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Deutsche Humoristen, 4. und 5. Band (von 8)

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In die Höh’!

von

Joseph Freiherrn von Eichendorff



Viel Essen macht viel breiter

und hilft zum Himmel nicht,

es kracht die Himmelsleiter,

kommt so ein schwerer Wicht.

Das Trinken ist gescheiter,

das schmeckt schon nach Idee,

da braucht man keine Leiter,

das geht gleich in die Höh’!





Chor. Da braucht man keine Leiter,

das geht gleich in die Höh’!





Viel Reden ist manierlich!

„Wohlauf?“ – „Ein wenig flau.“ —

„Das Wetter ist spazierlich.“ —

„Was macht die liebe Frau?“ —

„Ich danke“ – und so weiter

und breiter als ein See —

das Singen ist gescheiter,

das geht gleich in die Höh’!





Chor. Das Singen ist gescheiter,

das geht gleich in die Höh’!





Die Fisch’ und Musikanten

die trinken beide frisch,

die Wein, die andern Wasser.

Drum hat der dumme Fisch

statt Flügel Flederwische

und liegt elend im See;

doch wir sind keine Fische,

das geht gleich in die Höh’!





Chor. Doch wir sind keine Fische,

das geht gleich in die Höh’!





Ja, Trinken frisch und Singen,

das bricht durch alles Weh,

das sind zwei gute Schwingen,

gemeine Welt, ade!

Du Erd’ mit deinem Plunder,

ihr Fische samt der See,

’s geht alles, alles unter,

wir aber in die Höh’!





Chor. ’s geht alles, alles unter,

wir aber in die Höh’!



Lustige Musikanten

von

Joseph Freiherrn von Eichendorff



Der Wald, der Wald! Daß Gott ihn grün erhalt’,

gibt gut Quartier und nimmt doch nichts dafür.





Zum grünen Wald wir Herberg’ halten,

denn Hoffart ist nicht unser Ziel,

im Wirtshaus, wo wir nicht bezahlten,

es war der Ehre gar zu viel.

Der Wirt, er wollt’ uns gar nicht lassen,

sie ließen Kann’ und Kartenspiel,

die ganze Stadt war in den Gassen,

und von den Bänken mit Gebraus

stürzt’ die ganze Schule heraus,

wuchs der Haufe von Haus zu Haus,

schwenkt’ die Mützen und jubelt’ und wogt’,

der Hatschier, die Stadtwacht, der Bettelvogt,

wie wenn ein Prinz zieht auf die Freit’,

gab alles, alles uns fürstlich Geleit.

Wir aber schlugen den Markt hinab

uns durch die Leut’ mit dem Wanderstab

und hoch mit dem Tamburin, daß es schallt’ —

zum Wald, zum Wald, zum schönen grünen Wald!





Und da nun alle schlafen gingen,

der Wald steckt’ seine Irrlicht’ an,

die Frösche tapfer Ständchen bringen,

die Fledermaus schwirrt leis voran,

und in dem Fluß auf feuchtem Steine

gähnt laut der alte Wassermann,

strählt sich den Bart im Mondenscheine

und fragt ein Irrlicht, wer wir sind?

Das aber duckt sich geschwind;

denn über ihn weg im Wind

durch die Wipfel der wilde Jäger geht,

und auf dem alten Turm sich dreht

und kräht der alte Wetterhahn uns nach:

ob wir nicht einkehrn unter sein Dach?

O Gockel, verfallen ist ja dein Haus,

es sieht die Eule zum Fenster heraus,

und aus allen Toren rauschet der Wald,

der Wald, der Wald, der schöne grüne Wald!





Und wenn wir müd’ einst, sehn wir blinken

ein’ goldne Stadt still überm Land,

am Tor Sankt Peter schon tut winken:

„Nur hier herein, Herr Musikant!“

Die Engel von den Zinnen fragen,

und wie sie uns erst recht erkannt,

sie gleich die silbernen Pauken schlagen,

Sankt Peter selbst die Becken schwenkt,

und voll Geigen hängt

der Himmel, Cäcilia an zu streichen fängt,

dazwischen hoch Vivat! daß es prasselt und pufft,

werfen die andern vom Wall in die Luft

Sternschnuppen, Kometen,

gar prächt’ge Raketen,

versengen Sankt Peter den Bart, daß er lacht,

und wir ziehen heim, schöner Wald, gute Nacht!



Ratskollegium

von

Joseph Freiherrn von Eichendorff



Hochweiser Rat, geehrte Kollegen!

Bevor wir uns heute aufs Raten legen,

bitt’ ich, erst reiflich zu erwägen,

ob wir vielleicht, um Zeit zu gewinnen,

heut’ sogleich mit dem Raten beginnen,

oder ob wir erst proponieren müssen,

was uns versammelt und was wir alle wissen?

Ich muß pflichtgemäß voranschicken hierbei,

daß die Art der Geschäfte zweierlei sei:

die einen sind die eiligen,

die andern die langweiligen.

Auf jene pfleg’ ich

cito

 zu schreiben,

die andern können liegen bleiben.

Die liegenden aber, geehrte Brüder,

zerfallen in wicht’ge und höchstwicht’ge wieder.

Bei jenen – nun, man wird verwegen,

man schreibt nach amtlichem Überlegen

more solito

 hier und dort:

ad acta

.

Diener rennen, man flucht, verpackt da,

der Staat floriert und bleibt im Takt da.

Doch werden die Zeiten so ungeschliffen,

wild umzuspringen mit den Begriffen,

kommt gar, wie heute, ein Fall, der eilig

und doch höchstwichtig zugleich, dann freilich

muß man von neuem unterscheiden:

ob er mehr eilig oder mehr wichtig.

Ich bitte, meine Herrn, verstehn Sie mich richtig!

Der Punkt ist von Einfluß. Denn wir vermeiden

die

species facti

, wie billig, sofort,

find’t sich der Fall mehr eilig als liegend.

Ist aber das Wichtige überwiegend,

wäre die Eile am unrechten Ort.

Meine Herren, Sie haben nun die Prämissen,

Sie werden den Beschluß zu finden wissen.



Der Schreinergesell

von

Johann Peter Hebel



Mi Hamberch

13

13


  Handwerk.



 hätti g’lert, so so, la la;

doch stoht mer ’s Trinke gar viel besser a,

as ’s Schaffe, sell bikenni

14

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  das bekenne ich.



 frei und frank;

der Rucke

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15


  Rücken.



 bricht mer schier am Hobelbank.





Drum het mer d’ Muetter mengmol

16

16


  manchmal.



 profezeit:

„Du chunnsch ke Meister über

17

17


  du kannst keinen Meister finden.



 wit und breit!“

Z’letzt hani’s selber glaubt, und denkt: isch’s so,

wie wird’s mer echterst

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18


  wohl.



 in der Fremdi go?





Wie isch’s mer gange? Numme

19

19


  nur.



 z’guet! I ha

in wenig Wuche siebe Meister g’ha.

O Müetterli, wie falsch hesch profezeit!

Ich chömm kei Meister über, hesch mer g’seit.



Der Schwarzwälder im Breisgau

von

Johann Peter Hebel



Z’ Müllen an der Post,

tausigsappermost!

Trinkt me nit e guete Wi

20

20


  Wein.



!

Goht er nit wie Baumöl i,

z’ Müllen an der Post!





Z’ Bürglen uf der Höh’,

nei, was cha me seh!

O, wie wechsle Berg und Tal,

Land und Wasser überal,

z’ Bürglen uf der Höh’!





Z’ Staufen uffem Märt

21

21


  auf dem Markt.



hen sie, was me gehrt

22

22


  begehrt.



,

Tanz und Wi und Lustberkeit,

was eim numme ’s Herz erfreut,

z’ Staufen uffem Märt!





Z’ Friburg in der Stadt

sufer

23

23


  sauber.



 isch’s und glatt,

riichi Here, Geld und Guet,

Jumpfere wie Milch und Bluet,

z’ Friburg in der Stadt.





Woni gang und stand,

wär’s e lustig Land.

Aber zeig mer, was de witt,

numme näumis

24

24


  nur etwas.



 findi nit

in dem schöne Land.





Minen Auge g’fallt

Herischried im Wald.

Woni gang, se denki dra,

’s chunnt mer nüt uf d’ Gegnig

25

25


  Gegend.



 a

z’ Herischried im Wald.





Imme chleine Hus

wandlet i und us —

gelt, de meinsch, i sag der, wer?

’s isch e Sie, es isch kei Er,

imme chleine Hus.



Metzelsuppenlied

von

Ludwig Uhland



Wir haben heut’ nach altem Brauch

ein Schweinchen abgeschlachtet;

der ist ein jüdisch ekler Gauch,

wer solch ein Fleisch verachtet.

Es lebe zahm’ und wildes Schwein!

Sie leben alle, groß und klein,

die blonden und die braunen!





So säumet denn, ihr Freunde, nicht,

die Würste zu verspeisen,

und laßt zum würzigen Gericht

die Becher fleißig kreisen!

Es reimt sich trefflich Wein und Schwein,

und paßt sich köstlich Wurst und Durst;

bei Würsten gilt’s zu bürsten.





Auch unser edles Sauerkraut,

wir sollen’s nicht vergessen;

ein Deutscher hat’s zuerst gebaut,

drum ist’s ein deutsches Essen.

Wenn solch ein Fleischchen weiß und mild

im Kraute liegt, das ist ein Bild

wie Venus in den Rosen.





Und wird von schönen Händen dann

das schöne Fleisch zerleget,

das ist, was einem deutschen Mann

gar süß das Herz beweget.

Gott Amor naht und lächelt still

und denkt: „Nur daß, wer küssen will,

zuvor den Mund sich wische!“





Ihr Freunde, tadle keiner mich,

daß ich von Schweinen singe!

Es knüpfen Kraftgedanken sich

oft an geringe Dinge.

Ihr kennet jenes alte Wort,

ihr wißt: es findet hier und dort

ein Schwein auch eine Perle.



Unstern

von

Ludwig Uhland



Unstern, diesem guten Jungen,

hat es seltsam sich geschickt;

manches wär’ ihm fast gelungen,

manches wär’ ihm schier geglückt;

alle Glückesstern’ im Bunde

hätten weihend ihm gelacht,

wenn die Mutter eine Stunde

früher ihn zur Welt gebracht.





Waffenruhm und Heldenehre

hätten zeitig ihm geblüht;

war doch in dem ganzen Heere

keiner so von Mut erglüht!

Nur als schon in wilden Wogen

seine Schar zum Sturme drang,

kam ein Bote hergeflogen,

der die Friedensfahne schwang.





Nah ist Unsterns Hochzeitsfeier,

hold und sittig glüht die Braut;

sieh! da kommt ein reichrer Freier,

der die Eltern baß erbaut.

Dennoch hätte die Geraubte

ihn als Witwe noch beglückt,

wäre nicht der Totgeglaubte

plötzlich wieder angerückt.





Reich wär’ Unstern noch geworden

mit dem Gut der neuen Welt,

hätte nicht ein Sturm aus Norden

noch im Port das Schiff zerschellt.

Glücklich war er selbst entschwommen

(einer Planke hatt’ er’s dank),

hatte schon den Strand erklommen,

glitt zurück noch und versank.





In den Himmel sonder Zweifel

würd’ er gleich gekommen sein,

liefe nicht ein dummer Teufel

just ihm in den Weg hinein.

Teufel meint, es sei die Seele,

die er eben holen soll,

packt den Unstern an der Kehle,

rennt mit ihm davon wie toll.





Da erscheint ein lichter Engel

rettend aus dem Nebelduft,

donnert flugs den schwarzen Bengel

in die tiefste Höllenkluft,

schwebt der goldnen Himmelsferne

mit dem armen Unstern zu,

über gut’ und böse Sterne

führt er den zur ew’gen Ruh’.



Von den sieben Zechbrüdern

von

Ludwig Uhland



Ich kenne sieben lust’ge Brüder,

sie sind die durstigsten im Ort;

die schwuren höchlich, niemals wieder

zu nennen ein gewisses Wort,

in keinerlei Weise,

nicht laut und nicht leise.





Es ist das gute Wörtlein Wasser,

darin doch sonst kein Arges steckt.

Wie kommt’s nun, daß die wilden Prasser

dies schlichte Wort so mächtig schreckt?

Merkt auf! ich berichte

die Wundergeschichte.





Einst hörten jene durst’gen sieben

von einem fremden Zechkumpan,

es sei am Waldgebirge drüben

ein neues Wirtshaus aufgetan,

da fließen so reine,

so würzige Weine.





Um einer guten Predigt willen

hätt’ keiner sich vom Platz bewegt;

doch, gilt es, Gläser gut zu füllen,

dann sind die Bursche gleich erregt.

„Auf! lasset uns wandern!“

Ruft einer dem andern.





Sie wandern rüstig mit dem frühen.

Bald steigt die Sonne drückend heiß,

die Zunge lechzt, die Lippen glühen,

und von der Stirne rinnt der Schweiß;

da rieselt so helle

vom Felsen die Quelle.





Wie trinken sie in vollen Zügen!

Doch als sie kaum den Durst gestillt,

bezeigen sie ihr Mißvergnügen,

daß hier nicht Wein, nur Wasser quillt:

„O fades Getränke!

O ärmliche Schwenke!“





In seine vielverwobnen Gänge

nimmt jetzt der Wald die Pilger auf;

da stehn sie plötzlich im Gedränge,

verworrnes Dickicht hemmt den Lauf.

Sie irren, sie suchen,

sie zanken und fluchen.





Derweil hat sich in finstre Wetter

die schwüle Sonne tief verhüllt;

schon rauscht der Regen durch die Blätter,

es zuckt der Blitz, der Donner brüllt;

dann kommt es geflossen,

unendlich ergossen.





Bald wird der Forst zu tausend Inseln,

zahllose Ströme brechen vor;

hier hilft kein Toben, hilft kein Winseln,

er muß hindurch, der edle Chor.

O gründliche Taufe!

O köstliche Traufe!





Vor alters wurden Menschenkinder

verwandelt oft in Quell und Fluß;

auch unsre sieben arme Sünder

bedroht ein gleicher Götterschluß.

Sie triefen, sie schwellen,

als würden sie Quellen.





So, mehr geschwommen als gegangen,

gelangen sie zum Wald hinaus;

doch keine Schenke sehn sie prangen,

sie sind auf gradem Weg nach Haus;

schon rieselt so helle

vom Felsen die Quelle.





Da ist’s, als ob sie rauschend spreche:

„Willkommen, saubre Brüderschar!

Ihr habt geschmähet, töricht Freche,

mein Wasser, das euch labend war.

Nun seid ihr getränket,

daß ihr daran denket.“





So kam es, daß die sieben Brüder

das Wasser fürchteten hinfort,

und daß sie schwuren, niemals wieder

zu nennen das verwünschte Wort,

in keinerlei Weise,

nicht laut und nicht leise.



Graf Eberstein

von

Ludwig Uhland



Zu Speier im Saale, da hebt sich ein Klingen,

mit Fackeln und Kerzen ein Tanzen und Springen.

Graf Eberstein

führet den Reihn

mit des Kaisers holdseligem Töchterlein.





Und als er sie schwingt nun im luftigen Reigen,

da flüstert sie leise (sie kann’s nicht verschweigen):

„Graf Eberstein,

hüte dich fein!

Heut’ nacht wird dein Schlößlein gefährdet sein.“





„Ei,“ denket der Graf, „Euer kaiserlich Gnaden,

so habt Ihr mich darum zum Tanze geladen!“

Er sucht sein Roß,

läßt seinen Troß

und jagt nach seinem gefährdeten Schloß.





Um Ebersteins Feste, da wimmelt’s von Streitern,

sie schleichen im Nebel mit Haken und Leitern.

Graf Eberstein

grüßet sie fein,

er wirft sie vom Wall in die Gräben hinein.





Als nun der Herr Kaiser am Morgen gekommen,

da meint er, es seie die Burg schon genommen.

Doch auf dem Wall

tanzen mit Schall

der Graf und seine Gewappneten all’:





„Herr Kaiser, beschleicht Ihr ein andermal Schlösser,

tut’s not, Ihr verstehet aufs Tanzen Euch besser.

Euer Töchterlein

tanzet so fein,

dem soll meine Feste geöffnet sein.“





Im Schlosse des Grafen, da hebt sich ein Klingen,

mit Fackeln und Kerzen ein Tanzen und Springen.

Graf Eberstein

führet den Reihn

mit des Kaisers holdseligem Töchterlein.





Und als er sie schwingt nun im bräutlichen Reigen,

da flüstert er leise, nicht kann er’s verschweigen:

„Schön Jungfräulein,

hüte dich fein!

Heut nacht wird ein Schlößlein gefährdet sein.“



Spatz und Spätzin

von

Karl August Mayer



Auf dem Dache sitzt der Spatz,

und die Spätzin sitzt daneben;

und er spricht zu seinem Schatz:

„Küsse mich, mein holdes Leben!





„Bald nun wird der Kirschbaum blühn;

Frühlingszeit ist so vergnüglich!

Ach, wie lieb’ ich junges Grün,

und die Erbsen ganz vorzüglich!“





Spricht die Spätzin: „Teurer Mann,

denke doch der neuen Pflichten!

Fangen wir noch heute an,

uns ein Nestchen einzurichten!“





Spricht der Spatz: „Das Nesterbau’n,

Eier brüten, Junge füttern

und dem Mann den Kopf zu krau’n,

liegt den Weibern ob und Müttern.“





Spricht die Spätzin: „Du Barbar,

soll ich bei der Arbeit schwitzen,

und du willst nur immerdar

zwitschern und herumstibitzen?“





Spricht der Spaß: „Ich will dich hier

mit zwei Worten kurz berichten:

Für den Spatz ist das Pläsier,

für die Spätzin sind die Pflichten!“



Böser Markt

von

Adelbert von Chamisso



Einer kam vom Königsmahle,

in dem Park sich zu bewegen,

aus dem Busch mit einem Male

trat ein andrer ihm entgegen.

Zwischen Rock und Kamisole

griff der schnell, und die Pistole

setzt er jenem auf die Brust.





„Leise, leise! muß ich bitten;

was wir hier für Handel treiben

mag vom unberufnen Dritten

füglich unbelauschet bleiben.

Wollt Ihr Uhren nebst Gehänken

wohl verkaufen, nicht verschenken?

Nehmt drei Batzen Ihr dafür?“ —





„Mit Vergnügen!“ – „Nimmer richtig

ist die Dorfuhr noch gegangen;

tut der Küster auch so wichtig,

weiß er’s doch nicht anzufangen;

jeder weiß in unsern Tagen,

was die Glocke hat geschlagen;

gottlob! nun erfahr’ ich’s auch.





„Sagt mir ferner: Könnt Ihr missen,

was da blinkt an Euern Fingern?

Meine Hausfrau, sollt Ihr wissen,

ist gar arg nach solchen Dingern;

solche Ringe, solche Sterne,

wie Ihr da habt, kauf’ ich gerne;

nehmt drei Batzen Ihr dafür?“ —





„Mit Vergnügen!“ – „Habt Ihr künftig

mehr zu handeln, laßt mich holen;

edel seid Ihr und vernünftig,

und ich lob’ Euch unverhohlen.

Gleich mich dankbar Euch zu zeigen,

laß’ ich jede Rücksicht schweigen

und verkauf’ Euch, was Ihr wollt.





„Seht den Ring da, den ich habe!

Nur von Messing, schlecht, unscheinsam,

aber, meiner Liebsten Gabe.

Ach, sie starb, und ließ mich einsam!

Nicht um einen Goldeshaufen …!

Aber Ihr, wollt Ihr ihn kaufen,

Gebt mir zehn Dukaten nur!“ —





„Mit Vergnügen!“ – „Ei! was seh’ ich?

Schöner Beutel, goldgeschwollen,

du gefällst mir, das gesteh’ ich;

die Pistole für den vollen!

Sie ist von dem besten Meister,

Kuchenreuter, glaub’ ich, heißt er,

nehmt sie für den Beutel hin!“ —





„Mit Vergnügen! Nun Geselle,

ist die Reih’ an mich gekommen!

Her den Beutel auf der Stelle!

Her, was du mir abgenommen!

Gib mir das Geraubte wieder,

gleich! ich schieße sonst dich nieder,

wie man einen Hund erschießt!“ —





„Schießt nur, schießt nur! wahrlich Schaden

wär’t ihr fähig anzurichten,

wäre nur das Ding geladen.

Ihr gefallt mir so mit nichten.

Unfein dürft’ ich wohl Euch schelten;

abgeschloss’ne Händel gelten,

merkt es Euch, und gute Nacht!“





Ihn verlachend unumwunden,

Langgebeint, mit leichten Sätzen,

war er in dem Busch verschwunden

mit den eingetauschten Schätzen.

Jener, mit dem Kuchenreuter

in der Hand, sah nicht gescheuter

aus, als Augenblicks zuvor.



Der rechte Barbier

von

Adelbert von Chamisso



„Und soll ich nach Philisterart

mir Kinn und Wange putzen,

so will ich meinen langen Bart

den letzten Tag noch nutzen.

Ja, ärgerlich, wie ich nun bin,

vor meinem Groll, vor meinem Kinn

soll mancher noch erzittern!





„Holla! Herr Wirt, mein Pferd! macht fort!

Ihm wird der Hafer frommen.

Habt Ihr Barbierer hier im Ort?

Laßt gleich den rechten kommen.

Waldaus, waldein, verfluchtes Land!

Ich ritt die Kreuz und Quer und fand

doch nirgends noch den rechten.





„Tritt her, Bartputzer, aufgeschaut!

Du sollst den Bart mir kratzen;

doch kitzlich sehr ist meine Haut,

ich biete hundert Batzen;

nur, machst du nicht die Sache gut,

und fließt ein einz’ges Tröpflein Blut —

fährt dir mein Dolch ins Herze.“





Das spitze, kalte Eisen sah

man auf dem Tische blitzen,

und dem verwünschten Ding gar nah

auf seinem Schemel sitzen

den grimm’gen, schwarzbehaarten Mann,

im schwarzen, kurzen Wams, woran

noch schwärz’re Troddeln hingen.





Dem Meister wird’s zu grausig fast;

er will die Messer wetzen;

er sieht den Dolch; er sieht den Gast;

es packt ihn das Entsetzen;

er zittert wie das Espenlaub,

er macht sich plötzlich aus dem Staub

und sendet den Gesellen.





„Einhundert Batzen mein Gebot,

falls du die Kunst besitzest;

doch, merk es dir, dich stech ich tot,

so du die Haut mir ritzest.“

Und der Gesell: „Den Teufel auch!

Das ist des Landes nicht der Brauch.“

Er läuft und schickt den Jungen.





„Bist du der Rechte, kleiner Molch?

Frisch auf! fang an zu schaben.

Hier ist das Geld, hier ist der Dolch,

das beides ist zu haben!

Und schneidest, ritzest du mich bloß,

so geb’ ich dir den Gnadenstoß;

du wärest nicht der erste.“





Der Junge denkt der Batzen, druckst

nicht lang’ und ruft verwegen:

„Nur still gesessen, nicht gemuckst!

Gott geb Euch seinen Segen!“

Er seift ihn ein ganz unverdutzt,

er wetzt, er stutzt, er kratzt, er putzt:

„Gottlob! nun seid Ihr fertig.“





„Nimm, kleiner Knirps, dein Geld nur hin;

du bist ein wahrer Teufel!

Kein andrer mochte den Gewinn,

du hegtest keinen Zweifel;

es kam das Zittern dich nicht an,

und wenn ein Tröpflein Blutes rann,

so stach ich dich doch nieder.“





„Ei! guter Herr, so stand es nicht,

ich hielt Euch an der Kehle;

verzucktet Ihr nur das Gesicht

und ging der Schnitt mir fehle,

so ließ ich Euch dazu nicht Zeit;

entschlossen war ich und bereit,

die Kehl’ Euch abzuschneiden.“





„So, so! ein ganz verwünschter Spaß!“

Dem Herrn ward’s unbehäglich;

er wurd’ auf einmal leichenblaß

und zitterte nachträglich:

„So, so! das hatt’ ich nicht bedacht,

doch hat es Gott noch gut gemacht;

ich will’s mir aber merken.“



Blücher am Rhein

von

August Kopisch.

(Ende des Jahres 1813.)



Die Heere blieben am Rheine stehn:

Soll man hinein nach Frankreich gehn?

Man dachte hin und wider nach,

allein der alte Blücher sprach:

„Generalkarte her!

Nach Frankreich gehn ist nicht so schwer.

Wo steht der Feind?“

„Der Feind? – Dahier!“

„D