Hate is all I feel

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Aus der Reihe: Rydeville Elite #1
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Hate is all I feel
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HATE IS ALL I FEEL


Siobhan Davis

© Die Originalausgabe wurde 2019 unter dem

Titel CRUEL INTENTIONS von Siobhan Davis veröffentlicht.

© 2020 Romance Edition Verlagsgesellschaft mbH

8712 Niklasdorf, Austria

Aus dem Amerikanischen von Friedrike Bruhn

Covergestaltung: © Sturmmöwen

Titelabbildung: © Arsgera

Redaktion & Korrektorat: Romance Edition

ISBN-Taschenbuch: 978-3-903278-28-8

ISBN-EPUB: 978-3-903278-29-5

www.romance-edition.com

ANMERKUNG DER AUTORIN

Auch wenn die Handlung dieses Buchs in einer Highschool-Umgebung spielt, handelt es sich dabei dennoch um eine Dark Romance Story, die aufgrund des Erwachseneninhalts, der expliziten sexuellen Szenen und der teilweise vulgären Sprache nicht für Jugendliche geeignet ist. Es wird empfohlen, dieses Buch erst ab 18 Jahren zu lesen. Manche Szenen können eine aufwühlende Wirkung haben.

Inhalt

PROLOG

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

12. KAPITEL

13. KAPITEL

14. KAPITEL

15. KAPITEL

16. KAPITEL

17. KAPITEL

18. KAPITEL

19. KAPITEL

20. KAPITEL

21. KAPITEL

22. KAPITEL

23. KAPITEL

24. KAPITEL

25. KAPITEL

26. KAPITEL

27. KAPITEL

28. KAPITEL

29. KAPITEL

30. KAPITEL

31. KAPITEL

32. KAPITEL

33. KAPITEL

34. KAPITEL

35. KAPITEL

36. KAPITEL

PROLOG

Wellen brechen sich an der menschenleeren Küste und ziehen mich mit unsichtbaren Armen zu sich hin. Meine Füße bewegen sich auf das eiskalte Wasser zu, als würde ich von einem Band gezogen werden. Innerlich bin ich taub. Ausgehöhlt. Ich möchte dieser Farce, die mein sogenanntes Leben ist, einfach nur ein Ende bereiten.

Ich erinnere mich an keine Zeit in meinen siebzehn Lebensjahren auf dieser Erde, in der ich einen freien Willen besaß. In der nicht jeder Aspekt meines Lebens kontrolliert und fremdbestimmt wurde.

Ich bin so was von fertig damit.

Fertig mit dieser Maske, die ich zu tragen habe.

Fertig mit dieser elitären Scheiße, an der ich teilnehmen muss.

Fertig mit diesem Monster, das sich mein Vater nennt.

Ich will raus aus all dem und das Meer bietet mir die ersehnte Erlösung. Ich spüre das eisige Wasser kaum, als es wie die Liebkosung eines tödlichen Geliebten um meine Knöchel wirbelt. Mein Seidenmantel bietet kaum Schutz vor dem bitteren Wind, der mir mein langes, dunkles Haar um das Gesicht peitscht, und Gänsehaut prickelt an jeder entblößten Stelle meiner Haut.

Ich gehe tiefer ins Wasser. Mein Körper zittert und bebt, während wilde Meereswellen gegen meine Beine branden. Eine unheimliche Stimme hallt in meinem Kopf wider, drängt mich dazu, anzuhalten.

Fleht mich an, umzukehren.

Bittet mich inständig, nicht aufzugeben.

Behauptet, dass sich meine Welt ändern würde.

Ich ignoriere diese höhnische Stimme, lege den Kopf in den Nacken und blicke zur Mondsichel am dunklen Nachthimmel hinauf, die seltsam geformte Schatten auf das Land darunter wirft. Als ich hinter mir ein Spritzen und Platschen wahrnehme, horche ich auf. Mein Herz beginnt, schneller zu schlagen, während Adrenalin durch meine Adern pumpt. Dennoch drehe ich mich nicht um.

»Hey, ist alles in Ordnung mit dir?«, fragt eine tiefe Stimme ganz in meiner Nähe.

Ich stehe mitten in der Nacht knietief in eiskaltem Wasser mit kaum etwas am Leib. Sieht es verdammt noch mal so aus, als sei mit mir alles in Ordnung? Mein bissiges Alter Ego beantwortet gedanklich diese Frage, aber ich selbst schweige. Ich kann die nötige Energie nicht aufbringen, um zu sprechen oder mich darum zu scheren, was dieser Fremde von mir denkt. Ich möchte einfach, dass er verschwindet. Mich allein lässt. Mir das hier ermöglicht. Aber dieses Glück ist mir nicht vergönnt.

Er watet durchs Wasser auf mich zu. Seine im Dunklen zunächst nur schemenhaft erkennbare Gestalt berührt meinen Arm, als er um mich herumgeht und sich direkt vor mir aufbaut, sodass ich keine andere Wahl habe, als ihn anzusehen.

Ein Funken Wärme breitet sich in meiner Brust aus, als ich in seine sinnlichen Augen starre, die so dunkelbraun sind, dass sie fast schwarz wirken. Der Schein des Mondes wirft Schatten um seinen Körper und hebt seine maskuline Schönheit in all ihrer Pracht hervor. Er trägt Baumwollshorts, die ihm tief auf den Hüften sitzen; sonst nichts. Seine nackte Brust ist ein beeindruckender Anblick und zeugt von großem Einsatz im Fitnessstudio. Seine Bauchmuskeln sind so definiert, dass sie wie aufgemalt wirken. Aber es sind die Tattoos auf seiner Brust und seinen Unterarmen, die meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Niemand von den Jungs auf der Rydeville High hätte den Mumm, sich tätowieren zu lassen. Es würde nicht zu ihrem Ruf passen, den sie sich alle so sorgfältig aufgebaut haben, oder zu den Plänen, die ihre Eltern für ihre Zukunft vorgesehen haben. Die Elite würde sich nicht mal im Traum auf so etwas Provinzielles herablassen.

Der Typ ist mir ein Rätsel und erste Anzeichen von Neugierde regen sich in mir.

Ich lasse meinen Blick über seinen hinreißenden Oberkörper wandern und richte meinen Fokus auf sein Gesicht. Er sieht mich aufmerksam an. Nimmt meinen Anblick in sich auf, als wolle er tief in mich hineinsehen und meine Seele bis in die tiefsten Winkel ergründen. Es juckt mich in den Fingern, die feinen Stoppeln an seinem Kinn und seinem Kiefer nachzufahren. Seine Haare zu verwuscheln, die oben länger und an den Seiten kurz geschoren sind.

Das Verlangen, seine wie gemeißelt wirkenden Wangenknochen zu erforschen und seine vollen Lippen zu kosten, überwältigt mich aus dem Nichts und erinnert mich daran, dass ich noch immer am Leben bin. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich jemals nur durch den Anblick eines Kerls eine so starke körperliche Reaktion gezeigt habe. Keiner von den Jungs zu Hause hatte bisher eine so heftige Wirkung auf mich, außer Trent – er verschafft mir bereits mit einem knappen Blick eine Gänsehaut. Aber hier passiert das völlige Gegenteil davon.

Der Blick von diesem Fremden erhitzt mein Blut und jagt Verlangen durch meinen Unterleib. Ich neige den Kopf zur Seite, fasziniert und gefesselt, und habe meine ursprüngliche Selbstzerstörungsaktion nahezu vergessen.

Wir sprechen nicht. Wir starren uns nur an; ein elektrischer Funken lädt die Luft zwischen uns auf. Mein Körper erwacht aus seinem halb-komatösen Zustand und mir ist heiß und kalt zugleich. Ein Zittern ergreift von mir Besitz und ich schlinge die Arme um meine zierliche Gestalt, in dem verzweifelten Versuch, die beißende Kälte von mir fernzuhalten, die an meiner Haut nagt.

 

»Du musst dich aufwärmen.« Der Fremde streckt mir seine Hand entgegen. »Komm mit.«

Ohne Zögern umschließe ich seine Hand und gemeinsam gehen wir durchs Wasser zurück zum Ufer. Seine schwielige Handfläche drückt sich an meine Haut und sendet immer wieder ein heißes Prickeln entlang meines Armes. Wir schweigen, während wir aus dem Wasser waten und über den feuchten Sand zu einer kleinen Holzhütte ganz in der Nähe gehen. Sie ist mir nicht aufgefallen, als ich hergekommen bin, meine ganze Aufmerksamkeit galt einzig meinem Ziel.

Dünne Rauchschwaden dringen aus einem schmalen Schornstein. Fasziniert beobachte ich die spiralförmig aufsteigenden Wölkchen, während wir Hand in Hand auf die Holzhütte zuschreiten. In der Ferne erkenne ich ein ausladendes Anwesen auf einem riesigen Grundstück, das zu dieser späten Stunde bereits im Dunkeln liegt.

Der Fremde drückt die Tür auf und tritt zur Seite, um mir Einlass zu gewähren. Ein Hitzeschwall von einem offenen Kamin streicht über mein Gesicht, und mein Körper entspannt sich das erste Mal seit Tagen. Die Hütte ist klein, aber gemütlich eingerichtet. Der Hauptraum besteht aus einer kompakten Küche mit einem Herd, einer Spüle und einer langen Anrichte, an der drei Stühle stehen. Auf der rechten Seite befinden sich ein Dreisitzer-Sofa, davor ein Couchtisch sowie ein Fernseher, der über dem Kamin angebracht ist. Ein weiterer Nebenraum lässt ein Schlafzimmer mit einem angrenzenden Badezimmer vermuten, und das war es auch schon. Mein Schlafzimmer ist größer als die gesamte Hütte, aber nicht mal halb so einladend.

Der helle Vorleger, der auf dem lasierten Holzboden liegt, der bunte, weich wirkende Überwurf des Sofas sowie eine Vielzahl an farbigen Kissen vermitteln den Eindruck eines behaglichen und heimeligen Zuhauses. Das alte Bücherregal, das in der schmalen Ecke zwischen Wand und Tür steht, ist voller Bücher, DVDs und Andenken, was eine traute Atmosphäre erschafft. Das einzige Licht stammt von den flackernden Flammen und einer altmodischen Lampe auf dem Couchtisch.

Der Fremde schließt die Tür und bugsiert mich vor das Kaminfeuer. Wie auf Autopilot hebe ich die Hände und genieße die Wärme, die sich um meine ausgekühlte Haut schmiegt. Der Fremde bewegt sich hinter mir, doch ich drehe mich nicht zu ihm um. Stattdessen bleibe ich vor dem Feuer stehen und gestatte den Flammen, meine nahezu erfrorenen Gliedmaßen wieder aufzutauen und die Eisschicht um mein Herz aufzubrechen.

»Setz dich hin«, befiehlt der Fremde mit rauer Stimme, die sich wie eine Decke um meinen Körper legt.

Ohne ein Wort sinke ich auf den Boden, ziehe die Beine zur Brust, lege meine Arme um sie und sehe zu ihm hoch. Er setzt sich vor mich, löst sanft die Position meiner Beine und zieht eins davon auf seinen Schoß, während er meine feuchte Haut mit einem weichen blauen Handtuch abtrocknet. Wir starren einander während seines Tuns an, und wieder pulsiert diese Anziehung zwischen uns, die Zeuge einer unsichtbaren Verbindung zu sein scheint.

»Ich habe das Gefühl, dich von irgendwoher zu kennen, dabei bin ich sicher, dich noch nie zuvor gesehen zu haben«, gestehe ich, als ich schließlich meine Stimme wiederfinde.

Seine Hand auf meinem Fuß hält inne und der Blick aus seinen intensiven, schokoladenfarbenen Augen trifft den meinen. »Ich weiß«, erwidert er nach ein paar Sekunden.

Als er das Handtuch zur Seite wirft, rücke ich näher und knie mich vor ihn hin. Ich strecke meine Hand aus und berühre eine der beiden rasierten Seiten seines Kopfes. Dabei sehe ich ihn weiterhin unverwandt an. Lasse meine Finger über sein samtweiches Haar gleiten und zeichne die Linien seines Tattoos nach, die darunter erkennbar sind. Draußen war es zu dunkel, um es zu bemerken. Hier drinnen zieht es mich nur umso mehr in den Bann dieses geheimnisvollen, heißen Fremden, der aus dem Nichts aufgetaucht ist, um mich zu retten.

Das Tattoo hat die Form eines Kreuzes, und ich frage mich, ob es für ihn etwas Persönliches symbolisiert. Es ist höllisch sexy, und mein Körper scheint ganz automatisch auf ihn zu reagieren, denn ehe ich mich versehe, beuge ich mich bereits zu ihm.

Er zieht meine Hand von seinem Kopf weg und drückt einen federleichten Kuss auf die empfindsame Haut an meinem Handgelenk. Ich spüre die Berührung bis in die Zehenspitzen; seine Sanftheit steht in völligem Gegensatz zu seinem markanten Äußeren. Mit seinen definierten Bauchmuskeln, seinen muskulösen Armen und der tätowierten, sonnengebräunten Haut sieht er aus wie der Inbegriff des klassischen Bad Boys, vor dem jedes Mädchen gewarnt wird. »Warum warst du da draußen?«, will er wissen, ohne den Blick von mir zu lösen.

Ich könnte lügen, aber ich habe all die Lügen so satt.

Ich habe es satt, zu sagen, was von mir erwartet wird, und vorzugeben, jemand zu sein, der ich nicht bin. »Ich wollte einfach nichts mehr fühlen.«

Eine bedeutungsschwere Pause macht sich zwischen uns breit. Er starrt mich an und fragt sich zweifellos, ob ich das ernst gemeint habe. »Was hättest du getan, wenn ich nicht auf dich aufmerksam geworden wäre?«, bohrt er nach, als würde er versuchen, aus mir schlau zu werden.

Ich zucke mit den Schultern. »Wahrscheinlich wäre ich weitergegangen.« Hätte dem Meer erlaubt, mich mitzureißen, wie ich es ursprünglich vorgehabt hatte, als ich Oscar, meinem Bodyguard, entwischt und hergefahren bin.

»Wer bist du? Wie heißt du?«

Ich umfasse sein Gesicht und entscheide mich erneut für die Wahrheit. »Ich bin niemand. Ich bin unsichtbar. Ich existiere nicht, sondern bin nur da, um ihre Befehle zu befolgen.«

Eine leichte Falte bildet sich zwischen seinen Brauen. »Wenn du in Schwierigkeiten steckst, wenn …«

»Nicht«, unterbreche ich ihn. »Ich möchte nicht darüber reden.«

Stille umgibt uns für einige Augenblicke. »Was möchtest du dann?«, fragt er und senkt dabei die Stimme ein wenig. Sein Tonfall klingt plötzlich verführerisch, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob das beabsichtigt ist.

»Ich möchte etwas Echtes fühlen«, antworte ich ohne jegliche Unsicherheit. »Ich möchte mich von diesen Ketten befreien, die meinen Körper fesseln. Mich so fühlen, als hätte ich die Kontrolle, auch wenn es nur eine Illusion ist.« Noch immer haben sich unsere Blicke nicht voneinander gelöst, und Elektrizität knistert in der Luft.

Er lässt seinen Blick über meinen Körper wandern und dieser bleibt schließlich auf meinen Brüsten haften, was meine Nippel hart werden lässt. Kurz betrachtet er meinen Mund, ehe er sich über die Lippen leckt und mir wieder in die Augen sieht. Schmetterlinge breiten sich flatternd in meiner Brust aus, während mein Herz immer schneller schlägt und sich mein Körper auf eine ganz neue Weise erhitzt. »Dabei kann ich dir behilflich sein.«

Dieses Mal gibt es keinen Zweifel an seiner Absicht. Meine Mitte zieht sich vor Verlangen zusammen, und ich gebe ihm mit meinem Blick meine Erlaubnis.

Langsam nickt er, ehe er mich auf seinen Schoß zieht und seine Arme um meine Taille legt. »Bist du dir sicher?«

Ich nicke ebenfalls. »Bitte sorg dafür, dass ich mich lebendig fühle. Dass ich mich wie ich selbst fühle. Erinnere mich daran, warum ich leben sollte.«

Das ist verrückt.

Ich kenne ihn nicht.

Er kennt mich nicht.

Dennoch fühle ich mich in diesem Moment lebendiger als all die Jahre davor.

Er kommt meinem Gesicht ganz nah und streift sachte mit dem Mund über meinen. Fast schon erleichtert sackt mein Körper in sich zusammen, und ich schließe kurz die Augen, ehe ich die Arme um seinen Nacken lege. Erneut treffen seine sinnlichen Lippen auf meine. Sein Mund bewegt sich gemächlich und verlockend, ganz ohne jede Hast.

Der Kuss ist anders als jeder Kuss, den ich bisher erlebt habe. Er kommt einer Verehrung gleich.

Trent küsst mit jahrelang aufgestauter Wut und Aggression. Seine Lippen fühlen sich bestrafend an, geben mir das Gefühl, innerlich tot zu sein. Die zärtlichen Küsse dieses Fremden entwirren die Knoten, die für gewöhnlich mein Innerstes umschlingen. Sie brechen durch die Mauern um mein Herz und machen es möglich, dass Wärme und Verlangen jeden einzelnen Teil von mir erfüllen.

Ich lasse zu, dass meine Lippen und mein Körper förmlich mit den seinen verschmelzen, und keuche auf, als ich seine harte Erektion gegen meine Weiblichkeit drängen spüre. Er bewegt sein Becken gekonnt und bedächtig vor und zurück, bis ein Verlangen in mir explodiert, das sich über jegliche Logik und Warnung meines gesunden Menschenverstandes hinwegsetzt.

Ich sollte das hier nicht mit einem Typen tun, den ich nicht kenne.

Es würde meinen Vater, meinen Zwillingsbruder Drew, und meinen Verlobten Trent zur Weißglut bringen, wenn sie mich hier so sähen, doch der Gedanke daran spornt mich nur noch mehr an und festigt meine Entschlossenheit.

Mich noch immer an sich gepresst, steht der Fremde auf, und ich klammere meine Beine um seine Hüften, als er mit mir auf sein Schlafzimmer zugeht. Unsere Münder trennen sich keine Sekunde, auch nicht, als er mich auf das Bett legt, und wir beginnen, uns gegenseitig auszuziehen.

Ich habe mich noch nie vor einem Mann entblößt. Trent versucht regelmäßig, mich auszuziehen, aber ich genieße es, ihm diese Sache zu verweigern. Nun spreize ich ohne jegliche Anzeichen von Nervosität oder Verletzlichkeit die Beine für diesen wild anmutenden, schönen Fremden, und bewundere seinen Wahnsinnskörper, als er ein Kondom aus der Schublade seines Nachttischs hervorholt und es über die beeindruckende Länge seines Glieds streift.

Wir sprechen nicht miteinander, aber Worte sind auch völlig überflüssig. Er kniet sich zwischen meine Schenkel und nähert sich mit seinem heißen Mund meiner Pussy. Verwöhnt mich mit seiner Zunge und seinen Fingern und bringt mich beinahe dazu, vom Bett abzuheben. So etwas hat bisher noch nie jemand bei mir gemacht. Die lustvollen Empfindungen, die durch meinen Körper jagen, sind völlig neu für mich.

Als ich schließlich nach dem besten Orgasmus meines Lebens wieder zu mir komme, hat sich der Fremde bereits über mir positioniert. Er streichelt über meine kleinen Brüste und küsst mich leidenschaftlich. Raue Finger liebkosen meine Nippel, als würde er an den Seiten einer Gitarre zupfen. Geschickt rollt er sie zwischen seinen Fingern hin und her, bis sie sich zu harten Knospen aufgerichtet haben. Es dauert nicht lang, bis ich mich erneut vor Verlangen unter ihm winde.

Dann spüre ich ihn an meinem Eingang. Kurz verharrt er und sieht mich an. »Bist du sicher, dass du das hier möchtest?«, fragt er, und ein weiterer Splitter des Eisblocks, der mein Herz umfängt, schmilzt dahin.

Niemand hat sich je darum gekümmert, mich zu fragen, was ich brauche oder möchte. Als ich seine aufrichtige Besorgnis erkenne, schießen mir Tränen in die Augen. »Ja, ich möchte das hier mit dir tun.«

Sein Blick ist unverwandt auf mich gerichtet, als er langsam in mich eindringt. Auf halbem Weg hält er inne und streicht mir über die Wange. »Du bist so wunderschön«, sagt er und schiebt sich weiter in mich. »Und so eng.« Er spannt seine Kiefermuskeln an, und ich erkenne, dass er um Zurückhaltung ringt. Als er ein weiteres Stück in mich eindringt, schießt ein kurzer, scharfer Schmerz durch meinen Körper, und ich zucke zusammen.

Er reißt die Augen auf und hält in seiner Bewegung inne. Schock spiegelt sich auf seinem Gesicht. »Du bist noch Jungfrau?«, fragt er überrascht.

Ein Lächeln legt sich um meinen Mund. »Das war ich.«

»Fuck.« Er beugt sich vor und küsst mich auf eine süße Weise, dass ich glaube, gleich losweinen zu müssen. »Das hättest du mir sagen sollen.«

Damit du dann deine Meinung geändert hättest? Wohl kaum.

Die Vorstellung, meine Jungfräulichkeit an diesen Psychopathen Trent zu verlieren, war einer der Hauptgründe, der mich heute Abend ins Wasser trieb. Ich halte meinen Verlobten seit Jahren auf Abstand, doch angesichts der immer näher kommenden Hochzeit werde ich das nicht mehr lang tun können. Ihm diesen Sieg vereitelt zu haben, lässt diesen Moment umso wertvoller erscheinen. Und dennoch geht es hier um viel mehr als darum, Trent zu hintergehen.

Ich möchte diesem tollen Fremden meinen Körper schenken. Möchte diese eine Nacht genießen und mir etwas nur für mich nehmen, ehe ich in den goldenen Käfig zurückkehre, in dem ich lebe.

 

»Es ist nicht wichtig«, sage ich und drücke ihm ermutigend mein Becken entgegen. »Ich möchte das. Mit dir. Und zwar genau jetzt. Es hat für mich schon lange nichts mehr so viel Sinn ergeben, wie das hier.«

Er betrachtet mich für einen langen Moment. Ich befürchte bereits, dass er sich wieder aus mir zurückziehen und seine Meinung ändern wird. Doch dann dringt er gänzlich in mich ein und ich muss einen Schmerzensschrei hinunterschlucken.

Liebevoll verteilt er kleine Küsse auf meinem Hals bis hinunter zu meinem Schlüsselbein, knetet sanft meine Brüste und bewegt sich sachte in mir. »Ich behalte einen langsamen Rhythmus bei, bis es nicht mehr wehtut«, flüstert er an meiner überhitzten Haut. »Und wenn du möchtest, dass ich aufhöre, werde ich das tun.«

»Ich möchte nicht, dass du aufhörst«, antworte ich und streiche mit den Fingern durch die längeren Strähnen seines dunklen Haars, die ihm in die Stirn und über seine markanten Brauen fallen. »Mach weiter.«

Und dann macht er Liebe mit mir.

Erst als ich ihm bestätige, dass es nicht mehr wehtut, wird er schneller. Er ist niemals grob, sondern achtet auf meine Bedürfnisse, und bringt mich zu einem weiteren Orgasmus, während auch er seinen Höhepunkt erreicht.

Ein paar Stunden später liege ich an seinen warmen Körper geschmiegt, lausche seinem beruhigenden Herzschlag, sehe, wie sich seine Brust im Schlaf hebt und senkt, und wünsche mir, ich könnte für immer hier bei ihm in dieser kleinen Strandhütte bleiben. Zugleich ist mir bewusst, dass es sich dabei nur um Wunschdenken handelt. Eine Fantasie, die ich nicht in Erwägung ziehen kann. Einen Menschen in mein Leben zu lassen, bedeutet zugleich, sein Leben aufs Spiel zu setzen. Und das wäre ein armseliger Weg, diesen Mann zu belohnen, der mir eine Nacht geschenkt hat, die ich für alle Zeit in meinem Herzen tragen werde. Auch wenn ich es hasse, ihn zu verlassen, ist es so das Beste.

Er darf niemals wissen, wer ich bin, oder die Konsequenzen dessen erfahren, was wir gerade getan haben.

Widerwillig setze ich mich auf und klettere vorsichtig aus dem warmen Bett und seinem Leben. Während ich mich anziehe, stelle ich mich innerlich darauf ein, ihn zurückzulassen, und spüre einen Stich von überwältigender Traurigkeit.

Er sieht im Schlaf friedlich aus. Wie ein tätowierter Schutzengel, der im perfekten Moment aufgetaucht ist, um die Dinge ins rechte Licht zu rücken. Wäre ich heute Nacht meinen Plänen gefolgt, hätten sie gewonnen. Das hätte meine tote Mutter nicht für mich gewollt, das weiß ich.

Ich bin stärker als das.

Ich mag eine Schachfigur in einem Spiel sein, das ich nicht spielen möchte, aber das bedeutet nicht, dass ich nicht gewinnen kann. Ich muss mir nur eine Strategie zurechtlegen. Meinen Sieg planen, damit ich der leidvollen Zukunft entkommen kann, die vor mir liegt.

Entschlossenheit jagt durch meine Venen, und ich lächle den schönen Mann liebevoll an. Er hat mir so viel mehr gegeben, als nur seinen Körper. »Danke«, wispere ich und hauche einen Luftkuss in seine Richtung. Ich wünschte, ich könnte seine Lippen ein letztes Mal kosten, aber ich möchte ihn nicht wecken. Es ist besser, nun zu gehen.

Ich habe die Hand bereits um den Türknauf geschlossen, als ich auf dem Couchtisch einen Bleistift und einen Skizzenblock erblicke. Ohne mein Handeln zu hinterfragen, reiße ich das Ende einer leeren Seite ab und schreibe ihm eine kurze Nachricht.

Dir ist das vielleicht nicht bewusst, aber du hast mein Leben heute Nacht in mehr als nur einer Hinsicht gerettet. Du hast mich daran erinnert, warum es wichtig ist, zu überleben. Mir die Kraft gegeben, für die Dinge zu kämpfen. Außerdem hast du mir eine kostbare Erinnerung geschenkt, die ich bis an mein Lebensende in meinem Herzen tragen werde.

Danke. A.

Als ich die Tür hinter mir schließe und zurück zu meinem Wagen gehe, zurück in mein gehasstes Leben, ist mir klar, dass ich für alle Zeit an diese besondere Nacht zurückdenken werde.

Nicht bewusst ist mir jedoch, dass die Nacht mit diesem Fremden Dinge angestoßen hat. Dinge, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Und dass ich ihn eines Tages hassen und es bereuen werde, ihm meine Jungfräulichkeit geschenkt zu haben.