Buch lesen: «Nicht alltäglich»
Thomas Klappstein (Hrsg.)
Nicht alltäglich
182 1/2 außergewöhnliche Andachten
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN 9783865066084
© 2010 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers
Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers
Titelfoto: shutterstock
Satz: Satzstudio Winkens, Wegberg
Inhalt
Cover
Titel
Copyright
Unterwegs
Ich versteh’ nur Bahnhof …
Liebe
Ganz oder gar nicht
Dinge
Johannes der Täufer – Von Gott berufen
Die Sache mit dem Christsein
Ostern
Auf dem Weg nach Emmaus
Thomas, der Zweifler
Gnade
Vertrauen
Pfingsten
Nicht allein
Wunder
Haltmachen
Engel
Arm und Reich
Licht
Starke Sprüche
Zur Ruhe Kommen
Beten
Falsch abgebogen?
Im Dunkeln
Eine Ewigkeit lang
Worte
Weihnachten
Der Bonus-Track
Die Autoren
Der Herausgeber
Fettes Thanx
Für alle, die ehrlich, aufrichtig und täglich ihr Leben vor Gott und den Menschen und mit Gott und den Menschen leben wollen, aber durch so manche Nicht-Alltäglichkeit ihre menschlichen Grenzen aufgezeigt bekommen. Und die dankbar feststellen, dass der nicht alltägliche Gott dann doch immer wieder täglich erreichbar ist …
Vorwort
Andachtsbücher gibt es in der christlichen Szene viele. Jedes Jahr werden neue veröffentlicht, jedes Jahr neue gekauft. Warum also nun noch ein »nicht alltägliches« Impuls- und Andachtsbuch? Und was ist es, das dieses Buch so »außergewöhnlich« macht?
Impuls- und Andachtsbücher begegnen dem Bedürfnis von Christen, neben dem Lesen in der Bibel einen regelmäßigen geistlichen Impuls für das tägliche Leben zu bekommen, den andere Menschen gedacht und formuliert haben. Einige inspiriert es, im Laufe des Tages immer wieder einmal über das Gelesene nachzudenken und es anzuwenden. Andere sind ganz einfach froh, so in den Tag starten zu können und ihrer vermeintlichen »christlichen Pflicht« nachgekommen zu sein.
Wenn man die Sache nüchtern betrachtet und ganz ehrlich ist, starten zwar viele mit dem guten Vorsatz in ein neues Jahr, täglich eine Andacht zu lesen, stellen aber häufig Ende Februar fest, dass sich doch einige Unregelmäßigkeiten eingeschlichen haben. Und bei nicht wenigen macht sich dann ein schlechtes Gewissen bemerkbar.
Um dem zu begegnen, trage ich schon lange die Idee für »das erste ehrliche Andachtsbuch« in mir, die nun mit Hilfe vieler toller neuer und alter Autorinnen und Autoren in die Realität umgesetzt werden konnte: ein Andachtsbuch mit 182 1/2 Andachten. Dieses Buch geht davon aus, dass viele Leserinnen und Leser realistischerweise sowieso nur alle zwei Tage dazu kommen, eine Andacht zu lesen (365 Tage : 2 = 182 1/2 ). Und das geht ab jetzt mit einem guten Gewissen. Und der Möglichkeit, trotzdem in einem Jahr durchzukommen.
(Das heißt natürlich nicht, dass man nicht auch gerne täglich lesen darf – dann fängt man zur Jahresmitte eben noch einmal neu an. So könnte man sich außerdem auch außerhalb der üblichen Zeiten mal mit den Inhalten der großen christlichen Festtage beschäftigen – und eventuell einen neuen, »außergewöhnlichen« Blick auf vermeintlich Altbekanntes bekommen ...)
Im Entstehungsprozess dieses Buches gehörte »182 1/2 artige Andachten für Aufrichtige, Anständige und Aufmüpfige« mit zu den Favoriten für den Untertitel. Auch wenn wir uns letztlich für eine andere Formulierung entschieden haben – gepasst hätte er. Und wenn man das »für« durch ein »von« ersetzt, sagt das auch einiges aus über die Vielschichtigkeit und Kreativität der Autorinnen und Autoren, ihren unterschiedlichen geistlichen Background und den damit verbundenen bunten Stil-Mix der Beiträge. Alles ist dabei, von »old school« über »modern« bis zu »postmodern«. Dabei geht es nie darum, ein aalglattes Christsein zu progagieren, das den Realitäten des Lebens nicht gerecht wird. Es geht darum, in den Realitäten des Lebens das Christsein zu greifen.
Manchmal wird ganz klassisch ein Bibelvers ausgelegt (»old school«), manchmal wird eine (persönliche) Geschichte erzählt, die eine geistliche Wahrheit vermittelt, ohne dass ein Bibelvers explizit genannt wird (»postmodern«). Mal steht ein Bibelvers am Beginn des Beitrages, mal wird er im Text zitiert. Viele Beiträge sind Einzelbeiträge, andere wurden schon als Reihen konzipiert.
Neben etablierten Andachtsbuchautoren sind auch viele neue Autorinnen und Autoren dabei, die einer größeren Öffentlichkeit noch nicht bekannt sind, die aber schon Schreiberfahrung haben oder in ihren Reden immer wieder Zuhörer abholen und begeistern und deshalb gefragt wurden. Und viele haben erfreulicherweise zugesagt. Ich bin der Meinung, dass gerade in der Andachtsbuchszene alte Dinge neu gesagt und gedacht werden sollen und dürfen. Und die Leserinnen und Leser freuen sich sicherlich auch über frisches »Tintenblut« und neue, »außergewöhnliche« Ein- und Ausblicke.
Aber es ist nicht nur »Tintenblut«, was hier geflossen ist. In allen Beiträgen steckt viel »Herzblut«, um mal einen »old school«-Ausdruck zu gebrauchen. Allen ist gemein, dass durch ihre Beiträge die Stimme dessen vernehmbar ist, der ihr Leben bestimmt: Jesus Christus. Dass Gott durch ihre Beiträge seine Gedanken pflanzt. Dass göttliche Samen gesät werden, die aufgehen, Frucht tragen und zum Leben helfen.
Nicht alltäglich. Aber außergewöhnlich aufrichtig!
Allen, die hier Zeit und Energie aufgewendet haben – deren »Herzblut« geflossen ist – einen herzlichen Dank und »Goddes außergewöhnlich foll vetten Segen« – der natürlich auch für die Leserinnen und Leser gedacht ist.
Thomas Klappstein (Herausgeber)
PS: Der 182 1/2 te Beitrag kann übrigens gerne selbstständig ergänzt werden. Dazu motivieren hoffentlich die 182 vorangegangenen Beiträge ...
Unterwegs
1 | Knöenn Sie dsa lseen?
Ich bin das A [Alpha] und das O [Omega], spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.
OFFENBARUNG 1,8 (LUTHER 1984)
Luat enier Stidue an der elingshcen Uävirestint Cmabridge ist es eagl, in wlecher Riehnelfgoe die Bcuhtsbaen in eniem Wrot sethen. Das eniizg Wcihitge ist, dsas der estre und der lzette Bsthucabe am rcihgiten Paltz snid. Den Rset knan man dnan onhe Polbrmee lseen. Das ghet dseahlb, weil das mneshcchile Geihrn nciht jdeen Bschutbean ezleinn liset, sodnern das Wrot als Gnaezs.«
Alles verstanden? Nein? Dann schauen Sie unten nach. Wenn Sie’s aber verstanden haben – erstaunlich, oder? Wozu gab es eigentlich eine Rechtschreibreform Anfang des neuen Jahrtausends und den Streit darüber?
Mir kam beim Lesen folgender Gedanke: Gleicht unsere Lebensgeschichte nicht allzu oft dem Durcheinander der Wörter oben? Und erst recht die Weltgeschichte? Manchmal kaum ein Buchstabe, kaum etwas da, wo es hingehört! Aber wenn der erste und der letzte Buchstabe stimmen, macht jedes Wort Sinn. Wird jedes einzelne Kapitel Geschichte sinnvoll.
Das Alpha und das Omega – der erste und der letzte Buchstabe im griechischen Alphabet – sind in der Bibel ein Bild für Christus. Er ist der Erste und Letzte, Anfang und Ende der Welt, Ursprung und Ziel unseres Lebens, Schöpfer und Erlöser. Alles ist eingerahmt von seiner Macht und von seiner Liebe, von seiner Kreativität und von seiner Menschenfreundlichkeit. Und macht so Sinn. Selbst im scheinbaren Unsinn. An ihm, an Jesus Christus, möchte ich mich orientieren.
Und hier noch mal im Klartext:
»Laut einer Studie an der englischen Universität Cambridge ist es egal, in welcher Reihenfolge die Buchstaben in einem Wort stehen. Das einzig Wichtige ist, dass der erste und der letzte Buchstabe am richtigen Platz sind. Den Rest kann man dann ohne Probleme lesen. Das geht deshalb, weil das menschliche Gehirn nicht jeden Buchstaben einzeln liest, sondern das Wort als Ganzes.«
Thomas Klappstein
2 | Er zieht das durch
Deshalb bin ich auch ganz sicher, dass Gott sein Werk, das er bei euch begonnen hat, zu Ende führen wird, bis zu dem Tag, an dem Jesus Christus kommt.
PHILIPPER 1,6 (HOFFNUNG FÜR ALLE)
Das hat sowieso keinen Zweck! Hast du schon mal etwas mit ganz viel Enthusiasmus angefangen, nur um dann irgendwann damit aufzuhören, bevor das Projekt fertig war? Eine Diät? Ein Musikinstrument? Eine Schulausbildung oder Lehre? Den Versuch, mit dem Rauchen aufzuhören? Eine Freundschaft? Eine Ehe?
Eine Familie? Manchmal sind diese »Abbrüche« nicht schlimm, aber manchmal zerstören sie auch Leben.
Aber es gibt eine richtig gute Nachricht! Gott hat das Projekt »du« angefangen. Er hat ganz viel Liebe, ganz viel Kreativität investiert – und er denkt gar nicht daran, dieses Projekt aufzugeben.
Ein paar Frauen unterhalten sich über die »Abwrackprämie«, und eine von ihnen hat eine brillante Idee: »Wäre es nicht toll, wenn Frauen ihre Ehemänner genauso eintauschen könnten, gegen jüngere, funktionstüchtigere Modelle?« Darauf erwidert eine ihrer Freundinnen: »Das ist ja wohl die blödeste Idee, die ich jemals gehört habe. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie viel ich investieren musste, um meinen Mann auch nur halbwegs zum Funktionieren zu bringen! Ich wäre ja schön blöd, wenn ich mir einen neuen holen würde, mit dem ich die ganze Arbeit noch mal von vorne machen müsste!«
Wo sie recht hat, hat sie recht! Gott scheint über unsere Situation irgendwie ähnlich zu denken. Und wenn das so ist, dann ist es ja vielleicht einen Versuch wert, noch mal durchzustarten!
Frank Bonkowski
3 | Liebe bringt den Sieg nach Hause
Seid wachsam, steht fest im Glauben, seid mutig, seid stark! Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.
1. KORINTHER 16,13-14 (EINHEITSÜBERSETZUNG)
Was Paulus hier den Korinthern am Ende seines langen Briefes sagt, erinnert an einen Fußballtrainer, der seinem auflaufenden Team noch die letzten Anweisungen gibt. Was hatte er ihnen nicht alles geschrieben! Er hatte gegen Spaltungen und grobe Sünden in der Gemeinde gekämpft, hatte den Wert der Geistesgaben betont und sich für einen geordneten Gottesdienst eingesetzt. Sogar mit der Frage, wie glaubwürdig die Berichte von der Auferstehung Jesu sind, musste er sich herumschlagen. Aber jetzt soll der Brief in die Praxis umgesetzt werden. Jetzt müssen die Korinther raus aus der Bibelstunde und rauf auf das Spielfeld des Lebens.
»Seid wachsam«, ruft der Apostel. Der Teufel schläft nicht und versucht mit allen Tricks, gegen euch zu punkten. Wenn er es schafft, euch in Sicherheit zu wiegen, ist er im Vorteil und euer Erfolg gefährdet. »Steht fest im Glauben«, denn der Sieg gehört eurem Mannschaftsführer Jesus. Also lasst euch nicht einschüchtern, »seid mutig, seid stark«.
So ermutigt Paulus jeden von uns, seinen Platz einzunehmen, ganz egal, auf welcher Position im Reich Gottes wir spielen. Denn das sehen wir deutlich im Korintherbrief, dass Gott sogar Leute wie uns gebrauchen will. Natürlich muss Paulus die Christen in Korinth darauf vorbereiten, dass die Nachfolge Jesu kein leichter Weg ist. So schlägt er hier ziemlich markige Töne an.
Und doch will er auf dem Spielfeld des Lebens keine zähnefletschenden Champs sehen. Die Energie, die uns vorantreibt, heißt nicht Aggression, sondern Liebe. Wir werden nicht als Eroberer losgeschickt, sondern als Diener. So hat es uns Jesus Christus vorgemacht. Und wir wissen aus eigener Erfahrung: Gegen seine Liebe ist kein Kraut gewachsen. Sie macht die entscheidenden Punkte und bringt den Sieg nach Hause.
Christoph Müller
4 | Neue Wege
Der Herr sagte zu Abram: »Geh fort aus deinem Land, verlass deine Heimat und deine Verwandtschaft, und zieh in das Land, das ich dir zeigen werde! …« Sie … durchzogen das Land …, und auch hier schichtete er Steine auf als Opferstätte für den Herrn. Dort betete er den Herrn an.
1. MOSE 12,1-8 (HOFFNUNG FÜR ALLE)
Ein Pensionär wird zum Pionier. Abraham war 75 Jahre alt, als er die Herausforderung annahm, sich der Macht der Gewohnheit zu widersetzen. Eines Tages setzte sich das Reden Gottes wie ein Ohrwurm in seine Gedanken: Geh aus deinem Vaterland, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Elternhaus fort!
In diesen drei Worten ist alles enthalten, was unser »So-sein« ausmacht, was uns von Kindesbeinen an prägt, unsere Identität stiftet und uns Sicherheit und Geborgenheit bietet, weil wir uns daran gewöhnt haben. Heimweh, Verunsicherung, Schmerzen sind mit einem solchen Aufbruch verbunden. Wie schwierig war es für Abraham, das Leben nach einem Leben zu meistern?
Neue Wege, auf die Gott uns ruft, können sich für jeden von uns anders gestalten. Einen neuen Weg einzuschlagen, das kann einen Aufbruch in physischem Sinne bedeuten, eben das Verlassen von Heimatort und Heimatland. Es kann sich aber auch um einen Aufbruch in sozialem Sinne handeln, ein Abschiednehmen von alten Beziehungen und das Zugehen auf eine neue Freundschaft. Es kann auch ein Aufbruch in geistigem Sinne sein, ein Loslassen lieb gewordener Denkmodelle und das Erproben eines neuen Ansatzes. Allen gemeinsam ist: Gott ruft auch uns wie Abraham aus allem heraus, was uns Heimat bedeutet. Wenn wir uns dann aufmachen und unsere Lebenskraft für die Sache Gottes einsetzen, dann wirkt Gottes Segen durch uns weiter. Abraham gilt als der »Vater des Glaubens« – er stellte sein gesamtes Leben unter die Berufung Gottes, so wie er sie erfahren hat, unmissverständlich, radikal und umfassend.
Sich auf Gottes Wort und sonst nichts verlassen, darauf ein Leben aufbauen, das ist Ausdruck eines unglaublichen Vertrauens. Vertrauen braucht Anknüpfungspunkte. Sich an persönliche Gottesbegegnungen zu erinnern ist darum unerlässlich in neuen Lebenssituationen. Deswegen durchquerte Abraham zunächst die Dimension des Unbekannten und setzte Grenzmarkierungen, die ihn an das einzige Bekannte und Konstante erinnern sollten – die Zusage der Gegenwart Gottes in und unter allen Umständen.
Mickey Wiese
5 | Zu Hause sein
Und siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hinziehst, und will dich wieder herbringen in dies Land. Denn ich will dich nicht verlassen …
1. MOSE 28,15 (LUTHER 1984)
Soziologen sagen, dass wir uns damit abfinden müssen, in einer immer mobileren Gesellschaft zu leben. Der Mensch der Zukunft wechselt öfter als seine Vorfahren den Wohnort, das Haus, den Beruf, die Ideale und die Freunde. Flexibilität ist das Qualitätsmerkmal von morgen. Bleibt eine Frage: Wo ist man dann eigentlich zu Hause? Oder sollten wir uns von dem altertümlichen Wort »Zuhause« verabschieden? Schon jetzt gibt es zu viele Leute, die zwar ein Zuhause haben, sich dort aber gar nicht zu Hause fühlen. Dort, wo sie leben, sind sie sich selbst fremd. Ich glaube aber, wir sehnen uns nach einem Ort, an dem wir keine Angst mehr haben müssen.
Ist das eine Definition von »Zuhause«, was meinen Sie? Ein Ort, an dem ich keine Angst mehr habe. Ich weiß nicht, unter welchen Bedingungen Sie sagen können, dass Sie keine Angst haben. Ich kenne diese Sehnsucht auf alle Fälle. Manchmal spüre ich bei unterschiedlichsten Gelegenheiten: »Hier geht es mir richtig gut. Hier kann ich genau so sein, wie ich schon immer sein wollte.« Toll.
Wovon hängt das ab, ob und wo ich mich zu Hause fühle? Natürlich gibt es einfach Orte, die ein Zuhause-Gefühl hervorrufen. Aber das, was solche Besuche wertvoll macht, sind doch die vielen Erinnerungen. Fühlen wir uns nicht da zu Hause, wo wir gute Erfahrungen gemacht haben? Wahrscheinlich. Denn wenn ein Ort nicht mit Erinnerungen gefüllt wäre, ließe uns der Besuch wohl ziemlich kalt. Und dann merke ich, dass es in diesen Erinnerungen immer um Menschen geht, die mir ein Zuhause geben. Ich möchte Ihnen in diesem Zusammenhang eine kurze Geschichte aus der Bibel erzählen:
Der junge Israelit Jakob hat viel Mist gebaut. Er hat seinen Bruder um das Erbe betrogen und ist jetzt auf der Flucht. Ein Mensch ohne Zuhause. Seine Familie, seine Heimat, seine Freunde, seinen Beruf, alles musste er hinter sich lassen. Dieser getriebene Jakob legt sich eines Abends erschöpft auf einen Stein, um zu schlafen – und plötzlich spricht Gott zu ihm: »Hör gut zu! Ich bin bei dir und werde auf dich aufpassen, ganz gleich, wo du hingehst. Ich werde dich nie verlassen und alles tun, damit du das umsetzen kannst, was ich dir versprochen habe.« In diesem Segen steckt alles, was ein Zuhause ausmacht. Die Zusicherung, dass ich keine Angst mehr haben muss und dass ich mich entfalten darf.
Fabian Vogt
6 | Zum Schlittschuhlaufen muss man geboren sein …
Wer sich an sein Leben klammert, der wird es verlieren. Wer aber sein Leben für mich und für Gottes rettende Botschaft einsetzt, der wird es für immer gewinnen.
MARKUS 8,35 (HOFFNUNG FÜR ALLE)
Denn wer nicht geboren ist, kann auch nicht Schlittschuhlaufen. Wenn du immer besser Schlittschuhlaufen lernen willst, musst du lernen, loszulassen. Und du musst lernen, hinzufallen. Stell dir jemanden vor, der sich 20 Jahre lang an der Brüstung festhält. Der lernt nie Schlittschuhlaufen. Das Problem ist, wenn er loslässt, fehlt ihm die Sicherheit, und dann kann er auf die Schnauze fallen.
Glauben ist wie Schlittschuhlaufen. Ich habe Angst, ob ich’s schaffe, ob ich hinknalle. Es gibt Leute, die sagen: »Ich habe an Gott geglaubt, aber es hat doch nichts gebracht, ich bin nur hingefallen, hab nur versagt, konnte meiner Mutter und meinem Bruder nicht vergeben, bin nur hingefallen, hab nur versagt, konnte die Hälfte aus der Bibel nicht verstehen, bin nur hingefallen, hab nur versagt, habe alle meine Zweifel behalten. Der Gottesdienst und der Hauskreis konnten mir meine Fragen auch nicht beantworten. Ich hab’s doch probiert mit Gott, ’s geht halt nicht.« Ich hab’s doch probiert, ich bin nicht der Typ zum Schlittschuhlaufen, bin zu dick, zu dünn, zu unsportlich, zu ängstlich oder was auch immer. Wenn die anderen laufen, kann ja sein, dass die das besser hinkriegen als ich, aber ich bin nicht so der Typ dazu.
Und dann sehe ich Jesus auf der Eisfläche, und er ruft mir zu: Komm mir entgegen, fass mich an, ich laufe mit dir, ich bleibe in deiner Nähe. Und dann laufe ich und falle hin. Die Leute lachen über mich. Siehste, Jesus, jetzt lachen die über mich, weil ich versagt habe. Die nehmen mich doch nicht mehr ernst. Und Jesus sagt: Das habe ich doch schon getan. Was? Ja, ernst genommen. Ich habe dich doch so ernst genommen, dass ich für dich gestorben bin, ich habe doch alles für dich gegeben. Dass du endlich frei wirst von dir, deinen Ansprüchen, deiner Angst vor Versagen und Nichtbeachtung. Du hast allen Grund, über dich zu lachen und dich darüber zu freuen, dass ich dich in jeder Situation liebe und dir wieder aufhelfe; du brauchst dich nicht mehr so ernst nehmen. Du kannst dich selbst loslassen, dann wirst du dich finden.
Es ist wie beim Schlittschuhlaufen – erst wenn du immer mehr loslässt und dich nicht nur am Rand langschlängelst, wirst du langsam lernen, ein Schlittschuhläufer zu werden.
Arno Backhaus