Wasserstoff und Brennstoffzellen

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3.3 Wasserstoff-Konfiguration

Sicherheitstechnisch nicht so relevant, aber für das Themen-Verständnis hilfreich ist die Unterscheidung zwischen Ortho- und Para-Wasserstoff. Was verbirgt sich hinter diesen Bezeichnungen?

Wasserstoff-Moleküle treten generell in zwei verschiedenen chemischen Zuständen auf. Diese unterscheiden sich in der Orientierung ihres atomaren Spins (bezeichnet den Drehimpuls der Elementarteilchen). Ortho-Wasserstoff weist einen parallel Spin auf, während Para-Wasserstoff einen antiparallelen Spin hat. Ein Gemisch aus 25 Prozent Para- und 75 Prozent Ortho-Wasserstoff wird n-Wasserstoff genannt.

Bei Umgebungstemperatur kommt Ortho-Wasserstoff dreimal häufiger vor. Unterhalb von -200 °C kommt fast ausschließlich Para-Wasserstoff vor. Die Umwandlung vom einen zum anderen Zustand ist ein sehr langsamer Prozess und kann sich ohne die Anwesenheit von Katalysatoren über mehrere Tage hinstrecken.

3.4 Erfahrung mit Stadtgas

Wasserstoff kann durchaus auf eine langjährige Nutzungsgeschichte zurückgreifen. Bereits im 19. Jahrhundert wurden in vielen Städten Rohrleitungssysteme installiert, um das so genannte „Stadtgas“ für die Straßenbeleuchtung und später auch für die Haushalte zum Heizen und Kochen zu verteilen. Bei diesem Gas handelt es sich um ein Gemisch aus je einer Hälfte Wasserstoff und Kohlenstoff-Monoxid.

Mittlerweile ist dieses Gas überall in Deutschland vom Erdgas verdrängt worden, zuletzt Anfang der 90er Jahre in Saarbrücken. In Stockholm/Schweden wird dagegen heute noch das rund 800 Kilometer lange Niederdrucknetz zur Verteilung von Stadtgas genutzt.

Technisch ist es durchaus machbar, Wasserstoff dem heutigen Erdgas beizumengen. Bis zu 5 Vol.-% Wasserstoff könnte ohne jegliche technische Veränderung zugeführt werden. Bei größeren Anteilen (bis 60 Vol.-%) würden jedoch Umbauten insbesondere bei den Anwendungsgeräten der Verbraucher (Dichtungen, Gaszähler, Brenner) notwendig. [Altmann a, 2001]

3.5 Wasserdampf-Bildung & Wasserstoff-Emission

Bis jetzt unberücksichtigt geblieben sind die möglichen Auswirkungen, die ein vermehrter Wasserstoff-Umsatz und ein gesteigerter Wasserdampf-Ausstoß auf die Umwelt und das Klima (lokal und global) haben könnten. Zu unterscheiden ist hierbei, dass es sich bei der Wasserdampf-Bildung um Wasser (H2O) handelt und bei Wasserstoff-Emissionen allein um Wasserstoff (H2).

Die Wasserdampf-Emissionen aus der heutigen Energiewirtschaft liegen bei 0,005 Prozent der natürlichen Vorkommen. Selbst unter ungünstigen Verhältnissen in regionalen Ballungsräumen würde ein auf Wasserstoff umgestellter Fahrzeugverkehr Wasserdampf-Emissionen nur im Promillebereich natürlicher Emissionen freisetzen. Ein Wasserstoffauto emittiert zwar mehr Wasserdampf als konventionelle Benzin- oder Diesel-Autos, der Unterschied ist mit einem Faktor zwischen 2 und 5 aber nicht wesentlich größer.

Werden Szenarien der Wasserstoff-Nutzung und daraus resultierende Wasserstoff-Emissionen abgeleitet, dann würden die H2-Emissionen um maximal bis zu 5 Prozent beziehungsweise 1,5 Mio. Tonnen pro Jahr ansteigen und damit der Gehalt in der Atmosphäre von heute 0,51 parts per million auf 0,54 ppm ansteigen.

Sollten im Jahr 2050 etwa 1 Mrd. Straßen-Fahrzeuge unterwegs sein, wovon 10 bis 20 Prozent mit LH2 betrieben wären, so würden sich hieraus erhöhte H2-Emissionen von 0,2 bis 0,8 Mio. Tonnen pro Jahr ergeben. In den letzten Jahren lag die jährliche H2-Zunahme aufgrund anthropogener Verbrennungsprozesse (Industrie, Autoabgase) bei etwa 1 Mio. Tonnen H2 pro Jahr. Wasserdampf ist zwar das am häufigsten in der Atmosphäre vorkommende klimarelevante Gas, aber wesentlich weniger klimaaktiv als beispielsweise CO2.

Abschätzungen lassen demzufolge nach heutiger Kenntnis vermuten, dass durch einen verstärkten H2-Einsatz keine relevanten Veränderungen in der Wasserstoff-Bilanz der Atmosphäre bewirkt würden. Wegen der komplizierten chemischen Reaktionen in der Atmosphäre besteht hier aber noch Forschungs- und Klärungsbedarf. [Schultz, 2003]

4 HERSTELLUNG VON WASSERSTOFF

Insgesamt werden in Deutschland jährlich ungefähr 20 Mrd. Kubikmeter Wasserstoff erzeugt, weltweit sind es etwa 500 Mrd. Kubikmeter. Dies entspricht sowohl bundesweit als auch weltweit einem Anteil von jeweils 1,5 Prozent des Energiebedarfs.

Rund 40 Prozent des momentanen Bedarfs könnten gedeckt werden, indem der Wasserstoff verwendet würde, der in der Industrie als Nebenprodukt anfällt. Zum Teil bleibt dieser Anteil jedoch völlig ungenutzt. Nur fünf Prozent der Gesamtmenge wird auf dem freien Markt gehandelt.

Eingesetzt wird Wasserstoff

• bei der Ammoniak-Synthese (insgesamt rund 75 %) sowie zur Methanolproduktion (rund 8 %),

• bei der Herstellung von Stickstoff-Dünger, Kunststoffen, Sprengstoffen, Kunstharzen sowie Lösungsmitteln,

• bei industriellen Prozessen in Raffinerien,

• bei der Hydrierung von Speiseölen aus Sojabohnen, Fisch, Erdnüssen oder Mais,

• bei der Umwandlung flüssiger Öle in Margarine,

• bei der Polypropylen-Herstellung,

• bei der Kühlung von Generatoren und Motoren sowie

• bei der industriellen Fertigung (Glas- und Halbleiter-Industrie; u.a. als Schutzgas bei der Wärmebehandlung).

Eines der wesentlichen Verfahren, bei dem Wasserstoff freigesetzt wird, ist die Chlor-Alkali-Elektrolyse (s. Kap. 4.8). Der dabei erzeugte Wasserstoff wird allerdings häufig nicht aufgefangen und genutzt, sondern einfach abgefackelt.

Zur Wasserstoff-Herstellung sind viele unterschiedliche Methoden möglich (s. Tab. 7), die im Folgenden näher erläutert werden sollen.

TAB. 7: HERSTELLUNGSMENGE VON WASSERSTOFF

[in Millarden Nm3]

Quelle: DWV

4.1 Elektrolyse

Relativ bekannt und anschaulich dürfte der Schulversuch zur Elektrolyse aus dem Chemie-Schulunterricht sein.

Versuch zum Nachweis der Elektrolyse von Johann W. Ritter, deutscher Chemiker (um 1800): Man nehme ein wassergefülltes U-Rohr aus Glas und platziere in jedem Schenkel eine Platin-Elektrode, die an eine Gleichstrom-Batterie angeschlossen sind. Das angeschlossene Strom-Messgerät zeigt Null. Erst wenn ein paar Tropfen Säure oder Lauge ins Wasser geträufelt werden, fließt ein messbarer Strom. Das Wasser ist zum Elektrolyt geworden, der Ionen leitet. [Weber, 1988]

Dieser Prozess heißt „Wasser-Elektrolyse“ und beschreibt die Auftrennung (Spaltung) von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff mit Hilfe von elektrischem Strom. Der Stromkreislauf (Gleichspannung) wird durch den Elektrolyten geschlossen. Der Elektrolyt ist in diesem Fall das Wasser mit den darin befindlichen Ionen, die den Ladungstransport übernehmen (Salz, Säure oder Lauge, z. B. 30%ige Kalilauge). Die Elektroden müssen mit einem Katalysator versehen sein (z. B. Platin), der die Reaktion einleitet, selber jedoch nicht mitreagiert. An der positiven Elektrode (Anode) bildet sich dann gasförmiger Sauerstoff, an der negativen Elektrode (Kathode) gasförmiger Wasserstoff. Beim Übertritt der Elektronen von der Kathode in den Elektrolyten läuft die folgende chemische Reaktion ab, bei der Wasserstoff entsteht:


Entsprechend lösen die Elektronen, die an der Anode abfließen, folgende Reaktion aus, so dass Sauerstoff entsteht:



ABB. 8: SCHEMA EINES ALKALISCHEN ELEKTROLYSEURS

[BMW, 2001]

Damit sich die beiden Gase nicht wieder vermischen, teilt eine dünne Wand (Diaphragma) die beiden Zellenhälften. Sie kann beispielsweise aus porösem Asbest bestehen. Zwei Gasabscheider trennen jeweils die entstandenen Gase von der Flüssigkeit.

Der gegenwärtige Wirkungsgrad dieses Verfahrens liegt ungefähr bei 70 bis 80 Prozent. Um Wasserstoff mit einem Energieäquivalent von 1 Kilowattstunde zu erzeugen, werden knapp 300 Milliliter Wasser verbraucht.

Noch ist der Anteil des auf diese Weise produzierten Wasserstoffs sehr gering (4 % der H2-Menge), weil relativ viel Energie notwendig ist. Mit zunehmendem Bereitstellungsgrad von erneuerbaren Energien wird jedoch dieser Anteil in Zukunft weiter steigen.

Eine Möglichkeit, die Gesamtkosten bei der Elektrolyse zu senken, ist beispielsweise die Verwendung eines Hochdruck-Elektrolyseurs (Drücke von 30 bis 100 bar), weil dabei die Komprimierung des erzeugten Gases als zusätzlicher Arbeitsschritt entfällt. Als weitere Alternative wurde eine Zeit lang an der Hochtemperatur-Elektrolyse gearbeitet.

 

Der elektrochemische Umwandlungsprozess bei diesem so genannten „HOT-ELLY-Verfahren“ findet bei rund 1.000 °C statt. Der Betriebsdruck in so einem Hochtemperatur-Elektrolyseur liegt bei etwa 30 bar und wird gleichzeitig auch als Speicherdruck gewählt.

Ein derartiger Elektrolyseur der Firma MTU-Friedrichshafen wurde testweise an der H2-Tankstelle am Flughafen München eingesetzt. Obwohl diesem Verfahren anfänglich ein hohes Entwicklungspotential zugesprochen wurde, ist die Hot-Elly-Entwicklung jedoch mittlerweile eingestellt worden.

4.2 Dampfreformer

Den größten Anteil unter den verschiedenen Herstellungsverfahren trägt zurzeit die Dampfreformierung mit einem Anteil von etwa 50 Prozent. Grundsätzlich eignen sich als Ausgangprodukte für dieses Verfahren alle fossilen Kraftstoffe, die einen relativ hohen Prozentsatz Wasserstoff-Moleküle aufweisen (z. B. Erdgas, Methanol, Biogas).

Die erste Verfahrensstufe eines Reformers (der Reformierreaktor) erzeugt unter Wärmezufuhr durch Umsetzung des eingesetzten Energieträgers mit Wasserdampf ein wasserstoffreiches Gasgemisch. Bei der Einleitung der Reaktion helfen Nickel-Katalysatoren. Das entstehende Gemisch enthält zu diesem Zeitpunkt noch einen hohen Anteil an Kohlenstoff-Monoxid, das zusammen mit Wasserdampf in zwei nachgeschalteten katalytischen Konvertern (Shift-Reaktoren) in Kohlenstoff-Dioxid überführt wird.

Der erste Umwandlungsschritt ist die so genannte Hochtemperatur-Konvertierung (HTS), die bei etwa 320 bis 400 °C stattfindet. Der zweite Schritt ist die Niedertemperatur-Konvertierung (NTS) bei etwa 180 bis 240 °C. Auf diese Weise wird der CO-Anteil von etwa 10 bis 15 Vol.-% beim Austritt aus dem Reformer bis auf letztlich 0,3 bis 0,6 Vol.-% verringert. [Modl, 2002]

Eine anschließende letzte Gasreinigungsstufe entfernt das in diesem Vorgang nicht umgesetzte CO bis auf einen geringen Restanteil von 10 bis 20 ppm und gewährleistet somit die gewünschte Reinheit. Anschließend kann der Wasserstoff in einer Druckwechsel-Adsorption von weiteren störenden Bestandteilen (z. B. Schwefel) befreit werden.

Für die Herstellung von einem Normkubikmeter (Nm3) Wasserstoff sind in etwa 0,45 Normkubikmeter Erdgas notwendig. Damit liegt der Wirkungsgrad heutiger Dampfreformer bei über 80 Prozent bezogen auf den unteren Heizwert des eingesetzten Kraftstoffs.


Die Temperaturen, die für einen Reformierungsprozess notwendig sind, hängen von den verwendeten Kraftstoffen und deren chemischer Struktur ab. Methanol verfügt beispielsweise über eine Dreifach-Bindung zwischen den Kohlenstoff-Atomen und den OH-Molekülen. Diese Struktur ist bereits leicht polarisiert, so dass ein Aufbrechen dieser Bindung lediglich Temperaturen von 300 °C benötigt. Da bei Erdgas kein Sauerstoff-Atom vorhanden ist, ist der Wasserstoff dreifach an den Kohlenstoff gebunden, so dass diese Struktur nicht so stark polarisiert ist und folglich höhere Temperaturen zum Zerteilen notwendig sind (800 °C). Bei Benzin handelt es sich um mehrere Kohlenstoff-Ionen (), deren Verbindung bei 900 °C getrennt werden muss.


ABB. 9: SCHEMA DER DAMPFREFORMIERUNG

Ein Dampfreformer, wie er beispielsweise von der Linde AG in Sachsen betrieben wird, verfügt über eine Nennkapazität von 53.000 Normkubikmeter Rein-Wasserstoff pro Stunde. Seit dem Zubau einer zweiten Stufe stehen mittlerweile zusätzliche 140.000 Normkubikmeter zur Verfügung. Die Verteilung dieses Wasserstoffes geschieht unter anderem über ein Rohrleitungsnetz (100 km) an Großkunden in der Region Leuna/Bitterfeld. Ein Teil des Wasserstoffs wird in einer nachgeschalteten Prozessstufe auf eine Qualität von 99,999 % (Bezeichnung: Wasserstoff 5.0) gereinigt, verdichtet und als Reinst-Wasserstoff per Trailer zu Kunden in ganz Deutschland geliefert.

Es gibt darüber hinaus bereits komplette Anlagen von CarboTech aus Essen, in denen zum Beispiel aus Biogas (Methananteil 60 %) hochreiner Wasserstoff hergestellt wird. In derartigen Anlagen wird erst das Biogas aufbereitet, so dass der CH4-Anteil auf 97 Prozent ansteigt. Dann folgt die eigentliche Reformierung. Anschließend wird über eine nachgeschaltete Druckwechsel-Anlage die im Wasserstoff noch enthaltenen CO- und CO2-Anteil abgespalten. Auf diese Art können bis zu 30.000 Normkubikmeter Wasserstoff pro Stunde mit einer Reinheit von 99,999 Prozent erzeugt werden.


ABB. 10: GROSSTECHNISCHER ERDGAS-REFORMER

Quelle: Linde AG

4.3 Partielle Oxidation

Ein besseres Lastwechsel-Verhalten im Vergleich zur etwas trägen Dampfreformierung weist die partielle Oxidation (POX) auf.

Hierbei werden der Reformereinheit lediglich Erdgas oder ein anderer Kohlenwasserstoff und Sauerstoff zugeführt, aber kein Wasserdampf. Das Erdgas reagiert unter Wärmefreisetzung im Reformer mit dem Sauerstoff (unterstöchiometrisches Verhältnis, d. h. Sauerstoffmangel) zu Wasserstoff, Kohlenstoff-Monoxid und Kohlenstoff-Dioxid bei Temperaturen von ungefähr 1.300 bis 1.400 °C. Die hierbei produzierte Wärme steht direkt der endothermen Reformierungsreaktion des restlichen Erdgases zur Verfügung. Der Wirkungsgrad liegt in etwa bei 70 Prozent.

Dieses Verfahren wird häufig in Raffinerien angewandt, weil dort kostengünstig Reste aus der Mineralölaufbereitung (Schweröl) als Ausgangsmaterial verwendet werden können. Es können durchaus Mengen von über 50.000 Normkubikmeter pro Stunde produziert werden. An der gesamten produzierten H2-Menge hat diese Herstellungsmethode ungefähr einen Anteil von 25 Prozent.

4.4 Autothermer Reformer

Der autotherme Reformer ist aus einer Kombination der Dampfreformierung und der partiellen Oxidation hervorgegangen, wobei er seine benötigte Wärme selber erzeugt, deswegen bekam dieses Verfahren die Bezeichnung „autotherm“.

Durch eine präzise Dosierung der Luftmenge gelingt es bei diesem Verfahren, die ablaufenden Reaktionen so zu steuern, dass die bei der Verbrennung erzeugte Wärme genau der bei der Reformierung benötigten Wärme entspricht. Auf diese Weise kann die energetische Ausbeute wesentlich gesteigert werden. Da die Arbeitstemperatur jedoch oberhalb der des Dampfreformers liegt, entstehen durch die Reaktion mit dem Stickstoff der Umgebungsluft im direkten Vergleich wesentlich mehr Stickstoff-Oxide.

Gegenüber den beiden zuvor benannten Methoden ermöglicht dieses Verfahren einen schnelleren Start und weist generell eine bessere Dynamik auf. Für großtechnische Anwendungen ist dies jedoch gar nicht notwendig. Wegen der aufwändigen und notwendigen Nachreinigung hat sich dieses Verfahren noch nicht weit verbreitet.

Ein Vergleich bezüglich des erzeugten Wasserstoff-Gehaltes bei den drei vorweggegangenen Verstellungsverfahren ergibt folgendes Bild:


TAB. 8: VERGLEICH H2-HERSTELLUNG

4.5 Kværner-Verfahren

Bei diesem Verfahren handelt es sich um die CO2-freie Erzeugung von Wasserstoff und Aktivkohle aus Erdgas oder Schweröl und Elektrizität.

Seit Anfang der achtziger Jahre entwickelt die Kværner Engineering S.A. aus Norwegen einen so genannten Plasmabogen-Prozess, der Kohlenwasserstoff-Verbindungen bei hohen Temperaturen von etwa 1.600 °C in Reinstkohle und Wasserstoff trennt. Für diesen Prozess, bei dem selbst keine nennenswerten Emissionen auftreten, sind neben dem Primärenergieträger (Erdgas, Mineralöl) Kühlwasser und Strom notwendig, jedoch kein Sauerstoff.


Eine seit April 1992 in Norwegen arbeitende Anlage stellt aus Erdgas (1.000 Nm3/h) und Elektrizität (2.100 kWel) etwa 500 Kilogramm Reinstkohle (Aktivkohle) und 2.000 Normkubikmeter Wasserstoff pro Stunde her. Als weiteres Nebenprodukt wird heißer Dampf mit einer Leistung von etwa 1.000 Kilowatt erzeugt. Unter Berücksichtigung aller potentiell verwertbaren Produkte arbeitet die Anlage mit fast 100 Prozent Wirkungsgrad, wovon etwa 48 Prozent im Wasserstoff, etwa 10 Prozent im Heißdampf und die restlichen 40 Prozent in der Aktivkohle enthalten sind. Die Reinheit des Wasserstoffes ist relativ hoch, die Kosten demgegenüber relativ niedrig, und zudem ist die gesamte Anlage sehr flexibel (schnell regelbar).

Sinn macht dieses Verfahren hauptsächlich, wenn genügend Erdgas, aber zu wenig Kohle vorhanden sind und gleichzeitig die Möglichkeit gegeben ist, den Wasserstoff zu speichern oder vor Ort zu verwenden.

4.6 Vergasung

Das Vergasen von festen Kraftstoffen wird bei Temperaturen von 800 bis 2.000 °C und einem Druck von bis zu 40 bar durchgeführt.

Zu den gängigen Vergasungsmethoden zählen:

• die Kohle-Vergasung,

• drucklose Kohlestaub-Vergasung (Koppers-Totzek),

• die Druck-Vergasung im Festbett (Lurgi),

• die Braunkohle-Hochtemperatur-Vergasung (Winkler) sowie

• die Vergasung von Biomasse.

Die Wirkungsgrade dieser Verfahren liegen je nach Ausgangsprodukt bei etwa 55 Prozent.


In letzter Zeit ist speziell das Interesse an der Vergasung von Biomasse stark angestiegen. Weil in diversen Forsten und Holzbetrieben zum Teil große Mengen an Biomasse anfallen, bietet sich diese Methode zur energetischen Nutzung an, so dass in Zukunft mit einem weiter zunehmendem Anteil gerechnet werden kann.

4.7 Biochemische Herstellung

Wie in so vielen Gebieten des täglichen Lebens hat die Natur ebenfalls einen Weg zur Wasserstoff-Herstellung gefunden. Bei der biochemischen Herstellung können beispielsweise Mikroalgen (z. B. Cyanobakterien und einige einzellige Grünalgen) zur Wasserstoff-Produktion dienen. Diese Organismen nutzen bei der Photosynthese die Sonnenenergie, um Kohlenhydrate (z. B. Stärke) aufzubauen, und können darüber hinaus unter bestimmten Bedingungen durchaus auch Wasserstoff erzeugen.

Ein derartiger Vorgang wird durch ein Enzym ermöglicht, das Hydrogenase genannt wird und über einen so genannten Wasserstoff-Metabolismus verfügt. Dieses Enzym kann katalytisch dazu beitragen, aus Elektronen und Protonen gasförmigen, molekularen Wasserstoff herzustellen.

Die dafür notwendigen negativ geladenen Elektronen sowie die positiv geladenen Protonen (H+-Ionen) werden dabei zuvor durch die Photolyse von Wasser im Rahmen einer sauerstoffbildenden (oxygenen) Photosynthese erzeugt.


Die Algen der Familie Chlorophyceae vermehren sich allein durch die Anwesenheit von Licht sowie die Abwesenheit von Sauerstoff (anaerobes Milieu). Dabei findet in den Chloroplasten die eigentliche Photosynthese statt, bei der Lichtenergie in chemische Energie umgewandelt wird, indem Energie freigesetzt und CO2 gebunden wird. Dieser Vorgang erfordert den Transport von Elektronen, die durch die Teilung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff freigesetzt werden. Am Ende der photosynthetischen Reaktionskette werden die freigesetzten Elektronen auf eine organische Verbindung übertragen, so dass die Algenkultur wächst. [Happe, 2002], [Schulz-Friedrich, 2003]

 

Andere Bakterien kommen aufgrund des zu niedrigen Energieniveaus ihrer Photosysteme nicht in Frage. Und auch andere Algen eignen sich nicht, wenn diese keine Hydrogenasen besitzen. Die Hydrogenasen der Grünalgen erzielen bei der H2-Produktion eine sehr hohe Effizienz, weswegen sie sich besonders gut eignen. Sie können bis zu 5.000 Moleküle H2 pro Enzymmolekül und pro Sekunde bilden, allerdings nur im sauerstofffreien Umfeld.

Im Labor konnten auf diese Weise bisher aus einem Liter Algenkultur (clamydomonas reinhartii) 250 Milliliter Wasserstoff pro Tag erzeugt werden, die direkt einer Brennstoffzelle zugeführt werden können. Im Prinzip könnte das ausreichen, um ein Einfamilienhaus mit Energie zu versorgen.

Bisher ist dies jedoch nur Theorie. Die damit beschäftigten Forscher gehen jedoch davon aus, dass eine Produktivitätssteigerung um den Faktor 10 bis 100 innerhalb von drei bis fünf Jahren möglich ist. Innerhalb der vergangenen zwei Jahre hat sich die Ergiebigkeit immerhin schon um den Faktor zwei verbessert.

Auch Purpurbakterien der Art Rhodospirillum Rubrum können gewisse kohlenstoffhaltige Substrate umsetzen und pro Kilogramm Biomasse täglich bis zu 3 Kubikmeter Wasserstoff erzeugen. Was in manchen Waldseen an die Oberfläche steigt, sind dementsprechend nicht nur Methan-, sondern auch Wasserstoff-Blasen.

Die Purpurbakterien leben in den tieferen Schichten der Seen und verarbeiten mit Hilfe des Sonnenlichts die organischen Substanzen, die zu ihnen hinunterschweben. Wenn sie zu viel Nahrung bekommen und zugleich unter Stickstoff-Mangel leiden, geben sie Wasserstoff ab, um das Innere ihrer Zellen im sicheren chemischen Gleichgewicht zu halten.

Der wesentliche Vorteil bei der Nutzung dieses Phänomens gegenüber der elektrochemischen Wasserstoff-Erzeugung ist, dass keinerlei komplizierte und teure Elektrolyse-Apparaturen notwendig sind. Allerdings sind große H2-Mengen so kaum produzierbar.

Es gibt noch einen weiteren Weg, Wasserstoff von Bakterien erzeugen zu lassen. Er kann biochemisch kostengünstig aus Traubenzucker gewonnen werden. Dabei werden nicht mehr die Mikroorganismen selber, sondern nur noch deren Enzyme verwendet. Die Enzyme stammen aus Archaebakterien, die beispielsweise in glimmenden Kohlehalden oder Tiefsee-Vulkanen vorkommen. Bei Temperaturen von etwa 60 °C reagieren die Enzyme in der Traubenzucker-Lösung schnell genug, so dass sich keine schmarotzenden Bakterien breit machen können, dafür aber Wasserstoff entsteht.

Beide Methoden sind zwar realisierbar, haben jedoch innerhalb der letzten Jahre noch nicht den Weg aus dem Labor gefunden. Bis nennenswerte Mengen auf diese Weise produziert werden können, werden voraussichtlich noch Jahre vergehen.

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