Die Stunde der Mätressen

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Die Stunde der Mätressen
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Walter Brendel

Die Stunde der Mätressen

Die berühmtesten Mätressen aus sieben Jahrhunderten

Die Stunde der Mätressen

Walter Brendel

Die berühmtesten Mätressen aus sieben Jahrhunderten

Impressum

Texte: © Copyright by Walter Brendel

Umschlag: © Copyright by Walter Brendel

Verlag: Das historische Buch, 2022

Mail: walterbrendel@mail.de

Druck: epubli - ein Service der neopubli GmbH,

Berlin

Inhalt

Einleitung

Im 12. Jahrhundert

Rosamund Clifford

Im 14. Jahrhundert

Alice Perrers

Im 15. Jahrhundert

Agnès Sorel

Giulia Farnese

Im 16. Jahrhundert

Mary Boleyn

Barbara Blomberg

Diana von Poitiers

Marie Touchet

Roxelane

Im 17. Jahrhundert

Im Bett des Sonnenkönigs

Im Bett des starken August von Sachsen und Polen

Weitere Mätressen im 18. Jahrhundert

Mätressen Ludwig XV.

Im 19. Jahrhundert

Zoé Talon

Emma Hamilton

Katharina Schratt

Jekaterina Michailowna Dolgorukowa

Alice Keppel

Lola Montez

Maria Walewska

Eleonore Denuelle

Pauline Henckel von Donnersmarck

Fazit

Einleitung

Als "Pornokratie" bezeichnen Historiker die Macht jener Frauen, die als heimliche Geliebte von Fürsten, Päpsten oder Königen einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die politischen Entscheidungen dieser Herrscher hatten. Zwar gehört das Konkubinentum in das Zeitalter der Monarchien, in denen Könige ihre Ehe nach geopolitischen Gesichtspunkten schließen mussten und sich mit einer heimlichen Liebe über diese Zwangsheirat hinwegtrösteten, aber immerhin ist das Phänomen im Fall von Camilla Parker-Bowles bis heute gegenwärtig: Erst am 9. April 2005 haben der britische Thronfolger Prinz Charles und Camilla Parker-Bowles eine 30-jährige Liaison beendet. Damit gelang der Geliebten von Prinz Charles, wovon schon im 14. Jahrhundert die Mätressen des Sonnenkönigs träumten: Nach dem Tod der Fürstengattin ganz offiziell deren Platz einzunehmen. Eine berühmte Mätresse, der das im 17. Jahrhundert gelang, war Madame de Maintenon. Sie war die dritte offizielle Mätresse des Sonnenkönigs Ludwig XIV. und schaffte, was ihren Vorgängerinnen verwehrt blieb: Während die abgelegten Geliebten ihr Alter in Verbannung oder im Kloster verbrachten, heiratete Ludwig die Maintenon nach dem Tod seiner Gattin, wenn auch in aller Heimlichkeit. Bis dahin hatte sich die verarmte Adelige beim König als Erzieherin seiner zahlreichen unehelichen Kinder verdient gemacht. Denn der Sonnenkönig nahm es mit der Treue nicht so genau. Oder betrachten wir Julia Farnese, die heimliche Ehefrau des Renaissance-Papstes Alexander VI. Hier zeigen sich auch gesellschaftliche Hintergründe. Dass der Vatikan während der Renaissance als "Hauptstadt der Huren" von den Kurtisanen Steuern einnahm, mag noch ein wissenswerter Hinweis über die zeitgenössische Bigotterie sein. Aber der Schicksalsbericht über die ukrainische Sklavin Roxelana wird mit einer allzu spektakulären Aneinanderreihung schlüpfriger Anekdoten angereichert. Roxelana wurde Mitte des 16. Jahrhunderts in den Harem des Herrschers Süleiman verschleppt, um dem Sultan sexuell zu Diensten sein. Und anders als die Sklavinnen, denen von Eunuchen sogar die Gurken klein geschnitten wurden, damit sie sich nicht ohne den Sultan befriedigen konnten, würden die männlichen Abkommen aus diesen Affären sogar über ein Anrecht auf die Thronfolge verfügen.

Als „Mätresse“ bezeichnete man bis etwa ins 19. Jahrhundert eine öffentlich als solche bekannte Geliebte eines Fürsten, hochrangigen Adligen oder bedeutenden Amtsträgers. In gesellschaftlichen Verhältnissen, in denen Ehen vorrangig unter politischen und materiellen Aspekten geschlossen wurden, hatten Männer häufig eine Konkubine („Beischläferin“), die sie nicht zu verbergen versuchten – was ohnehin unmöglich gewesen wäre –, sondern halb legitimierten. Meistens hatten sie zu dieser eine engere affektive und geistige Beziehung als zu ihrer Ehefrau. In der höfischen Gesellschaft war der Status der Mätresse anerkannt. Einige Mätressen entfalteten bedeutenden politischen Einfluss, indem sie den Fürsten in seinen Entscheidungen bestimmten oder in seinem Namen Anweisungen gaben. Der Fürst sorgte für den standesgemäßen Unterhalt der Mätresse. Um ihnen Zugang bei Hof zu erlauben, wurden viele Mätressen geadelt.

Umgangssprachlich wurde der Begriff auch als Synonym für „Geliebte“ benutzt, ist in dieser Bedeutung heute aber veraltet. Als Favoritin wurde die bevorzugte Mätresse des Fürsten bezeichnet.

Die Mätressen europäischer Fürsten waren ursprünglich Geliebte ohne den späteren, halboffiziellen Status, traten selten oder gar nicht öffentlich auf und hatten sich auf eine rein private Rolle zu beschränken.

Als im Hochmittelalter in Frankreich und später auch im übrigen Europa die Höfe in Residenzstädten sesshaft wurden, änderte sich das Hofleben und nahm darin die Bedeutung der Frauen zu. Im Zusammenhang damit wandelte sich das Rollenbild der bloßen Geliebten des Fürsten zu dem der Mätresse, die in aller Regel dem Kreis der adligen Hofdamen und Ehrenjungfern entstammte. Unter Franz I. etablierte die Mätresse sich als inoffizielle Institution. Zwar war es für die Kirche offiziell ein Stein des Anstoßes, dass dergestalt öffentlich gegen das Verbot des Ehebruchs verstoßen wurde, die Kirche tolerierte jedoch die Situation, da der hohe Klerus – der meist dem Adel entstammte – am Hof verkehrte und sich teilweise selbst Mätressen hielt.

Es gab so etwas wie mildernde Umstände für Fürst und Mätresse. Landesherren und auch hohe Adlige mussten Frauen heiraten, die sie nicht freiwillig gewählt hatten. Da die so zustande kommenden Zwangsehen gegen die zentrale kirchliche Forderung nach Freiwilligkeit einer Eheschließung verstießen, neigten Theologen dazu, bei Fürsten und anderen hochstehenden Männern eine Ausnahme vom Gebot der Monogamie zu machen und ihnen Mätressen zuzugestehen.

Die Mätresse wurde im Laufe des 16., 17. und 18. Jahrhunderts an den Höfen immer mehr zu einer Alltäglichkeit und erhielt einen Status mit ungeschriebenen Rechten und Pflichten. Die Problematik der mit dem Fürsten häufig gezeugten Kinder wurde pragmatisch geregelt: War die Mätresse verheiratet, galten sie als Kinder des Ehemannes (der mit allerlei Vorteilen entschädigt wurde); war sie ledig oder verwitwet, wurden sie legitimiert. In beiden Fällen wurden die Töchter in der Regel später mit Hochadligen verheiratet und die Söhne, die für die Thronfolge als Legitimierte ausschieden, mit hohen Posten in der Armee oder der Kirche versorgt. Man kann davon ausgehen, dass viele Fürstinnen die Mätressen tolerierten, solange sie von ihnen mit dem gebotenen Respekt behandelt wurden, zumal auch sie selbst zwangsweise verheiratet worden waren und meistens keine tiefere Beziehung zu ihrem Gemahl hatten. Allerdings war es den Fürstinnen schon wegen der zu befürchtenden Schwangerschaften und Geburten so gut wie unmöglich, auch ihrerseits Geliebte zu haben.

Die Verhältnisse um Katharina die Große sind eher untypisch, da das Vorhandensein der ersten Geliebten hier geheim gehalten wurde, sich dabei allerdings offenbar einer gewissen Duldung durch den wohl nicht ganz zurechnungsfähigen Ehemann und die Zarin erfreute, die Katharinas Schwiegermutter war. Größere Offenheit in Bezug auf die späteren Geliebten zog hier erst ein, nachdem Katharina selbst Zarin geworden war.

Seinen Höhepunkt erreichte das Mätressenwesen in Europa im 17. und 18. Jahrhundert. Madame de Maintenon und Madame de Pompadour besaßen nennenswerten Einfluss auf die Politik Frankreichs und förderten in eigener Initiative Künstler und Intellektuelle.

 

Auch an anderen Höfen im Europa jener Zeit blühte das Mätressenwesen. In Sachsen z. B. war Gräfin Cosel die offizielle Geliebte des Kurfürsten August des Starken. Nach dem Ende des Zeitalters der absoluten Herrscher war die klassische Epoche der Mätressen vorüber. Lola Montez beeinflusste allerdings noch den Bayernkönig Ludwig I.

Hinter jedem großen Mann steht eine große Frau. Manchmal auch zwei. Oder drei.

Mätressen galten häufig als die geheimen Herrscherinnen, deren Verführungskraft Könige, Fürsten, Päpste oder Sultane unterlagen. Ihretwegen verstrickten sich Landesherren in dramatische Konflikte zwischen Liebe und Macht. Ein Themenrahmen will ein Bild der Geliebten an der Seite der Herrscher zeichnen, und zwar ein Bild jenseits üblicher Klischees.

Mätressen faszinieren noch heute, weil sie ihre Männer nicht nur durch Schönheit, sondern auch durch Klugheit eroberten, weil sie Macht gewannen und diese zu nutzen verstanden. Mätressen verdanken ihren Erfolg weder Heirat noch Abstammung, sondern eigenem Handeln. Glanzvollen Epochen haben sie ihr Gepräge gegeben, dem Rom der Renaissance-Päpste ebenso wie dem Istanbul der Osmanen-Herrscher und dem Versailles des Sonnenkönigs.

Spätere Generationen unternahmen alles, um die skandalösen Spuren der Mätressen zu tilgen. Dass dies nicht gelungen ist und dass Geschichte nicht nur von Männern gemacht wird, soll dieses Buch zeigen, das ein Bild der Geliebten an der Seite der Herrscher jenseits üblicher Klischees zeichnen will.

Stellen wir die berühmtesten Mätressen in den einzelnen geschichtlichen Jahrhundertabschnitten näher vor. Begeben wir uns auf eine Zeitreise durch die königlichen Schlafzimmer.

Im 12. Jahrhundert
Rosamund Clifford

Eine Frau namens Rosamund Clifford war eine Mätresse König Heinrich II. und wegen ihrer Schönheit auch The Fair Rosamund oder die Rose of the World genannt. Ihr eigentlicher Name war Lady Jane de Clifford und sie wurde um 1150 auf Clifford Castle in Herefordshire geboren.

Königin Eleonore von Aquitanien mit Rosamund Clifford

Rosamund war die jüngste Tochter des Welsh Marches-Lord Walter Fitz Richard de Clifford und seiner Frau Lady Margaret de Tosny. Sie wuchs zusammen mit ihren beiden Schwestern, Amice und Lucy in Herefordshire auf. Während eines Feldzugs gegen Wales im Jahr 1165 lernte sie den englischen König Heinrich II. auf Clifford Castle kennen. Ihre Klugheit und Schönheit verzauberten den König und er machte sie zu seiner heimlichen Mätresse. Die Liaison wurde öffentlich, nachdem die Königin Eleonore von Aquitanien 1173 die Revolte ihrer Söhne unterstützte. Die Gründe für ihre Parteinahme gegen Heinrich sind nicht klar. Vielleicht fühlte sie sich - wie ihre Söhne - von der Machtausübung ausgeschlossen; möglicherweise war sie auch über den Ehebruch ihres Mannes, der in dieser Zeit im Bann von Rosamund Clifford stand, erbost. Nach der Niederschlagung des Aufstandes wurde sie bis zum Ende der Regierung Heinrichs II. unter Bewachung gestellt. 1175 dürfte Heinrich eine Scheidung erwogen haben, doch blieb Eleonore weiterhin Königin. Rosamund zog sich ins Kloster zurück; wo sie 1176 starb und bestattet wurde.

Ab dem 14. Jahrhundert kursieren unzählige Gerüchte, Balladen, romantische Geschichten und Legenden, wonach die eifersüchtige Königin Eleonore ihre Rivalin, Rosamund Clifford, aus Eifersucht im königlichen Palast zu Woodstock vergiftet habe. Erst im 19. Jahrhundert wurden sie als historisch unhaltbar widerlegt. Aus der Beziehung mit König Heinrich II. gingen drei illegitime Söhne hervor:

Geoffrey († 1212), Bischof von Lincolm (1173–1189) und Erzbischof von York (1189– 1212); William Longespée, 3. Earl of Salisbury († 1226) ∞ 1198 Lady Ela FitzPatrick, countess of Salisbury; Peter (1171–1176).

Im 14. Jahrhundert
Alice Perrers

Alice Perrers, geboren etwa 1325, sicher vor 1351war verheiratet mit William of Windsor (William de Wyndesore), Lord Lieutenant of Ireland.

Sie war Hofdame bei Philippa von Hainault, der Frau von Eduard III., und nach Philippas Tod in den 1360er Jahren die Geliebte von Eduard III., von dem sie drei uneheliche Kinder hatte, John de Southeray, Joan und Jane. Man geht davon aus, dass sie mit Älterwerden und Erkrankung von Edward III. großen Einfluss hatte und diesen unter anderem zugunsten von John of Gaunt, 1. Duke of Lancaster, zumindest anfangs, einsetzte. Nachgesagt wird ihr erhebliche Korruption.

Außerdem galt lange Zeit Nicholas Lytlington als Sohn der beiden. Dieser wurde jedoch bereits 1333 Mönch (also zu einem Zeitpunkt als Edward III. erst 21 Jahre alt war). Lytlington wurde 1352 Prior von Westminster und war von 1362 bis 1386 Abt von Westminster. Alice Perrers starb nach 1377.

Alice Perrers

König Edward stand stark unter dem Einfluss von Alice Perrers. Edward gab Alice Perrers die Juwelen und Kleider von Königin Philippa. Alice glänzte dadurch, dass sie in London die kostspielige Kleidung und die teuren Juwelen zu einem Turnier trug, indem sie mit einem triumphalen Wagen unter dem Titel der 'Dame von der Sonne' Einzug hielt.

Alice Perrers war von einer großen Schönheit, aber John Wycliffe beschrieb sie als "Werkzeug des Teufels".

Alice Perrers soll den alten König nach Meinung von Zeitgenossen mit okkulten Zaubersprüchen vernarrt haben. Ihr Arzt wurde nach Verkauf von Liebeszaubertrank festgenommen.

Ihre Einmischung in laufende Gerichtsverfahren, um Strafurteilen zugunsten ihrer Freunde oder von jenen zu sichern, die ihr einen Gefallen getan haben, führte zu ihrer Verbannung aus dem königlichen Haushalt durch das Parlament von 1376.

Alice Perrers kehrte 1377 auf Bitte von ihrem sterbenden Liebhaber, König Edward III. zurück.

Nach dem Tod des Königs Edward III. wurde die wieder verbannt, aber zurückgeholt, um das Leben einer reichen Frau im Gefolge von Richard II. fortzusetzen.

Sie war eine ehrgeizige, skrupellose, indiskrete und habgierige Frau und wurde eine der mächtigsten Figuren an Königshof von Edward III.

Im 15. Jahrhundert

In diesem Jahrhundert häufte sich die Anzahl der Mätressen wohl auch aus dem Grund, dass mehrere historische Nachforschungsergebnisse vorliegen. Da hätten wir zunächst

Agnès Sorel

Agnès Sorel wurde um 1410 oder 1422 auf Schloss Fromenteau geboren und war die erste offizielle Mätresse eines französischen Königs, nämlich Karls VII.

Agnès Sorel war die Tochter von Jean Soreau, eines Soldaten aus niedrigem Adel, und Catherine de Maignelais. Sie war zunächst Hofdame von Isabella, Herzogin von Lothringen und Ehefrau des Königs René von Neapel. In zeitgenössischen Quellen wird Agnès Sorel als außergewöhnlich schöne und äußerst intelligente junge Frau beschrieben.

Im Rahmen eines Besuches bei seinem Schwager traf der König von Frankreich die zwanzigjährige blonde Schönheit zum ersten Mal. Im Gefolge Isabellas von Lothringen, Herzogin von Anjou, kam sie während des Hundertjährigen Kriegs im Jahr 1431 als Ehrendame derselben an den französischen Hof, wo sich in der folgenden Jahre eine Liebesbeziehung zwischen Karl und Agnès entwickelte. Der König ernannte seine Geliebte schließlich zur Ehrendame seiner Ehefrau Marie d’Anjou, schenkte ihr neben verschiedenen anderen Schlössern und Landsitzen (Issoudun, Bois-Trousseau, Roquecezière im Rouergue und Vernon-sur-Seine) 1448 das Schloss Beauté-sur-Marne nahe Paris und besetzte einflussreiche Posten am französischen Hof mit Mitgliedern der Familie Sorel. Sie bekam den Beinamen „Dame de Beauté“, der von der Bezeichnung des Schlosses Beauté-sur-Marne abgeleitet wurde. Als ihre private Residenz erhielt sie zudem das Schloss von Loches, wo Karl als Dauphin im Juni 1429 Jeanne d'Arc nach der erfolgreichen Belagerung von Orléans empfangen hatte und von der Krönung im Reims überzeugt worden war.

Seit dem Jahr 1444 war Agnès Sorel die offizielle Geliebte Karls VII. und damit die erste offizielle Mätresse am französischen Königshof. Sie schenkte Karl vier Töchter, von denen eine als Säugling verstarb. 1445 zog sie sich nach Loches zurück und blieb dort fünf Jahre. Im Jahr 1450, als sie mit dem jüngsten Kind schwanger war, besuchte Karl VII. sie in einem Lager während eines Feldzugs gegen die Engländer in Jumièges, einer Stadt in der Normandie.

Kurz nach der Geburt ihres vierten Kindes erkrankte Agnès Sorel schwer. Ihre Zeitgenossen bezeichneten diese Krankheit als „flux de ventre“ (Bauchfluss). Aufgrund ihres frühen Todes und ihrer zahlreichen Feinde kursierten dennoch Gerüchte, dass Agnes Sorel vergiftet worden sei.

Agnès Sorel auf einem Gemälde von Jean Fouquet

Agnes Sorel verstarb am 9. Februar 1450 um sechs Uhr nachmittags im Alter von 28 Jahren oder 40 Jahren in der Burg Masnal-la-Belle in der französischen Gemeinde Anneville-sur-Seine. "Wie ekelhaft, übelriechend und anfällig wir doch sind.", sollen ihre letzten Worte auf dem Sterbebett gewesen sein. Der Körper wurde geöffnet und die Leiche nach der Entnahme des Herzens nach Loches überführt. Ihr Herz wurde in der Abtei von Jumiegès bestattet, der sie viel Geld gespendet hatte. Ihr Leichnam wurde in der Stiftskirche Notre-Dame in Loches (Kirche Saint Ours) beigesetzt. Nach dem Tod von Agnes Sorel wurde Antoinette de Maignelais, eine Cousine ersten Grades von Agnès Sorel, neue Mätresse des Königs.

Agnés Sorel führte als einflussreiche Hofdame am französischen Königshof und Mätresse des Königs Karl VII. von Frankreich die Mode der unbedeckten Brust ein. Karls Sohn, der spätere König Ludwig XI. verfolgte die Geliebte seines Vaters zeitlebens mit seinem Hass. So soll er die Mätresse seines Vaters einmal in aller Öffentlichkeit geohrfeigt haben. Nach ihrem plötzlichen Tod geriet Ludwig daher sofort in den Verdacht, Agnès Sorel ermordet oder die Anweisung zu ihrer Ermordung gegeben zu haben. Bewiesen werden konnte diese These jedoch nicht. Es ist bis heute ungeklärt, ob sie vergiftet wurde oder nur an einem ärztlichen Kunstfehler starb.

Im Jahr 2004 wurde das Grab Agnès Sorels in Loches geöffnet und kriminalistisch untersucht. Der Paläopathologe Philippe Charlier konnte zwar nachweisen, dass sie an einer Quecksilbervergiftung gestorben war. Die Mordhypothese konnte aber auch durch diese Untersuchung nicht eindeutig geklärt werden.

Charlier konnte nachweisen, dass Sorel nach drei Kindern erneut im siebten Monat schwanger war und an Wurmbefall litt. Da damals gegen Geburtsbeschwerden und Würmer die Quecksilberbehandlung üblich und die ungefährlichen Dosen bekannt waren, gehen die Ermittler davon aus, dass Sorel absichtlich eine tödliche Dosis Quecksilber verabreicht wurde. Offiziell starb Sorel an Bauchfluss auf einer Reise zum König in die Normandie und wurde in Loches beigesetzt.

Anhand des im Grab gefundenen Schädels konnten Experten der französischen Gendarmerie das Gesicht von Agnès Sorel rekonstruieren. Nach Abschluss der Untersuchungen wurden ihre Gebeine am 2. April 2005 in Anwesenheit von Vertretern des französischen Hochadels in der Stiftskirche von Loches erneut beigesetzt.

Nachkommen waren:

 Marie Marguerite de Valois (* um 1434; † 1477), die am 28. Oktober 1458 mit Olivier de Coëtivy, Herr von Taillebourg (Haus Coëtivy), verheiratet wurde.

 Charlotte (* um 1436; † 1477), die am 1462 mit Jacques de Brézé (Haus Brézé) verheiratet wurde, der sie in den Armen ihres Liebhabers mit dem Schwert ermordete.

 Jeanne (* um 1439), die am 25. Dezember 1461 von Ludwig XI. mit Antoine de Bueil (Haus Bueil) verheiratet wurde.

 Eine Tochter (* 3. Februar 1450; † 3. Februar 1450) war eine Frühgeburt, die nach sechs Monaten Schwangerschaft geboren wurde und wenige Stunden nach der Geburt verstarb

Zu ihren Nachfahren zählen unter anderem der heutige Herzog von Orléans, Prinz Jacques von Frankreich sowie der Prinz Charles Emmanuel von Bourbon-Parma.