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Buch lesen: «Leben und Tod Königs Richard des zweyten», Seite 7

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Vierte Scene

(Aumerle zu den Vorigen.)

Herzogin.

Hier kommt mein Sohn, Aumerle.

York.

Der Aumerle war, und es nicht mehr ist, weil er Richards Freund war.

Ihr müßt ihn nunmehr Rutland nennen, Madam; ich bin Bürge im Parlament für seine Treue gegen den neuen König worden.

Herzogin.

Willkommen, Sohn; wo sind nun die Veilchen, die den grünen Schooß des jungen Frühlings bestreuen?

Aumerle.

Madam, ich weiß es nicht, und bekümmre mich wenig darum. Gott weiß, daß es mir gleichgültig ist, ob ich bin, oder ob ich nicht bin.

York.

Gut, betragt euch wohl in diesem Frühling einer neuen Zeit, sonst möchtet ihr abgeschnitten werden, eh ihr geblüht habt. Was giebts neues von Oxford? Dauren diese Lustbarkeiten und Ritterspiele noch immer fort?

Aumerle.

So viel ich weiß, noch immer.

York.

Geht ihr auch dahin?

Aumerle.

Wenn Gott es nicht verhindert, so ist es mein Vorsaz.

York.

Was für ein Siegel ist das, so aus deinem Busen heraushängt – Wie, du erblassest? Laß mich die Schrift sehen.

Aumerle.

Es ist nichts, Milord.

York. So ist auch nichts daran gelegen, daß ichs sehe. Ich will befriedigt seyn, laß mich die Schrift sehen.

Aumerle. Ich bitte Euer Gnaden um Vergebung; es ist eine Kleinigkeit, die ich aus gewissen Ursachen nicht gerne sehen lassen möchte.

York.

Die ich aus gewissen Ursachen sehen will, Herr. Ich fürchte, ich fürchte —

Herzogin.

Was könnt ihr fürchten, Milord? Es wird nichts als irgend eine Handschrift seyn, die er wegen seiner Equipage zum Einzug ausgestellt haben wird.

York.

Ich glaube du bist nicht klug, Weib – Jung, laß mich die Schrift sehen.

Aumerle.

Ich bitte euch, haltet mir's zu Gnaden; ich kan es nicht sehen lassen.

York.

Ich will es aber sehen, sag ich —

(Er reißt ihms weg und ließt es.)

Verrath! Schändlicher Hochverrath! Nichtswürdiger! Verräther!

Sclave!

Herzogin.

Was ist es dann, Milord?

York.

He! wer ist da drinn? Sattlet mein Pferd. Himmel, was für eine Verrätherey ist das!

Herzogin.

Wie, was ist es, Milord?

York.

Meine Stiefel her, sag ich; sattlet mein Pferd. Nun bey meiner Ehre, bey meinem Leben, ich will dein Ankläger seyn, Bösewicht.

Herzogin.

Was ist es dann?

York.

Still, närrisches Weibsbild.

Herzogin.

Ich will nicht still seyn; was ist es, Sohn?

Aumerle.

Meine gute Mutter, gebt euch zufrieden, es ist nichts mehr, als wovor mein armes Leben gut stehen muß.

Herzogin.

Dein Leben!

Fünfte Scene

(Ein Bedienter kommt mit Stiefeln herein.)

York.

Gieb mir die Stiefel her; ich will zum Könige.

Herzogin.

Schlag ihn zu Boden, Aumerle – (Armer Junge, du bist betäubt.) Weg, Schurke, und komm mir nicht mehr vor die Augen.

(Zum Bedienten.)

York.

Meine Stiefel!

Herzogin.

Wie, York, was willt du thun? Du willt den Tod deines eignen Kinds befördern? Haben wir noch mehr Söhne? Oder können wir noch mehr bekommen? Willt du meinen einzigen Sohn in meinem Alter von mir reissen, und mich des glükseligen Namens einer Mutter berauben? Ist er nicht dein eigen?

York.

Du zärtliche Thörin! Wolltest du diese schwarze Zusammenverschwörung verheeren? Ihrer Zwölfe haben das Sacrament empfangen, und sich die Hände darauf gegeben, den König zu Oxford zu ermorden.

Herzogin.

Das soll er nicht; wir wollen ihn hier behalten.

York.

Weg, närrisches Weib. Wär' er zwanzigmal mein Sohn, so wollt' ich ihn angeben.

Herzogin.

Hättest du seinetwegen ächzen müssen wie ich, du würdest mitleidiger seyn. Aber nun merke ich deine Gedanken; du argwöhnest, daß ich deinem Bette ungetreu gewesen sey, und daß er ein Bastard sey, nicht dein Sohn; liebster York, liebster Gemal, denke nicht so; er ist dir so gleich als man seyn kan; er ist weder mir noch irgend jemand aus meiner Verwandtschaft ähnlich, und doch lieb ich ihn.

York.

Aus dem Weg, widerspenstiges Weibsbild.

(Er geht ab.)

Herzogin.

Geh ihm nach, Aumerle; besteig' sein Pferd, sporn' es so gut, daß du vor ihm zum König kommst, und bitt' um Gnade, eh er dich anklagen kan. Ich will nicht lange dahinten bleiben; wenn ich schon alt bin, so will ich doch noch wol so schnell reiten als York; und nimmer will ich vom Boden aufstehen, bis Bolingbroke dich begnadigt hat. Hinweg.

(Sie gehen ab.)

Sechste Scene

(Verwandelt sich in den Hof zu Windsor.)

(Bolingbroke, Percy, und andre Lords treten auf.)

Bolingbroke.

Kan mir niemand Nachricht von meinem ungerathnen Sohne geben? Es sind volle drey Monate, seitdem ich ihn das leztemal sah. Wenn ja eine Plage über uns hängt, so ist es er; ich wollte zu Gott, Milords, daß er gefunden würde. Fragt zu London in den Weinschenken nach ihm, denn dort sagt man, hält er sich täglich in Gesellschaft zügelloser lüderlicher Leute auf, sogar mit solchen, die in holen Wegen lauren und die Reisenden berauben, indeß daß der junge ausgelassene Bube eine Ehre darinn sucht, eine so schändliche Rotte zu beschüzen.

Percy.

Gnädigster Herr, es sind etwann zween Tage, daß ich den Prinzen sah, und ihm von den Ritterspielen zu Oxford erzählte.

Bolingbroke.

Und was antwortete der Busch-Klöpfer?

Percy.

Er sagte, er wolle in ein Bordel, und der gemeinsten Meze einen Handschuh abziehen, ihn ihr zu Ehren auf den Hut steken, und damit den herzhaftesten Ritter aus dem Sattel heben.

Bolingbroke.

So lüderlich als wild; und doch seh' ich durch beydes einige Funken von Hoffnung schimmern, welche mit zunehmenden Jahren glüklich ausschlagen mögen. Aber wer kommt hier? (Aumerle zu den Vorigen.)

Aumerle.

Wo ist der König?

Bolingbroke.

Was hat unser Vetter, daß er so starr und wild aussieht?

Aumerle.

Gott erhalte Euer Majestät. Ich bitte euch, etliche Augenblike mit Euer Majestät allein sprechen zu dürfen.

Bolingbroke.

Entfernet euch, und laßt uns hier allein; was ist dann nun die Sache, Vetter?

Aumerle (kniend.)

Auf ewig mögen meine Knie in die Erde wachsen, und meine Zunge an meinen Gaumen, oder Euer Majestät ertheile mir Gnade, eh ich rede!

Bolingbroke. Was ist dein Fehler, vorgesezt, oder würklich begangen? Wenn nur das erste, so groß er seyn mag, so vergeb' ich ihn dir, um deine künftige Liebe zu gewinnen.

Aumerle.

So erlaubet mir, Gnädigster Herr, daß ich den Schlüssel umdrehen darf, damit niemand herein komme, bis meine Erzählung zu ende ist.

Bolingbroke.

Das magst du.

York (hinter der Scene.)

Gnädigster Herr, nehmt euch in Acht, seht euch vor, ihr habt einen Verräther bey euch.

Bolingbroke (zu Aumerle.)

Nichtswürdiger, ich will bald mit dir fertig seyn —

Aumerle.

Halt deine rächende Hand zurük, du hast keine Ursache zu fürchten.

York.

Mach die Thür auf, sichrer, unbesonnener König; öffne die Thür, oder ich werde sie einstossen.

Siebende Scene

(York zu den Vorigen.)

Bolingbroke.

Was giebt es, mein Oheim? Sprich, komm erst zu Athem; sag uns, wie nah ist die Gefahr, damit wir uns waffnen können, ihr entgegen zu gehen?

York.

Überlies diese Schrift, so wirst du die Verrätherey kennen, von der ich, athemloß wie ich bin, noch nicht reden kan.

Aumerle.

Erinnre dich, indem du liesest, deines gegebnen Versprechens. Es reuet mich, lies meinen Namen nicht, mein Herz ist kein Bundsgenosse meiner Hand.

York.

Nichtswürdiger, dein Herz war ein Verräther, eh deine Hand es war – ich riß es aus des Verräthers Busen, König. Furcht, nicht Liebe zeugt seine Reue; habe kein Mitleiden mit ihm, oder dein Mitleiden möchte eine Schlange werden, und dein Herz durchstechen.

Bolingbroke.

O grauliche, verwegne und mächtige Verschwörung! O rechtschaffner Vater eines verrätherischen Sohns, du reine, unbeflekte Silberquelle, aus welcher dieser Strom durch sumpfige Örter geflossen, und so sich selbst verunreinigt hat. Der Überfluß deiner Verdienste soll diesen tödtlichen Fleken von deinem verbrecherischen Sohn abwaschen.

York.

So würde meine Tugend die Kupplerin seines Lasters seyn; und wie verschwendrische Söhne ihrer kargen Väter Gold, so würde er durch seine schändliche Thaten meine Ehre verprassen.11 Meine Ehre lebt nur, wenn seine Schande stirbt; du tödtest mich, du tödtest den rechtschaffnen Mann, wenn du den Verräther leben lässest.

Die Herzogin (hinter der Scene.)

O! Gnädigster Herr, um Gottes willen, laßt mich ein.

Bolingbroke.

Was für ein hellstimmiger Supplicant macht dieses ängstliche Geschrey?

Herzogin.

Ein Weib, und deine Tante, grosser König, ich bin's. O lasset mich vor, habet Mitleiden mit mir, laßt die Thür öffnen. Eine Bettlerin bettelt, die zuvor noch nie gebettelt hat.

Bolingbroke.

Unsre Scene hat ihre ernsthafte Gestalt verlohren, und hat sich in den Bettler und den König verwandelt; mein gefährlicher Vetter, laßt eure Mutter herein, sie kommt ohne Zweifel für euch zu bitten.

York.

Wenn du vergiebst, wer es auch sey, der dich um Gnade bittet, so wird deine Gnade die Aufmuntrung zu neuen Verbrechen seyn. Schneide dieses eyternde Gelenk ab, so bleibt das übrige gesund; wo nicht, so wird der ganze Leib angestekt werden.

Achte Scene

(Die Herzogin von York zu den Vorigen.)

Herzogin.

O König, glaube nicht diesem hartherzigen Mann; wer kan jemand andern lieben, der sich selbst nicht liebt?

York.

Du aberwiziges Weibsbild, was machst du hier? —

Herzogin.

Geduld, lieber York; höret mich, Gnädigster Herr.

(Sie kniet.)

Bolingbroke.

Steht auf, meine Tante.

Herzogin.

Noch nicht, ich bitte euch; ewig will ich hier auf meinen Knien ligen, bis du durch die Begnadigung meines armen Sohns mir das Leben giebst.

Aumerle.

Kniend füg' ich zu meiner Mutter Bitte die meinige.

York.

Und kniend heißt mich meine Treue wider beyde bitten; nimmer wirst du gedeyhen, wenn du Gnade widerfahren lässest.

Herzogin.

Bittet er im Ernst? O betrachtet sein Gesicht; seine Augen lassen keine Thränen fallen, sein Bitten ist nur Verstellung, seine Worte kommen nur aus seinem Mund, unsre aus dem Herzen; er bittet nur, um nicht erhört zu werden, wir bitten mit Herz und Seele; seine müden Knie, ich weiß es, hoffen freudig aufzustehen; die unsrige sollen knien, bis sie in den Boden wachsen. O so laßt dann unser aufrichtiges Flehen seine heuchlerische Bitte überschreyen!

Bolingbroke.

Meine liebe Tante, steht auf.

Herzogin.

Nein, sagt nicht, daß ich aufstehen soll, ihr habt dann zuvor seine Begnadigung ausgesprochen. O wär ich deine Amme, und sollte dich reden lehren, Gnade sollte das erste Wort seyn, das deine Zunge aussprechen lernte. Noch nie verlangte ich mit Ungeduld ein Wort zu hören als izt, o König, sprich Gnade, so erhältst du zwey Leben mit einem Wort.

Bolingbroke.

Steht auf, meine gute Tante.

Herzogin.

Ich bitte nicht, um Erlaubniß, zu stehen; Vergebung ist alles, warum ich bitte.

Bolingbroke.

Ich vergebe ihm, wie der Himmel mir vergeben soll!

Herzogin.

O! du bist ein Gott auf Erden! Wo ist ein Wort, das aus einem königlichen Munde schöner tönt? O! Sag es noch einmal, mein ängstlich-zweifelndes Herz gewiß zu machen.

Bolingbroke.

Von ganzem Herzen vergeb' ich ihm. Aber was unsern getreuen Schwager, den Abbt, betrift – und alle übrige von dieser zusammen- verschwornen Rotte, die soll unerbittliches Verderben an den Fersen ereilen! – Mein geliebter Oheim, sorget dafür, daß eine hinlängliche Anzahl von Truppen nach Oxford, oder wo diese Verräther immer seyn mögen, abgeordnet werde. Ich will sie haben, sobald ich weiß wo sie sind, und ich schwöre sie sollen in dieser Welt nicht leben! Lebet wohl, Oheim; und ihr, Vetter, Adieu; eure Mutter hat euch gute Dienste gethan; es ist nun an euch, einen guten Gebrauch davon zu machen.

Herzogin.

Komm, mein alter Sohn; ich bitte den Himmel, daß er dich neu mache.

(Sie gehen ab.)

Neunte Scene

(Exton und ein Bedienter treten auf.)

Exton.

Hörtest du die Worte nicht, die dem König entfuhren: "Hab ich denn keinen Freund, der mich von diesen unaufhörlichen Besorgnissen befreyen mag?" Sagte er nicht so?

Bedienter.

Das waren würklich seine Worte.

Exton.

"Hab' ich keinen Freund?" – sagte er; er sagte es zweymal, und zweymal mit einer gewissen Heftigkeit. That er's nicht?

Bedienter.

Er that es.

Exton.

Und indem er's sagte, sah' er mir starr ins Gesicht, als wollt' er sagen – Ich wünsche, du wär'st der Mann, der mein Herz dieser Besorgnisse erledigen möchte – er meynte den König zu Pomfret. Komm, wir wollen gehen – Ich bin des Königs Freund, und will ihm von seinem Feinde helfen.

(Sie gehen ab.)

Zehnte Scene

(Verwandelt sich in das Gefängniß zu Pomfret-Castle.)

(König Richard tritt auf.)

König Richard.

Ich studiere schon lange, wie ich dieses Gefängniß, worinn ich lebe, mit der Welt vergleichen wolle; und weil die Welt volkreich ist, und hier kein anders Geschöpf als ich selbst, so kan ich nicht damit zurecht kommen. Und doch will ich's versuchen – Mein Gehirn soll das Weib meiner Seele werden, und meine Seele, der Vater; und diese zwey sollen ein Geschlecht von Gedanken mit einander zeugen, und diese Gedanken sollen diese kleine Welt bevölkern, humorisirt, wie die Einwohner der grossen Welt, denn kein Gedank' ist zufrieden. Sogar die besten (die Gedanken von göttlichen Dingen) sind mit Zweifeln untermischt, und sezen das Wort selbst dem Wort entgegen; zum Exempel: Kommt, ihr Kleinen; und dann wieder: Es ist so schwer zu kommen, als einem Cameel durch ein Nadelöhr zu gehen. – Gedanken, die nach Unabhänglichkeit streben, brüten unmögliche Wunder aus, – wie diese schwachen Nägel mir eine Öffnung durch die steinernen Rippen dieser Kerker-Mauren krazen könnten, und weil sie es nicht können, so zerplazen sie an ihrem eignen schwellenden Stolz. Gedanken, die nach Vergnügen streben, schmeicheln sich selbst, "sie seyen nicht die ersten Sclaven des Glüks, und werden nicht die lezten seyn," (wie schelmisches Bettelvolk, wenn sie im Stok sizen, sich damit trösten, daß schon viele da gesessen sind, und noch viele sizen werden.) Und in diesem Gedanken finden sie eine Art von Erleichterung, indem sie ihr eignes Elend auf dem Rüken derer tragen, die ehmals das nemliche ausgestanden haben. So spiel ich, in einem Gefängniß, mancherley Personen, wovon keine mit sich selbst zufrieden ist. Zuweilen bin ich ein Fürst; dann macht Verrätherey, daß ich mich zu einem Bettler wünsche, und das bin ich. Alsdann überredet mich die Dürftigkeit, es sey mir besser gewesen, da ich ein Fürst war, und dann werd' ich wieder gefürstet; und unvermerkt besinn' ich mich, daß mich Bolingbroke entfürstet hat, und da bin ich wieder nichts – Was ich aber seyn mag, so ist doch dieses gewiß, weder ich noch irgend ein andrer, wer er seyn mag, wird eher nicht zur Ruhe kommen, bis er nicht mehr ist – Hör' ich nicht Musik?

(Eine Musik.)

Ha, ha! Haltet den Tact; wie widrig die anmuthigste Musik ist, wenn das Zeitmaaß gebrochen, und die Proportion nicht gehalten wird! So ist es auch mit der Musik des menschlichen Lebens – Wie kommt es, daß ich ein so feines Ohr habe, von dem kleinsten Mißklang einer verstimmten Sayte, oder eines verspäteten Tons beleidigt zu werden; und daß ich kein Ohr hatte, die schlechte Zusammenstimmung in meinem Staat, das gebrochne Zeitmaaß in meiner Regierung zu bemerken? Ich verderbte die Zeit; nun verderbt die Zeit mich. Die Zeit hat nun ihre Stunden-Uhr aus mir gemacht; meine Gedanken sind die Minuten, und meine jammernden Seufzer die Töne, die an mein Herz anschlagen, und so die Stunden anzeigen – Diese Musik macht mich närrisch – laßt sie schweigen; wenn sie gleich schon öfters närrischen Leuten wieder zu ihrem Verstand geholfen hat, so scheint es doch an mir, daß sie kluge Leute närrisch mache. Und doch gesegnet sey der, so sie mir giebt; es ist immer ein Zeichen seiner Liebe, und Liebe zu Richard ist ein seltnes Kleinod in einer Welt, wo der Haß allezeit den Fall begleitet.

Eilfte Scene

(Ein Stallknecht kommt herein.)

Stalknecht.

Heil, königlicher Herr!

König Richard.

Grossen Dank, edler Pair. Der Wohlfeilste von uns beyden ist um zehn Groschen zu theuer. Wer bist du? Wie kommst du hieher? Wohin niemand kommt, als ein schwermüthiger Sclave, der mir zu essen bringt; um mein Unglük zu verlängern.

Stalknecht.

Ich war ein armer Stallknecht in deinem Marstall, König, wie du noch ein König warst; und da ich unlängst nach York reisen mußte, so hab' ich um die Erlaubniß angesucht, meinen ehmaligen Herrn sehen zu dürfen. O wie weh that mir's im Herzen, wie ich in den Strassen von London, an dem Krönungs-Tag zusehen mußte, wie Bolingbroke auf dem weiß- und roth getüpfelten Barber, euerm Leibpferd, ritt; auf diesem Pferd das ihr so oft geritten, und das ich mit so grosser Sorgfalt abgerichtet hatte.

König Richard.

Ritt er auf meinem Barber? Sag mir, mein guter Freund, wie gieng er unter ihm?

Stalknecht.

So stolz, als ob er den Boden aus Verachtung nicht berühren wolle.

König Richard.

So stolz, weil er Bolingbrok auf seinem Rüken hatte? Die Schindmähre hat Brodt aus meiner königlichen Hand gefressen; diese Hand hat ihn so oft durch streicheln stolz gemacht. Und er stolperte nicht? Er fiel nicht, und brach diesem übermüthigen Mann den Hals, der seinen Rüken usurpirte? Um Vergebung, du gutes Pferd! du verdienst mein Schelten nicht; du warst dazu geschaffen, dem Menschen unterthan zu seyn, und zum Tragen gebohren. Ich war zu keinem Pferd gemacht, und doch trag' ich die Last eines Esels, und lasse mich von dem trottenden Bolingbroke mit Sporrn zerfleischen und zuschanden reiten.

Zwölfte Scene

(Ein Hüter mit einer Schüssel, zu den Vorigen.)

Hüter.

Kerl, mach' Plaz, du darfst nicht länger bleiben.

(Zum Stallknecht.)

König Richard.

Wenn du mich liebst, so ist es Zeit, daß du gehst.

Hüter.

Milord, beliebt es euch zu essen?

König Richard.

Kost' es vorher, wie du gewohnt bist.

Hüter.

Milord, ich darf nicht; Sir Pierce von Exton, der kürzlich auf des Königs Befehl hieher gekommen ist, hat mir's verboten.

König Richard. Der Teufel hole Heinrichen von Lancaster und dich! Die Geduld geht mir aus.

(Er schlägt den Hüter.)

Hüter.

Hülfe, Hülfe, Hülfe! – (Exton und Bediente zu den Vorigen.)

König Richard.

Wie? was soll das bedeuten? Kommt ihr mich zu ermorden? —

Unglükseliger, stirb durch dein eignes Schwerdt!

(Er reißt einem sein Schwerdt aus der Hand und stoßt ihn nieder.)

Geh du und füll' einen andern Plaz in der Hölle aus,

(er tödtet noch einen; Exton schlägt ihn mit einem Streich zu Boden, )

diese Hand soll in unauslöschlichem Feuer brennen die mit des Königs Blut des Königs eignes Land befleket hat! – Erheb' erhebe dich, meine Seele, einen himmlischen Thron einzunehmen, indem mein sterblicher Theil zur Erde sinkt.

(Er stirbt.)

Exton.

So voll von Tapferkeit als königlichem Blut! Und dieses hab' ich nun vergossen! O wie wollt ich, daß diese That gut wäre! Aber der Teufel, der mir sagte, ich thue recht, sagt izt, daß sie in die Tag- Bücher der Hölle eingeschrieben ist. Ich will nun diesen todten König zu dem lebenden tragen; ihr, schleppt die übrigen fort, und sorgt, daß sie hier begraben werden.

(Sie gehen ab.)

11.Von hier bis zur 9ten Scene lauter Reime im Original.
Altersbeschränkung:
12+
Veröffentlichungsdatum auf Litres:
30 September 2017
Umfang:
100 S. 1 Illustration
Rechteinhaber:
Public Domain