Buch lesen: «Broken Bones», Seite 7

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Kapitel 8

Angel fasste sich wieder und sah sich um, er blickte erneut auf seine geliebten Freunde, welche blutend am Boden kauerten und sich nicht rührten.

Seine Augen füllten sich erneut mit Tränen, aber bevor es aus ihm herausbrach, schüttelte er beschämt den Kopf, um sich wieder zu beruhigen.

„Ganz ruhig, sie sind nicht tot und ich bin der Einzige, der noch steht. Ich muss ihm hinterher, auch wenn ich Angst habe.“

Der junge Mann setzte sich in Bewegung und versuchte die Spur des Vampir ausfindig zu machen. Es waren schon fast zehn Minuten vergangen, seit er ihn so geschockt, sodass er sich nicht mehr hatte rühren können, zurückgelassen hatte. Angel vermutete aber, dass er noch nicht weit gekommen sein konnte.

Der Geruch des alten Vampirs lag immer noch schwer in den Gängen des alten Baus und führte ihn direkt in die ihm so vertraute Bücherei. Er liebte diesen Ort normalerweise, er hatte während seiner Recherchen für seine einzelnen Aufträge viele Stunden hier verbracht. Der junge Vampir hatte eigentlich vor, jedes der einzigartigen Bücher durchzulesen, aber ihm fehlte es immer an Zeit.

Dort, an diesem vertrauten Ort, der aber menschenleer immer völlig anders auszusehen schien, konnte er zum ersten Mal, seit diesem Geschehen durchatmen.

Er konnte keine weiteren Opfer sehen, vielleicht waren sie, die Einzigen die er so zugerichtet hatte.

Die Bibliothek war verlassen, was ihn aber nicht verwunderte, schließlich waren die Wesen aus den Kerkern an ihn vorbei gerannt und wüteten jetzt ebenfalls im Haus.

Er lief an den bunten Regalen, die mit den gesammelten Werken des Vatikan gefüllt waren, vorbei und versuchte die Veränderung, die er an diesem Ort spürte, ausfindig zu machen.

Es war nicht einfach, da keinerlei Unterscheide auszumachen waren, er wollte sein Gefühl schon als unsinnig beiseite schieben, als er doch noch eine Veränderung erspähen konnten.

Einer der Glaskästen, in dem sich eines der gefährlichen Vampirzauberbücher befunden hatte, war zerbrochen.

„Das kann nicht wahr sein. Wie konnte er überhaupt wissen, dass sie existieren, oder wo sich diese Bücher befinden? Wenn sie sich in seinen Händen befinden, wird die Welt, wie wir sie kennen, bald nicht mehr lange existieren.“

Glasscherben zerbarsten unter seinen schwarzen Lederschuhen, während er nach den anderen beiden Büchern suchte, er fand dort aber auch nur Scherben und zerbrochene Kästen vor.

Am letzten Ort, wo sich das Dritte der Bücher befinden sollte, sank er auf die Knie und begann zu schreien: „Nein das darf nicht sein! Ich habe für diese Bücher geblutet, getötet und alles riskiert! Das darf doch nicht wahr sein, das ist nur ein Traum! Er wird die Welt vernichten! Nein! Nein!Nein!“

Angel wollte sich gar nicht mehr beruhigen. Doch urplötzlich wurde er von einem großen Mann mit langen weißen Haaren von hinten gepackt und auf die etwas wackeligen Beine gezogen. Eine Hand legte sich auf seinen Mund und verhinderte, dass er weiter schreien konnte. Der Junge versuchte verzweifelt sich zu befreien, nahm aber eine ihm vertraute Stimme war.

„Pssst! Beruhige dich, ich bin es nur, Marik. Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Der Vampir ist jedoch noch hier und wie es derzeit um uns steht, können wir es nicht mit ihm aufnehmen. Ich lasse dich jetzt los, allerdings nur wenn du mir versprichst, leise zu sein.“

Nachdem Angel stumm genickt hatte, wurde er schließlich losgelassen. Der Junge sank augenblicklich wieder auf die Knie, er winkelte seine Beine an und umschloss sie mit seinen Armen.

Marik kniete sich zu ihm und flüsterte: „Mir ist das Herz fast stehen geblieben, als ich aufwachte und bemerkte, dass du weg warst. Ich dachte er hatte dich mitgenommen und habe mir schon das Schlimmste ausgemalt. Genau deswegen bin ich auch gleich hinter dir her, und zum Glück habe ich dich schreien gehört und bin dann hierhergekommen.“

Angel, dem das alles zu viel war, schließlich zerstörte gerade jemand seinen heile Welt und er konnte nichts dagegen tun, hörte nur zu und erwiderte nichts. Er hielt sich die Hand vor dem Mund und unterdrückte erneut Tränen.

Marik stand wieder auf und tätschelte ihm sanft den Kopf.

„Bleib hier Kleiner, ich sehe mich nur noch etwas um und komme dann wieder her um dich abzuholen. Okay.“

Nachdem der Russe nach mehreren Sekunden auch wieder keine Antwort bekam, machte er sich auf dem Weg, um sich umzusehen.

Der Vampir mit den langen weißen Haaren schritt vorsichtig und bedacht durch die weiten Gänge seines zu Hauses und sah sich genau um.

Verwüstungen soweit das Auge reichte und alle paar Meter ein verstümmelter Mensch, von denen er aber von den meisten nicht einmal sagen konnte, ob sie männlich oder weiblich waren, so schlimm waren sie zugerichtet worden.

„Oh mein Gott! Was ist da nur entfesselt wurden? Ich weiß nicht mal, nachdem was im Keller passiert ist, wie fertig Angel ist und nach all diesen verstümmelten Leichen, ob wir überhaupt etwas gegen ihn ausrichten können.“

Marik machte sich weiter auf die Suche nach seinem übermenschlichen Gegner.

Er fürchtete sich zwar vor dem Tod, welcher ihn ereilen könnte, wenn er sich ihm allein stellen würde, aber noch mehr fürchtete er sich, vor dem Gedanken, dass der Typ noch hier war und noch mehr Unschuldige sterben könnten. Er musste genau das verhindern, egal was mit ihm geschah.

Sein Weg auf der Suche nach dem Monster, führte ihn schließlich weiter bis in den Außenbereich.

Marik verließ das massive Portal, welches nach dem Werwolfangriff vor einigen Tagen ersetzt wurden war, und fand einen riesigen Haufen blutgetränkter Leichen vor.

„Es ist ja noch viel schlimmer, als ich gedacht habe, aber wenigstens haben wir Glück im Unglück.“ Der Vampir lachte gedämpft: „Er ist weg.“

Marik atmete erleichtert auf, doch dann vernahm er ein leises Stöhnen, der Mann drehte sich ängstlich umher. Konnte der Typ etwa doch noch da sein?

Aber nein, nach einem Moment hörte er ein leises: „Hilfe!“, was er auch nur durch sein gutes vampirisches Gehör vernehmen konnte.

Der muskulöse Russe stürzte auf den Leichenhaufen zu und schob einen Körper nach dem Anderen zur Seite, um denjenigen, der diesen Ruf aussendete, zu finden.

Nach gefühlten Stunden und Dutzender toter Körper, fand er schließlich einen schwerverletzten jungen Mann Anfang dreißig, der nur ängstlich wimmerte.

Seine Kehle war mit vier tiefen Schnitte durchtrennt wurden und Tierbisse zeichneten ihn, aber trotz dieser Verletzungen lebte er erstaunlicherweise immer noch.

Marik zog sofort sein weißes Leinenhemd aus und presste es auf die offene Wunde am Hals des Mannes, dieser sammelte seine letzten Kräfte.

„Wir haben alles versucht um diesen nackten Vampir und die Monster, die mit ihm gegangen sind, zu erledigen. Doch sie waren einfach zu stark für uns.“

Marik drückte das Hemd fester auf die Wunde als er merke, das der Blutfluss sich durch das Reden verschlimmerte.

„Du meinst die Monster aus dem Keller. Ich vermutete schon, dass sie nicht mehr da sind, war aber noch nicht in der Lage, meine Vermutung zu bestätigen.“

Der Mann begann nach einer kurzen Zeit der Erholung wieder zu sprechen: „Ja genau. Sie waren es, sie sind jetzt alle frei, aber auch verschwunden. Ich hörte nur noch, bevor der Nackte mit den Monstern ging, etwas mit Rache und ein absolut krankes Lachen.“

Der junge Mann begann heftig und von Blut begleitend zu Husten.

„Die Anderen wurden nur mit einer Handbewegung von dem alten Vampir getötet. Sein Angriff hatte auf mich aber keine Wirkung. Nur aus dem Grund bin ich jetzt so stark verletzt, mich hat daraufhin der Werwolf angegriffen, aber nur verletzt, nicht getötet. Sie müssen mich umbringen, bevor ich mich ebenfalls in so ein unkontrollierbares Monster verwandle. Ich will nicht so werden.“

Marik sprach beruhigend auf den Mann ein, und log, obwohl er es eigentlich besser wusste.

„Vielleicht sind sie ja gar nicht infiziert, und wenn doch finden wir einen Weg ihnen doch irgendwie zu helfen.“

Der Soldat des Vatikan lachte und weinte zur selben Zeit.

„Nette Lüge, ich bin zwar nur ein Soldat, aber ich weiß was aus denen wird, die gebissen oder gekratzt werden und nicht sofort daran sterben. Sie verwandeln sich und zwar immer. Gut, ich weiß auch, dass man als Werwolf nicht so leben muss, wie die Wesen in den abgelegenen Wäldern oder Ruinen. Ich sehe es schließlich jeden Tag an euren Freund Wolf, aber ich wüsste nicht, für wem ich das Ganze auf mich nehmen sollte. Ich habe niemanden. Durch diesen gefährlichen Job wollte ich niemanden zumuten, auf meinen bevorstehenden Tod zu warten. Irgendwie bereue ich jetzt, wo ich das nahe Ende spüre, meine Entscheidung. Doch jetzt ist es ohnehin zu spät. Am meisten bereue ich aber, dass niemand da sein wird, der um mich weint. Auch wenn sie jetzt vielleicht Mitleid haben, müssen sie mir meinen Wunsch trotzdem erfüllen. Ich wollte das ohnehin nicht mehr, ich habe genug von all dem hier. Alles zu wissen ist manchmal doch kein Segen. Ich will einfach nur noch meinen Frieden bei Gott finden und ruhen. Bevor sie mich töten, müssen sie mir aber noch versprechen, dass sie dieses Monster töten, bevor es noch mehr Schaden anrichten kann.“

Marik sträubte sich, ihm das alles zu versprechen, er wusste nicht ob sie es schaffen würden diesen Vampir zu besiegen. Außerdem missfiel ihm der Gedanke, einen so guten Menschen, wie er einer war, nein immer noch ist, zu töten.

Schon seit seiner Frühzeit als Vampir bestand er immer darauf, nur die bösen Menschen zu töten und das war zu Zeiten des finsteren Mittelalters nicht immer einfach. Die Menschen waren im Vergleich zur heutigen Zeit sehr viel frommer, gläubiger und sympathischer, aber auch viel ängstlicher.

Jedoch wollte er dem Sterbenden auch nicht seinen letzten Wunsch abschlagen und nickte nur vehement.

Marik wusste ohnehin, dass er recht hatte, für Werwölfe war es immer schwer sich zu kontrollieren, er kannte bis jetzt nur Wolf, als einzigen Werwolf, der kein Menschenfleisch aß und das lag auch nur daran, das er ein Geborener war und noch dazu menschliches Blut in sich trug.

Die Einzigen, die sich noch kontrollieren konnten, waren so weit er wusste die alten Reinblüter und laut alter Legenden sollte es in den weiten Wäldern von Asien Wolfswesen geben, die sich nur von Tieren und Beeren ernährten. Marik musste allerdings jetzt endlich handeln.

„Ich werde dir deinen letzten Wunsch erfüllen. Bitte verurteile mich deswegen nicht.“

Der stolze Soldat begann leise zu lachen, schloss langsam die Augen und wartete auf den Moment, an dem alles enden würde.

Kapitel 9

Angel lag völlig geschockt und ausgelaugt von den Ereignissen, auf seiner rotschwarzen Bettwäsche in seinem Himmelbett.

Seine blauen Augen waren weit geöffnet, während er wie gebannt die weiße Zimmerdecke, mit dem Engelsschnitten aus dem neunzehnten Jahrhundert, anstarrte.

Dem Vampir beschäftigte, was dieser Mann, der sich Arvato nannte, ihm vor nicht mal zehn Stunden an den Kopf geworfen hatte.

Die Worte wollten gerade in seinen Gedanken widerhallen als er das Öffnen seiner Schlafzimmertür vernahm und sich jemand neben ihn ins Bett, auf die Bettwäsche, legte.

Der junge Vampir dreht sich nicht zu dem Eindringling um, da er bereits wusste, wer er war, als er durch den kleinen Salon zur Tür trat.

„Wie geht es dir?“, fragte Sakuya während er zärtlich über Angels schwarzes Haar streichelte.

„Und wie geht es dir und auch den Anderen?“, erwiderte Angel emotionslos.

Sakuya streichelte ihn immer noch.

„Um mich und die Anderen musst du dir gar keine Sorgen machen. Es geht uns allen gut, aber ...“ er schwieg und versuchte das Thema zu wechseln, kam aber nicht weiter zu Wort.

Der Junge, der bis dato gedankenverloren vor sich hingesehen hatte, wurde jetzt wieder klar und drehte sich zu seinem Freund um.

„Was meinst du mit 'aber'?“

Sakuya zog seine Hand von Angels Kopf zurück und setzte sich aufrecht hin, schwieg aber weiter vehement.

Der Junge mit den schwarzen kurzen Haaren und den eisblauen Augen richtete sich nun ebenfalls auf.

„Du musst es mir sagen, egal was geschehen ist, mich geht das auch etwas an. Ich bin schließlich auch ein Teil dieser Familie.“

Sein Freund schluckte schwer, natürlich hatte Angel recht: „Ich wollte es dir eigentlich nicht sagen, weil du ohnehin schon so sehr von der Rolle bist. Aber es stimmt, dich geht es auch etwas an, schließlich sind wir wie du gesagt hast, so eine Art Familie. Mike er ist seit dem Angriff von diesem Typen nicht mehr aufgewacht. Wir können nicht sagen, was er hat. Seine Wunden sind nicht verheilt, egal wie viel Blut wir ihm geben, und wieso er nicht aufwacht ist uns genauso ein Rätsel. Nur eins ist sicher, seine Wirbelsäule ist viermal gebrochen worden. Außerdem sind noch der linke Ober- und Unterschenkel seines linken Beines völlig zerstört worden. Die Ärzte sagen, dass er unter Schock steht und dass sein Zustand ähnlich dem eines Komas wäre.“

Sakuya unterbrach sich selbst durch ein Räuspern bevor er weitersprach.

„Was ist denn noch passiert als wir alle bewusstlos waren und fange jetzt bloß nicht wieder an zu sagen das nichts ist. Es muss doch einen Grund geben, wieso du so fertig bist?“

Angel lachte gequält.

„Ich weiß auch nicht so genau, erst hat er uns allen Blut ausgesaugt, nur ich und Mike sind wieder aufgestanden. Ich hab dann versucht, mich gegen ihn zu behaupten und Mike hat mir dabei geholfen. Ich weiß nicht wieso er jetzt so krank ist, aber ich habe gesehen wie er ihm die Knochen gebrochen hat.“

Seine Stimme zitterte, er sprach aber trotzdem weiter.

„Mir geht es so, weil er euch alle vor meinen Augen überwältigt hat und er noch die Bücher gestohlen hat. Er weiß einfach alles über uns alle, sogar meinen richtigen Namen. Er sagte, dass ich das Blut eines Reinblutes in mir trage und, dass ich eine Gabe habe. Bevor er mir dann den Rücken gekehrt hatte, sagte er weiter, dass wir uns entscheiden sollen, auf welcher Seite wir stehen und wenn wir uns nicht für seine entscheiden, wird er uns töten. Weißt du, ich kann mit dem, was er gesagt hat, nicht viel anfangen, aber es macht mir irgendwie Angst und auch dass für Arvato, so nannte er sich, ein Leben nicht viel wert ist. Aber eins ist mir hundertprozentig klar geworden, er hat für den Vatikan geblutet und jetzt will er Rache. Ich habe keine wirkliche Ahnung, wieso er in der Wand gesteckt hat und was der Vatikan ihm schlimmes angetan hat. Aah! Ich rede und rede und vergesse dabei das Wichtigste! Sind ihm noch mehr Leute zum Opfer gefallen, ich meine außer uns?“

Sakuya nickte betrübt: „Gut zwölf Dutzend Tote und einige Verletzte hat er gefordert. Die Unschuldigen wurden gewarnt und die Soldaten taten ihr bestes, jedoch war alles vergebens. Dieser Arvato schien aber nicht wirklich an Blut interessiert gewesen zu sein, er hat zwar getötet, aber niemanden außer uns ausgesaugt. Die Meisten wurden schließlich von den Monstern aus dem Keller getötet. Er ist dann auch letztendlich mit ihnen fortgegangen und tötete alle Soldaten, die sich ihm im Hof entgegen stellten. Nur einer hat es schwer verletzt überlebt und er konnte uns noch ein paar Informationen weitergeben, bevor Marik ihm schließlich dem Schädel eingeschlagen hatte. Der Mann ist von unserem Werwolf gebissen und infiziert worden. Er war wohl schon dabei sich zu verwandeln.“

Angel hatte nicht mal annähernd geahnt, dass es so schlimm sein würde und legte sich wieder hin.

“Oh! Mein Gott! Wir sind wirklich verdammt. So ein stärker Vampir und dann hat er auch noch unsere gesammelten Monster mitgenommen. Ich habe den Obersten vom Vatikan von Anfang an gesagt, dass das nochmal böse enden wird, wenn sie die Kreaturen an dem Ort einsperren wo auch unschuldige Menschen leben und arbeiten.“

Sakuya legte sich auch wieder zurück.

„Wenn wir nur mehr über den Mann wüssten, vielleicht könnten wir ihn dann besiegen.“

Angel begann nun wieder an die Decke zu starren.

„Ganz ehrlich, ich weiß mehr über den Typen als mir lieb ist.“

Plötzlich klopfte es an der Tür und der junge Mann mit den lavendelfarbenen Augen stand auf.

„Du bleibst liegen, ich versuche sie abzuwimmeln, du brauchst noch etwas Ruhe.“

Angel lächelte wieder und flüsterte: „Danke, kleiner Bruder.“

Sakuya zog die Tür des Schlafzimmer hinter sich zu und trat durch einen kleinen Salon, in dem ein antikes Sofa mit zwei Ohrensesseln, einem Tisch, einige Bücherregale und noch allerlei anderes Brauchbares stand. Er trat zur Tür, an der es geklopft hatte und öffnete sie.

„Salomone und Marik, Hallo. Wollt ihr etwas?“

Die beiden Vampire, die immer zusammen waren, traten ein.

„Hey, wir wollten mal mit euch reden.“, sagte Marik, während er auf ein Buch deutete, das Salomone unter dem Arm trug.

Sakuya schüttelte den Kopf.

„Mit mir könnt ihr gerne reden, solange und soviel ihr wollt, aber Angel, dem geht es immer noch nicht wirklich besser.“

Salomone ergriff den Arm seines Gegenüber.

„Wir haben dafür jetzt keine Zeit, du hast doch die Schäden und die Toten gesehen. Wir müssen handeln und zwar jetzt sofort. Der Junge kann sich danach soviel ausruhen, wie er will, aber wie gesagt, nicht jetzt.“

Sakuya riss sich los.

„Du bist ja richtig besorgt, wenn man bedenkt, dass du ihn verwandelt hast. Angel hat recht, du bist wirklich sehr freundlich, Mister Frankreich.“

Marik sah seinen Freund böse an.

„Ich hätte es zwar nicht so gesagt, aber er hat recht.“

Sakuya führte sie nur widerwillig zum Schlafzimmer seines Freundes und klopfte einmal leise an und trat ein. „Erschrecke nicht, ich bin es nur und ich habe noch jemanden mitgebracht.“

Während Angel sich aufsetzte, legte sich Sakuya wieder zu ihm. Marik trat an sein Bett und umarmte ihn.

„Oh meinem Kleinen geht es wieder gut. Dich in diesem Zustand zu sehen, hat mir richtig in der Seele gebrannt.“

Angel machte eine entschuldigende Geste, er wollte doch nicht, dass sich sein Freund derartig erschreckte: „Verzeih mir, aber für mein Verhalten gibt es einen guten Grund, aber egal, geht es dir gut?“ Marik nickte und lächelte, stieß aber Salomone in die Rippen. Diesem entfuhr nur ein leises „Hey! Wie geht es dir?“

Angel erwiderte darauf nichts. Sakuya der sich auf dem fremden Bett ausgestreckt hatte fragte: „Ihr habt doch etwas wichtiges zu sagen, dann bringt es hinter euch, damit wir uns alle noch etwas ausruhen können.“

Salomone setzt sich ans Fußende des Bettes.

„Du hast recht. Desto früher wir fertig sind umso besser. Ihr wisst ja wohl alle was passiert ist, dieses Wesen ist aus der Wand im Kerker getreten, genau wie wir alle bereits vermuteten und wie er...“

Angel unterbrach ihn. „Arvato ist sein Name.“

Salomone lächelte: „Danke, ...also Arvato ist aus der Wand gekommen um sich, so sagte uns der Soldat, der als Einziger den Angriff überlebte, aber dann auch starb, am Vatikan zu rächen....“

Nun unterbrach Marik ihn und führte seinen Gedanken fort.

„...daraufhin haben wir dann das gesamte Archiv nach den letzten tausend Jahre durchsucht. Es hat zwar etwas gedauert, aber wir haben bei den abgelegten Tagebücher der Priester etwas über ihn gefunden und darin wollten wir euch jetzt einweihen.“

Salomone holte sich sein Sprachrecht wieder zurück.

„Ja das wollte ich gerade auch sagen, wenn mich gewisse Leute nicht immer unterbrechen würden.“

Sein Kollege lächelte. „Sei doch nicht beleidigt ich bin jetzt still.“

Salomone nickte und schlug das Tagebuch auf.

„Die Aufzeichnungen stammen vom 18.Dezember 1239 von einem gewissen Giuseppe K. Vernal. Er war Jäger der ersten Division des Vatikan und weltweit unterwegs. Zumindest in den Teilen der Welt, die damals schon bekannt waren. Wie dem auch sei, am Anfang ist zu sagen, dass er während eines Auftrages einen Vampir kennenlernte, sich mit ihm anfreundete und ihn zur Verstärkung mit in den Vatikan nahm. Dort erledigte er wohl einige Aufträge, erst mit dem Priester und dann allein, absolut perfekt, aber er tötete bei jedem seiner Aufträge, wohl immer so an die zehn unschuldige Menschen, um sich von ihnen zu ernähren. Als Giuseppe es schließlich herausfand, meldete er es dem Vatikan und ab diesem Teil beginne ich jetzt vorzulesen.“

Es ist der achtzehnte Dezember im Jahre des Herren zwölfhundert neununddreißig,

Gott helfe mir, ich habe ein Monster mit in den Vatikan gebracht, von dem ich dachte es wäre mein Freund. Ich war lange nicht in der Lage zu handeln, ich versuchte ihn positiv zu beeinflussen, doch mein Freund konnte sich nicht ändern. Ich habe wohl richtig gehandelt, ihn an den Papst zu verraten, aber ich habe solche Gewissensbisse. Schließlich waren wir befreundet und ich habe ihn verraten. Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Soll ich den anderen Priestern glauben, die behaupten, dass er einfach nur ein Monster ist, oder soll ich meinem Freund glauben, dass er das Ganze nicht wollte und es einfach in seiner Natur liegt.

Wieso hat er mir erst gesagt, dass es ihm Leid tut, als er weggeschleppt wurde. Zuvor hatte er es mir doch mit vollem Stolz und bei klarem Bewusstsein gestanden. Seiner Sprachweise entnahm ich, dass er es gerne getan hat. Ich weiß nicht was ich tun soll. Soll ich meinem Freund der Folter und dem Tod überlassen, oder soll ich ihn befreien und so selbst zum Verräter werden.

Neunzehnter Dezember im Jahre des Herren zwölfhundert neununddreißig,

wie konnte ich gestern nur derartig zweifeln. Jetzt habe ich Gewissheit. Er ist ein grausames Reinblut, einer der älteren und mächtigsten Vampire, die es jemals gegeben hat. Schließlich hat er unter der Folter noch sehr viel mehr gestanden als mir lieb war. Lieber wäre ich weiter im Ungewissen geblieben als das zu wissen, was ich jetzt weiß. Seine Leibspeise waren zumeist kleine Kinder und Jugendliche, an denen er sich zumeist vorher vergangen hatte. Außerdem liebte er es, Menschenfrauen, nachdem er mit ihnen geschlafen hatte, bestialisch zu foltern und zu quälen, um sie dann, wenn sie nur genug darum bettelten getötet zu werden, schließlich unzubringen. Er erklärte aber weiter, dass er seine Aufträge immer perfekt erledigt habe und sich eine Ablenkung ab und zu verdient hätte. Mehr konnte ich mir von dem Verhör letztendlich nicht anhören. Mich widerte der Gedanke nur noch an, diesen Mann, nein dieses Monster, jemals als meinen Freund bezeichnet zu haben. Morgen, bei Sonnenaufgang, soll das Urteil dann endlich verkündet werden.

Notiz an mich selbst:

Wenn ich mich beruhigt habe, muss ich mir unbedingt das Protokoll und das Geständnis der Folterung noch mal vollständig durchlesen. Ich muss wissen ob er jemals mein Freund war oder ob er mich nur belogen und betrogen hat.

Es ist der zwanzigste Dezember im Jahre des Herren zwölfhundert neununddreißig,

mein Freund Arvato wurde bei Sonnenaufgang zum Tode durch das Fallbeil verurteilt. Ich stand in der ersten Reihe und sah wie schwach und geschunden von der Folter mein früherer Freund auf den Tod wartete. So verwahrlost hatte ich ihn in all den Jahren unserer Freundschaft noch nie gesehen. Ich konnte in seinen Augen sehen, wie sehr er mich für den Verrat, dem ich ihm angetan habe, hasste. Ich wusste, dass er mich umbringen würde, wenn er das Überleben würde.

Er wurde zum Richtplatz geführt, sein Kopf wurde in die Vorrichtung geschoben und das scharfe Beil raste auf seinen Hals herab. Allerdings geschah nicht das, was von allen erwartet wurde. Das Fallbeil zerbrach als es auf seinen Hals auftraf. Es kratzte nur ein wenig die Haut seines Halses an. Man beschloss aber trotzdem, das Urteil weiter zu vollstrecken.

Sie ließen den Scharfrichter kommen, der ihm mit einer riesigen Axt dem Kopf abschlagen sollte. Doch auch diese Aktion misslang, da der Henker, als er das Richtbeil erhob, tot umfiel. Niemand konnte sich das Geschehene erklären, außer mir. Ich hatte so viel Zeit mit ihm verbracht und in dieser Zeit hatte er mir sehr viel über sich erzählt. Das Meiste hielt ich jedoch für dummes Geschwätz, da er immer so eine witzelnde Art an sich hatte. Doch natürlich wusste ich jetzt, dass all das Gesprochene die Wahrheit gewesen war. Er sagte immer, dass er ein Reinblut sei und die wären wahrhaftig unsterblich. Diese hätten auch die Macht, einzelne schwache Menschen zu manipulieren. Er hatte also den Henker so manipuliert, dass er starb. Vielleicht hat er mich auch diesbezüglich manipuliert, dass ich mich mit ihm anfreunde und mich um ihn sorge? Bis morgen soll entschieden werden, was mit ihm passieren soll. Man, kam wohl wie ich zu dem Entschluss, dass man ihn nicht töten konnte.

Ich habe jetzt den Entschluss gefasst, dass ich meinen Freund noch einmal sehen muss. Mich beschäftigt der Gedanke ob wir jemals echte Freunde waren oder ob alles nur von ihm eingefädelt wurde.

Einundzwanzigster Dezember im Jahre des Herren zwölfhundert neununddreißig,

ich habe mich wirklich in Arvato getäuscht. Er war und ist ein Monster, er hat mich von Anfang an zu seinen Gunsten manipuliert und belogen. Allerdings jetzt, wo ich diese Worte niederschreibe, kommt mir ein Gedanke in den Sinn, als ich ihn das letzte Mal ansah, konnte ich in seinen Augen Bedauern sehen. Vielleicht hat er das alles auch nur für mich getan, um meine Karriere nicht zu vernichten. Jetzt ist jedoch alles vorbei. Der Papst und seine Berater haben beschlossen ihn in den Mauern, im unteren Kerker einzumauern, um ihm außer Gefecht zu wissen. Ich war anwesend als man ihn, in einen Eichensarg mit besonderen Ketten gefesselt, einschoss. Mein alter Freund sah mich nicht noch einmal an. Er schwor nur noch Rache und sprach von dem Tod aller Menschen und dem Untergang des Vatikan, sollte er wieder frei kommen.

Es ist der Zweiundzwanzigster Dezember im Jahre des Herren zwölfhundert neununddreißig,

in meinen Gedanken beschäftige ich mich noch immer mit diesem Vampir. Mir kommen jetzt, nachdem er fort ist, eingemauert in den unteren Mauern des Fundamentes, immer mehr Zweifel. Einmal erzählte er mir, dass er als Prinz der westlichen Vampire in England geboren wurde und er erzählte weiter, dass sein Vater dort bis ins elfte Jahrhundert blutig geherrscht hatte.

Er berichtete mir, dass er schon eine kleine Armee aufgestellt hatte, um die Welt zu erobern, er wurde dann wohl aber von einem wütenden Mopp gestoppt. Was aus seinem Vater geworden ist, konnte er nicht sagen. Ihm war unklar, ob die Menschen einen Weg fanden ihn zu töten oder ob er entkommen war oder noch irgendwo lebte. Was er mit Sicherheit wusste war, dass die zu Vampiren verwandelten und aufgestellten Soldaten allesamt gestorben waren und sein Schloss zerstört wurde. Seitdem war er bis wir uns kennenlernten immer und auf der ganzen Welt unterwegs. Ach ja, etwas fällt mir noch ein, er sagte mir einmal, dass sich Reinblüter mit fortschreitender Zeit stetig weiterentwickeln würden. Doch auch dieser Aspekt ist nun nicht mehr von Bedeutung.

Ich frage mich, wie ich jetzt noch weiterleben soll? Wenn es stimmt, dass er stetig stärker wird, wird er sich irgendwann befreien und wenn er das tut, werden wir alle sterben. Auch wenn ich diesen Tag fürchte, so habe ich doch keine Angst vor dem Tod, schließlich habe ich jetzt schon lange genug gelebt, aber um die jungen und auch zukünftigen Mitglieder des Vatikan tut es mir Leid.

Komischerweise weiß ich nicht mal, ob ich das alles überhaupt weiter machen will, nachdem was passiert ist.

„So Leute, das war Arvatos Geschichte. Giuseppe ist einen Monat später dann wohl bei einem Auftrag gestorben, da seine Einträge plötzlich und überraschend enden, nachdem er zu einer Mission aufbrach.“

Sakuya, der von der Geschichte noch wie gefesselt war, flüsterte: „Er will also Rache, weil man ihn verraten hat. Außerdem hat sich der Vatikan gegen ihn gestellt und das hat er nie verkraftet. Naja das ist aber zweitrangig. Wichtiger ist die Frage, wenn man ein Reinblut, was so stark ist wie er, nicht töten kann, wie sollen wir ihn dann aus dem Verkehr ziehen?“

Marik, der am Kopfende von Angels Bett stand, erwiderte: „Ich weiß es auch nicht. Wir haben das Tagebuch zweimal durchgelesen, aber keine weiteren verwertbaren Informationen gefunden. Ich habe vorhin das gesamte Archiv nochmals auf der Suche nach dem Protokoll der Folterung auf den Kopf gestellt, habe es aber nicht gefunden. Ich bin genauso ratlos wie du.“

Salomone schlug das Tagebuch wieder zu und stand auf.

„Jungs bleibt locker, wir finden schon einen Weg. Den finden wir doch immer. Wir müssen uns erstmal um das offensichtliche kümmern. Der Vatikan liegt in Trümmern und Tote und Verletzte zieren immer noch das ganze Gelände. Tom und Iris versuchen mit allen Kräften beim Wiederaufbau zu helfen. Die Prinzessin ist allerdings nur am heulen, das war einfach alles viel zu viel für sie. Sie hatte noch nie einen richtigen Auftrag und dann auf einmal so was. Akira ist an der Seite des Papstes um ihn zu beschützen. Oh! Da fällt mir ein, die Bücher die Angel aus Rumänien mitgebracht hat sind auch weg. Aber das ist nur das geringste Übel, schließlich sind sie im inneren völlig leer. Man kann mit ihnen also nichts viel anfangen. Viel wichtiger ist das mit Mike, er ist seit dem Angriff nicht mehr zu sich gekommen und Angel ist auch völlig von der Rolle. Ich glaube, dass wir die Bücher erstmal vergessen können.“

Angel, der die ganze Zeit über wieder die Decke angesehen hatte, setzte sich aufrecht hin und sah seinen Meister böse an, jetzt meldete er sich auch einmal wieder zu Wort.

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Umfang:
630 S. 1 Illustration
ISBN:
9783742742629
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