Buch lesen: «Wasserspringen»
THOMAS MEYER | |
WASSER-SPRINGEN | |
Über den Autor
Dr. Thomas Meyer war jahrelang Mitglied der deutschen Jugendnationalmannschaft und Schüler der internationalen Trainerlegende Horst Görlitz. Er arbeitet als Sportwissenschaftler und Physiotherapeut in eigener Praxis in Karlsruhe und leitet seit 2012 den DSV Nachwuchsstützpunkt Wasserspringen des SSC/KSN 99 Karlsruhe und ist als Trainer tätig. Von 2014 bis 2017 leitete er die Abteilung Sportpsychologie an einem Nachwuchsleistungszentrum Fußball.
Vollständige E-Book-Ausgabe der im Copress Verlag erschienenen Printausgabe (ISBN 978-3-7679-1232-8).
Trainingsprogramme und Empfehlungen stellen die Meinung und Erfahrung des Autors dar. Sie können eine individuelle Trainingsberatung und -betreuung, sowie eine fundierte Trainerausbildung nicht ersetzen. Eine medizinische Beratung vor dem Beginn intensiver sportlicher Betätigung wird dringend empfohlen. Weder Autor noch Verlag können für eventuelle Schäden, die aus den gegebenen Empfehlungen hervorgehen könnten, in Haftung genommen werden.
Umschlaggestaltung: Pierre Sick
DTP-Produktion und Layout (Printauflage): VerlagsService Dietmar Schmitz GmbH,
Kirchheim-Heimstetten
Abbildung Umschlag: imago
Abbildungen Innenteil: S. 1, 2/3, 28, 30, 35, 56, 94, 106–115, 118–123 (alle Giorgio Cagnotto); 7, 9, 12, 24, 29, 103, 134, 146, 147, 148 (alle imago); 16 (Dibiasi); 17 (Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A39/24/3/38); 25 (Henrik Mai, Die Wilden Springer Sachsen); 143 (Silke Gnant).
Alle übrigen Abbildungen privat bzw. aus dem Archiv des Autors.
Illustrationen (nach Vorlagen des Autors) und Reproduktion: digiartworx; Nittenau
Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
© 2019 Copress Verlag in der Stiebner Verlag GmbH, Grünwald
Alle Rechte vorbehalten. Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlags.
ISBN 978-3-7679-2072-9
Inhalt
Vorwort von Klaus Dibiasi
Zu diesem Buch
Kapitel 1: Die Olympische Sportart Wasserspringen
Ein Kurzporträt Wasserspringen
Geschichte des neuzeitlichen Wasserspringens
Die historische Entwicklung des Wasserspringen in Karlsruhe
Synchronspringen
Die Sprunganlage
Sicherheit an der Sprunganlage
Weitere Varianten des Sprungs ins Wasser
Das Springen in der Natur
Splashdiving
Humorspringen
Der Startsprung im Schwimmen
Kunst, Athletik, Perfektion
Kunst
Athletik
Perfektion
Kapitel 2: Die theoretischen Grundlagen des Wasserspringens
Die Bedeutung der Sprungnummern
Die Ermittlung des Schwierigkeitsgrads
Wettkampfgestaltung
Kapitel 3: Praxis, Schwerpunkt Brett
Grundlagen-Level 1
Brettgewöhnung
Der Armschwung
Erste Sprünge aus der Nachwuchstabelle
Grundlagen-Level 2
Der Armschwung mit gestreckten Armen beim Wippen
Die ersten Kopfsprünge
Erste Delfin-Sprünge«
Erste Auerbach-Sprünge
Anlauf und Aufsatzschritt vorwärts
Der Turmanlauf
Handstandsprünge
Grundlagen-Level 3
Erste Salti
Schneppersalto oder Schnippsalto
Die Kopfsprünge rückwärts, Auerbach und Delfin gestreckt
Fortgeschrittene ab 14, 15 Jahre
Das »Saven« und das Rip-Tauchen
Anlauf mit eingesprungenem Sprungschritt (Aufsatzschritt)
Über den gesamtdidaktischen Zusammenhang
Synchronspringen-Praxis
Kapitel 4: Ergänzende Trainingsmaßnahmen
Entspannungstraining
Mentales Training
Meditation
Gymnastik
Trampolin
Trockenspringen
Spezielles Athletiktraining
Bodenturnen
Ballett, Tanz
Schulung des Wassergefühls
Drehgefühl entwickeln
Luftgefühl und Raumwahrnehmung
Kapitel 5: Coaching und Betreuung
Kapitel 6: High Diving – Klippenspringen
Kapitel 7: Quo vadis Wasserspringen – ein Ausblick
Anhang
Literatur
Liste von Vereinen, in denen Wasserspringen als Breiten- und Leistungssport gelehrt wird
Danksagung
Vorwort von Klaus Dibiasi
Wasserspringen gefällt Alt und Jung. Den Körper in der Luft beherrschen zu können, ist ein besonderer Genuss. Auf der anderen Seite hat das Artistische, also die Kunst-Sprünge mit eigener Eleganz darzustellen, eine große Bedeutung. Dann ermöglicht der nackte Körper in der Luft während des Sprunges einen faszinierenden Bewegungsablauf, der den Medien und dem Publikum gefällt. Die körperliche Kraft und die Gewandtheit, die ein Sprung heutzutage benötigt, ist bewundernswert!
Dieses Buch beschreibt nicht nur die Kunst, Athletik und Perfektion dieser Sportart, sondern zeigt einen methodischen und didaktischen Weg von der Grundschule für Anfänger bis zu einem gehobenen Niveau von Fortgeschrittenen.
Junge Springer müssen sehr viel Geduld aufweisen, um die Grundschule richtig zu beherrschen. Wenn die Basis gut vorbereitet ist, dann ist es leicht, schwierigere Sprünge zu absolvieren. Auch die ungezählten Wiederholungen erfordern viel Geduld, und um ein guter Springer zu werden, braucht es etliche Jahre.
Die Didaktik dieses Buches ist geprägt von der Lehre der Trainerlegende Horst Görlitz, der auch mich selbst trainierte. Horst Görlitz verlor im Krieg ein Bein, flüchtete aus der DDR und war dann für zehn Jahre unser Nationaltrainer in Italien. Er hatte eine große Liebe zum Wasserspringen und war der herausragende Trainer der damaligen Zeit, da er weitreichende mechanische Vorkenntnisse aus seiner Zeit im Flugzeugbau mitgebracht hatte. Als Biomechaniker im Wasserspringen hatte er den damaligen Trainern und Wasserspringern schon ab 1960 die modernste Technik vermittelt.
Unerreicht: Klaus Dibiasi (rechts, mit dem Deutschen Bernd Wucherpfennig) bei den Olympischen Spielen 1972 in München. Er ist bis heute der einzige Wasserspringer, der bei Olympia dreimal in Folge Gold im Turmspringen gewinnen konnte – von 1968 bis 1976.
Horst Görlitz schuf in Italien die Grundlagen des modernen Wasserspringens und wiederholte dies in verschiedenen anderen Ländern wie in Deutschland und Österreich. Er hatte mit seinen amerikanischen Freunden wie Dick Smith, Hobie Billingsley und Sammy Lee gute Beziehungen und tauschte sich mit ihnen regelmäßig über die neuesten sportlichen Entwicklungen aus. Er war ein regelrechter Pionier auf internationaler Ebene, dem wir alle sehr dankbar sind, da er sein Wissen an jedermann weitergab und die Liebe zu diesem Sport mit uns geteilt hatte.
Das vorliegende Buch ist im Detail auch sehr von Horst Görlitz’ Lehre beeinflusst. Es schildert das Wasserspringen für Anfänger und Fortgeschrittene in einer vielfältigen Weise. Der Autor Thomas Meyer war ebenfalls Schüler von Görlitz und hat zudem professionelle Kenntnisse in Physiotherapie und Sportpsychologie. Zusätzliche Trainingsinhalte aus diesen Bereichen sind im heutigen Wasserspringen nicht mehr wegzudenken, sie werden in diesem Buch thematisiert.
Denn das Wasserspringen hat sich seit 1994 enorm verändert, als eine Formel entwickelt wurde, die die Schwierigkeit eines Sprunges berechnen kann und viele neue Sprünge in die Sprungtabelle aufgenommen in den Wettkämpfen gezeigt wurden. Dies brachte mit sich, dass sich die Entwicklung in Richtung Schwierigkeit orientierte und die Eleganz dadurch etwas vernachlässigt wurde. Das Programm wurde gekürzt, da man die schönen, eleganten Pflichtsprünge herausnahm und nurmehr auf die Kür, das heißt die schwierigen Sprünge, schaute. Der Vorteil aber war ein kürzeres und attraktiveres Programm, das die Akrobatik im Vordergrund hatte.
Heutzutage werden sehr schwierige Sprünge mit größter Qualität gezeigt, und das ist natürlich für das Fernsehen ein Spektakel. Wir haben mit Wasserspringen die größte mediale Aufmerksamkeit bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften, da die heutige Technik (Superzeitlupe etc.) es ermöglicht, die Feinheiten unseres Sportes zu zeigen. Das Synchronspringen wurde im Jahr 2000 in Sydney das erste Mal bei Olympia gezeigt und fand bei den Medien großen Anklang. Damit wurde die Zahl der Wettbewerbe von vier auf acht verdoppelt, was dem Wasserspringen natürlich großen Aufschwung brachte.
Dieses Buch will nicht in aufdringlicher Weise von sportlichen Erfahrungen berichten. Es möchte als Einführung für jedermann wichtiges Wissen mitteilen und eine gut durchdachte Anleitung für unsere wunderbare Sportart Wasserspringen darstellen.
Mit freundlichem Gruß an alle Leser
Klaus Dibiasi, im Frühjahr 2019
Zu diesem Buch
Die Sportart Wasserspringen, nach wie vor Medaillengarant des Deutschen Schwimmverbandes bei Olympische Spielen, Welt- und Europameisterschaften, erlebt in den letzten Jahren eine deutliche Aufwertung in der öffentlichen Wahrnehmung. Die Erfolge, vor allem der Synchronspringer Patrick Hausding und Sascha Klein, führten zu größerer Präsenz in den Medien. Die Technik der Superzeitlupe veranschaulicht bei Fernsehübertragung besonders gut die Faszination von totaler Körperbeherrschung und Ästhetik, Unterwasserkameras zeigen die Athleten im Moment des Eintauchen, das Abbremsen der Geschwindigkeit hin zum Schwebezustand. Zudem trug die Fernsehshow von Stefan Raab »TV total Turmspringen« viel dazu bei, die besonderen Herausforderungen dieser Sportart einem größeren Publikum näherzubringen.
Gleichzeitig ist es aber leider so, dass Wasserspringen im Schulsport weniger Platz findet und auch aus den Hochschulstudiengängen sowie in der Schwimmmeisterausbildung langsam verschwindet.
Ins Wasser zu springen macht Spaß – wenn man schwimmen kann und sich im Wasser wohlfühlt. Man kann in den Bädern Kinder und Jugendliche beobachten, die aus purer Freude einfach so, mit Grimassen oder lustigen Gesten vom Beckenrand ins Wasser springen und sich gegenseitig übertrumpfen wollen. Oder sie versuchen gleichzeitig (synchron) hineinzuspringen.
Seriensieger: Die deutschen Synchronspringer Patrick Hausding und Sascha Klein präsentieren ihre Goldmedaille aus dem Wettbewerb vom Turm bei der Europameisterschaft 2013 in Rostock.
Ins Wasser zu springen erfordert Mut! Und je größer die Höhe ist, von der man hineinspringt, desto mehr Mut ist gefordert. Schwimmbäder bauen Sprunganlagen meist um Besucher anzuziehen, aus Kostengründen wird jedoch häufig auf wettkampfgerechte Sprungbretter und Türme verzichtet. Man kann erleben, dass dort, wo gute Sprungbedingungen für die Allgemeinheit vorherrschen, sich unabhängig von Vereinsaktivitäten Freestyle-Gemeinschaften entwickeln, die beachtliches Können hervorbringen. Auch solche Künstler sind daran interessiert zu erfahren, wie ein Sprung ins Wasser »richtig« erlernt werden kann.
Wie springt man aber »richtig« ins Wasser? Wie funktioniert das elegante, fast spritzerlose Eintauchen? »Hallo, können Sie mir mal sagen, wie man den Auerbach macht?« sind häufig gestellte Fragen von Badegästen an uns Trainer. Auch Schwimmmeister möchten Badegästen gerne gute Tipps geben können.
Natürlich richtet sich dieses Buch in erster Linie an die zahlreichen Nachwuchssportler in den deutschsprachigen Vereinen, den DSV-Nachwuchs- und Bundesstützpunkten sowie deren Eltern und interessierte Verwandte, Bekannte und Freunde.
Sport- und Schwimmlehrer können sich anhand dieses Buches aber ebenfalls orientieren, genauso wie Anwärter für Trainer- und Kampfrichterlizenzen der Landesverbände.
Im ersten Kapitel wird die olympische Sportart Wasserspringen allgemein und ihre neuzeitliche Geschichte mit besonderem Augenmerk auf die Bedeutung der »Karlsruher Springerschule« und deren Mitbegründer, des ehemaligen Cheftrainers der DDR, Italiens und der BRD, Horst Görlitz, erklärt.
Weiterhin werden andere Varianten ins Wasser zu springen beschrieben wie zum Beispiel der Startsprung beim Schwimmen. Es enthält Informationen über die Sprunganlagen, Sprungbretter und die Organisation von Aufsicht – wichtig für Schwimmmeister, Lehrer und Trainer. Am Schluss dieses Kapitels widmen wir uns den Begriffen aus dem Untertitel und erfahren in diesem Zusammenhang mehr über Kunst, Athletik und Perfektion.
In Kapitel zwei wird erklärt, wie der Wettkampfsport Wasserspringen funktioniert und wie er organisiert wird.
Den Schwerpunkt des Buches bildet das dritte Kapitel mit ausführlichen, detaillierten, aber bewusst einfach gehaltenen Beschreibungen der wichtigsten Grundlagensprünge. Das Streben nach Perfektion liegt im Detail und dieses Detail kann auf verschiedene Weise außerhalb des Wassers trainiert werden. Die Sprungbeschreibungen kann der Leser aber auch nutzen, um sein eigenes Mentaltraining zu entwickeln.
Im vierten Kapitel werden neben ergänzenden Trainingsmethoden wie Trampolin und Gymnastik auch mentale Trainingsformen und Entspannungstraining erklärt.
Das fünfte Kapitel handelt vom Coaching und richtet sich in erster Linie an Trainer, Betreuer und Eltern. Es wird aufgezeigt, in welchen Bereichen Herausforderungen liegen, inwieweit die Trainer einen erzieherischen Auftrag haben und wie auf zeitgemäße Weise Sensibilität für die Vorbeugung vor Burn-out und Übertraining entwickelt werden kann. Es zeigt weitere Möglichkeiten der Betreuung wie Physiotherapie und sportpsychologische Begleitung.
Die Entwicklung des spektakulären Klippenspringens (auch Cliff oder High Diving), das als ernstzunehmende Wettkampfform 2013 ins WM-Programm der FINA integriert wurde und möglicherweise auch ins Olympia-Programm aufgenommen wird, wird im sechsten Kapitel vorgestellt, zusammen mit einem Interview mit Anna Bader, der bekanntesten deutschen Klippenspringerin.
Kapitel sieben liefert einen Ausblick zur Zukunft des Wasserspringens in Deutschland.
Derzeit gibt es qualitativ recht große Unterschiede zwischen den im Osten ansässigen Bundesstützpunkten und den »alten«, kleinen Vereinen im Westen, die über organisatorisch und finanziell geringere Mittel verfügen.
Der Autor kurz vor dem Eintauchen im Freibad vor hübscher Bergkulisse
In erster Linie ist das Buch mit dem Wissen und der Erfahrung aus der »Karlsruher Springerschule« entstanden. Vielfache Unterstützung gab es aber auch von weiteren Wasserspung-Experten – sei es in Form von Interviews oder durch die Bereitstellung von Bildmaterial. Dies hat sicher dazu beigetragen, das Thema Wasserspringen noch informativer und unterhaltsamer vorzustellen (siehe auch »Danksagungen« am Ende des Buchs).
Thomas Meyer,
im Frühjahr 2019
Vor jedem Sprung zur Ruhe finden – das gilt auch für Ausnahmekönner wie den zweifachen Doppelolympiasieger und fünffachen Weltmeister Greg Louganis (USA).
Kapitel 1:
Die Olympische Sportart Wasserspringen
Ein Kurzporträt Wasserspringen
Wasserspringen ist der Überbegriff für die Disziplinen des Kunstspringens, vom 1-Meter- und 3-Meter-Sprungbrett und des Turmspringens (5 Meter, 7,5 Meter und 10 Meter) von der festen Plattform. Für Training und Wettkampf gibt es beim Kunstspringen keine Altersbeschränkung, beim Turmspringen dürfen Wettkämpfe aus 10 Metern Höhe erst ab dem Alter von 14 Jahren durchgeführt werden.
Achtung!
Die in diesem Buch beschriebenen Sprungtechniken von Sprungbrettern können nur auf Duraflex-Brettern, die vollkommen waagrecht ausgerichtet sind, angewendet werden. Vor allem Sprungbretter, die nach oben gekrümmt sind, haben ein anderes Abwurfverhalten und können dazu führen, dass man bei Ausübung der hier beschriebenen Techniken zu nahe an das Brett kommt oder es gar berührt.
Ausbildung im Wasserspringen
Wasserspringen schult die Kontrolle der Bewegungsabläufe des eigenen Körpers und die Orientierung im Raum. Es werden die Beweglichkeit und die Haltung des Körpers trainiert, was in erster Linie durch entsprechende Gymnastik an Land geübt wird. Ganz besonders schult es die Konzentrationsfähigkeit und die Selbstwahrnehmung. Eine wichtige Grundkompetenz für das Leben – das Zur-Ruhe-kommen, das Zu-sich-selbst-kommen – ist innerer Ausgangszustand jeden Sprungs in jedem Alter.
Methodik und Didaktik
Einfache Bewegungsabläufe bilden die Basis für schwierigere, in den komplexeren Bewegungsabläufen finden sich immer Elemente aus den einfachen. Auch internationale Spitzenspringer greifen immer wieder auf einfachste Bewegungsabläufe zurück. Das ist vergleichbar mit Ballsportlern, die immer wieder einfache Ballbehandlungen üben (passen, Korbleger etc.).
Es ist ein langer Weg zu den schwierigeren Sprüngen, aber: Wasserspringer haben mehr Zeit zur Entwicklung als in anderen Sportarten. Trainer und Aktive können mit Geduld und langem Atem arbeiten. Bestes Beispiel ist die Weltmeisterin 2015 vom 1-m-Brett, Tania Cagnotto, die »erst« im Alter von 30 Jahren ihren ersten WM-Titel gewann und in diesem Buch besondere Erwähnung findet.
Mut
Für jeden Übenden ist es eine besondere Situation, sich zum ersten Mal zu einem neuen Sprung überwinden – sei er aus Sicht der Trainer, Eltern oder Partner auch noch so einfach. Dazu benötigt man eine gewisse Form von Mut. Diese Form des Mutes aufzubringen und sich zu überwinden ist eine sehr prägende Erfahrung für jeden Menschen; ebenso kann es aber auch zu einem problematischen Erleben führen, wenn man sich nicht traut diesen Schritt zu tun.
Bei Kindern ist vonseiten der Trainer (und Eltern) mit Einfühlungsvermögen vorzugehen und dem Kind seine Zeit zu lassen, damit es nicht den Spaß am Wasserspringen verliert. Die Trainer können über Umwege wieder die einfacheren Bewegungsabläufe festigen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder neu an das Thema heranführen, denn in gewisser Weise gilt »Mut haben nur die Dummen« (Zitat von Horst Görlitz).
Diese andere Form von Mut meint Dinge zu tun, die man nicht überschauen bzw. beherrschen kann. »Zwingende« Aufforderungen der Trainer (»Jetzt spring doch! Los, ich zähle bis drei.«) können hilfreich sein, werden vonseiten der Trainer aber nicht als »Zwang« ausgelegt. Andererseits ist es ein sehr befriedigendes Erlebnis, sich etwas getraut und sich überwunden zu haben. So heißt die andere Seite der Medaille: Mut tut gut. Es ist die Aufgabe eines verantwortungsvollen Trainers, den richtigen Zeitpunkt zu finden, einen Sprung zu fordern bzw. anzubieten.
Lockerheit
Die Lockerheit der Bewegungsausführung ist ein wichtige Voraussetzung für die Schönheit, die Ästhetik de Bewegungsablaufes. Voraussetzung für die Lockerheit ist das Kontrollieren des Bewegungsablaufes. Kontrollierte Lockerheit führt zur Ästhetik. Um Lockerheit der Bewegungsausführung auszubilden werden spielerische Übungsformen am Trampolin, vom Sprungbrett, in der Gymnastikhalle durchgeführt.
Infrastruktur
Die Trainingsmöglichkeiten orientieren sich an der vorhandenen Infrastruktur. Die Trainingsstätte in Karlsruhe verfügt beispielsweise derzeit über zwei 1-Metersowie zwei 3-Meter-Sprungbretter, ein großes Trampolin mit Longe, eine Trockensprunganlage und eine Gymnastikhalle, aber keinen Turm.
Trainingsstätten an den Bundesstützpunkten wie Leipzig, Dresden, Berlin, Rostock und Halle verfügen über eigene Springerhallen mit allen Plattformen und mehreren Sprungbrettern, Gymnastik-, Trampolin- und Trockensprunganlagen sowie Saltomaschinen, Turnhallen, etc.
Trainingsgruppen
Falls organisatorisch möglich, empfiehlt es sich bei großen Gruppen Springer ähnlichen Niveaus gemeinsam zu trainieren, weil man ähnliche Themen erarbeiten kann. Bei kleinen Gruppen kann man individueller trainieren.
Trainingsinhalte
Gymnastik:
Entspannen, aufwärmen, dehnen und lockern der Muskulatur und zum Einüben grundlegender Haltungen und »Schlüssel-Positionen«; z. B. das Stoppen der Drehbewegung vorwärts und rückwärts.
Imitationen von Bewegungsabläufen als Techniktraining zum besseren Verständnis des Bewegungsablaufes und als »mentale« Trainingsform.
Trockenspringen auf eine Schaumstoffmatte
Trampolin:
Spiel und Spaß beim Springen, Sprungausdauer, Körperbeherrschung, Orientierung im Raum. Wassersprungspezifische Bewegungsabläufe als Vorbereitung für die Sprünge vom Brett.
Trockenspringen:
Anlauf und Absprungübungen ohne nass zu werden, höhere Effektivität als im Wasser.
Entspannungstraining, Mentale Trainingsformen, Imitationen
Wasserspringen:
Optimierung der Sprünge, Üben des Eintauchen, Wettkampfvorbereitung, Spaß und Freude. Bei entsprechenden Fähigkeiten und Motivation ist die Teilnahme an Wettkämpfen der nationalen Schwimmverbände möglich.