Kostenlos

Deutsche Humoristen, 4. und 5. Band (von 8)

Text
Autor:
iOSAndroidWindows Phone
Wohin soll der Link zur App geschickt werden?
Schließen Sie dieses Fenster erst, wenn Sie den Code auf Ihrem Mobilgerät eingegeben haben
Erneut versuchenLink gesendet

Auf Wunsch des Urheberrechtsinhabers steht dieses Buch nicht als Datei zum Download zur Verfügung.

Sie können es jedoch in unseren mobilen Anwendungen (auch ohne Verbindung zum Internet) und online auf der LitRes-Website lesen.

Als gelesen kennzeichnen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Zwei Ritter

von

Heinrich Heine



Krapülinski und Waschlapski,

Polen aus der Polackei,

fochten für die Freiheit, gegen

Moskowiter-Tyrannei.





Fochten tapfer und entkamen

endlich glücklich nach Paris —

leben bleiben, wie das Sterben

für das Vaterland ist süß.





Wie Achilles und Patroklus,

David und sein Jonathan

liebten sich die beiden Polen,

küßten sich: „Kochan! Kochan!“





Keiner je verriet den andern,

blieben Freunde, ehrlich, treu,

ob sie gleich zwei edle Polen,

Polen aus der Polackei.





Wohnten in derselben Stube,

schliefen in demselben Bette!

Eine Laus und eine Seele,

kratzten sie sich um die Wette.





Speisten in derselben Kneipe,

und da keiner wollte leiden,

daß der andre für ihn zahle,

zahlte keiner von den beiden.





Auch dieselbe Henriette

wäscht für beide edle Polen;

trällernd kommt sie jeden Monat —

um die Wäsche abzuholen.





Ja, sie haben wirklich Wäsche,

jeder hat der Hemden zwei,

ob sie gleich zwei edle Polen,

Polen aus der Polackei.





Sitzen heute am Kamine,

wo die Flammen traulich flackern;

draußen Nacht und Schneegestöber

und das Rollen von Fiakern.





Eine große Bowle Punsch

(es versteht sich: unverzückert,

unversäuert, unverwässert)

haben sie bereits geschlückert.





Und von Wehmut wird beschlichen

ihr Gemüte; ihr Gesicht

wird befeuchtet schon von Zähren,

und der Krapülinski spricht:





„Hätt’ ich doch hier in Paris

meinen Bärenpelz, den lieben

Schlafrock und die Katzfell-Nachtmütz,

die im Vaterland geblieben!“





Ihm erwiderte Waschlapski:

„O du bist ein treuer Schlachzitz,

denkest immer an der Heimat

Bärenpelz und Katzfell-Nachtmütz.





„Polen ist noch nicht verloren,

unsre Weiber, sie gebären,

unsre Jungfraun tun dasselbe,

werden Helden uns bescheren,





„Helden, wie der Held Sobieski,

wie Schelmufski und Uminski,

Eskrokewitsch, Schubiakski,

und der große Eselinski.“



Ziethen

von

Friedrich von Sallet



Der große König wollte gern sehn,

was seine Gen’rale wüßten;

da ließ er an alle Briefe ergehn,

daß sie gleich ihm schreiben müßten,

was jeder von ihnen zu tun gedenkt,

wenn der Feind ihn so oder so bedrängt.





Der Vater Ziethen, der alte Husar,

besah verwundert den Zettel.

„Der König hält mich zum Narren wohl gar,“

so flucht er, „was soll mir der Bettel?

Husar, das bin ich, potzelement!

Kein Schreiber oder verpfuschter Student.“





Da macht’ er auf einen Bogen Papier

einen großen Klex in der Mitten.

Rechts, oben, links, unten, dann Linien vier,

die all’ in dem Klexe sich schnitten,

und jede endete in ’nem Klex.

So schickt er den Boten dem alten Rex.





Der schüttelt den Kopf gedankenvoll,

fragt bei der Revue dann den Alten:

„Zum Schockschwerenot, Ziethen, ist er denn toll?

Was soll ich vom Wische da halten?“

Den Bart streicht Ziethen: „Das ist bald erklärt,

wenn Euer Majestät mir Gehör gewährt.





„Der große Klex in der Mitte bin ich.

Der Feind einer dort von den vieren,

der kann nun von vorn oder hinten auf mich,

von rechts oder links auch marschieren,

dann rück’ ich auf einem der Striche vor

und hau’ ihn, wo ich ihn treffe, aufs Ohr.“





Da hat der König laut gelacht

und bei sich selber gemeinet:

„Der Ziethen ist klüger, wie ich es gedacht,

sein Geschmier sagt mehr, als es scheinet.

Das ist mir der beste Reitersmann,

der den Feind schlägt, wo er auch rückt heran.“



Elfenlied

von

Eduard Mörike



Bei Nacht im Dorf der Wächter rief:

Elfe!

Ein ganz kleines Elfchen im Walde schlief —

wohl um die Elfe! —

und meint, es rief’ ihm aus dem Tal

bei seinem Namen die Nachtigall

oder Silpelit hätt’ ihm gerufen.

Reibt sich der Elf die Augen aus,

begibt sich vor sein Schneckenhaus,

und ist als wie ein trunken Mann,

sein Schläflein war nicht voll getan,

und humpelt also tippe tapp

durchs Haselholz ins Tal hinab,

schlupft an der Mauer hin so dicht,

da sitzt der Glühwurm, Licht an Licht.

„Was sind das helle Fensterlein?

Da drin wird eine Hochzeit sein:

die Kleinen sitzen beim Mahle,

und treiben’s in dem Saale.

Da guck’ ich wohl ein wenig ’nein!“

– Pfui, stößt den Kopf an harten Stein!

Elfe, gelt, du hast genug?

Guckuck! Guckuck!



Lose Ware

von

Eduard Mörike



„Tinte! Tinte, wer braucht! Schön schwarze Tinte verkauf ich,“

rief ein Bübchen gar hell Straßen hinauf und hinab.

Lachend traf sein feuriger Blick mich oben im Fenster,

eh’ ich mich’s irgend versah, huscht er ins Zimmer herein.

„Knabe, dich rief niemand!“ – „Herr, meine Ware versucht nur!“

Und sein Fäßchen behend schwang er vom Rücken herum.

Da verschob sich das halb zerrissene Jäckchen ein wenig

an der Schulter, und hell schimmert ein Flügel hervor.

„Ei, laß sehen, mein Sohn! Du führst auch Federn im Handel?

Amor, verkleideter Schelm! soll ich dich rupfen sogleich?“

Und er lächelt, entlarvt, und legt auf die Lippen den Finger:

„Stille! sie sind nicht verzollt – stört die Geschäfte mir nicht!

Gebt das Gefäß! ich füll’ es umsonst, und bleiben wir Freunde!“

Dies gesagt und getan, schlüpft er zur Türe hinaus. —

Angeführt hat er mich doch: denn will ich was Nützliches schreiben,

gleich wird ein Liebesbrief, gleich ein Erotikon draus.



Mausfallen-Sprüchlein

von

Eduard Mörike

Das Kind geht dreimal um die Falle und spricht:





Kleine Gäste, kleines Haus.

Liebe Mäusin oder Maus,

stell’ dich nur kecklich ein

heut’ nacht bei Mondenschein!

Mach’ aber die Tür fein hinter dir zu!

Hörst du?

Dabei hüte dein Schwänzchen!

Nach Tische singen wir,

nach Tische springen wir

und machen ein Tänzchen:

witt witt!

Meine alte Katze tanzt wahrscheinlich mit.



Pastoralerfahrung

von

Eduard Mörike



Meine guten Bauern freuen mich sehr;

eine „scharfe Predigt“ ist ihr Begehr.

Und wenn man mir es nicht verdenkt,

sag’ ich, wie das zusammenhängt.

Sonnabend, wohl nach elfe spat,

im Garten stehlen sie mir den Salat;

in der Morgenkirch’ mit guter Ruh’

erwarten sie den Essig dazu;

der Predigt Schluß fein linde sei:

sie wollen gern auch Öl dabei.



Scherz

von

Eduard Mörike



Einen Morgengruß ihr früh zu bringen

und mein Morgenbrot bei ihr zu holen,

geh’ ich sachte an des Mädchens Türe,

öffne rasch, da steht mein schlankes Bäumchen

vor dem Spiegel schon und wäscht sich emsig.

O wie lieblich träuft die weiße Stirne,

träuft die Rosenwange Silbernässe,

hangen aufgelöst die süßen Haare!

Locker spielen Tücher und Gewänder.





Aber wie sie zagt und scheucht und abwehrt!

Gleich, sogleich soll ich den Rückzug nehmen!

„Närrchen,“ rief ich, „sei mir so kein Närrchen!

Das ist Brautrecht, ist Verlobtensitte.

Laß mich nur! ich will ja blind und lahm sein,

will den Kopf und alle beide Augen

in die Fülle deiner Locken stecken,

will die Hände mit den Flechten binden.“ —

„Nein, du gehst!“ – „Im Winkel laß mich stehen,

dir bescheidentlich den Rücken kehren!“ —

„Ei, so mag’s, damit ich Ruhe habe!“





Und ich stand gehorsam in der Ecke,

lächerlich, wie ein gestrafter Junge,

der die Lektion nicht wohl bestanden,

muckste nicht und kühlte mir die Lippen

an der weißen Wand mit leisem Kusse

eine volle lange Stunde,

ja, so wahr ich lebe. Doch wer etwa

einen kleinen Zweifel möchte haben

(was ich ihm just nicht verargen dürfte),

nun, der frage nur das Mädchen selber:

die wird ihn – noch zierlicher belügen.



An meinen Vetter

von

Eduard Mörike.

Juni 1837



Lieber Vetter! Er ist eine

von den freundlichen Naturen,

die ich Sommerwesten nenne;

denn sie haben wirklich etwas

Sonniges in ihrem Wesen.

Es sind weltliche Beamte,

Rechnungsräte, Revisoren

oder Kameralverwalter,

auch wohl manchmal Herrn vom Handel,

aber meist vom ältern Schlage,

keinesweges Petitmaitres,

haben manchmal hübsche Bäuche,

und ihr Vaterland ist Schwaben.

Neulich auf der Reise traf ich

auch mit einer Sommerweste

in der Post zu Besigheim

eben zu Mittag zusammen.

Und wir speisten eine Suppe,

darin rote Krebse schwammen,

Rindfleisch mit französ’schem Senfe,

dazu liebliche Radieschen,

dann Gemüse und so weiter,

schwatzten von der neusten Zeitung,

und daß es an manchen Orten

gestern stark gewittert habe.

Drüber zieht der wackre Herr ein

silbern Büchslein aus der Tasche,

sich die Zähne auszustochern;

endlich stopft er sich zum schwarzen

Kaffee seine Meerschaumpfeife,

dampft und diskuriert und schaut in-

mittelst einmal nach den Pferden.





Und ich sah ihm so von hinten

nach und dachte: Ach, daß diese

lieben, hellen Sommerwesten,

die bequemen, angenehmen,

endlich doch auch sterben müssen!



Der Tambour

von

Eduard Mörike



Wenn meine Mutter hexen könnt’,

da müßt’ sie mit dem Regiment

nach Frankreich, überall mit hin,

und wär’ die Marketenderin.

Im Lager, wohl um Mitternacht,

wenn niemand auf ist als die Wacht,

und alles schnarchet, Roß und Mann,

vor meiner Trommel säß’ ich dann:

die Trommel müßt’ eine Schüssel sein,

ein warmes Sauerkraut darein,

die Schlegel Messer und Gabel,

eine lange Wurst mein Sabel,

mein Tschako wär’ ein Humpen gut,

den füll’ ich mit Burgunderblut.

Und weil es mir an Lichte fehlt,

da scheint der Mond in mein Gezelt;

scheint er auch auf französ’sch herein,

mir fällt doch meine Liebste ein:

Ach weh! Jetzt hat der Spaß ein End’!

– Wenn nur meine Mutter hexen könnt’!



Ein Hauptkerl

von

Alexander von Schlippenbach



Ein Heller und ein Batzen,

die waren beide mein,

der Heller ward zu Wasser,

der Batzen ward zu Wein!





Die Mädel und die Wirtsleut’,

die rufen beid’: O weh!

Die Wirtsleut’, wenn ich komme,

die Mädel, wenn ich geh’.





Mein’ Stiefel sind zerrissen,

mein’ Schuh’, die sind entzwei,

und draußen auf der Heide,

da singt der Vogel frei.





Und gäb’s kein’ Landstraß’ nirgend,

so blieb’ ich still zu Haus,

und gäb’s kein Loch im Fasse,

so tränk’ ich gar nicht draus.





Das war ’ne rechte Freude,

als mich der Herrgott schuf,

’n Kerl wie Samt und Seide,

nur schade, daß er suff! —



Fridericus Rex

von

Wilibald Alexis



Fridericus Rex, unser König und Herr,

der rief seine Soldaten allesamt ins Gewehr,

zweihundert Bataillons und an die tausend Schwadronen,

und jeder Grenadier kriegt sechzig Patronen.





„Ihr verfluchten Kerls,“ sprach seine Majestät,

„daß jeder in der Bataille seinen Mann mir steht!

Sie gönnen mir nicht Schlesien und die Grafschaft Glatz

und die hundert Millionen in meinem Schatz.





„Die Kais’rin hat sich mit den Franzosen alliiert

und das römische Reich gegen mich revoltiert,

die Russen sind gefallen in Preußen ein,

auf, laßt uns zeigen, daß wir brave Landskinder sein!





„Meine Generale Schwerin und Feldmarschall von Keith

und der Generalmajor von Ziethen sind allemal bereit.

Kotz Mohren, Blitz und Kreuzelement,

wer den Fritz und seine Soldaten nicht kennt!“ —





„Nun adjö, Lowise, wisch ab das Gesicht,

eine jede Kugel die trifft ja nicht;

denn träf’ jede Kugel apart ihren Mann,

wo kriegten die Könige ihre Soldaten dann!





„Die Musketenkugel macht ein kleines Loch,

die Kanonenkugel ein weit größeres noch;

die Kugeln sind alle von Eisen und Blei,

und manche Kugel geht manchem vorbei.





„Unsere Artillerie hat ein vortrefflich Kaliber,

und von den Preußen geht keiner zum Feinde nicht über,

die Schweden, die haben verflucht schlechtes Geld,

wer weiß, ob der Östreicher besseres hält.





„Mit Pomade bezahlt den Franzosen sein König,

wir kriegen’s alle Woche bei Heller und Pfennig.

Kotz Mohren, Blitz und Kreuzsakerment,

wer kriegt so prompt wie der Preuße sein Traktement?





„Fridericus, mein König, den der Lorbeerkranz ziert,

ach hättst du nur öfters zu plündern permittiert,

Fridericus Rex, mein König und Held,

wir schlügen den Teufel für dich aus der Welt.“



Rolf Düring

von

Moritz Graf von Strachwitz.

Volksmärchen



König Erich sprach mit schwerem Sinn:

„Meine Tochter ist weg, ich weiß nicht wohin?

Ich möchte sie suchen und weiß nicht wie?“

Rolf Düring sprach: „Ich suche sie!“

Gar mannhaft sprach Rolf Düring.





Rolf Düring sprang ins Boot zur Stund’

und ruderte über den Öresund.

Es pfiff der Fant manch lustigen Reim,

so fuhr Rolf Düring gen Riesenheim,

gar freudig fuhr Rolf Düring.





Und als er kam vor des Riesen Tor,

Rolf Düring ritt die Stufen empor;

wohl lag auf den Stufen manch bleichend Gebein,

Rolf Düring pfiff und sprengte hinein,

nicht bange war Rolf Düring.





Und als er kam vor des Riesen Schwell’,

da stand im Saale ein langer Gesell’,

er stand und ragte als wie ein Haus,

Rolf Düring sah wie ein Zaunkönig aus,

was kümmerte das Rolf Düring?





Rolf Düring setzte die Sporen ein:

„Herr Riese, du mußt verloren sein!“

Der Riese lachte bei jedem Stich,

das war Rolf Düring sehr ärgerlich,

gar zornig ward Rolf Düring.





„Und wärest du länger als ein Mast,

zu Boden mußt du, grober Gast!“

Anprallte der Ritter im vollen Galopp,

da fiel der Riese, das war ihm zu grob!

Und auf ihn sprang Rolf Düring:





„Heraus die Prinzessin im Augenblick!

Sonst schneid’ ich dir ab dein zottig Genick!“

Er stach drei Zoll tief oder mehr,

da schrie der Riese: „Ich strecke die Wehr!“

Zu heftig stach Rolf Düring.





Rolf Düring zog; stolz war sein Zug,

er hielt die Prinzessin im Sattelbug,

vorn stapfte der Riese und zagte sehr,

ihm saß im Nacken Rolf Dürings Speer;

zu Meere zog Rolf Düring.





Rolf Düring schrie mit Ungestüm:

„Nun trag’ uns hinüber, du Ungetüm,

auf den rechten Arm mich und mein Fräulein wert

und auf den linken nimm mein Pferd!“

Gar dräuend schrie Rolf Düring.





Der Riese hob das rechte Bein

und stiefelte in den Sund hinein,

er hätte sich gerne geschüttelt, der Wicht,

allein er tat es lieber nicht,

er forchte sich vor Rolf Düring.





In Beires Burg tanzt Herr und Gesind,

da freit Rolf Düring des Königs Kind,

und wenn es wahr ist, was sie sagen,

so mußte der Riese ins Bett sie tragen,

ins Brautbett zu Rolf Düring.



Hans Sachsens Schusterlied

von

Richard Wagner



Jerum! Jerum!

Halla halla he!

Oho! Trallalei! ohe!

Als Eva aus dem Paradies

von Gott dem Herrn verstoßen,

gar schuf ihr Schmerz der harte Kies

an ihrem Fuß, dem bloßen.

Das jammerte den Herrn,

ihr Füßchen hat er gern;

und seinem Engel rief er zu:

„Da mach’ der armen Sünd’rin Schuh’!

Und da der Adam, wie ich seh’,

an Steinen dort sich stößt die Zeh’,

daß recht fortan

er wandeln kann,

so miß’ dem auch Stiefeln an!“





Jerum! Jerum!

Halla halla he!

Oho! Trallalei! ohe!

O Eva! Eva! Schlimmes Weib!

Das hast du am Gewissen,

daß ob der Füß’ am Menschenleib

jetzt Engel schustern müssen.

Bliebst du im Paradies,

da gab es keinen Kies.

Ob deiner jungen Missetat

hantier’ ich jetzt mit Ahl’ und Draht,

und ob Herrn Adams übler Schwäch’

versohl’ ich Schuh’ und streiche Pech.

Wär’ ich nicht fein

ein Engel rein,

Teufel möchte Schuster sein!





Jerum! Jerum!

Halla halla he!

Oho! Trallalei! ohe!

O Eva! Hör’ mein Klageruf,

mein Not und schwer Verdrüssen!

Die Kunstwerk’, die ein Schuster schuf,

sie tritt die Welt mit Füßen!

Gäb’ nicht ein Engel Trost,

der gleiches Werk erlos’t,

und rief mich oft ins Paradies,

wie dann ich Schuh’ und Stiefel ließ’!

Doch wenn der mich im Himmel hält,

dann liegt zu Füßen mir die Welt,

und bin in Ruh’

Hans Sachs, ein Schuh-

macher und Poet dazu.



Berliner Pfingsten

von

Gottfried Keller



Heute sah ich ein Gesicht,

freudevoll zu deuten:

in dem frühen Pfingstenlicht

und beim Glockenläuten

schritten Weiber drei einher,

feierlich im Gange,

Wäscherinnen fest und schwer,

jede trug ’ne Stange.





Mädchensommerkleider drei

flaggten von den Stangen,

schönre Fahnen, stolz und frei,

als je Krieger schwangen;

frisch gewaschen und gesteift,

tadellos gebügelt,

blau und weiß und rot gestreift,

wunderbar geflügelt!





Lustig blies der Wind, der Schuft,

Falbeln auf und Büste,

und mit frischer Morgenluft

füllten sich die Brüste;

und ich sang, als ich gesehn

ferne sie entschweben;

auf und laßt die Fahnen wehn,

lustig ist das Leben!



Der Narr des Grafen von Zimmern

von

Gottfried Keller



Was rollt so zierlich, klingt so lieb

treppauf und ab im Schloß?

Das ist des Grafen Zeitvertrieb

und stündlicher Genoss’:

Sein Narr, annoch ein halbes Kind

und rosiges Gesellchen,

so leicht und lustig wie der Wind,

und trägt den Kopf voll Schellchen.





Noch ohne Arg, wie ohne Bart,

an Possen reich genug,

ist doch der Fant von guter Art

und in der Torheit klug;

und was vergecken und verdrehn

die zappeligen Hände,

gerät ihm oft wie aus Versehn

zuletzt zum guten Ende.





Der Graf mit seinem Hofgesind’

weilt in der Burgkapell’,

da ist, wie schon das Amt beginnt,

kein Ministrant zur Stell’.

Rasch nimmt der Pfaff den Narrn beim Ohr

und zieht ihn zum Altare;

der Knabe sieht sich fleißig vor,

daß er nach Bräuchen fahre.





Und gut, als wär’ er’s längst gewohnt,

bedient er den Kaplan;

doch wann’s die Müh’ am besten lohnt,

bricht oft der Unstern an;

denn als die heil’ge Hostia

vom Priester wird erhoben,

o Schreck! so ist kein Glöcklein da,

den süßen Gott zu loben!





Ein Weilchen bleibt es totenstill,

erbleichend lauscht der Graf,

der gleich ein Unheil ahnen will,

das ihn vom Himmel traf.

Doch schon hat sich der Narr bedacht,

den Handel zu versöhnen;

die Kappe schüttelt er mit Macht,

daß alle Glöcklein tönen!





Da strahlt von dem Ciborium

ein goldnes Leuchten aus;

es glänzt und duftet um und um

im kleinen Gotteshaus,

wie wenn des Himmels Majestät

in frischen Veilchen läge:

der Herr, der durch die Wandlung geht —

er lächelt auf dem Wege!



Schütz im Stichfieber

von

Gottfried Keller



„Geh’, gewinn’ mir Geld ins Haus!“

sprach das böse Weib zum Schütz;

er gewann, in Saus und Braus

bracht er’s durch, der gute Schütz;

denn er dacht’, noch mancher Schuß

bleibt mir für das böse Weib,

bleibt mir für den Hausverdruß —

jetzo gilt’s dem Zeitvertreib!





Becher, Uhr und blankes Geld,

alles schlug er durch, der Schütz,

manchen Beutel leert der Held,

stets gewann er neu, der Schütz,

schenkt die Uhr der schönen Dirn’,

recht zum Hohn dem bösen Weib;

in den Bechern klar und firn

perlt der Wein zum Zeitvertreib.





Also trieb er’s Tag und Nacht,

bis zu End’ das große Fest

und die bittre Reu’ erwacht,

weil er denkt ans Drachennest,

wo der böse Drach’ ihm haust,

der nur Gold und Silber frißt;

und dem guten Schützen graust,

da er die Gefahr ermißt.





Blieb ihm noch ein Schuß zur Hand

und noch zehn Minuten Zeit

für den Stich ins „Vaterland“ —

ach, wie scheint die Scheibe weit!

Hell vom Tempel blinkt der Gruß

goldgefüllter Silberschal’:

„Sie gewinn’ ich, weil ich muß,

denn es bleibt mir keine Wahl!





„Vater Tell im Himmelszelt!

Bied’rer Schütz in Gottes Schoß!

Lenk’ dein Falkenaug’ zur Welt,

hilf mir, denn die Not ist groß!

Mach’ den Willen fest und frei,

reglos sicher meine Hand!

Sind die Zeiten denn vorbei,

da man Meisterschüsse fand?“





Und er schlägt bedächtlich an,

zielet lang, der gute Schütz;

was verwirrt ihm Sinn und Plan?

Setzt er ab, der gute Schütz?

Und er starret bleich und fremd,

starret sprachlos nach der Scheib’ —

denn im roten Zeigerhemd

sah er gaukeln dort sein Weib.





Niemand sah’s, als er allein,

und er sieht’s, so oft er zielt!

Macht’s die Angst, ist es der Wein,

der ihm das Gehirn bespült?

Zweimal, dreimal schlägt er an,

zitternd stark am ganzen Leib —

immer tanzt auf grüner Bahn

grad’ im Schuß das rote Weib.





Und die Sippe kommt zur Stell’,

Freunde, Vettern rings herum,

Büchsenmeister und Gesell,

Lader, Warner gr