Das Kapitol Zwei Ratsdiener welche Polster legen
Komm, komm. Sie werden gleich hier sein. Wie viele werben um das Konsulat?
Drei, heißt es; aber jedermann glaubt, daß Coriolanus es erhalten wird.
Das ist ein wackrer Gesell; aber er ist verzweifelt stolz und liebt das gemeine Volk nicht.
Ei! es hat viele große Männer gegeben, die dem Volk schmeichelten und es doch nicht liebten. Und es gibt manche, die das Volk geliebt hat, ohne zu wissen, warum? Also, wenn sie lieben, so wissen sie nicht, weshalb, und sie hassen aus keinem besseren Grunde; darum, weil es den Coriolanus nicht kümmert, ob sie ihn lieben oder hassen, beweist er die richtige Einsicht, die er von ihrer Gemütsart hat; und seine edle Sorglosigkeit zeigt ihnen dies deutlich.
Wenn er sich nicht darum kümmerte, ob sie ihn lieben oder nicht, so würde er sich unparteiisch in der Mitte halten und ihnen weder Gutes noch Böses tun; aber er sucht ihren Haß mit größerm Eifer, als sie ihm erwidern können, und unterläßt nichts, was ihn vollständig als ihren Gegner zeigt. Nun, sich die Miene geben, daß man nach dem Haß und dem Mißvergnügen des Volkes strebt, ist so schlecht, wie das, was er verschmäht: ihnen um ihrer Liebe willen zu schmeicheln.
Er hat sich um sein Vaterland sehr verdient gemacht. Und sein Aufsteigen ist nicht auf so bequemen Staffeln wie jener, welche geschmeidig und höflich gegen das Volk, mit geschwenkten Mützen, ohne weitre Tat, Achtung und Ruhm eingingen. Er aber hat seine Verdienste ihren Augen und seine Taten ihren Herzen so eingepflanzt, daß wenn ihre Zungen schweigen wollten und dies nicht eingestehn, es eine Art von undankbarer Beschimpfung sein würde; es zu leugnen, wäre eine Bosheit, die, indem sie sich selbst Lügen strafte, von jedem Ohr, das sie hörte, Vorwurf und Tadel erzwingen müßte.
Nichts mehr von ihm, er ist ein würdiger Mann. Mach Platz, sie kommen.
Trompeten. Es treten auf der Konsul Cominius, dem die Liktoren vorausgehen,
Menenius, Coriolanus, mehrere Senatoren, Sicinius und Brutus. Senatoren
und Tribunen nehmen ihre Plätze.
Da ein Beschluß gefaßt, der Volsker wegen,
Und wir den Titus Lartius heimberufen,
Bleibt noch als Hauptpunkt dieser zweiten Sitzung,
Des Helden edlen Dienst zu lohnen, der
So für sein Vaterland gekämpft. – Geruht dann,
Ehrwürdge, ernste Väter, und erlaubt
Ihm, der jetzt Konsul ist und Feldherr war
In unserm wohlbeschloßnen Krieg, ein wenig
Zu sagen von dem edlen Werk, vollführt
Durch Cajus Marcius Coriolanus, der
Hier mit uns ist, um dankbar ihn zu grüßen
Durch Ehre, seiner wert.
Erster Senator. Cominius, sprich.
Laß, als zu lang, nichts aus. Wir glauben eh',
Daß unserm Staat die Macht zu lohnen fehlt,
Als uns der weitste Wille. Volksvertreter,
Wir bitten euer freundlich Ohr und dann
Eur günstig Fürwort beim gemeinen Volk,
Daß gelte, was wir wünschen.
Wir sind hier
Zu freundlichem Vergleiche; unsre Herzen
Nicht abgeneigt zu ehren, zu befördern
Ihn, der uns hier versammelt.
Um so lieber
Tun wir dies freudgen Muts, gedenkt er auch
Des Volks mit beßrem Sinn, als er bisher
Es hat geschätzt.
Das paßt nicht, paßt hier nicht.
Ihr hättet lieber schweigen sollen. Gefällt's euch,
Cominius anzuhören?
Herzlich gern.
Doch war mein Warnen besser hier am Platz
Als der Verweis.
Er liebt ja euer Volk;
Doch zwingt ihn nicht, ihr Schlafgesell zu sein.
Edler Cominius, spricht
(Coriolanus steht auf und will gehn.)
Nein, bleib nur sitzen.
Bleib, Coriolanus, schäm dich nicht, zu hören,
Was edel du getan.
Verzeiht mir, Väter,
Eh will ich noch einmal die Wunden heilen,
Als hören, wie ich dazu kam.
Ich hoffe,
Mein Wort vertrieb Euch nicht.
O nein! doch oft
Hielt ich den Streichen stand und floh vor Worten.
Nicht schmeichelt und drum kränkt Ihr nicht. Eur Volk,
Das lieb ich nach Verdienst.
Setzt Euch.
Eh ließ ich
Im warmen Sonnenschein den Kopf mir kratzen,
Wenn man zum Angriff bläst, als, müßig sitzend,
Mein Nichts zum Fabelwerk vergrößert hören.
(Geht ab.)
Volksvertreter!
Wie könnt er euer scheckgen Brut' wohl schmeicheln,
Wo einer gut im Tausend? wenn ihr seht,
Er wagt eh alle Glieder für den Ruhm,
Als eins von seinen Ohren, ihn zu hören?
Cominius, fahre fort.
Mir fehlt's an Stimme. Coriolanus' Taten
Soll man nicht schwach verkünden. Wie man sagt,
Ist Mut die erste Tugend und erhebt
Zumeist den Eigner; ist es so, dann wiegt
Den Mann, von dem ich sprech, in aller Welt
Kein andrer auf. Mit sechzehn Jahren schon,
Da, als Tarquin Rom überzog, da focht er
Voraus den Besten. Der Diktator, hoch
Und groß gepriesen stets, sah seinen Kampf;
Wie mit dem Kinn der Amazon er jagte
Die bärtgen Lippen; zog aus dem Gedränge
Den hingestürzten Römer; schlug drei Feinde
Im Angesicht des Konsuls; traf Tarquin
Und stürzt' ihn auf das Knie. An jenem Tag,
Als er ein Weib konnt auf der Bühne spielen,
Zeigt' er sich ganz als Mann im Kampf; zum Lohn
Ward ihm der Eichenkranz. Sein zartes Alter
Gereift zum Manne, wuchs er, gleich dem Meer,
Und seit der Zeit, im Sturm von siebzehn Schlachten,
Streift' er den Kranz von jedem Schwert. Sein Letztes,
Erst vor, dann in Corioli, ist so,
Daß jedes Lob verarmt. Die Fliehnden hemmt' er,
Und durch sein hohes Beispiel ward dem Feigsten
Zum Spiel das Schrecknis. So wie Binsen tauchen
Dem Schiff im Segeln, wichen ihm die Menschen
Und schwanden seinem Streich. Sein Schwert, Todstempel,
Schnitt, wo es fiel, von Haupt zu Füßen nieder.
Vernichtung war er; jeglicher Bewegung
Hallt Sterberöcheln nach. Allein betrat er
Das Todestor der Stadt, das er bemalt
Mit unentrinnbarm Weh, und ohne Beistand
Entkommt er, trifft mit plötzlicher Verstärkung
Die Stadt, wie 'n Meteor; und sein ist alles,
Da plötzlich weckt ihm Schlachtgetöse rufend
Den wachen Sinn, und schnell den Mut verdoppelnd
Belebt sich frisch sein arbeitmüder Leib:
Er stürzt in neuen Kampf und schreitet nun
Blutdampfend über Menschenleben hin,
Als folg ihm Mord und Tod. Und bis wir Stadt
Und Schlachtfeld unser nannten, ruht' er nicht,
Um Atem nur zu schöpfen.
Würdger Mann!
Im vollsten Maß ist er der Ehre wert,
Die seiner harrt.
Die Beute stieß er weg.
Kostbare Dinge sah er an, als wär's
Gemeiner Staub und Kehricht; wen'ger nimmt er,
Als selbst der Geiz ihm gäbe. Ihm ist Lohn
Für Großtat, sie zu tun. Zufrieden ist er,
Sein Leben so zu opfern ohne Zweck.
Er ist von wahrem Adel. Ruft ihn her.
Erster Ratsdiener.
Er tritt schon herein. Coriolanus kommt zurück.
Mt Freud ernennt dich, Coriolan, zum Konsul
Der sämtliche Senat.
Stets weih ich ihm
Mein Leben, meinen Dienst.
Jetzt bleibt nur noch,
Daß du das Volk anredest.
Ich ersuch euch,
Erlaßt mir diesen Brauch; denn ich kann nicht
Das Kleid antun, entblößt stehn und sie bitten,
Um ihre Stimmen, meiner Wunden wegen.
Erlaubt, die Sitte zu umgehn.
Das Volk, Herr,
Muß Euer Werben haben, läßt nicht fahren
Den kleinsten Punkt des Herkomms.
Reizt es nicht.
Nein, bitte! fügt Euch dem Gebrauch und nehmt,
Wie es bisher die Konsuln all getan,
Die Würd in ihrer Form.
's ist eine Rolle,
Die ich errötend spiel; auch wär es gut,
Dem Volke dies zu nehmen.
Hört ihr das?
Vor ihnen prahlen: dies tat ich und das;
Geheilte Schmarren zeigen, die ich bergen sollte,
Als hätt ich sie um ihres Atems Lohn
Allein bekommen. —
Nein, du mußt dich fügen.
Ihr Volkstribunen, euch empfehlen wir:
Macht den Entschluß bekannt. Dem edlen Konsul
Sei alle Freud und Ehre!
Den Coriolanus kröne Freud und Ehre!
(Trompeten. Die Senatoren gehn.)
Ihr seht, wie er das Volk behandeln will.
Wenn sie's nur merkten. Er wird sie ersuchen,
Als wie zum Hohn, daß er von ihnen bittet,
Was sie gewähren müssen.
Doch sogleich
Erfahren sie, was hier geschah. Ich weiß,
Sie warten unser auf dem Markt.
(Sie gehn ab.)
Das Forum Mehrere Bürger treten auf
Ein und für allemal: wenn er unsre Stimmen verlangt, können wir sie ihm nicht abschlagen.
Wir können, Freund, wenn wir wollen.
Wir haben freilich die Gewalt; aber es ist eine Gewalt, die wir nicht Gewalt haben, zu gebrauchen. Denn wenn er uns seine Wunden zeigt und seine Taten erzählt, so müssen wir unsre Zungen in diese Wunden legen und für ihn sprechen; ebenso, wenn er uns seine edlen Taten mitteilt, so müssen wir ihm unsre edle Anerkennung derselben mitteilen. Undankbarkeit ist ungeheuer; wenn die Menge nun undankbar wäre, das hieße, aus der Menge ein Ungeheuer machen; wir, die wir Glieder derselben sind, würden ja dadurch Ungeheuerglieder werden.
Und es fehlt wenig, daß wir für nichts besser gehalten werden; denn dazumal, als wir wegen des Korns einen Aufstand machten, scheute er sich nicht, uns die vielköpfige Menge zu nennen.
So hat uns schon mancher genannt. Nicht, weil von unsern Köpfen einige braun, einige schwarz, einige scheckig und einige kahl sind, sondern weil unser Witz so vielfarbig ist; und das glaube ich wahrhaftig, auch wenn alle unsre Witze aus einem und demselben Schädel herausgelassen würden, so flögen sie nach Ost, West, Nord und Süd; und verständigten sie sich, einen graden Weg zu suchen, so würden sie zugleich auf allen Punkten des Kompasses sein.
Glaubst du das? Wohin, denkst du, würde dann mein Witz fliegen?
O! dein Witz kann nicht so schnell heraus, als der von andern Leuten;
denn er ist zu fest in einen Klotzkopf eingekeilt; aber wenn er seine
Freiheit hätte, so würde er gewiß südwärts fliegen.
Warum dahin?
Um sich in einem Nebel zu verlieren; wären nun drei Viertel davon in
faulem Dunst weggeschmolzen, so würde der letzte Teil aus
Gewissenhaftigkeit zurückkommen, um dir zu einer Frau zu verhelfen.
Du hast immer deine Schwänke im Kopf. Schon gut, schon gut!
Seid ihr alle entschlossen, eure Stimmen zu geben? Aber das macht nichts; die größere Zahl setzt es durch. Ich bleibe dabei: wenn er dem Volke geneigter wäre, so gab es nie einen bessern Mann.
(Coriolanus und Menenius treten auf.)
Hier kommt er! und zwar in dem Gewand der Demut. Gebt acht auf sein Betragen. – Wir müssen nicht so beisammen bleiben, sondern zu ihm gehn, wo er steht, einzeln oder zu zweien und dreien. Er muß jedem besonders eine Bitte vortragen, dadurch erlangt der einzelne die Ehre, ihm seine eigne Stimme mit seiner eignen Zunge zu geben. Darum folgt mir, und ich will euch anweisen, wie ihr zu ihm gehn sollt.
Recht so, recht so!
(Sie gehn ab.)
Nein, Freund, Ihr habt nicht recht. Wißt Ihr denn nicht,
Die größten Männer taten's.
Was nur sag ich?
Ich bitte! – Herr. – Verdammt! ich kann die Zunge
In diesen Gang nicht bringen. Seht die Wunden —
Im Dienst des Vaterlands empfing ich sie,
Als ein'ge Euer Brüder brüllend liefen
Vor unsern eignen Trommeln.
Nein. – Ihr Götter!
Nicht davon müßt Ihr reden. Nein, sie bitten,
An Euch zu denken.
An mich denken! Hängt sie!
Vergäßen sie mich lieber, wie die Tugend,
Umsonst von Priestern eingeschärft.
Ich bitte!
Verderbt nicht alles, sprecht sie an; doch, bitt ich,
Anständger Weis. Es kommen zwei Bürger.
Heißt ihr Gesicht sie waschen
Und ihre Zähne reinigen. Ach! da kommt so'n Paar!
Ihr wißt den Grund, weshalb ich hier bin, Freund.
Jawohl; doch sagt, was Euch dazu gebracht?
Mein eigner Wert.
Euer eigner Wert?
Ja, Nicht
Mein eigner Wunsch.
Wie? Nicht Euer eigner Wunsch?
Nein, Freund! nie war's mein eigner Wunsch, mit Betteln
Den Armen zu belästigen.
Ihr müßt denken,
Wenn wir Euch etwas geben, ist's in Hoffnung,
Durch Euch auch zu gewinnen.
Gut, sagt mir den Preis des Konsulats.
Der Preis ist: freundlich drum zu bitten.
Freundlich?
Ich bitte, gönnt mir's. Wunden kann ich zeigen,
Wenn wir allein sind – Eure Stimme, Herr!
Was sagt Ihr?
Würdger Mann, Ihr sollt sie haben.
Geschloßner Kauf!
Zwei edle Stimmen also schon erbettelt.
Eur Almosen hab ich! – Geht!
Doch das ist seltsam.
Müßt ich sie nochmals geben – doch – meinthalb.
(Sie gehn ab.)
Zwei andere Bürger kommen.
Ich bitt euch nun, wenn sich's zu dem Tone eurer Stimmen paßt, daß ich Konsul werde; ich habe hier den üblichen Rock an.
Ihr habt Euch edel um Euer Vaterland verdient gemacht und habt
Euch auch nicht edel verdient gemacht.
Euer Rätsel?
Ihr waret eine Geißel für seine Feinde; Ihr waret eine Rute für seine Freunde. Ihr habt, die Wahrheit zu sagen, das gemeine Volk nicht geliebt.
Ihr solltet mich für um so tugendhafter halten, da ich meine Liebe nicht gemein gemacht habe. Freund, ich will meinem geschwornen Bruder, dem Volk, schmeicheln, um eine beßre Meinung von ihm zu ernten: es ist ja eine Eigenschaft, die sie hoch anrechnen. Und da der Weisheit ihrer Wahl mein Hut lieber ist als mein Herz, so will ich mich auf die einschmeichelnde Verbeugung üben und mich mit ihnen abfinden auf ganz nachäffende Art. Das heißt, Freund, ich will die Bezauberungskünste irgendeines Volksfreundes nachäffen und den Verlangenden höchst freigebig mitteilen. Deshalb bitt ich euch: laßt mich Konsul werden.
Wir hoffen, uns in Euch einen Freund zu erwerben, und geben Euch darum unsre Stimmen herzlich gern.
Ihr habt auch mehrere Wunden für das Vaterland empfangen.
Ich will eure Kenntnis nicht dadurch besiegeln, daß ich sie euch zeige.
Ich will eure Stimmen sehr hoch schätzen und euch nun nicht länger zur
Last fallen.
Die Götter geben Euch Freude: das wünschen wir aufrichtig.
(Die Bürger gehn ab.)
O süße Stimmen!
Lieber verhungert, lieber gleich gestorben,
Als Lohn erbetteln, den wir schon erworben.
Warum soll hier im Narrenkleid ich stehn,
Um Hinz und Kunz und jeden anzuflehn
Um nutzlos Fürwort? Weil's der Brauch verfügt.
Doch wenn sich alles vor Gebräuchen schmiegt,
Wird nie der Staub des Alters abgestreift,
Berghoher Irrtum wird so aufgehäuft,
Daß Wahrheit nie ihn überragt. Eh zahm,
Noch Narr ich bin, sei aller Ehrenkram
Dem, den's gelüstet. – Halb ist's schon geschehn,
Viel überstanden, mag's nun weitergehn.
(Drei andre Bürger kommen.)
Mehr Stimmen noch! —
Eure Stimmen! denn für eure Stimmen focht ich,
Für eure Stimmen wacht ich, für eure Stimmen
Hab ich zwei Dutzend Narben; achtzehn Schlachten
Hab ich gesehn, gehört; für eure Stimmen
Getan sehr vieles, minder, mehr. Eure Stimmen!
Gewiß, gern wär ich Konsul.
Er hat edel gehandelt, und kein redlicher Mann kann ihm seine
Stimme versagen.
Darum laßt ihn Konsul werden. Die Götter verleihen ihm Glück und machen ihn zum Freund des Volkes.
Amen! Amen!
Gott schütz dich, edler Konsul!
Würdge Stimmen!
(Die Bürger gehn ab.)
Menenius, Sicinius und Brutus treten auf.
Ihr gnügtet jetzt der Vorschrift. Die Tribunen
Erhöhen Euch durch Volkesstimm, es bleibt nur,
Daß im Gewand der Würde Ihr alsbald
Nun den Senat besucht.
Ist dies nun aus?
Genügt habt Ihr dem Brauche des Ersuchens,
Das Volk bestätigt Euch, Ihr seid geladen
Zur Sitzung, um ernannt sogleich zu werden.
Wo? Im Senat?
Ja, Coriolanus, dort.
Darf ich die Kleider wechseln?
Ja, Ihr dürft es.
Das will ich gleich; und kenn ich selbst mich wieder,
Mich zum Senat verfügen.
Ich geh mit Euch. Wollt ihr uns nicht begleiten?
Wir harren hier des Volks.
Gehabt euch wohl!
(Coriolan und Menenius gehn ab.)
Er hat's nun, und, mich dünkt, sein Blick verriet,
Wie's ihm am Herzen liegt.
Mit stolzem Herzen trug er
Der Demut Kleid. Wollt Ihr das Volk entlassen? Die Bürger
kommen zurück.
Nun, Freunde, habt ihr diesen Mann erwählt?
Ja, unsre Stimmen hat er.
Die Götter machen wert ihn eurer Liebe.
Amen! Nach meiner armen, schwachen Einsicht
Verlacht' er uns, um unsre Stimmen bittend.
Gewiß, er höhnt' uns gradezu.
Nein, das ist seine Art; er höhnt' uns nicht.
Du bist der einzge, welcher sagt, er habe
Uns schmählich nicht behandelt; zeigen sollt er
Die Ehrenmal', fürs Vaterland die Wunden.
Nun, und das tat er doch?
Nein, keiner sah sie.
Er habe Wunden, insgeheim zu zeigen,
Sprach er, uns so den Hut verächtlich schwenkend:
Ich möchte Konsul sein; – doch, alter Brauch
Erlaubt es nicht, als nur durch eure Stimmen.
Drum eure Stimmen! – Als wir eingewilligt,
Da hieß es: Dank für eure Stimmen, dank euch!
O süße Stimmen! nun ihr gabt die Stimmen,
Stör ich euch länger nicht. – War das kein Hohn?
Ihr waret blöde, scheint's, dies nicht zu sehn;
Und, saht ihr's, allzu kindisch, freundlich doch
Die Stimmen ihm zu leihn.
Was? Spracht ihr nicht
Nach Anweisung? Als er noch ohne Macht
Und nur des Vaterlands geringer Diener,
Da war er euer Feind, sprach stets der Freiheit
Entgegen und den Rechten, die ihr habt
Im Körper unsers Staats; und nun erhoben
Zu mächtgem Einfluß und Regierung selbst —
Wenn er auch da mit bösem Sinn verharrt,
Feind der Plebejer, könnten eure Stimmen
Zum Fluch euch werden. Konntet ihr nicht sagen:
Gebühr auch seinem edlen Tun nichts mindres,
Als was er suche, mög er doch mit Huld,
Zum Lohn für eure Stimmen, euer denken,
Verwandelnd seinen Haß für euch in Liebe,
Euch Freund und Gönner sein?
Spracht ihr nun so,
Wie man euch riet, so ward sein Geist erregt,
Sein Sinn geprüft; so ward ihm abgelockt
Ein gütiges Versprechen, woran ihr,
Wenn Ursach sich ergab, ihn mahnen konntet.
Wo nicht, so ward sein trotzig Herz erbittert,
Das keinem Punkt sich leicht bequemt, der irgend
Ihn binden kann; so, wenn in Wut gebracht,
Nahmt ihr den Vorteil seines Zornes wahr,
Und er blieb unerwählt.
Bemerktet ihr,
Wie er euch frech verhöhnt', indem er bat,
Da eure Lieb er brauchte? Wie – und glaubt ihr,
Es wird euch nicht sein Hohn zermalmend treffen,
Wenn ihm die Macht wird? War in all den Körpern
Denn nicht ein Herz? Habt ihr nur deshalb Zungen,
Weisheit, Vernunft zu überschrein?
Habt ihr
Nicht Bitten sonst versagt? und jetzo ihm,
Der euch nicht bat, nein, höhnte, wollt ihr schenken
Die Stimmen, die sonst jeder ehrt?
Noch ward er nicht ernannt, wir können's weigern.
Und wollen's weigern.
Fünfhundert Stimmen schaff ich von dem Klang.
Ich dopple das und ihre Freund' als Zutat.
So macht euch eilig fort. Sagt diesen Freunden,
Sie wählen einen Konsul, der der Freiheit
Sie wird berauben, uns so stimmlos machen
Wie Hunde, die man für ihr Kläffen schlägt
Und doch zum Kläffen hält.
Versammelt sie
Und widerruft, nach reiferm Urteil, alle
Die rasche Wahl. An seinen Stolz erinnert,
An seinen alten Groll auf euch. Vergeßt nicht,
Wie er mit Hoffart trug der Demut Kleid,
Wie flehend er euch höhnt'. Nur eure Liebe,
Gedenkend seiner Dienste, hindert' euch,
Zu sehn, wie sein Benehmen jetzt erschien,
Das achtungslos und spöttisch er gestaltet
Nach eingefleischtem Haß.
Legt alle Schuld
Uns, den Tribunen, bei und sprecht: wir drängten
Euch, keines Einwurfs achtend, so, daß ihr
Ihn wählen mußtet.
Sagt, ihr stimmtet bei
Mehr, weil wir's euch befohlen als geleitet
Von eigner, wahrer Lieb; und eur Gemüt
Erfüllt von dem mehr, was ihr solltet tun,
Als was ihr wolltet, gabt ihr eure Stimmen
Ganz gegen euern Sinn. Gebt uns die Schuld.
Ja, schont uns nicht; sagt, daß wir euch gepredigt,
Wie jung er schon dem Vaterland gedient,
Wie lang seitdem; aus welchem Stamm er sproßt,
Dem edlen Haus der Marcier; daher kam
Auch Ancus Marcius, Numas Tochtersohn,
Der nach Hostilius hier als König herrschte;
Das Haus gab uns auch Publius und Quintus,
Die uns durch Röhren gutes Wasser schafften;
Auch Censorinus, er, des Volkes Liebling,
Den, zweimal Censor, dieser Name schmückte,
Der war sein großer Ahn.
Ein so Entsproßner,
Der außerdem durch eignen Wert verdiente
Den hohen Platz; wir schärften stets euch ein,
Sein zu gedenken; doch da ihr erwägt
(Messend sein jetzges Tun mit dem vergangnen),
Er werd euch ewig Feind sein, widerruft ihr
Den übereilten Schluß.
Sagt, nimmer wär's geschehn
(Darauf kommt stets zurück) ohn unsern Antrieb.
Und eilt, wenn ihr die Stimmzahl gezogen,
Aufs Kapitol.
Das wolln wir. Alle fast
Bereun schon ihre Wahl.
(Die Bürger gehn ab.)
So geh's nun fort;
Denn besser ist's, den Aufstand jetzt zu wagen,
Der später noch gefährlicher sich zeigte.
Wann er, nach seiner Art, in Wut gerät
Durch ihr Verweigern, so bemerkt und nützt
Den Vorteil seines Zorns.
Zum Kapitol!
Kommt, laßt uns dort sein vor dem Strom des Volks;
Dies soll, wie's teilweis ist, ihr Wille scheinen,
Was unser Treiben war.
(Sie gehn ab.)