Wasserstoff und Brennstoffzellen

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Wasserstoff und Brennstoffzellen
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Wasserstoff und Brennstoffzellen

Die Technik von gestern, heute und morgen

Sven Geitmann und Eva Augsten

Sachbuch

mit 53 farbigen Abbildungen


Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Autors und des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek:

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Weitere Produkte im Hydrogeit Verlag:

Brennstoffzellen im Unterricht ISBN 978-3-937863-49-8

Unterrichtsmaterial über Batterien und Brennstoffzellen ISBN 978-3-937863-40-5

Hydrogen Society ISBN 978-3-937863-31-3

Alternative Kraftstoffe ISBN 978-3-937863-15-3

Erneuerbare Energien ISBN 978-3-937863-14-6

Wasserstoff-CD ISBN 978-3-937863-10-8

Wasserstoff-Autos ISBN 978-3-937863-07-8

ISBN 978-3-937863-53-5

4. komplett überarbeitete und aktualisierte Auflage

© Copyright 2021 Hydrogeit Verlag, 16727 Oberkrämer, Germany

Gesamtes Design (Cover & Buchblock) von Dipl.-Des. Robert Müller

Alle Rechte vorbehalten!

AUTORENVORWORT ZUR 4. AUFLAGE

Diese Ausgabe ist eine Neuauflage des Buches „Wasserstoff und Brennstoffzellen – Die Technik von morgen!“, das zum ersten Mal im Mai 2002 von Sven Geitmann herausgebracht wurde. Die zweite, überarbeitete und erweiterte Auflage erschien 2004 im Hydrogeit Verlag, die dritte 2012, damals unter dem Titel „Energiewende 3.0 – Mit Wasserstoff und Brennstoffzellen“.

Seitdem haben sich Technik, Markt und Politik rasant verändert. Damals musste man die Dringlichkeit einer Energiewende noch ausdrücklich betonen. Wasserstoff war noch ein Nischenthema. Heute sind Klimawandel und Energiewende in vollem Gange und praktisch täglich Thema in den Medien. Wasserstoff ist inzwischen ganz oben auf der politischen Agenda angekommen und soll jetzt – quasi als neues Wundermittel – das Klima wie auch den Wirtschaftsstandort Deutschland retten.

Dieses Buch ist bewusst leicht verständlich gehalten. Es ist nicht primär als Fachlektüre gedacht, sondern richtet sich vielmehr an eine technikinteressierte Leserschaft, an SchülerInnen und StudentInnen, an TechnikerInnen und UnternehmerInnen, an Auszubildende und LehrerInnen sowie EntscheidungsträgerInnen aus Politik und Gesellschaft. Zugunsten der einfacheren Lesbarkeit wurde im Fließtext auf Quellenangaben verzichtet, stattdessen verfügt das Buch über ein umfangreiches Literaturverzeichnis.

Die letzten Auflagen wurden grundlegend überarbeitet: Aktuelle Entwicklungen wurden ergänzt, Überholtes entfernt. Neben den jüngsten Trends vermittelt dieses Buch – wie schon seine Vorgänger – die grundlegenden physikalischen Zusammenhänge, denn diese gelten ja bei allem Wandel nach wie vor.

Viel Spaß bei der Lektüre wünschen

Sven Geitmann und Eva Augsten

VORWORT

Rund 3,5 Grad Celsius betrug der mittlere weltweite Temperaturanstieg zwischen der letzten Eiszeit 20.000 v. Chr. und dem Jahr 1900. Seitdem ist die Temperatur durch den vom Menschen gemachten Klimawandel bereits um ein weiteres Grad angestiegen. Wollen wir dem Pariser Klimaschutzabkommen gerecht werden, katastrophale Folgen des Klimawandels abwenden und dazu die globale Erwärmung möglichst auf 1,5 Grad Celsius begrenzen, muss unsere Energieversorgung spätestens im Jahr 2040 vollständig auf erneuerbaren Energien basieren.

In Deutschland werden das im Wesentlichen Photovoltaik und Windkraft sein, deren Erzeugung starken Fluktuationen unterworfen ist. Die Bedeutung von Speichern wird darum schon sehr bald wachsen: Eine Erhöhung des Speicherbedarfs in Deutschland um den Faktor 1.000, bedingt durch die Energiewende, ist durchaus realistisch. Herkömmliche Speicheroptionen wie Pumpspeicher stoßen hier schnell an ihre Kapazitätsgrenzen. Wollen wir diesen enormen Speicherbedarf in Deutschland decken, werden wir an einer Technologie nicht vorbeikommen: Power-to-Gas. Untertage-Gasspeicher sind problemlos in der Lage, die nötigen Speicherkapazitäten für Gase wie Wasserstoff oder Methan bereitzustellen, die aus Überschussstrom aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. Die heute vorhandenen Gasspeicher sind bereits so groß, dass man damit viele Wochen die deutsche Stromversorgung sicherstellen könnte. So wichtig die Power-to-Gas-Technologie auch sein wird, ein Allheilmittel ist sie allerdings nicht. Bei der Gaserzeugung und der Rückverstromung entstehen große Verluste. Darum muss anderen effizienteren Technologien wie Batteriespeichern für die Kurzzeitspeicherung oder die Elektromobilität, Oberleitungen für den Güterverkehr und Wärmepumpen für die Heizung der Vorzug gegeben werden. Kleinere Verluste bedeuten nämlich auch einen geringen Bedarf an Solaranlagen und Windrädern.


Quelle: Janine Escher

Die Energiewende wird sicher nicht an technologischen oder ökonomischen Fragen scheitern. Aber die nötige Akzeptanz für die Aufstellung neuer Windräder ist heute schon ein Problem. Es gibt aber auch viele Anwendungen, bei denen effizientere Systeme an ihre Grenzen stoßen: Für die saisonale Speicherung von Strom, die Dekarbonisierung des Flug- und Schiffsverkehrs, die Bereitstellung des Treibstoffbedarfs für Fern- und Vielfahrer oder Heizungssysteme im Gebäudebestand mit hohem Temperaturniveau ist der Power-to-Gas-Pfad die Alternative für die Energiewende. Obwohl die Lösungen für die Energiewende im Wesentlichen bekannt sind und eigentlich nur noch umgesetzt werden müssen, findet die Energiewende heute nicht einmal ansatzweise in dem für den Klimaschutz benötigten Tempo statt. Für viele Menschen haben diese Themen nicht die größte Priorität, und die Politik hat offensichtlich die Herausforderungen der Energiewende und des Klimaschutzes noch nicht richtig verstanden. Darum hat die Aufklärung über den Themenkomplex und die Vermittlung von Hintergrundwissen eine sehr große Bedeutung. Die bisherigen Auflagen dieses Buches und die Arbeit des Hydrogeit-Verlags zu den Themen Wasserstoff und Brennstoffzellen haben dazu in den vergangenen Jahren einen wichtigen Beitrag geleistet. Der Neuauflage des Buchs und den Autoren wünsche ich auch weiterhin viel Erfolg.

Prof. Dr. Volker Quaschning

Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin

Berlin, 2021

INHALT

Cover

Titel

Impressum

1 Einleitung: Rettet Wasserstoff das Klima?

2 Energieversorgung von der Steinzeit bis heute

2.1 Der Energiebedarf wächst

2.2 Heutige Energiequellen

2.2.1 Primärenergie: Bedarf und Quellen

2.2.2 Strom: Musterkind der Energiewende

2.2.3 Wärme: Seit Jahrzehnten kaum Bewegung

2.2.4 Mobilität: Verkehrswende kommt in Sicht

2.2.5 Sektorenkopplung: Alle zusammen statt jeder für sich

2.3 Grenzen der heutigen Energieversorgung

 

2.3.1 Treibhausgase und Klimawandel

2.3.2 Die Endlichkeit fossiler Brennstoffe

2.3.3 Schadstoffe und andere Umweltbelastungen

2.4 Ausweg Atomenergie?

2.5 Das richtige Timing: Speicher und Lastmanagement

2.6 Zukunftsszenarien für die Energiewende

2.7 Der Beginn der solaren Wasserstoffwirtschaft

2.8 Die Nationale Wasserstoffstrategie

3 Wasserstoff und seine Eigenschaften

3.1 Eigenschaften

3.1.1 H2-Konfiguration

3.1.2 Wasserstoff im Vergleich zu konventionellen Kraftstoffen

3.2 Wasserstoff und Sicherheit

3.2.1 Knallgasreaktion

3.2.2 Materialwechselwirkungen

4 Gewinnung von Wasserstoff

4.1 Zukünftiger Wasserstoffbedarf

4.2 Herstellungsprozesse im Überblick

4.2.1 Die Elektrolyse: Hoffnungsträger für grünen Wasserstoff

4.2.2 Reformierung von Kohlenwasserstoffen

4.2.3 Pyrolytische Prozesse auf Basis fester Kohlenwasserstoffe

4.2.4 Methanpyrolyse: Ein Traum in türkis

4.2.5 Kværner-Verfahren

4.2.6 Mikrobiologische Herstellung: Von Natur aus grün

4.2.7 Dissoziation: Wasserstoff aus dem Solarturm

4.2.8 Methanhydrat: Wasserstoff aus der Tiefsee?

4.3 Reinigung

4.3.1 Anforderungen an die Reinheit

4.3.2 Wichtige Reinigungsverfahren im Überblick

4.4 Herstellungskosten

5 Speicherung von Wasserstoff

5.1 Gasdruckbehälter

5.2 Kryogenbehälter

5.3 Metallhydrid

5.4 Nanoröhrchen

5.5 Flüssige Wasserstoffträger: Carbazol & Co

5.6 Unterirdische Kavernen

5.7 Einspeisung ins Gasnetz: Beimischung

5.8 Einspeisung ins Gasnetz: Methanisierung

6 Transport

6.1 Gastransport mit Fahrzeugen

6.2 Flüssigtransport per Lkw, Bahn oder Schiff

6.3 Pipelines

7 Tankstellen-Infrastruktur

7.1 Aufbau eines Tankstellennetzes

7.2 Belieferung der Tankstellen

7.3 Fahrzeugbetankung

7.3.1 Betankung mit gasförmigem Wasserstoff

7.3.2 Betankung mit flüssigem Wasserstoff

8 Sicherheit

8.1 Vorsichtsmaßnahmen

8.1.1 Brand- und Explosionsverhalten

8.1.2 Maßnahmen im Brandfall

8.1.3 Atemwege und Hautkontakt

8.2 Unfallszenarien und Lerneffekte

8.2.1 Lkw-Unfälle

8.2.2 Pkw-Brandversuche

8.2.3 Lachenbildung und Verdampfung

9 Brennstoffzelle

9.1 Grundsätzliche Funktionsweise

9.2 Effizienz von Brennstoffzellen

9.3 Typen von Brennstoffzellen

9.3.1 PEM-Brennstoffzelle

9.3.2 Alkalische Brennstoffzelle (AFC)

9.3.3 Direkt-Methanol-Brennstoffzelle (DMFC)

9.3.4 Phosphorsäure-Brennstoffzelle (PAFC)

9.3.5 Schmelzkarbonat-Brennstoffzelle (MCFC)

9.3.6 Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC)

9.3.7 Festsäure-Brennstoffzelle (SAFC)

9.3.8 Mikrobielle Brennstoffzelle

9.4 Brennstoffe – alternative Energieträger

9.4.1 Erdgas und biogenes Methan

9.4.2 Flüssiggas

9.4.3Biogas, Klärgas & Co.

9.4.4 Methanol

9.5 Kosten von Brennstoffzellen

 

9.6 Chancen und Herausforderungen

10 Einsatzgebiete

10.1 Mikro und Mini

10.2 Portable Einheiten

10.3 Back-up-Systeme und Offgrid-Anwendungen

10.4 Hausenergieversorgung

10.5 Kraftwerksbetrieb

10.6 Fahrzeuge

10.6.1 Pkw

10.6.2 Lkw

10.6.3 Busse

10.7 Luftfahrt

10.8 Raumfahrt

10.9 Schifffahrt

11 Wasserstoffmotor

11.1 Funktion des Wasserstoffmotors

11.2 Eigenschaften des Wasserstoffmotors

11.3 Herausforderungen bei H2-Motoren

11.4 Umweltbilanz

11.5 Autos mit H2-Motor

12 Wasserstoff für die Industrie

13 Katalytischer Brenner

14 Kosten der Wasserstofftechnologien

15 Fazit und Ausblick

16 Anhang

16.1 Abkürzungen

16.2 Einheiten/Formelzeichen

16.3 Elemente

16.4 Geschichte

16.5 Umrechnungstabelle Wasserstoff

16.6 Kennwerttabelle

16.7 LH2-Sicherheitsmaßnahmen

Literatur

Index

Autoren


1 EINLEITUNG: RETTET WASSERSTOFF DAS KLIMA?

Die Sonne scheint und scheint. Die Vision, diese schier endlos anmutende Energiequelle zu nutzen und mithilfe des Energieträgers Wasserstoff zu speichern, ist schon viele Jahrzehnte alt. Dennoch wurde sie meist als utopisch angesehen. Sowohl die Solar- als auch die Wasserstofftechnologie waren zu teuer, fossile Brennstoffe dagegen billig und scheinbar unbegrenzt verfügbar.

Inzwischen aber hat sich der Wind gedreht: Solarenergie ist an vielen Orten der Welt die preiswerteste Art, Strom zu erzeugen. Die Wasserstofftechnik steht an der Schwelle zum Markt. Und der Klimawandel ist mittlerweile so unübersehbar, dass selbst zahlreiche Vertreter der fossilen Energiewirtschaft einräumen: So wie bisher kann es nicht weitergehen.

Wasserstoff, schon oft als Hoffnungsträger gehandelt, erlebt einen neuen Frühling, getrieben von klimawissenschaftlicher Notwendigkeit, technischem Fortschritt, wirtschaftlichem Wettbewerb und politischem Willen. Der weltweit agierende Hydrogen Council erlangt immer mehr Gewicht, und im Sommer 2020 präsentierte die deutsche Bundesregierung eine Nationale Wasserstoffstrategie.

Wasserstoff ist das am meisten vorkommende Element im Universum. Das Gas verfügt über einen hohen Heizwert und verbrennt mit Sauerstoff zu nichts anderem als Wasser. Es ist extrem leicht und wird bereits seit mehr als 100 Jahren als Industriegas verwendet. Aber genügen diese Eigenschaften, um Wasserstoff zur Schlüsseltechnologie der Energiewende und zum Kraftstoff der Zukunft zu machen?

Die Anforderungen an unser künftiges Energiesystem sind mittlerweile recht klar umrissen. Die konventionelle Energieerzeugung sowie Fahrzeugtechnologien einfach nur zu optimieren und effizienter zu machen, reicht als Lösung nicht aus und kann eine wirklich nachhaltige und klimafreundliche Energieversorgung nicht gewährleisten. Die Verbrennung von fossilen Kohlenwasserstoffen muss möglichst schnell ein Ende finden, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einhalten zu können. Vor allem Sonne und Wind sollen die Säulen einer künftigen Energiewirtschaft sein.

Das hat verschiedene Konsequenzen. Da Sonne und Wind sich nicht steuern lassen, werden Energiespeicher aller Art wichtiger als je zuvor. Die sich rasant entwickelnde Batterietechnik kann in Zukunft dafür sorgen, dass selbst bei einer nächtlichen Flaute das Licht nicht ausgeht. Doch was noch fehlt, ist ein Verfahren, das es ermöglicht, Sonnen- und Windenergie auch über Wochen und Monate hinweg zu speichern und dann bei Bedarf für verschiedene Zwecke nutzbar zu machen. Als Speicher und als Kraftstoff spielt Wasserstoff daher in praktisch allen wissenschaftlichen Energiewendeszenarien eine zentrale Rolle.

Mit der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) will die Bundesregierung nicht nur beim Klimaschutz vorankommen, sondern vor allem die wirtschaftliche Chance nutzen, die der Wasserstoff bietet. In den letzten Jahrzehnten hat Deutschland mehrere Milliarden Euro in die Entwicklung der Wasserstofftechnik investiert und sich eine gute Ausgangsposition im Rennen um die besten Technologien erarbeitet. Die soll nun genutzt werden.

Eine Aufgabe ist es dabei, die Brennstoffzelle so schnell wie möglich massentauglich zu machen. Ihre Funktionsweise basiert auf einem Prinzip, das bereits 1839 entdeckt, dann aber nicht mit sonderlich viel Vehemenz weiterentwickelt wurde. Das lässt sich durch die dominante Stellung des Verbrennungsmotors erklären, der bis Anfang des neuen Jahrtausends nie ernsthaft infrage gestellt wurde. Kohle und Öl waren einfach zu praktisch.

Die Brennstoffzelle ist im direkten Vergleich dazu jedoch effizienter, sauberer und leichter. Dies hat sie bereits in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts bei zahlreichen Einsätzen in der Raumfahrt bewiesen. Aber obwohl an dieser Technologie schon seit zig Jahren mehr oder minder intensiv geforscht wird (s. Kap. 16.4: Geschichte), wurde erst in den 1980er Jahren erstmals ernsthaft darüber nachgedacht, Wasserstoff als Kraftstoff zu verwenden. Entscheidend war damals – in Zeiten des aufkeimenden Umweltschutzes – der ökologische Aspekt.

Nach den ersten Anläufen entwickelte sich Ende der 1990er Jahre ein regelrechter Hype um diese Technologie. Da die technische Umsetzung jedoch nicht so zügig erfolgte wie zunächst erwartet, nahm das Interesse schnell wieder ab. Mitte des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts folgte dann die nächste Welle der Euphorie. Diese verebbte jedoch, als 2009 das Thema Elektromobilität mit den rein batteriebetriebenen Fahrzeugen in den Fokus rückte.

Heute, da Strom aus Wind- und Solarenergie immer billiger wird und der Klimaschutz immer dringlicher, erleben Wasserstoff und Brennstoffzellen einen neuen Frühling. Die Preise für die entsprechenden Technologien sind deutlich gesunken, und Szenarien zeigen, dass noch in diesem Jahrzehnt grüner Wasserstoff und effiziente Brennstoffzellen in mehreren Bereichen konkurrenzfähig werden könnten (s. Kap. 14: Kosten der Wasserstofftechnologien). Der Einstieg in die Erneuerbare-Energien-Technik war Ende des zwanzigsten Jahrhunderts sozusagen die Energiewende 1.0. In den nächsten Stufen ging es darum, wie man Wind- und Solarstrom ins bestehende System integrieren könnte. Dann kamen Energiespeicher hinzu. Als Nächstes steht die „Energiewende 4.0“ an. Das Energiesystem muss völlig neu gedacht werden. Die Sektoren Strom, Wärme und Mobilität stehen nicht mehr einfach nebeneinander, sondern verschmelzen zukünftig miteinander. Klassische, zentrale Grundlastkraftwerke wird es immer weniger geben. An ihre Stelle treten dezentrale und vernetzte Technologien. Präzise Prognosen für Wind- und Solarstrom, effiziente Speicher, die Kopplung der Sektoren und flexible Verbraucher werden dafür sorgen, dass auch das neue System zuverlässig arbeiten wird. Forschungs- und Schaufensterprojekte wie die „Norddeutsche Energiewende 4.0“ zeigen, wie das gehen kann.

Ökostrom, der gerade nicht direkt genutzt oder in Batterien kurzzeitig gespeichert wird, kann in Wasserstoff umgewandelt werden, der anschließend vielseitig nutzbar ist – als Kraftstoff, für die dezentrale Strom- und Wärmeerzeugung mit Brennstoffzellenheizungen oder als Rohstoff für die Industrie.

Die technische Entwicklung der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik ist in den vergangenen Jahren weit vorangekommen. Wo vor Kurzem noch geforscht wurde, wird jetzt die praktische Umsetzung vorangetrieben.

Dieses Buch erklärt die Grundlagen und zeichnet dabei auch die Ursprünge der Technologie nach: Welche Vor- und Nachteile hat Wasserstoff? Wie wurde er bisher gewonnen und genutzt – und wie wird er in Zukunft hergestellt und eingesetzt? Wie lässt sich Wasserstoff sicher handhaben, speichern und transportieren? Wie kann er vom Grundstoff für die Chemieindustrie zur Schlüsseltechnologie für die Energiewende werden?

Viele Fragen. Freuen Sie sich auf die Antworten!