte Äußerung sichtlich unangenehm. Genauso unwohl fühlte er sich auch von einem so jungen Mann zurecht gewiesen zu werden. Deshalb musste er jetzt Rückgrat zeigen und sich für das, was er eigentlich nur im Scherz gesagt hatte, entschuldigen.

Der Papst musste genau darüber nachdenken, was er zu ihnen sagen würde. Sonst würde er womöglich all die hier ansässigen Vampiren, die allesamt miteinander befreundet waren, gegen sich aufbringen und das konnte er sich in seiner noch zu neuen Position nicht leisten.

Da es aber für den alten Mann verdammt schwer war, sich für seine eigenen Worte zu entschuldigen, entschied er sich dazu erstmal zu schweigen und dann weiterzusehen.

Während der ehemalige Kardinal mit seiner runzeligen Stirn und den großväterlichen Zügen von seinen neuen Ratgebern in alles eingeweiht wurde, verließen Angel und sein Freund, den Ort an dem sie eine Beleidigung erfahren hatten.

Angel war froh und erleichtert, dass das heute nur die Vorstellungsrunde gewesen war, doch das Schwierigste würde noch auf sie zukommen. Der alte Mann musste in ihre Welt der übernatürlichen Wesen eingeführt werden. Der Junge hatte eigentlich keine Lust, diese Aufgabe zu übernehmen, aber die Menschen waren für diesen Job nicht geeignet und er war nun mal der Anführer der Vampire.

Sakuya war immer noch sehr geladen, weshalb Angel ihn diesmal beschwichtigen musste. Dieses Verhalten, dass der Jüngere dem Älteren gut zureden musste, kam auch so gut wie nie vor. Das lag aber wiederum daran, dass der Jüngere von ihnen der Impulsivere von Beiden war.

„Du brauchst dich doch nicht so schrecklich über den Opa aufzuregen. Es ist doch egal, was der Alte denkt. Mir ist das zumindest egal und dir ist das doch eigentlich auch nicht wichtig. Meinetwegen brauchst du dich doch nicht mit dem Neuen anzulegen.“, sagte Angel zärtlich, während er Sakuyas zu lächelte.

Der junge Mann mit den eisblauen Augen war eigentlich sehr wütend und er sagte das auch nur für Sakuya, da ihm die Worte des Mannes ganz und gar nicht egal waren, aber er musste stark sein.

Ihm ging es schließlich genauso wie Sakuya, oder sogar noch schlimmer denn er kochte innerlich.

Sein Freund, den auch er so liebte wie einen Bruder, hatte sich so aufregen müssen und das nur wegen der Intoleranz der Menschen.

Dieser erwiderte wiederum das Lächeln seines Freundes und ging weiter den glanzvollen Gang, der wie auch der Rest der Papst-Residenz in gold, rot und weiß gehalten war, entlang. Angel rannte ihm hinterher und sie folgten nun wieder gemeinsam diesem fast endlosen Gang.

Ob der Ältere noch sauer war oder nicht, war egal. Jetzt hieß es erstmal wieder einen klaren Kopf zu bekommen, denn seine Aufgabe war es, sich auf seinen nächsten Auftrag vorzubereiten.

In seiner Heimat Japan arbeitete der Vampir, der augenscheinlich um die zwanzig sein musste, nämlich schon seit seinem menschlichen Leben als Spiritist und Exorzist. Genau diese Fähigkeit kam ihm für seinen hiesigen Job zu gute. Er war Experte für das Austreiben von Geistern und Dämonen. Kein Bischof, Kardinal oder Kirchendiener konnte das so perfekt wie er, egal wie lange sie es schon versuchten.

Der Mann mit den lavendelfarbenen Augen hatte es von der Picke auf von seinem Vater und seiner Großmutter gelernt, die Jahre lag seine Lehrer gewesen waren.

Angel nahm seinen Freund, der immer weiter den langen Korridor mit dem roten Teppich entlang lief, bevor er zu einer Arbeit aufbrechen konnte, nochmal zur Seite.

Er wollte sich einfach davon überzeugen, dass sein engster Vertrauter sich wieder beruhigt hatte. Denn wenn er unkonzentriert oder gar abgelenkt wäre, könnte es zu unverzeihlichen Fehlern oder sogar bis zum Tod kommen.

Der Ältere der beiden Vampire war aber schon wieder völlig er selbst. Die beruhigenden Worte seines kleinen Bruders hatten ihre Wirkung anscheinend nicht verfehlt.

Angel umarmte Sakuya freudig.

„Auf Wiedersehen! Ich wünsche dir viel Erfolg und komm gesund und munter wieder zu mir zurück.“

Sakuya lächelte: „Keine Angst, dass werde ich schon, irgendjemand muss doch auf dich aufpassen, sonst machst du doch nur Dummheiten.“

Er sah seinen Freund an und ging beim Reden weiter. „Ich muss jetzt aber wirklich los, sei also schön brav.“

Sie winkten sich zum Abschied noch einmal kurz zu, bis der Ältere um die Ecke bog und verschwunden war. Jetzt konnte Angel seinen Kameraden leichten Herzens ziehen lassen. Dieser warmherzige junge Mann würde seinen heutigen Auftrag genauso professionell erledigen wie immer.

Sakuyas Arbeit war für Angel höchst interessant und der blauäugige Vampir wollte seinem Freund schon ewig einmal bei einer Austreibung zusehen, jedoch hatte er bis jetzt leider nie die Zeit gefunden und dass obwohl sie sich schon so lange kannten und auch dieses Mal konnte er ihn nicht begleiten. Dieser dumme Vatikan, er nimmt mir jeden Spaß, dachte er.

Angel musste immer abrufbereit sein, da er der Stellvertreter ihrer Heiligkeit war. Das bedeutete, wenn der Alte plötzlich zu Tode kommen sollte, musste er sich für Wochen um alles Kümmern, was mit Militär, Spezialeinheit und auch allen Anderen zu tun hatte.

Der jugendliche Vampir war zwar nicht der älteste Vampir, der hier lebte, aber er hatte die meiste Erfahrung von allen.

Angel war eher ein zierlich gebauter junger Mann, allerdings sah man, an seinem durchtrainierten Körper immer noch, das er früher einmal sehr viel Sport getrieben haben musste.

Zu seinen wichtigsten Aufgaben im Vatikan gehörte es, ein Auge auf den neuen Papst zu haben. Dadurch, dass er sterblich war, neigte er zu der üblichen Schwäche der Menschen.

Diese wichtige Aufgabe des Stellvertreters gab ihm bereits der erste Papst, unter dem er damals gedient hatte. Noch auf dem Totenbett hatte ihm der damalige Papst nicht nur diesen Befehl übertragen, sondern beförderte ihn unwiderruflich zum Stellvertreter aller zukünftigen Oberhäupter.

Die Kardinäle, die ihm nachgefolgt, waren diesem einzigartigen Mann, der fast 30 Jahre über den Vatikanstaat geherrscht hatte, nicht mal annähern würdig gewesen. Er war der Einzige unter den menschlichen Päpsten, den Angel wirklich respektierte und sogar hofierte.

Sämtliche seiner Nachfolger waren ihm für seine vorausschauende Entscheidung, Angel in diesen Stand zu erheben, sehr dankbar. Das Wissen, das der junge Vampir in sich trug, war für sie und auch für den übrigen Vatikan unverzichtbar.

Einigen von ihnen gefiel es allerdings ganz und gar nicht, sich von einem Teenager, der noch so jung zu sein schien, herumkommandieren zu lassen. Aber jeder dieser reifen Männer gewöhnte sich im Laufe der Zeit an den barschen Ton, den Angel gegenüber der Päpste manchmal an den Tag legte.

Seine Einstellung war es nämlich, dass man Menschen nur etwas beibringen konnte, wenn man mit ihnen in einem geeigneten Ton redete.

Obwohl sich das im Laufe der Zeit auch gab, da er eigentlich Mitleid mit den alten Männer, welche diese Last auf ihren Schultern trugen, hatte.

Tags darauf hatte der junge Vampir eine Verabredung, mit einem anderen Vampir, der auch im Vatikan beschäftigt war. Dieser Blutsauger, war nicht wie die Anderen in der Spezialeinheit, sondern in der Buchhaltung tätig.

Von dort aus verteilte er die anstehenden Aufträge an die Menschen und auch natürlich an die Vampire der Einheit „refugium angelorum“.

Der sanftmütige Mann, mit dem er einen Termin hatte, trug den Namen Rafael. Er war ein sehr netter und eher zurückhaltenderer Vampir, jedoch war er von einem totalen Idioten gewandelt worden.

Angel fand aber das wirklich komischste an der Beziehung von Meister und Schüler, dass der Vampir, der den Namen eines Engels trug, diesen Mann, der sein Vater war, sehr dankbar für das, was er ihm angetan hatte, war.

Rafael liebte, respektierte und beschütze ihn, damals genauso wie heute auch. Trotz der Tatsache, dass er sich seinem Meister unterordnen musste und er ihn die meiste Zeit über schlecht behandelte, vertraute er ihm zu hundert Prozent.

Rafaels Meister war so ungewöhnlich, dass er sich für gewöhnlich nie in der Öffentlichkeit zeigte. Für Angels Geschmack war er auch gerade deswegen zu undurchsichtig. Er war zwar der Vorsitzende dieser Abteilung, leitete aber alles an seinen Schüler weiter. Dieser gab es wiederum an den Rest des Vatikan weiter. Er ließ sich auch nicht in die Karten sehen und zeigte seine Ziele, wenn er welche hatte, niemals.

Es gab aber noch ein weiteres übernatürliches Wesen in dieser Abteilung, den liebenswerten Werwolf Wolf. Dieser war sehr eng mit Angel befreundet, was dazu führte, dass dieser sich aufopferungsvoll um Wolf kümmerte.

Der Vampir, der mit Angel befreundet war, kam aus Norwegen, sprach aber auch perfekt japanisch, italienisch und englisch. Diese Sprachkenntnisse konnte sich der Junge nur so erklären, dass es wohl daher kam, dass er schon sehr alt war und viel in der Welt herumgekommen sein musste.

Rafael hatte große blaue Augen, kurzes, etwas gewelltes, weißblondes Haar, war um die 1.90 Meter groß und trug heute einen grauen Seidenanzug.

Er war, wie es sich für einen echten Vampir gehörte, ein hübscher Anblick mit einer perfekten Nasen und den hohen Wangenknochen. Der weißblonde Mann hatte einen Muskulösen Körperbau und sah aus wie Ende zwanzig oder Anfang dreißig, war wahrscheinlich aber zehn- oder zwanzigmal so alt.

Angel hasste den Typen, der Rafaels Schöpfer war, mehr als alles auf der Welt. Das hatte aber auch einige Gründe. Dieser Mann, der sich selbst den Namen Deus gegeben hatte, was im lateinischen soviel wie Gott bedeutet, war eingebildet, selbstverliebt, arrogant und unverschämt.

Besagter Kerl war etwas größer als er, darüber hinaus hatte er aber das schönste Aussehen, das Angel jemals zuvor gesehen hatte. Er sah einfach perfekt aus, seine Zähne, sein Gesicht und sein Körper alles sah wunderschön aus und wirkte irgendwie androgyn.

Was aber neben benannten Eigenschaften noch am meisten an ihm hassenswert war, war der Aspekt, dass er total verliebt in Angel war. Schon allein deswegen konnte er diesen alten Mann, der wohl hunderte von Jahre älter war als er, nicht ausstehen. Dafür mochte er aber dessen Schützling um so mehr.

Es war ihm jedoch lästig, dass dieser ständig versuchte, ihn zu überreden, dass derjenige, den er für einen totalen Idioten hielt, doch eigentlich ein guter Kerl war.

Das war aber auch schon alles, was ihm an seinem guten Kumpel, den er auch schon seit Jahrzehnten kannte, missfiel.

Allerdings befand er sich heute nicht aus privaten Gründen hier. Er musste sich über seinen neuen Auftrag informieren. Einer von Rafaels menschlichen Untergebenen hatte ihm mitgeteilt, dass man eine neue Mission für ihn habe.

Nach Erhalt der Botschaft, begab er sich umgehend in die Buchhaltung des Vatikan, wo Rafael sein Büro hatte.

Mich beschäftigt, worum es diesmal wohl wieder geht. Vielleicht mal zur Abwechselung etwas anderes als Vampir, obwohl ich mir einen Werwolf jetzt auch nicht unbedingt wünsche, dachte er bei sich.

In den vielen Jahren, die er bereits für den heiligen Stuhl tätig war, hatte er schon so einiges kennengelernt, was eigentlich als Fiktion bekannt war. Diese Geschehnisse wurden allerdings durch den Vatikan geschickt mit ausgefallenen aber glaubwürdigen Geschichten vor der Öffentlichkeit verschleiert.

Mit diesen Gedanken in seinem Kopf stand er auch schon vor dem Büro des Vampirs, mit dem er einem Termin hatte. Angel hob seine Hand und klopfte sachte, aber trotzdem gut hörbar an die Tür.

Er musste einige Sekunden auf eine Reaktion warten.

Mit einem „Ja bitte, kommen sie herein.“ wurde er hinein gebeten.

Nachdem er eingetreten war, begrüßte er seinen Freund mit einem, “Hey“, und setzte sich ohne Aufforderung auf einen für Besucher vorgesehenen schwarzen Sessel.

Ein kurzes Gespräch nahm seinen Lauf. Während dieses Gespräches erfuhr Angel von seinem neuen Job. Er sollte eine Vampirin in Bukarest, in der Hauptstadt von Rumänien, überwachen.

Er hörte weiter interessiert zu, doch er wunderte sich, dass er diese Vampirin nur überwachen sollte. Was der Grund dafür war, konnte ihn der junge Mann, der ihm gegenüber saß, auch nicht beantworten. Der Job, den er diesmal bekam, war Rafael von ganz oben, von den obersten Bossen, diese waren ein Rat von sechs Kardinälen, sie bezeichnen sich selbst als „Die Sechs Heiligen“, zugeteilt worden.

Jegliche Informationen über natürliche und übernatürliche Geschehnisse kamen immer erst zu ihnen und sie erhielten sie von ihren menschlichen und unmenschlichen Informanten. Sie werteten dann alles aus und gaben diese dann an Deus, und dieser an Rafael, weiter. Der Vampir, der den Namen eines der Erzengel trug, verteilte die Aufträge nach eigenem Ermessen, an die Person, die dafür geeignet waren.

Diese Allwissenden, hielten sich diesmal aber mit der Informationsvergabe dezent zurück und das sie extra Angel verlangten war auch merkwürdig. Es war aber auch ungewöhnlich, denn so wenig Informationen wie bei dieser Aufgabe hatte er noch nie erhalten. Denn die Untergebenen der Sechs, oder gar sie selbst, recherchierten immer alles perfekt.

Da dem aber diesmal wohl nicht so war, ließ man ihm wohl freie Hand in der bevorstehenden Angelegenheit. Für den jungen Mann hieß das, das zu tun, was er immer tat, zu beurteilen und das betreffende Monster bei Bedarf zu töten.

Angel tötete ohnehin die meisten Kreaturen, auf die er traf. Er hatte seine mitfühlende Seite gegenüber der blutrünstigen Bestien schon lange verloren. Er war schon zu lange dabei und hatte schon zu viel gesehen.

Allerdings tötete auch er nicht alle übernatürlichen Wesen, da es auch gute Wesen gab, die nur am Leben interessiert waren und nur durch ein Versehen auf die Liste „Der Sechs Heiligen“ gekommen waren.

„Aber warte mal, wie soll ich diese Vampirin erkennen.“, fragte er schließlich verdutzt, als er keine weiteren Informationen über seine Zielperson erhielt.

Rafael antwortete: „Du wirst sie schon erkennen, wenn du sie siehst, so sagte man es mir. Man wies uns an, dir und nur dir allein diesen Auftrag zu übertragen.“

Der weißhaarige Mann konnte ihm nur noch ein Flugticket geben und ihn zur Tür geleiten, durch die der Junge das Zimmer schon betreten hatte. Dort wünschte er ihm viel Glück und eine gute Reise.

Einige Stunden später, nach diesem etwas ungewöhnlichem Treffen, bestieg der schwarzhaarige Vampir auch schon am Flughafen von Rom ein Flugzeug, das ihm zur legendären Hauptstadt der Vampire bringen sollte.

Es war ungewiss, was er dort tun musste, denn etwas hatten sich „Die Sechs Heiligen“ schon dabei gedacht, ausgerechnet ihm diesen Auftrag zu übergeben. Er war schließlich nicht der Typ, der nur beobachtete, aber auch nicht der, der jeden Befehl blind ausführte, sondern selbst so handelte, wie er es für richtig hielt.

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Umfang:
630 S. 1 Illustration
ISBN:
9783742742629
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