Wasserstoff und Brennstoffzellen

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2.4.2 Nichtlimitierte Emissionen

Schwefel-Dioxid (SO2): SO2 ist ein farbloses, stechend riechendes Gas. Es entsteht überwiegend als unerwünschtes Nebenprodukt bei der Verbrennung schwefelhaltiger, fossiler Energieträger wie Kohle oder Öl. Reagiert Schwefel-Dioxid mit dem in der Atmosphäre enthaltenen Wasserdampf, entsteht schwefelige Säure (H2SO3), die zur Bildung von saurem Regen führt, der für das Waldsterben mitverantwortlich ist.

Kohlenstoff-Dioxid (CO2): Farbloses, nicht brennbares, geruchloses und ungiftiges Gas, das mit etwa 0,03 Prozent natürlicher Bestandteil der Erdatmosphäre ist.

Polyzyklische, aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH): Einige besitzen karzinogene und auch mutagene Eigenschaften (Krebs und Mutationen auslösend).

Benzol, Toluol, Xylol (BTX): leicht flüchtige, aromatische Einzelkohlenwasserstoffe in ringförmiger chemischer Anordnung, Benzinbestandteile. Benzol gilt als krebserzeugend, Toluol kann in erhöhter Konzentration Schleimhautreizungen, Störungen des Nervensystems sowie Schädigungen an Leber, Niere und Gehirnzellen verursachen.

Formaldehyd (HCHO oder CH2O): wasserlösliches, sehr reaktionsfreudiges, säuerlich-stechend riechendes, farbloses Gas, karzinogen. Es gehört zur Gruppe der Aldehyde und kommt meist in 35%iger wässriger Lösung als Formalin in den Handel. Es entsteht als Nebenprodukt bei fast allen Verbrennungsprozessen.

2.4.3 Schadstofffreisetzung

Je nach Energiewandler und Einsatzgebiet werden unterschiedliche Energieträger verwendet. Folglich unterscheiden sich dementsprechend auch die Menge sowie die Zusammensetzung der Emissionen (Abb. 4).

Für den Straßenverkehr werden vorrangig Otto- und Diesel-Motoren eingesetzt, die Benzin beziehungsweise Dieselöl verbrauchen. In Kraftwerken können je nach Bauart Braun- oder Steinkohle, Erdgas und auch Erdöl in großen Turbinen verfeuert werden. In der Industrie kommt es zu einer Ansammlung verschiedener Energiewandlungsprozesse, während es in privaten Haushalten entweder Kohleöfen gibt oder Brennkessel, die bisher meist mit Öl und inzwischen zunehmend mehr mit Gas befeuert werden.

ABB. 4: EMISSIONEN IN UNTERSCHIEDLICHEN WIRTSCHAFTSZWEIGEN

Emissionen unterteilt nach Sektoren in Deutschland.

Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft

Im gesamten Verkehrssektor (Straßen-, Schienen-, Wasser- und Luftverkehr) werden über 60 Prozent der NOx-Emissionen abgegeben. Etwa 20 Prozent werden in Kraftwerken erzeugt und weitere 10 Prozent entstehen durch Industriefeuerung. Der Verkehr ist darüber hinaus für über 55 Prozent der CO-Emissionen verantwortlich.


Etwas mehr als 20 Prozent Kohlenstoff-Monoxid emittieren die privaten Haushalte und etwas weniger als 20 Prozent die Industrie. Mehr als ein Drittel aller Kohlenstoff-Dioxid-Emissionen wird in Kraftwerken erzeugt und jeweils ein Sechstel im Straßenverkehr, in den Haushalten und durch die Industriefeuerung.

2.5 Kohlenstoff-Dioxid

Beim Thema Kohlenstoff-Dioxid gehen die Meinungen auseinander, ob diese Substanz als Schadstoff angesehen wird, als Treibhaus-Gas oder lediglich als ganz natürliches Umweltgas.

Kohlenstoff-Dioxid (CO2) ist ein ungiftiges Gas und natürlicher Bestandteil der Erd-Atmosphäre. Für die Pflanzenwelt ist es unverzichtbar. Es wird von den Pflanzen bei der Photosynthese in energiereichere Kohlenhydrate umgewandelt, wobei Sauerstoff frei wird. Für diesen Vorgang sind lediglich Sonnenenergie und Wasser notwendig. Der auf diese Weise produzierte Sauerstoff bildet die Lebensgrundlage für alle Säugetiere (inkl. Mensch).

Die außerdem bei der Photosynthese erzeugten Kohlenhydrate werden von tierischen Organismen bei deren Stoffwechsel aufgenommen (Pflanzenfresser essen Grünzeug). Während des Verdauungsvorganges werden die Pflanzen wieder zu CO2 und Wasser abgebaut und anschließend über die Atmung an die Außenluft abgegeben beziehungsweise in Biomasse umgewandelt.

Somit schließt sich ein Kreislauf, in dem Kohlenstoff-Dioxid nichts weiter ist als ein lebensnotwendiges Umweltgas.

Kohlenstoff-Dioxid hat jedoch auch Auswirkungen auf das Klima und wird in diesem Zusammenhang als Klimagas bezeichnet: Die Erd-Atmosphäre ist weitestgehend durchlässig für einfallendes, sichtbares Sonnenlicht. Die Rückstrahlung von langwelliger Infrarot-Strahlung wird hingegen teilweise verhindert. Dafür sind verschiedene Klimagase verantwortlich, von denen Wasserdampf in hohen Luftschichten den größten Einfluss hat.


TAB. 5: WIRKPOTENTIAL VERSCHIEDENER KLIMAGASE


Damit verhält sich die Atmosphäre ähnlich wie das Glasdach eines Treibhauses, woher dieses Phänomen auch seinen Namen bekommen hat. Diese natürliche Eigenschaft der Erd-Atmosphäre hebt die durchschnittliche Temperatur der Erdoberfläche um etwa 30 °C. Ohne diese Eigenschaft wäre es also um einiges kälter auf diesem Planeten.

Wird allerdings heute von „Treibhaus-Effekt“ gesprochen, ist eine weitergehende Erwärmung gemeint, die der Konzentrationszunahme von Kohlenstoff-Dioxid, Methan, FCKW, Distickstoff-Oxid sowie anderen Spurengasen zugeschrieben wird. Einige Klimamodelle sagen in den nächsten 50 Jahren eine globale Temperaturerhöhung um 1,5 bis 4,5 °C voraus.

Seit dem Klimagipfel in Rio de Janeiro im Jahr 1992 diskutieren die Teilnehmer-Staaten über ein gemeinsames Vorgehen, um eine menschengemachte Temperaturerhöhung und fortschreitende Klimaveränderung einzudämmen. Nachdem es damals neben wichtigen verabschiedeten Dokumenten (Agenda 21) noch keine konkreten Vereinbarungen gegeben hatte, einigten sich im Jahr 1997 insgesamt 160 Staaten in der japanischen Stadt Kyoto auf eine Verringerung ihres Schadstoff-Ausstoßes. Die Industrieländer verpflichteten sich, ihre Emissionen an Kohlenstoff-Dioxid und Treibhaus-Gasen bis zum Zeitraum 2008 bis 2012 um 5 Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 zu senken. Von dieser Vereinbarung distanzierten sich jedoch die Vereinigten Staaten.

Im Sommer 2001 wurde in Bonn ein weiterer Versuch unternommen, das so genannte Kyoto-Protokoll dennoch in Kraft treten zu lassen. Dies gelang unter erheblichen Zugeständnissen, allerdings ohne die Beteiligung der USA.

Die Europäische Union hat im Rahmen dieser Vereinbarung zugesichert, ihre Emissionen zukünftig um 8 Prozent zu reduzieren. Wegen der unterschiedlichen Lastverteilung innerhalb der EU wird die Bundesrepublik 21 Prozent beisteuern, während anderen europäischen Ländern ein Anstieg ihrer Zahlen zugestanden wurde. Mittelfristig (bis zum Jahr 2020) ist eine Emissionsreduktion von 20 bis 40 Prozent angepeilt, langfristig (bis 2040) von 70 Prozent.

ABB. 5: CO2-EMISSIONEN

Kohlenstoff-Dioxid-Emissionen weltweit

[Born, 2001]

Bis zum Jahr 2001 war es noch so, dass fast alle Länder eher mehr als weniger Kohlenstoff-Dioxid emittierten. Dass Russland scheinbar eine löbliche Ausnahme bildete (s. Abb. 5), lag vorrangig am Zusammenbruch der Industrie nach dem Zerfall der Sowjetunion, von dem sich die dortige Wirtschaft noch nicht wieder erholt hatte. Speziell die Vereinigten Staaten von Amerika, die für einen Großteil des CO2-Ausstoßes verantwortlich sind, steigern sogar ihren Anteil und signalisieren nach wie vor kein Einlenken, aus Angst vor Einbußen für die eigene Wirtschaft.

2.6 Ausstieg aus der Atomenergie

Bei der Atomenergie gibt es zwar keine direkten Schadstoff-Emissionen wie bei fossiler Energie. Demgegenüber ist jedoch die Gefährdung während und nach der Nutzung von Kernbrennstoffen so groß, dass der Bundestag den Ausstieg aus dieser Technologie beschlossen hat.

Die Abwendung von der Atomenergie ist in Europa bereits seit einiger Zeit im Gange. Von den damaligen EU-Mitgliedsländern haben fünf von Anfang an auf Kernenergie verzichtet. Zwei Länder (Österreich und Italien) haben den Einstieg in diese Technologie wieder abgebrochen und in drei Ländern (Niederlande, Belgien und Schweden) ist der Ausstieg beschlossene Sache. [Jänicke, 2002]. Diese Umorientierung hat gute Gründe:

1. Die Wettbewerbsfähigkeit einer nuklear erzeugten Kilowattstunde ist deutlich geringer als lange Zeit angenommen wurde.

2. Die Endlagerung des Atommülls ist nach wie vor ungeklärt.

3. Es besteht eine latente Unfallgefahr speziell von veralteten Anlagen.

4. Es besteht die Gefahr von Attentaten auf Kraftwerke und Castor-Transporte.

 

5. Es bestehen erhebliche Akzeptanzprobleme in der Bevölkerung.

Trotz dieser gewichtigen Probleme ist bisher geplant, bis zum Jahr 2005 in Deutschland lediglich zwei Atomkraftwerke abzuschalten (nach Stade könnte Obrigheim folgen). Da es jedoch bereits heute erhebliche Schwierigkeiten bei der Lagerung des täglich neu entstehenden Atommülls gibt, sollten so früh wie möglich auch die restlichen Meiler vom Netz genommen werden.

Der Ausstieg aus der Atomenergie und die gleichzeitige Verwirklichung der Klimaschutzziele ist dabei kein Widerspruch, wenngleich Atomenergie-Befürworter den Nuklearstrom als schadstofffreie Energie propagieren, ohne die das Kyoto-Protokoll nicht erfüllt werden könne. Angesichts erheblicher Überkapazitäten und wachsender Anteile der erneuerbaren Energien sind Kapazitätsengpässe auf dem Strommarkt nicht zu erwarten. Es ist demnach nicht zu befürchten, dass beim Verzicht auf Atomstrom stattdessen veraltete Kohlekraftwerke die Luft verpesten oder die Lichter ausgehen könnten. [Jänicke, 2002]

Mitte der 1960er Jahre konnte die Kernenergie-Branche einen großen Aufschwung verzeichnen. Der damalige Anstieg des Jahresenergieertrages war jedoch nicht so hoch wie bei der Windenergie, die in den 1990er Jahren ihre Anfänge hatte (s. Abb. 6). Trotz relativ windarmer Jahre kann die Windbranche in ihren ersten 11 Jahren eine bessere Entwicklung vorweisen als die Atomindustrie.

ABB. 6: QUALITATIVER VERGLEICH DER ERSTEN 11 JAHRE KOMMERZIELLER NUTZUNG

Vergleich: Atomstrom – Windenergie

Quelle: Enercon

2.7 Entwicklung

Bei der Analyse der vorweggegangenen Verbrauchs- und Schadstoff-Daten kommt man nicht umhin zu fragen, wie die weitere energiewirtschaftliche Entwicklung aussehen wird. Dazu hier ein kurzer Ausblick.

Der weltweite Energiebedarf wird weiter steigen. Wissenschaftler erwarten, dass er bis 2015 gegenüber dem Referenzjahr 1995 um über 50 Prozent zunehmen wird. Wenn keine radikale Trendwende eintritt, wird der überwiegende Anteil davon nach wie vor durch die Verbrennung fossiler Energieträger gedeckt werden.

Damit verbunden wäre:

• eine weitere Reduzierung der natürlichen Vorkommen fossiler Energieträger,

• eine weitere Zunahme der Umweltbelastung und

• eine weitere globale Klimaerwärmung.

Um diese Entwicklung zu umgehen oder zumindest zu verzögern hat sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, den Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch zu steigern. Von 2,1 Prozent im Jahr 2000 soll deren Anteil auf 4,2 Prozent im Jahr 2010 verdoppelt werden. Bei der Stromproduktion soll der Anteil von 6,25 Prozent (2000) auf 12,5 Prozent (2010) und bis 2020 auf mehr als 20 Prozent erhöht werden. Nach den heute vorliegenden Zahlen kann dieses Vorhaben durchaus als ein realistisches eingeschätzt werden.

In einem Zukunftsszenario, das „Die Grünen“ im Jahr 2002 vorstellten, würde der Windenergie im Jahr 2020 mit etwa 45 Prozent der größte Anteil unter den erneuerbaren Energien zukommen. An zweiter Stelle könnte dann Biomasse liegen. Von 4 Prozent im Jahr 2002 wird sie nach dieser Einschätzung auf rund 26 Prozent ansteigen. Wasserkraft würde auf die dritte Stelle zurückfallen (von 62 Prozent auf 21 Prozent). Demgegenüber könnte der Anteil von Photovoltaik von 0,2 Prozent auf 3,4 Prozent zunehmen.

Im Wärmebereich werden sich dieser Einschätzung nach die erneuerbaren Energien etwas langsamer durchsetzen. Bis 2020 ist hier ein Anteil von rund 12 Prozent zu erwarten. Davon wird die Biomasse rund drei Viertel ausmachen, den Rest werden Solarkollektoren liefern. [Trittin, 2002]

Eine etwas nüchternere Sichtweise hat die von der bundesdeutschen Regierung beauftragte Enquete-Kommission in ihrem Energiebericht festgehalten, ohne allerdings konkrete Zahlen zu nennen:

„Die regenerativen Energiequellen mit ihren direkten und indirekten Nutzungsmöglichkeiten sind aus technischer Sicht grundsätzlich in der Lage, alle heute und in Zukunft benötigten Sekundärenergieträger beziehungsweise Nutzenergieformen bereitzustellen. Von den 3 regenerativen Energiequellen solare Strahlung, Geothermie und Gezeitenkraft weist die Sonnenenergie bei weitem das größte Potenzial auf.“ [Enquete-Kommission, 2002]

Die Bedeutung der regenerativen Energieerzeugung für die Zukunft ist demnach sowohl auf deutscher als auch auf europäischer Ebene erkannt worden. Das liegt nicht zuletzt daran, dass mittlerweile auch die Wirtschaft maßgeblich von dieser Entwicklung profitiert. Um 20 Prozent ist der Gesamtumsatz dieser Branche allein von 2000 auf 2001 gewachsen, und zwar auf rund 8,2 Mrd. Euro. Die einzelnen Sparten haben dabei Anteile wie in Tabelle 6 zu sehen sind.

Auch die Zahl der Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien ist deutlich gestiegen. Heute sind etwa 135.000 Menschen in diesem Wirtschaftszweig beschäftigt (Stand: Frühjahr 2004).

Diese Beschäftigungszahlen (s. Abb. 7) umfassen direkte und indirekte Arbeitsplätze einschließlich vorgelagerter Produktionsketten, Planung, Wartung usw. Allein im Bereich der Windkraft gibt es rund 40.000 Arbeitsplätze, im Bereich der Biomasse circa 50.000 und bei der Solarenergie (Strom und Wärme) rund 18.000.

TAB. 6: BRANCHENUMSATZ 2001


Im Weißbuch für Erneuerbare Energien wird von Seiten der EU bis 2010 mit 500.000 bis 900.000 Arbeitsplätzen gerechnet.

ABB. 7: VERGLEICH DER ARBEITSPLÄTZE IM ENERGIESEKTOR 2002

Quelle: Jahrbuch EEG 2002/03, u.a.

Diese Entwicklung wird voraussichtlich noch weiter anhalten. Sowohl der Umsatz in diesem Bereich als auch die Anzahl der Arbeitskräfte wird weiter steigen, so dass diese Branche zunehmend mehr an wirtschaftlicher Bedeutung gewinnen wird.

Damit auch die Umweltbilanz möglichst zügig an dieser Entwicklung partizipieren kann, bieten sich bei der Energieversorgungs- und Fahrzeugtechnik für eine kurz- und mittelfristige Schadstoffreduzierung zwei Wege an:

1. Die eine Variante ist die weitere Optimierung bereits vorhandener Techniken. Dies wäre der Versuch, im Prinzip voll ausgereifte Technologien, die mittlerweile über 100 Jahre an Entwicklung hinter sich haben, so zu verbessern, dass die Effizienz noch weiter steigt und im Gegenzug die Emissionen noch weiter sinken. Dies bringt jedoch gewisse Schwierigkeiten mit sich, weil die Potentiale schon weitgehend ausgereizt sind. Die Motoren- und Anlagen-Technik stößt bereits jetzt an Grenzen, so dass eine weitere Anhebung der Wirkungsgrade nur noch geringfügig möglich ist.

2. Die andere Variante ist die verstärkte Nutzung von bisher noch nicht vollständig etablierten Energieträgern wie zum Beispiel Biodiesel, Rapsöl, Erdgas, Flüssiggas und Methanol. Die Technik für derartige Kraftstoffe ist vorhanden, aber noch nicht so weit ausgereift wie bei Benzin und Dieselöl. Es bietet sich aber die Möglichkeit, mit sofortiger Wirkung den Schadstoff-Ausstoß zu verringern, weil selbst Erdgas umweltschonender verbrennt als Erdöl. Darüber hinaus können auf diesem Weg die Mineralölvorkommen geschont werden, damit diese noch möglichst lange für andere (sinnvollere) Zwecke genutzt werden können. Die Europäische Kommission hat in diesem Zusammenhang das Ziel herausgegeben, bis 2020 mindestens 20 Prozent der Brennstoffe im Straßenverkehrssektor durch alternative Kraftstoffe zu substituieren, und von Seiten der Mineralölkonzerne wird bereits in Langzeit-Szenarios eingeplant, dass die erneuerbaren Energien in einigen Jahren etwa ein Drittel des weltweiten Energiebedarfs decken werden. [Köpke a, 2003]

Mittel- bis langfristig (5 bis 10 Jahre) steht die Etablierung einer zukünftig möglichen Wasserstoffwirtschaft zur Diskussion, bei der Wasserstoff als Sekundärenergieträger, also als Energiespeicher dient. Um bereits vorher ausreichend Erfahrungen mit Brennstoffzellen und Wasserstoff-Generatoren sammeln zu können, bieten sich alternative Kraftstoffe wie Methanol, Erdgas oder synthetisches Benzin an. Weil jedoch vorerst Wasserstoff noch nicht in großen Mengen auf ökologische Weise erzeugt werden kann, könnte dieser mit Hilfe jener alternativen Kraftstoffe durch Reformierungsprozesse erzeugt und für stationäre sowie für mobile Anwendungen genutzt werden.

Aus heutiger Sicht erscheint eine Mischung verschiedener Wege im Übergang von der fossilen zur erneuerbaren Energiewirtschaft am wahrscheinlichsten. Es wird zukünftig so aussehen, dass in einigen Bereichen sofort erneuerbare Energien in verstärktem Umfang verwendet werden, während andere Bereiche zunächst auf Erdgas oder Methanol wechseln, um langfristig beispielsweise beim Biogas zu landen (weiteres unter Kap. 15 Ausblick).

Als Zukunftsvision, die mittlerweile in greifbare Nähe gerückt ist, gilt das Modell Islands. Die dortige Regierung hat bereits erklärt, baldmöglichst den Wechsel zu einer Wasserstoffwirtschaft in Angriff nehmen zu wollen. Es sind bereits zahlreiche Projekte zum Beispiel mit Brennstoffzellenbussen im Gange, und langfristig soll die gesamte Fischereiflotte auf Wasserstoffbetrieb umgestellt werden (s. Kap. 15.7 Island-Modell).

2.8 Solare Wasserstoffwirtschaft

Dass dem Wasserstoff beim Thema Energie in den kommenden Jahren eine zunehmende Bedeutung beigemessen werden muss, ist mittlerweile kaum noch zu übersehen, auch wenn die Entwicklung nicht ganz so rasch voranschreitet, wie noch vor wenigen Jahren prognostiziert wurde. Im Zusammenhang mit einer zukünftigen Wasserstoff-Wirtschaft fällt insbesondere der Sonne eine zentrale Bedeutung zu, weswegen häufig von der „solaren Wasserstoff-Wirtschaft“ gesprochen wird. Ein erstes so benanntes Konzept hatte seine Ursprünge bereits in den fünfziger Jahren.

Die Sonne ist die größte und ergiebigste Energiequelle, die der Menschheit aus heutiger Sicht zur Verfügung steht. Selbst in der Entfernung, in der die Erde um die Sonne kreist (150 Mio. Kilometer), liefert sie ohne Unterlass enorme Energiemengen in Form von Strahlungsenergie.

Die Sonne spendet unserem Globus Tag für Tag die 15.000-fache Menge des täglichen Primärenergie-Bedarfs der gesamten Erdbevölkerung. So ließe sich zum Beispiel mit Solar-Kraftwerken auf einer Fläche von 3 Prozent der Sahara der Energiebedarf Europas und Afrikas decken.

Hinter dem Begriff „solare Wasserstoff-Wirtschaft“ verbirgt sich die Idee, dass die Sonnenenergie nicht nur genutzt wird, um über Photovoltaik Strom oder über Solarthermie warmes Wasser zu erzeugen. Der eigentliche Ansatz ist vielmehr, die Sonnenenergie zur Herstellung von Wasserstoff zu verwenden.

Da Wasserstoff als Element ungebunden in der Natur nicht vorkommt und nur unter Energieeinsatz erzeugt werden kann, stellt sich die Frage, wo die benötigte Energie für die Erzeugung von Wasserstoff herkommen kann. Der beste Weg wäre der Einsatz von Sonnenenergie für die Wasserstoff-Herstellung, da dies ein durchweg ökologisches Verfahren wäre. Der auf diese Weise sauber produzierte Wasserstoff kann nach der Herstellung transportiert werden und an anderer Stelle unter Energiefreisetzung wieder verbrannt werden. Bei der Verbrennung entsteht (fast) nur Wasser, so dass kaum Umweltprobleme auftreten.

Welchen Sinn macht aber dann überhaupt die Erzeugung von Wasserstoff? Dies ist eine häufig gestellte Frage und kann damit beantwortet werden, dass mit Hilfe von Wasserstoff eine relativ effiziente Speicherung von elektrischer Energie möglich ist, woran es bisher mangelt. Strom als edelste Energieform ist nur begrenzt speicher- und transportierbar, so dass beispielsweise Solarstrom nachts nicht zur Verfügung steht. Würde hingegen der tagsüber erzeugte Photovoltaik-Strom zur Wasserstoff-Herstellung herangezogen werden, stünde dieser rund um die Uhr zur Verfügung.

 

Konkret würde eine solare Wasserstoff-Wirtschaft so aussehen, dass nichtfossile Primärenergie (Sonnenenergie) zuerst umgewandelt wird in Sekundärenergie (Strom). Mithilfe dieser Energie könnte dann Wasserstoff (Elektrolyse) erzeugt werden. Wasserstoff stünde dann als Sekundär-Energieträger zur Verfügung, der entweder direkt genutzt oder über weite Strecken transportiert werden könnte.

Zur Herstellung von Wasserstoff ist relativ viel Energie notwendig, da jedes Wasserstoff-Atom eine hohe chemische Bindungsenergie besitzt. Würde man für die Energie, die für die Auflösung des Molekülverbandes notwendig ist, Sekundärenergie aus fossilen Energieträgern verwenden, hätte dieses Konzept kaum Vorteile gegenüber dem konventionellen System. Es wäre sogar ökologisch betrachtet unsinnig, langfristig Kohle zur Energiegewinnung unter Schadstoff-Ausstoß zu verbrennen, um mit der daraus gewonnenen Energie Wasser aufzuspalten, damit dann Wasserstoff als „schadstofffreier Energieträger“ genutzt werden kann.

Stattdessen muss bereits bei der Erzeugung von Wasserstoff ein alternatives Konzept verfolgt werden, wie es die solare Wasserstoff-Wirtschaft vorsieht. Anstelle der Sonnenenergie kann selbstverständlich auch jede andere erneuerbare Energiequelle genutzt werden (z. B. Windenergie, Wasserkraft, Erdwärme, Bioenergie).

Es gibt bereits seit Jahren Überlegungen, im Sonnengürtel der Erde (z. B. Sahara) große Solaranlagen einzusetzen und den erzeugten Solarstrom für die Erzeugung von Wasserstoff durch Elektrolyse zu verwenden. Es ist allerdings immer noch nicht klar, ob der direkte Stromtransfer mit Überlandund Unterseekabel durch das Mittelmeer nach Europa günstiger wäre oder der Transport mit Wasserstoff-Tankern. Außerdem ist ein derartiges Vorhaben nur möglich, wenn die politische Lage in den betreffenden Regionen friedlich und stabil ist. Gleiches gilt selbstverständlich auch für Windkraft-parks in Argentinien oder Wasserkraftwerke in Kanada.

Eine Studie der TU München aus dem Jahr 2000 besagt allerdings, dass die Wasserstoff-Produktion mit Hilfe von Elektrolyse und Solarstrom aus Nordafrika zumindest die geringsten Kohlenstoffdioxid-Emissionen erzeugt, noch weniger als vergleichsweise in Deutschland erzeugter Wasserstoff, der in dezentralen Biomasseanlagen gewonnen wurde. Bei den Kosten ist es genau umgekehrt, weswegen unter anderem von verschiedener Seite gefordert wird, die Forschung und Entwicklung bei der Biomassevergasung voranzutreiben, da das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen bei dieser Technologie vielversprechend sei. [wiba, 2003]

Dort, wo es möglich ist, sollte selbstverständlich die Sonnenenergie direkt genutzt werden, um somit die Umwandlungsverluste zu minimieren. Eine Zwischenspeicherung der Sonnenenergie in Wasserstoff ist allerdings in vielen Fällen notwendig und hilfreich, um Versorgungslücken zu vermeiden und Lastschwankungen kompensieren zu können.

Es wird deutlich, dass dies ein sehr weites Feld ist, das einiger Zeit für die Umsetzung bedarf. Vorerst wird deswegen noch auf absehbare Zeit ein Energie-Mix aus unterschiedlichen Energiequellen die Versorgung sicherstellen.