Ein Mord für Aristoteles

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Ein Mord für Aristoteles
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Ursula Geck

Ein Mord für Aristoteles

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Inhaltsverzeichnis

Titel

1 Der Papyrus

2 Professor Schwarz

3 Der Mord

4 Das Mephisto

5 Schirlingskraut

6 Der Besucher in der Bibliothek

7 Professor Schwarz

8 Die Münzsammlung

9 Frau Schwarz

10 Der Mörder

Impressum neobooks

1 Der Papyrus

„Ist noch eine Tasse Kaffee da?“ Professor Grün kam atemlos in die Kaffeerunde hereingeplatzt. „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Professor Grant liebte es, sich über seinen Kollegen lustig zu machen. Professor Grün reagierte nicht auf die Spitze und setzte sich auf den einzigen noch freien Platz.

„Das wird bahnbrechend!“ sagte er gutgelaunt. „Der neue Papyrus, den Kollege Petermann in Istanbul ersteigert hat, ist bahnbrechend für die Aristototeles-forschung.“

„Wieder eine deiner umstrittenen Theorien.“

Professor Grant guckte übellaunig. Er mochte Grüns wissenschaftliche Begeisterung nicht. Als Epigraphiker war er ein trockener, humorloser Mensch. Grün überhörte den Affront erneut. „Wir sind eben dabei, die Lücken zu füllen, die Löcher im Text. Der Papyrus ist in keinem guten Zustand. Aber wir kommen der Sache näher. So wie es aussieht, sind die Schriften, die wir Aristoteles zurechnen von ihm selbst verfasst und nicht von seinen Schülern, wie wir bisher angenommen haben.“

„Das ist haltlos.“ Grant grinste zynisch. „Vollkommen aus der Luft gegriffen.“. Petra Klein war ganz aufgeregt. Das war ja einen tolle Entdeckung.

„So ein Theater um einen Papyrus!“

Grant stand auf und verschwand übellaunig aus dem Raum. Der Rest der Kaffeerunde löste sich nach und nach auf. Jeder hatte seinen Verpflichtungen nachzugehen. Petra Klein erhob sich seufzend und räumte die leeren Tassen zusammen. Immer blieb dies an ihr hängen. Professor Gymnich, nunmehr emeritiert, hatte die Kaffeerunde vor 20 Jahren eingeführt. Die ganze althistorische Abteilung des Instituts für Altertumskunde traf sich jeden Mittag von 13.00 Uhr bis 14.00 Uhr in Raum 24, um die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse auszutauschen. Professoren, vier Stück an der Zahl, Assistenten und studentische Hilfskräfte. An deren Köpfen gingen die hochwissenschaftlichen Gespräche oft vorbei. „Worüber die bloß reden?“, hatte sich Petra Klein oft gefragt. Wieder waren alle ihre Kollegen blitzartig verschwunden, wenn es ums Spülen ging. So machte sie sich auf in die Teeküche, um die Tassen zu spülen. Auf dem Gang stieg ihr ein unerträglicher Zigarrengestank in die Nase. Ah, Dr. Altis hatte die Sekretärin von Professor Grant besucht. Sie war seine Frau. Seit einem Streit mit Grant besuchten die beiden die Kaffeerunde nicht mehr. Altis kämpfte um seine Existenz. Verbissen saß er an seiner Habilitationsschrift. Er musste endlich fertig werden, in ein paar Monaten lief sein Vertrag als wissenschaftlicher Assistent aus und seine Frau Gabriele verdiente als Sekretärin nicht besonders gut. Er wollte sie auch endlich aus dem Job bei Grant rausholen. Grant schikanierte sie, wo er nur konnte.

Als sie die Tassen gespült hatte, klopfte Petra Klein zögerlich an Grüns Tür. Er mochte es nicht sonderlich, beim Arbeiten gestört zu werden. „Ja“, ertönte drinnen eine gutgelaunte Stimme. „Herein bitte!“ Sie schien ihn nicht beim Arbeiten gestört zu haben. Und richtig, als sie sein Zimmer betrat, saß er mit Petermann am Sofatisch und die beiden sahen sich Photos an.

„Die haben wir gestern gemacht. Es sind Photos des neuen Papyrus.“

Petra Klein beugte sich interessiert über die Photos. Spannend, das ein oder andere Wort konnte sie entziffern.

„In zwei Wochen wollen wir mit der Arbeit fertig sein. Dann können wir den Text veröffentlichen. In vier Wochen wird mein Aufsatz über Aristoteles erscheinen. Das wird bahnbrechend.“

Grün kam aus einer bedeutenden althistorischen Schule. Er sprach sieben Sprachen, konnte Hieroglyphen, Mykenisch, Sumerisch, Akkadisch und Altpersisch übersetzen. Petermann sah ihn versunken an. „Da haben wir eine ganz große Entdeckung gemacht.“

„Ich muss jetzt zum Examenskolloquium in Deutsch. Wenn der Papyrus so wichtig für die Aristotelesforschung ist, dann ist er doch sicher viel mehr wert, als wir für ihn bezahlen mussten, oder?“

„Das kann man wohl sagen. Auf einer Auktion würde schon Etliches herausspringen.“

Petra Klein verabschiedete sich, fuhr mit dem Aufzug ins Erdgeschoß und machte sich auf, den Stresemannplatz zu überqueren, um im Hauptgebäude am Examenskolloquium teilzunehmen.

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