Neues von C o o n

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Udo Barsuhn

Neues von C o o n

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Neues von Coon:

Mein Gedächtnisspeicher für dieses Jahr:

„Neues von Coon“:

Januar: Beim Tierarzt und Ärzte allgemein // Start ins Jahr:

Februar: Schreiberlinge // Manfred Mann // Gas:

März: Pokern macht hungrig // Kobe Rind:

April: Ostern // Ein rotes Auto // Fassadenverschandelungen:

Mai: Unser Uhrzeigersinn // Heißer Kampf mit Tante Frieda:

Juni: Schach verhindert Geschirr spülen // Mischka: Tragisches Ereignis:

Juli: Japan einmal anders // Ist Kaffee Gift?

August: Dichterfürsten und wichtige Geschichten // 3 Deutsche Könige, nur einer davon am Leben und alle sind zufrieden:

September: Trauben // Mischka´s Mörder ist gefunden:

Oktober: Muscheln essen // Shettys für immer weg:

November: Reise in die baltischen Staaten // Geld für Mode, aber nicht für´s Futter!

Dezember: Du sollst nicht frieren // Was läuft an Weihnachten?

Impressum neobooks

Neues von Coon:

Mein Gedächtnisspeicher für dieses Jahr:

(Man könnte es auch Inhaltsverzeichnis nennen)


Monat:Wichtige Ereignisse:
JanuarBeim Tierarzt und Ärzte allgemein // Start ins Jahr
FebruarSchreiberlinge // Manfred Mann // Gas
MärzPokern macht hungrig // Kobe Rind
AprilOstern // Ein rotes Auto // Fassadenverschandelungen
MaiUnser Uhrzeigersinn // Heißer Kampf mit Tante Frieda
JuniSchach verhindert Geschirr spülen // Mischka: Tragisches Ereignis
JuliJapan einmal anders // Ist Kaffee Gift?
AugustDichterfürsten und wichtige Geschichten // 3 Deutsche Könige, nur einer davon am Leben und alle sind zufrieden.
SeptemberTrauben // Mischka´s Mörder ist gefunden
OktoberMuscheln essen // Shettys für immer weg.
NovemberReise in die baltischen Staaten // Geld für Mode, aber nicht für´s Futter.
DezemberDu sollst nicht frieren // Was läuft an Weihnachten?

„Neues von Coon“:

Januar: Beim Tierarzt und Ärzte allgemein // Start ins Jahr:

Nochmals möchte ich mich kurz bei Euch vorstellen: Mein Name ist Coon, mittlerweile 6 Jahre jung, bin ein umgänglicher, schwarzer Main Conn Kater, der kein Wässerchen trüben kann. Habe leicht schräg gestellte Augen die fantastisch golden-grün glänzen. Die Ohren sind groß, hoch angesetzt. Ein muskulöser Rücken, ein langer Schwanz und wehendes Deckhaar. Kurzum, wenn Ihr mich auf der Straße oder auf Eurem Grundstück seht, erkennt Ihr mich sofort. Laut letztem medizinischen Check soll ich mittlerweile 6.758 Gramm Kampfgewicht auf die Waage bringen – bestimmt war beim Tierarzt nur seine Waage kaputt, oder er kann einfach nicht richtig ablesen – ein typischer Vorzeigearzt halt – viel behaupten, und seinen Patienten einen schlechten Lebenswandel vorhalten, der allein Schuld an der jeweiligen Erkrankung ist, ein schlechtes Gewissen einreden und dann die Pharmaindustrie mit einer reichlichen Tablettenverschreibung in den Reichtum treiben – kurz gesagt ein Pfuscher. Zur Ehrenrettung sei gesagt, daß es auch gute Ärzte gibt, die erst einmal natürliche Mittel versuchen, oder auch einmal der Natur etwas Zeit lassen, bevor sie chemischen Keulen – mit ungewissen Nebenwirkungen – verschreiben. Auch der tolle Hinweis bei den Medikamentenwerbungen, man solle bei Fragen doch seinen Arzt oder Apotheker fragen, ist nur vorgeschoben, denn welcher Arzt oder Apotheker kann bei diesen vielen Medikamenten die Patienten verabreicht werden, schon verlässlich voraussagen, um welche Zeit, welche Wirkstoffe im Medikament, genau gerade bei diesem Patienten, optimal funktionieren? Wenn dann auch noch Berücksichtigung finden soll, daß die meisten Patienten mehrere Medikamente gleichzeitig verschrieben bekommen, wer will schon die Wechselwirkungen voraussagen. Ach ja und etwas essen muß der arme Patient dann auch noch, wie wirken sich dann Rhabarber, Kohl, Kaffee, vielleicht sogar Alkohol auf den Medikamenten- Cocktail aus?

Mein Tierarzt gehört leider zur Sorte: Verschreibe viel, verschreibe oft, stelle hohe Rechnungen und bestehe darauf daß Nachmedikation unbedingt erforderlich ist. Wollte mir doch tatsächlich bei meiner letzten Untersuchung wieder eine teuere Vitaminspritze verpassen – tja, zwischen Wollen und Tun liegen manchmal Welten. Noch gut konnte ich mich an seine letzte Spritze erinnern, wo ich ganz tapfer und ganz ruhig stillgestanden bin und der unheilige Schuft hat mir die Spritze so fest in meinen Oberschenkelmuskel gerammt, daß ich tagelang die Schmerzen gespürt hatte.

Als er jetzt wieder ankommt um sein unseeliges Werk zu beginnen, wehre ich mich wütend, denn weder brauche ich eine schmerzhafte Vitaminspritze, verabreicht von einem Pfuscher, noch sollen meine Hausmitbewohner unsinnige Arzneien bezahlen müssen.

Weder Manfred, noch Marina noch die Tierarzthelferin konnten mich festhalten, als ich wütend auf den Spritzenmann losgegangen bin. Eine schöne Bisswunde in die Hand, einige Kratzer auf den Arm, und dann noch eine Tatze in seinen allerwertesten, als er in der Praxis vor mir zu fliehen versucht hat. Ein Stuhl ist umgefallen, der Behandlungstisch kippte mitsamt dem Arzt auf die Praxisfliesen, ein Glasregal wurde durch meine Mitbewohner beschädigt, die versuchten mich einzufangen. Die Tierarzthelferin stand nur erstarrt und mit großen, staunenden Augen herum und wurde dann doch auf den Boden befördert, als ihr panischer Chef versuchte sich am Boden von mir wegzurollen. Ich glaube auch die Spritze ging genau bei diesen Aktionen zu Bruch – schade – denn eigentlich hätte ich sonst bestimmt versucht sie dem Tierarzt in seinen Hintern zu bohren. So aber hat sich der Spritzeninhalt auf die Praxisfliesen verteilt. Die Flüssigkeit in der Spritze scheint übrigens etwas klebrig und glatt zu sein, denn Manfred ist darauf ausgerutscht und hat sich ausgerechnet in einige Spritzensplitter hineingesetzt. Was ist der Mann auch manchmal ungeschickt denke ich mir noch, während der Tierarzt meine Ablenkung benutzt um aus dem Raum herauszuflüchten und schnell die Tür hinter sich zuzuknallen. Dann höre ich ihn noch wie er seiner Sprechstundenhilfe panisch zuruft sofort das Krankenhaus zu verständigen, weil ihn soeben eine tollwütige Bestie angefallen hätte. Ich überlege kurz – aber im Raum ist bestimmt keine Bestie, denn die hätte ich mit meinen guten Instinkten bestimmt bemerkt – aber vielleicht ist er auch psychisch gestört wie so viele Menschen und er sieht weiße Mäuse – bei diesem Gedanken muß ich innerlich doch lachen, denn wenn dem so wäre, bin ich das geeignete Gegenmittel. Die weißen Mäuse würde ich ihm schon Wegfangen. Fazit des Tierarztbesuches: Manfred wurde von Martina im Auto zum Krankenhaus gefahren. Er hat sich dabei auf die Rückbank gekniet und ständig gejammert wie weh die Spritzenteile im Hintern tun. Ich machte es mir auf dem Beifahrersitz, neben Martina gemütlich und habe ab und zu mit dem Kopf geschüttelt, wenn Manfred bei einer Bodenwelle oder Kurve wieder aufgestöhnt hat. Als wir im Krankenhaus ankommen steht zwar ein Rollstuhl zur Verfügung, aber Manfred schlurft lieber wie ein alter Mann und mit schmerzverzerrtem Gesicht, zur Behandlung als den Versuch zu unternehmen sich auf sein schmerzendes Hinterteil zu platzieren. Gestützt wird der - nach eigenem Empfinden - Schwerverletzte von einem Krankenpfleger und Martina. Ihm wird sogar geholfen sich seiner Hosen zu entledigen und sich bäuchlings auf eine Liege auszustrecken. Ein Arzt kommt dann mit einer beleuchteten Lupe, einem Skalpell und einer Pinzette, während eine Krankenschwester den betroffenen Teil des Hintern desinfiziert. Als Martina dem Arzt und der Krankenschwester erzählt hat wie es zu den Unfall gekommen ist, haben beide sich das Lachen nicht verkneifen können. Fast alle Spritzensplitter sind in den Hosen steckengeblieben und so kann der Arzt seine Arbeit gezielt verrichten. Nur ab und zu wird die Entfernung der Splitter erschwert, wenn der Mediziner sich den Unfallhergang bildlich vorstellt und dann die Hände in Takt der Bauchmuskeln außer Kontrolle geraten. Trotz dieser mehrfachen Unterbrechungen ist Manfred relativ rasch verarztet. Leider haben wir dann den Jammerlappen Manfred aber wieder mit nach Hause nehmen müssen, denn er ist nicht im Krankenhaus geblieben.

 

Übrigens: Der wehleidige sadistische Tierarzt hat sich tatsächlich im gleichen Krankenhaus behandeln lassen und blieb dort auch noch einige Tage zur Beobachtung. Ich hätte es mir so schön vorgestellt wenn beide vielleicht im gleichen Krankenzimmer zugebracht hätten und ich einen Krankenbesuch gemacht hätte. Man bringt bei den Menschen dann immer ein Geschenk mit. Dem Manfred hätte ich eine frisch erbeutete Maus oder Ratte hingelegt, der Pfuschertierarzt hätte von mir nur einen abgetrennten Rattenkopf auf sein Kopfkissen gelegt bekommen, auch um meine Missbilligung ihm gegenüber auszudrücken. Aber da wir den stöhnenden Manfred wieder im Auto abtransportieren, ist der Krankenhausbesuch beim Pfuschermediziner leider hinfällig.

Nachbetrachtung zum Tierarzt: Dann ist der nach seinem Krankenhausaufenthalt auch noch bei einem Psychiater in Behandlung gewesen. Wochenlang war seine Praxis geschlossen. Vor einigen Tagen ist ein Brief seines Anwalts, mit einer Verfügungen bei uns eingetroffen: Manfred und Martina dürfen die Tierarzt-Praxis nicht mehr betreten. Dann hat der Anwalt auch noch von einer Bestie geschrieben die untersucht werden sollte und laut seiner Meinung in einen Käfig gehört. Auf jeden Fall, seit Wochen ist der Vorgang Gesprächsthema im ganzen Ort und ich glaube die Sprechstundenhilfe hat dazu nicht unerheblich beigetragen. Sie hat mir vor wenigen Tagen ein Stück gut abgehangene Rinderlendenspitze von Metzger Josef kleinschneiden lassen und mir gegeben. Dazu meinte sie: „Hast Du gut gemacht Coon, dieses alte Ekel schikaniert uns von früh bis spät und wir dürfen unsere Meinung nicht äußern, sonst schmeißt er uns im hohen Bogen raus (Coon-Übersetzung: Der Tierarzt spricht die Kündigung aus, wenn man seine ehrliche Meinung kundtut)“. Dann streichelt sie mich und auch das lasse ich mir gefallen, denn sie macht das sehr behutsam und langsam, genau wie ich es nach einem guten Bissen mag. Dann lacht sie und ihr kullern dabei Tränen über die Backen: „Die Sylvia, unsere Tierarzthelferin, hat mir bis in alle Details erzählt was im Praxisraum vorgefallen ist. Wir lachen insgeheim wenn unser paranoider Pascha zusammenzuckt sobald eine Katze im Vorzimmer auch nur miaut. Ich hebe meine Pfote und lege diese langsam auf meine Brust, dann senke ich etwas den Kopf, was sagen soll: Gerne geschehen und gerne wieder wenn er euch nicht in Ruhe eure Arbeit tun lässt. Wieder lacht die Sprechstundenhilfe hell heraus, wischt sich einige Lachtränen aus den Augenwinkeln, während sie zum Abschied meint: „Ich rufe nachher gleich Sylvia an und berichte daß ich dich hier getroffen habe. Die wird vor Freude ebenfalls aus dem Häuschen sein“ (Coon: Aus dem Häuschen ist in der Pfalz jemand, der vor Freude nicht weiß wohin mit seiner Energie und seinen guten Gefühlen).

Doch zurück zum jetzigen Jahr:

Es ist der 1. Januar, bereits frühmorgens beginne ich meinen Rundgang durch mein Gebiet. Es ist regnerisch und kalt geworden. Ein trüber, Wolken verhangener Himmel, der Boden nass, mit leicht überfrierenden Stellen. Leere Sektflaschen liegen herum, angebrannte China-Böller, explodierte Papierhüllen, Holz und Kunststoffreste der Kracher und Leuchtraketen. Glasscherben und leere Plastiktüten, liegen neben Zigarettenkippen. Diese Unordnung gerade nach Tagen wenn ihr gefeiert habt ist bestimmt auf psychische Erkrankungen zurückzuführen, denn wer will schon daß ein Vogel versucht ob Zigarettenkippen essbar sind oder nicht – oder ein Tier untersuchen will was in der Plastiktüte ist, diese sich durch Wind in Bewegung setzt, sich dadurch verschließt und das arme Tier verängstigt und vielleicht in Panik grausam erstickt? Aber wer kann schon die Motivation von einigen von euch erahnen, noch dazu wenn Alkohol oder andere Drogen in entsprechenden Mengen im Spiel sind, oder man den eigenen Müll nicht mehr mitnehmen will?

Ihr Menschen sagt: Bei einem solchen Wetter jagt man noch nicht einmal einen Hund vor die Türe, doch an einigen Stellen sehe ich schwankende Fußgänger, die bei diesem Wetter offensichtlich ihr Heim suchen – vielleicht aber auch nur irgendeinen Platz um sich aufzuwärmen oder um nicht alleine mit sich selbst zu sein.

Von meinem Domizil in der 3.Querstraße laufe ich vorsichtig zum Haus meines Freundes Tiger um zu sehen wie er die vergangene, sehr laute Nacht verbracht hat. Die überall herumliegenden Glassplitter und Scherbenreste umrunde ich im weiten Bogen, damit ich nicht hineintrete und mich vielleicht verletze.

Obwohl Petra, die Kastration bei Tiger veranlasst hat, teilt er großzügig sein Haus mit ihr. Wirklich denke ich immer wieder, ein außerordentliches Kerlchen. Großzügig, nicht nachtragend, genügsam in seinen Ansprüchen, fast könnten wir echte Brüder sein. Die Türe ist leicht geöffnet und so kann er noch leicht verängstigt in den Garten kommen. Vorsichtig schaut er sich um und zuckt doch jedes mal zusammen wenn es in der Ferne immer noch kracht, weil einige Menschen in der Sylvesternacht nicht alle Sprengkörper zur Explosion gebracht hatten. Er seufzt und meint: „Sind sie jetzt endlich bald fertig mit ihrem Feuerwerk und Krach“? Zur Antwort knallt es direkt an der nächsten Ecke und selbst ich zucke kurz zusammen. „Irgendwann hat auch der letzte Narr sein Pulver verschossen“, tröste ich ihn und schon wieder kracht es. Schon nach kurzer Zeit will Tiger wieder zurück ins Haus, um wie er sagt den Schlaf nachzuholen der ihm durch die Knallerei entgangen ist. Wir verabschieden uns kurz voneinander, damit ich auch im meinem restlichen Refugium nachsehen kann wo vielleicht Probleme aufgetreten sind.

Mein Königreich befindet sich in einer kleinen Stadt in der Pfalz und wird auf einer Seite von Wald- und Feldgrundstücken begrenzt, die andere Grenze ist die Hauptstraße. Unterbrochen wird das Gebiet durch die parallel zur Hauptstraße liegenden Sonnengasse, die von der ersten Querstraße bis zum Marktplatz verläuft und die Mondgasse, die hinter dem Marktplatz beginnt und hinter der 5.Querstraße endet. Übrigens gibt es diese Durchnummerierung der Straßen in der Pfalz sehr oft. Vielleicht ist es einfacher, anhand der eigenen Finger nachzuzählen wie viele Straßen man bereits überquert hat um sein Haus zu finden. Zudem – nicht etwa daß in der Pfalz jetzt übermäßig viel getrunken würde – aber wenn die Zunge nach dem Genuss von 3 bis 4 Schoppen Wein – jeder davon übrigens 0,5 Liter groß, sich doch etwas ungelenk anhören sollte, ist ein zeigen mit den Fingern in welche Straße man will, doch viel einfacher als sich an einen Namen eines mehr – oder weniger bekannten Straßennamensgeber erinnern zu müssen. Diesen Namen dann auch noch einigermaßen verständlich über die Lippen bringen zu sollen wäre oft eine übermenschliche Erinnerungsleistung. Da der Pfälzer schon in der Vergangenheit praktisch veranlagt war, ist das Durchnummerieren der Straßen die einfachste Ortsbeschreibung. Auch Ortsunkundige können so übrigens mitten in der Nacht ein bestimmtes Haus finden, selbst wenn es kein Rotlicht davor gibt. Weitere Vorteile den Straßen keinen Namen zu geben bestehen darin nicht den Stadtplan ständig ändern zu müssen, wenn sich beim vermeintlich wichtigen Straßennamengeber dann nach einer gewissen Zeit herausstellt, daß er doch nicht so ohne Fehl- und Tadel war und deshalb die Straße wieder umbenannt werden muß. In der Pfalz sagt man dazu: „Der hott jo gaanz schäh Dreck am Stecke ghabbt“ (Übersetzung Coon: Bei genauerer Untersuchung der besonderen Verdienste des Straßennamensgebers, musste zu unserem tiefsten Bedauern festgestellt werden, daß einige Aspekte seiner Aktionen und Lebensdaten nicht mit den Ansprüchen die für die besondere Hervorhebung für öffentliche Straßen erforderlich wären, erfüllt wurden).

Selbst in größeren Gemeinden in der Nähe der Pfalz, funktioniert ein solches System, wenn man B 4 oder Q 7 sucht, so stellt diese Kombination aus Buchstaben und Ziffern keine Schachfelder oder Autotypen vor, sondern dient als Orientierungshilfe in der Quadratestadt Mannheim.

Bösartige Zungen die behaupten die Mannheimer hätten noch mehr Durst als die Pfälzer, und aus diesem Grunde wäre die Buchstaben-Ziffern-Einordnung, als logische Folge ständiger Desorientierung erfolgt, muß ich zurückweisen, denn das kann gar nicht sein. Die Mannheimer vertragen vermutlich weniger Alkohol – von Ausnahmen abgesehen. Auch die Behauptung im Jahr 1880 hätte Werner von Siemens nur deshalb den ersten elektrischen Personenaufzug in Mannheim installieren lassen weil viele Mannheimer nach dem Genuss von Wein nicht mehr in der Lage waren die Treppen allein hochzukommen, ist wohl eine bösartige Unterstellung. Auch die zweite Behauptung, in Mannheim wäre das erste Automobil der Fahrzeuggeschichte nur deshalb durch Berta Benz gefahren worden, weil so viele Fußkranke in Mannheim waren, zeigt eigentlich nur etwas vom Neidgefühl gegenüber der großen, ideenreichen Universitätsstadt im Bundesland Baden-Württemberg.

Doch weiter in meinem Revier in die 1. Querstraße, Nummer 17: Hier hatte letzten Jahr Frühjahr noch Beate gelebt (siehe Band 1: „Gestatten Coon“). Die Brandruine ist längst beseitigt und ein doppelstöckiger Rohbau ist hier erstellt worden. In den vorhandenen Räumlichkeiten sehe ich mich gerne um, denn Handwerker lassen immer mal Lebensmittel herumliegen, die Nahrungsgrundlage für allerlei Nagetiere, die ich mir dann wieder fange und einverleibe, oder als kleine Gastgeschenke für Katzendamen oder menschliche Geburtstagkinder mitbringe. Es ist kalt hier drin, der Wind pfeift durch die halbfertigen Räumlichkeiten. Keine Maus oder Ratte ist zu bemerken, denn die Bautätigkeit wurde vor den Feiertagen unterbrochen und noch nicht aufgenommen. Aus den Wandöffnungen im 2. Stock hat man eine gute Fernsicht, und von hier oben kann ich sogar in den Garten von Jürgen im Haus Nummer 9 sehen. Er steht mit verkniffenem Gesicht in seinem Garten, seine beiden ausgewachsenen Boxer-Hunde Jack und Shila sind ebenfalls zu sehen. Tief die Hände in seine Hosentaschen gerammt, bietet er ein beängstigendes Bild eines Mannes, der jederzeit explodieren kann und eine Gefahr für alle fliegenden und laufenden Tiere darstellt. Auf seine Zielübungen mit dem Gewehr scheint er keine große Lust zu haben, denn fast alle Tiere meiden mittlerweile seinen Garten. Nur ein Spatz ist in einiger Entfernung zu sehen. Der Name für diese Vogelart ist übrigens im althochdeutschen entstanden, wo er noch „Zappeln“ geheißen hat, weil die Vogelart sehr unruhig ist und rasch herumzappelt. Etwas stolz bin ich schon darauf, daß mein Freund Tiger und ich nicht ganz unschuldig an den fehlenden, lebenden Zielscheiben für Jürgen sind, denn im letzten Jahr haben wir den Garten immer wieder emsig markiert. Zudem haben wir uns immer wieder von Vögeln am Grundstück sehen lassen, sodaß diese einen weiten Bogen um das Anwesen gemacht haben. Auch in diesem Jahr werden wir wieder Tiere vor diesem Sadisten schützen müssen, denn er verwundet Tiere nur und lässt diese dann von seinen beiden Boxer-Hunden bestialisch zerfetzen.

Wenn er Vögel nicht einfach nur abknallen würde, sondern diese als Speise verwenden, hätte ich noch Verständnis dafür, denn dies haben auch schon die alten Römer getan, wenn sie Lerchenzungen in Honig und leichtem Essig mariniert und dann gegessen haben. Oder noch heute soll es Gegenden in Italien geben, wo Rotkelchen und andere kleine Singvögel in Netzen gefangen und dann verspeist werden. Eigentlich eine minimale Kost für Euch große Menschen denke ich mir. Zudem wenn Ihr bedenkt wie viele Insekten die Vögel fangen, müssten Euch die munteren Sänger eigentlich viel mehr wert sein.

Nachdem ich den Rohbau wieder verlassen habe, schreite ich in die 2. Querstraße um meine Freundin Gisela zu besuchen. Das alte Mädchen hat sich hoffentlich warm angezogen, damit sie sich nicht erkältet. Als ich leise mit einem Miauen meinen Besuch vermelde, öffnet sich fast augenblicklich die Türe im Garten um mich einzulassen. Gisela ist sichtlich erfreut mich zu sehen: „Hat unser großer Kater schon ausgeschlafen?“ erkundigt sie sich und ich nicke kurz zur Bestätigung. Jetzt schnuppere ich in der Luft und wittere etwas was nach gekochtem Essen riecht. Gisela lacht: „Sieh an, unser Feinschmecker, heute habe ich Konserven geöffnet die ich im letzten Jahr haltbar gemacht habe. Die Methode ist seit 1810 bekannt, als der französische Konditor und Zuckerbäcker Nikolas Appert 12.000 Goldfrancs von Napoleon dafür bekommen hat. Napoleon brauchte für das Versorgen seiner Truppen Lebensmittel die haltbar waren, deshalb hatte er diesen Preis ausgeschrieben“. Sieh mal an denke ich mir, der kleine Korse hat auch in diesem Punkt wieder Geschichte geschrieben.

 

Gisela werkelt weiter in der Küche und bereits wenige Minuten später haben der Malteserhund Maxl und ich jeweils ein Schüsselchen vor uns stehen, um die Qualität der Speise zu beurteilen. „Eisbein mit Soße und etwas frischem Naturreis“ meint mein Mädchen trocken. Der Essens-Test ergibt: Eisbein schön zart, nicht zu stark gewürzt, die Soße, dunkel und nicht zu dünn. Der Naturreis – na ja, gehört wohl bei diesem Gericht nach Meinung von Gisela dazu - hätte man sich aber sparen können, dafür vielleicht aber ein kleiner Nachschlag beim Fleisch und bei der Soße – aber ich will ja nicht unbescheiden sein, denn insgesamt hat sie ihre Sache wirklich sehr gut gemacht. Auch Gisela ist zufrieden als sie Maxl und mir beim Futtern zusieht. Nach dem Essen bedanke ich mich artig durch herumschleichen um Gisela und verlasse dann zufrieden ihr Refugium um weitere Freunde zu besuchen.

Was ist denn nur der 1. Januar nur für ein Tag? Elvira und meine Natasha weder zu sehen noch zu hören. Elke hat mit ihren Kindern Sven und Silke offensichtlich Besuch, der die Wohnräume belagert. Aus dem Haus von Horst dringen nur laute Schnarchgeräusche. Das Anwesen von Metzger Josef und auch das Obstgeschäft Friedrich wie ausgestorben. Wahrscheinlich waren die Menschen die letzte Nacht zu lange auf und müssen jetzt den Schlafentzug ausgleichen. Es ist mittlerweile Nachmittag geworden und nachdenklich gehe ich in meine Residenz, 3. Querstraße Nummer 12, um zu sehen ob meine Hausmitbewohner Martina und Manfred schon zu Hause sind. Gestern Abend sind die beiden aufgebrochen – um wie sie sagten – zu feiern. Kaum bin ich durch die Katzenklappe ins Haus geschlüpft und auf eine Fensterbank gesprungen, die Richtung Straße die Sicht freigibt, höre ich schon das Auto der beiden. Als sie nach einigen Mühen das Auto schief abgestellt haben, klettern die beiden aus dem Personenkraftwagen.

Ich sehe es sofort: Manfred und Martina scheinen Kreislaufprobleme zu haben, als sie aus dem Auto kichernd herauswanken. Dunkle Ringe unter den geröteten Augen, total übermüdet aber offensichtlich guter Laune und ohne größere Blessuren. Gegenseitig geben sie sich Schutz und Halt und ich wundere mich schon, daß Menschen in diesem Zustand eine so gefährliche Maschine wie ein Auto benutzen dürfen. Wahrscheinlich hat das Automobil fast allein den Weg zurück gefunden. Jetzt haben die beiden auch noch Probleme mit ihren Hausschlüsseln. Immer wieder wird ein neuer ausprobiert und keiner scheint die richtige Größe aufzuweisen. Ich wusste gar nicht daß am Schlüsselbund der beiden so viele verschiedene Schlüssel angebracht sind. Wenn die beiden überhaupt keinen Erfolg mit dem Aufschließen haben sollten, können sie ja versuchen durch die Katzenklappe zu kommen. Das wäre wirklich ein Bild für Götter, wenn die beiden in der Klappe steckenbleiben würden und ich die Presse für das Fotografieren herbeiholen würde. Die Nachbarschaft würde sich bestimmt auch nicht zweimal bitten lassen die Aufnahmen ins Internet zu stellen, damit die ganze Welt – einschließlich der Arbeitskollegen der beiden - etwas zum lachen hat. Und wieder ein vergeblicher Versuch die Türe aufzubekommen - doch schließlich scheint nach dutzenden von Versuchen endlich ein Schlüssel zu passen und sie kommen sich immer noch gegenseitig stützend hereinbewankt. Bestimmt hat die beiden wieder eine der menschlichen Krankheiten heimgesucht und nun kann nur noch die Zeit helfen bis sie wieder gesunden – oder ein Kater bringt sie wieder auf klare Gedanken. Ich gehe also auf die kindischen Lacher zu und miaue laut, danach schreite ich in die Küche, und lasse die leere Futterschüssel etwas durch den Raum driften. Beide schwanken herein und Manfred meint mit etwas eingeschränktem Sprachvermögen: „Jetzt muß ich mich erst einmal hinlegen, wenn ich ausgeschlafen habe, werde ich Coon Futter geben“. Augenblicklich scheint Martina zu ernüchtern: „Du weißt was uns der Kater im letzten Jahr alles für Streiche gespielt hat, als er seine Schüssel leer vorfand“. Jetzt erschaudert auch Manfred, geht etwas missgelaunt und brummig an den Vorratsschrank, holt eine Dose Thunfisch hervor, versucht diese zu öffnen, was nur unter einem Teilverlust eines Daumennagels zu bewerkstelligen ist. Fluchend holt er einen Löffel aus einer Schublade und füllt die ganze Dose in meine Schüssel. Ich sehe mir seine Handlungen an – na ja, etwas liebevoller kann man dem liebsten aller Kater schon seine Nahrungsmittel zubereiten denke ich mir - aber manchmal tut es ja auch einfach eine große Menge. Mit gutem Appetit mache ich mich über den Schüsselinhalt leer, während sich zwei, sich gegenseitig schiebende Menschen die Treppenstufen hoch in ihr Schlafzimmer begeben, um wie sie sagen „auszuratzen“. Noch eine Zeitlang höre ich einige ausgezogene Schuhe in eine Ecke fliegen, fröhliches, jedoch undeutliches Gezwitscher aus dem Raum dringen, das Knarren von Betten und schon kurze Zeit später nur noch rhythmische Schlaf- und Schnarchgeräusche. Zufrieden meine beiden kleinen Menschen unbeschadet zurückzuhaben, gönne ich mir nach meinem Essen und der Fellpflege, auch ein Nickerchen.

Nach einigen Tagen scheint wieder alles seinen gewohnten Gang zu nehmen: Meine beiden Menschen vergnügen sich bis Abends mit dem was sie ihre Arbeit nennen, während der gute Coon über sein Gebiet und die Lebewesen darin wacht. Es ist ungewöhnlich eisig kalt für die Pfalz und leichter Schneefall hat die vergangenen Tage Gärten und Bäume weiß gepudert. Nur einige Christrosensorten und Schneeglöckchen getrauen sich bislang ihre Blüten aus den Schneekristallen herauszustrecken. Diese Amaryllispflanze ist ganz schön zäh und gibt Hoffnung auf ein baldiges Frühjahr. Wenn ich mit meinen Pfoten in den Schnee trete, ist es ein unangenehmes Gefühl, denn das Geräusch ist zu laut um einen optimalen Jagderfolg zu ermöglichen. Viel besser ist es sich leise anzupirschen, die aktuelle Lage vorsichtig zu ermitteln und dann überraschend zu einem gezielten Sprung anzusetzen. Freude bereitet das Laufen im Schnee nur, wenn man zurücksieht und die Spuren seiner Pfötchen eindruckvoll im frisch gefallenen Schnee verewigt sieht – zumindest bis zum Tauwetter. Doch trotz der Temperaturen haben auch einige Gehölze bereits Blüten hervorgebracht, die mal nach Jasmin, andere nach Honig oder Vanille riechen. Tausende, duftende, kleine, weiß-rosa Blütenbüschel hat der blattlose Bodnant-Schneeball zu bieten. Der Einwanderer aus Nordchina, öffnet jedoch immer nur einen Teil seiner Knospen, damit bei plötzlich stark fallenden Temperaturen noch genügend Reserven vorhanden sind, um für die kommenden Monate auch noch Bestäubungen zu ermöglichen, denn eigentlich halten die Blüten keine starke Kälte aus. Die Pflanze hat so die Möglichkeit die letzten Insekten des alten Jahres und die ersten Insekten des neuen Jahres zu nutzen und gleichzeitig die Nahrung für die Spezies zur Verfügung zu stellen. Ihr Menschen würdet das als „Win-Win-Situation“ bezeichnen. Auch die Ansprüche an den Standort sind unproblematisch. Mit sonnigen, oder wenigstens halbschattigen Standorten kommt der fleißige Blüher gut zurecht.

Als ich in einem anderen Garten angelangt bin, beherrscht eine mutige Zaubernuss das Geschehen. und die gelben, leicht ins kupferrote gehenden, länglichen Blütenblätter strecken ihre duftende Pracht der Luft entgegen. Ein humoser, möglichst kalkarmer Boden, im schwach saueren Bereich, etwas schattig gelegen, ist der ideale Platz für ihn. Dann muß der Mensch nur noch Geduld aufbringen und einige Jahre abwarten, bevor der Blüten-Farbrausch als Belohnung winkt. Fast quadratisch ist der Kelch aus dem sich vier längliche Blütenblätter entfalten. Je nach Züchtersorte mit gelben, orangenen oder fast roten Farben ausgestattet. Büschelweise sitzen die Einzelblüten nebeneinander und bilden dichte Blütenquirle. Fallen die Temperaturen unter den Gefrierpunkt rollt die Pflanze die Blütenblätter ein. Werden die Temperaturen dann wieder moderater, entfaltet sich die duftende Pracht wieder. Erst wenn das Blütenwunder vorbei ist kommen die rundlichen grünen Blätter. Im Herbst wird dann die Zaubernuss vorm Blattfall nochmals mit einer bunten Farbenpalette auffällige Akzente im Garten setzen. Dann sind auch die Früchte ausgereift, hölzerne Fruchtschalen, die zwei schwarze Samen beinhalten. Die Fruchtschalen springen auf und schleudern meterweit die Samen heraus, damit an neuen Standorten eine weitere Verbreitung der Pflanze stattfinden kann.

Am 6. Januar komme ich bei Horst vorbei. Gisela ist ebenfalls anwesend und es duftet an diesem Spätnachmittag nach angebratenen Putenstreifen. Maxl sitzt unter dem Küchentisch, während Horst und Gisela ihr beträchtliches Wissen miteinander abgleichen: Horst meint: „Heute ist der 6. Januar, dieser Tag heißt „Heilige drei Könige“ und ist in einigen Bundesländern sogar gesetzlicher Feiertag, obwohl die Heiligen drei Könige in keiner biblischen Schrift vermerkt sind“. Gisela stimmt ihm zu: „Die Kölner waren schon immer sehr schlau. Während des Mittelalters hat jede bedeutende Kirche versucht Gläubige durch wundertätige Reliquien zum Aufenthalt zu bewegen. Als ein deutscher Kaiser während eines Krieges in Italien auch die Stadt Turin erobert hat, wurden Knochenfunde aus dem Turiner Dom erbeutet. Man wusste nicht wem die Knochen gehörten, doch die Kölner haben diese für treue Dienste bekommen. Dann haben die schlauen Kölner einen Schrein der drei heiligen Könige darum konzipiert und schon waren „Heilige Drei Könige“, die es nie gegeben hat, in der Stadt Köln zu bewundern. Viele Gläubige haben über die Jahrhunderte viel Geld in der Stadt gelassen um auch diesen Schrein zu bewundern“. Doch Horst und Gisela können nicht nur Ihr Wissen ausbreiten, sondern gleichzeitig auch Zwiebeln schälen und würfeln, In zerlassenem Fett rohen Schinken anbraten, Rosenkohl anschwitzen, Knödelteig kneten und danach zu runden Bällen formen. Kurzum, nach einer angemessenen Zeit ist das Gericht fertig, eine helle Schinkenwürfelsoße kommt über die mittlerweile garen Rosenkohlbällchen und die Knödel werden auf die Teller verteilt. Horst gibt mir nur ein winziges Stück davon zum testen und gleicht diese Minimalmenge mit einer gehörigen Portion Putenstreifen mehr als aus. „Nicht zu stark gewürzt“ meint Horst und lächelt dabei. „Ich hoffe unser Feinschmecker findet gefallen an unserem einfachen Essen“. Mit aller Vorsicht und Behutsamkeit teste ich die einzelnen Komponenten und muß gestehen, vor allen Dingen die Putenstreifen schmecken mir. Gisela Hund „Maxl“ schlingt sein Essen einfach hinunter. Ich denke in diesem Leben wird aus Maxl kein guter Restaurant-Tester mehr werden. Im Anschluß an das Essen säubere ich mich gewissenhaft und ruhe etwas aus, während sich Horst und Gisela um den Abwasch kümmern. Danach bleibe ich anstandshalber noch eine Stunde bei Horst und habe mich dann angemessen mit einem kräftigen „Mauz“ verabschiedet.