Love Against The Rules

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Love Against The Rules
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Sarah Glicker

Love Against The Rules

Sammelband

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Epilog

Impressum neobooks

Kapitel 1

Love Against The Rules

Sarah Glicker

Sarah Weber

Alter Postweg 31a

48477 Hörstel

Copyright by Sarah Weber

Alle Rechte vorbehalten!

Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der offiziellen schriftlichen Genehmigung der Autorin!

„Endlich mal einen Abend ohne Männer und ihr ständiges Gerede über Sport.“ Lisa hakt sich gut gelaunt bei mir unter und strahlt dabei über das ganze Gesicht, während wir uns in der langen Schlange eingliedern, die sich vor dem Club befindet.

„Du meinst wohl einen Abend ohne deinen Mann“, korrigiere ich sie. „Ich bin Single.“

Lisa ist vor ein paar Monaten mit ihrem Freund zusammengekommen. Sie hat versucht mich mit ein paar seiner Freunde zu verkuppeln, doch ich bin Single geblieben. Allerdings hatte ich kein Interesse an auch nur einem von ihnen. Wahrscheinlich lag es mir daran, dass ich mich viel zu sehr in meine Arbeit versteift habe.

„Tim kann eine Klette sein, aber dabei ist er so süß, dass mich das nicht stört.“ Lisa zuckt mit den Schultern und gemeinsam fangen wir an zu lachen.

„Tim vergöttert dich. Er liest dir jeden Wunsch von den Augen ab“, erwidere ich.

Vor uns stehen mindestens noch zehn Leute. Und bis jetzt sind wir kaum ein Stück vorangekommen. Wenn das in diesem Tempo weitergeht, befinden wir uns erst morgen früh im Freeze.

Die nächsten Minuten gehen vorbei, ohne das wir auch nur einen einzigen Schritt nach vorne machen können. Aus diesem Grund kommt es mir so vor, als würden wir schon eine Ewigkeit in der Schlange stehen. Auch, wenn es noch nicht einmal eine halbe Stunde ist.

Gerade, als ich einen Schritt aus der Menge der Wartenden heraustrete lässt der Türsteher seinen Blick über die Gäste schweifen und fixiert mich. In der nächsten Sekunde winkt er mich bereits zu sich heran. Ohne darüber nachzudenken, setze ich mich schnell in Bewegung und ziehe Lisa am Arm hinter mir her.

Sobald wir vor ihm stehen, öffnet er das schwere rote Seil, welche den Außenbereich vom Eingang trennt. Mit einem Kopfnicken zeigt er in die Richtung der geschlossenen Tür, die sich hinter ihm befindet.

Kaum sind wir an ihm vorbeigegangen, fangen hinter uns alle an, lauthals ihren Protest zum Ausdruck zu bringen, aber das ist mir egal. Bevor wir durch die Tür treten, lächle ich dem Mann dankbar zu.

Kaum sind wir in das Innere getreten, schlägt uns die Musik entgegen. Sie ist so laut, dass man sein eigenes Wort kaum verstehen kann. Die bunten Lichter, die den Raum erhellen, geben mir das Gefühl, als würde ich schweben. Sie tanzen durch den Raum und zeigen immer nur für den Bruchteil einer Sekunde das Geschehen um mich herum, bevor sie wieder die Richtung wechseln. Langsam erkenne ich, dass überall bequeme Sitzgruppen mit kleinen und großen Tischen verteilt stehen.

Das Freeze hat erst vor kurzer Zeit aufgemacht. In dieser kurzen Zeit hat der Club es aber geschafft, einer der beliebtesten in Los Angeles zu werden.

Lisa schnappt sich meine Hand und gemeinsam suchen wir die Bar, wobei wir immer wieder jemandem ausweichen müssen.

„Es ist kein Wunder, das hier so viel los ist. Schließlich ist Jayden Drake der Besitzer. Die meisten Frauen sind hinter ihm her und wollen ihm über den Weg laufen“, ruft Lisa mir zu.

Als meine Freundin den Namen erwähnt, zucke ich automatisch zusammen.

Jayden Drake.

Dieser Mann ist der Inbegriff eines Traumtypen.

Er ist groß und kräftig. Seine etwas längeren Haare hat er immer auf eine Seite gelegt und sie dort mit zu viel Haarspray fixiert. Der Blick aus seinen dunklen Augen ist durchdringend, sogar auf Bildern. Und sein Lächeln ist wahnsinnig sexy. Der Drei-Tage-Bart, der zu einem Teil von ihm geworden ist, unterstreicht sein lockeres und sexy Auftreten noch. Dieser Mann lässt mit Leichtigkeit Frauenherzen mit nur einem Blick schmelzen.

In der Zeitung und im Internet gibt es immer wieder neue Bilder von ihm. Die Presse liebt den gutaussehenden Geschäftsmann aus Los Angeles, der immer wieder Wohltätigkeitsaktionen für Kinder und Menschen in Not veranstaltet. Ich glaube, es vergeht nicht eine einzige Woche, in der nicht irgendetwas von ihm berichtet wird.

Auf jedem Foto, das ich bis jetzt von ihm gesehen habe, erkennt man im Hintergrund, wie sämtliche Frauen ihn verehren und um seine Aufmerksamkeit buhlen. Die Art und Weise, wie sie ihre Brüste hervorheben und so seine Gunst für sich gewinnen wollen, habe ich sogar auf den Fotografien bemerkt.

Drake ist verdammt heiß, soviel steht fest.

Wenn ich die Aufnahmen von ihm ansehe, habe ich nicht nur einmal davon geträumt, die Frau an seiner Seite zu sein. Das muss ich zugeben. Ich weiß selber nicht, wieso ich das immer wieder mache. Aber dieser Mann hat etwas an sich, dem man sich einfach nicht entziehen kann. Und das gilt auch für mich.

Allerdings besitzt er noch eine ganz andere Seite. Eine Seite, die wohl auch jeder kennt. Zumindest die meisten. Vor der viele aber wahrscheinlich die Augen verschließen.

Sein Dad, sein Geschäftspartner und auch Jayden selbst werden mehrerer Straftaten beschuldigt. Zumindest, wenn man den Erzählungen meines Vaters glauben kann. Er ist der leitende FBI-Agent bei diesen Ermittlungen und hat es schon seit ein paar Jahren auf diese drei Männer abgesehen. Bis jetzt könnte er ihnen allerdings noch nichts nachweisen und das, obwohl er schon sehr viel Zeit und Energie in diese Ermittlungen gesteckt hat.

Deswegen kommt es mir eher ein wenig so vor, als hätte er in den letzten Jahren zu viele Verbrechen aufgeklärt und würde sie schon dort sehen, wo eigentlich gar keine sind. Ich weiß, dass er seinen Job gut macht. Aus diesem Grund hätte er eigentlich schon etwas finden müssen.

„Glaubst du das, was dein Vater immer berichtet?“ Lisa schaut mich fragend an, als sie sich kurz zu mir umdreht. Wieso sie ausgerechnet jetzt damit anfängt weiß ich nicht und eigentlich will ich darüber auch gerade nicht nachdenken. Genauso wenig, wie ich mich darüber unterhalten will. Doch das wird sie nicht gelten lassen.

„Nein“, antworte ich deswegen. „Wäre es wirklich so, dann hätte er schon längst etwas in der Hand.“ Mit diesen Worten spreche ich meinen Gedanken aus. Doch es ist die Wahrheit und ich hoffe, dass Lisa sich nicht weiter damit beschäftigt.

 

Ganz davon abgesehen kann ich mir nicht vorstellen, dass diese Männer ein Verbrechen begangen haben. Sie stehen in der Öffentlichkeit, jeder Schritt von ihnen wird genau beobachtet. Sie führen große internationale Firmen. Ich weiß, dass es keine Gewissheit gibt, ob da nicht doch etwas läuft. Doch für sie steht zu viel auf dem Spiel, das sie damit riskieren würden.

„Ich glaube aber, dass ich eigentlich überhaupt nicht hier sein sollte“, erkläre ich, nachdem wir uns einen Weg durch die Menge zur Bar gesucht haben. „Ich fühle mich hier nicht wohl.“

„Wieso? Doch wohl nicht etwa wegen deines Dads, oder?“ Lisa schaut mich fragend an, aber ich weiche ihrem Blick aus.

„Irgendwie schon“, druckse ich herum und sehe mich einmal um. „Ich glaube nicht, dass Jayen Drake sehr erfreut darüber sein wird, dass sich die Tochter des Mannes hier befindet, der ihm und seiner Familie seit Jahren das Leben schwer macht.“

„Und ich denke, dass ihm das sicherlich egal ist. Du bist nur mit deinem Vater verwandt, auch wenn ich das manchmal bezweifle. Aber du hast nichts mit den Ermittlungen zu tun. Seit wann machst du dir darüber Sorgen? Du hast doch sonst so ein gesundes Selbstbewusstsein.“ Meine Freundin zieht skeptisch die Augenbraue hoch.

Sie hat schon recht. Sonst halte ich mich aber auch nicht in einem Club auf, der zufälligerweise dem Mann gehört, den sich mein Vater als Gegner ausgesucht hat.

„Ich mache mir keine Sorgen“, gebe ich zurück, nachdem ich kurz darüber nachgedacht habe. Dabei straffe ich die Schultern. „Ich glaube kaum, dass er mir heute Abend über den Weg laufen wird. Es wird wahrscheinlich ganz woanders sein.“ Ich lächle sie an und hoffe, dass ich so meine Nervosität überspielen kann.

„Schon besser.“

Als wir endlich an der Reihe sind und unsere Bestellung aufgegeben haben, nehmen wir je ein Glas Champagner in Empfang und begeben uns anschließend auf die Suche nach einem freien Platz.

In der Nähe der Tanzfläche entdecke ich schließlich einen leeren Tisch.

„Was hast du in den letzten Tagen getrieben?“, beginnt meine Freundin ihr Verhör. Eigentlich ist das eine normale Frage unter Freundinnen. Aber sie weiß, dass ich in nur gearbeitet habe. Daher kann sie eigentlich nur ein bestimmtes Detail interessieren. Doch bevor ich fragen kann, fährt sie bereits fort. „Wurdest du mal wieder wegen zu schnellem Fahren verwarnt?“, stellt sie ihre eigentliche Frage. Dabei hat sich ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht gebildet.

Es gibt ein paar Sachen, die im Laufe der Zeit für mich zur Gewohnheit geworden sind, wie zum Beispiel das schnelle Fahren. Anfänglich hat mein Dad es jedes Mal erfahren und mir eine Standpauke gehalten. Aber irgendwann hatte ich den Dreh raus und wusste, wie ich mich herausreden kann.

„Erwischt ja, verwarnt nein“, gebe ich kurz angebunden zurück und verkneife mir ein Grinsen. „Flirten wirkt bei manchen Verkehrspolizisten wahre Wunder.“

„Kaylee, was soll ich dazu noch sagen? Bei mir würden sie wahrscheinlich kein Auge zudrücken, sondern mich eher für bescheuert erklären. Ich kann einfach nicht Flirten.“

„Übung macht den Meister.“

Laut lacht sie und bedeutet mir dann, dass sie tanzen will. Gemeinsam betreten wir die Tanzfläche, wo ich verführerisch meine Hüften kreisen lasse.

Ich liebe das Tanzen. Damit angefangen habe ich, als mein Vater mir zu stressig wurde und es der einzige Weg war, meinen Frust loszuwerden. Dabei kann ich meinen Kopf ausschalten und mache mir keine Gedanken mehr darum, was er wohl sagen wird, wenn er erfährt, dass ich hier bin. Und es würde mich nicht wundern, wenn er das bereits weiß.

„Ich muss mal für kleine Ladys. Kommst du mit?“, ruft Lisa mir über die laute Musik hinweg zu. Gleichzeitig zeigt sie in die Richtung, von der ich ausgehe, dass sich dort die Toiletten befinden.

Als Antwort schüttle ich den Kopf und bedeute ihr, dass ich hier auf sie warten werde. Nachdem sie gegangen ist, lasse ich meinen Blick über die Menge schweifen. Überall tanzen Paare oder Freundinnen miteinander. Es herrscht eine ausgelassene Partystimmung.

Ich lasse mich von der Menge mitreißen und tanze, ohne auf die anderen zu achten. Mit jedem Hüftschwung fällt etwas mehr die Anspannung der vergangenen Woche von mir ab.

Von einer Sekunde auf die andere fühle ich mich plötzlich beobachtet, kann aber niemanden entdecken, der mich nicht aus den Augen lässt. In meinem Magen beginnt es zu kribbeln. Es fühlt sich an, als würden tausend kleine Nadeln in meinen Bauch piksen, aber auf eine angenehme Art und Weise. Meine Nackenhaare stellen sich auf, allerdings weiß ich nicht, woher das kommt. In mir steigt ein Verlangen auf, dass ich nicht zuordnen kann. Es lässt mich freudig erschauern, löst aber auch ein ungutes Gefühl in mir aus.

Noch bevor ich genauer darüber nachdenken und mich sammeln kann, steht er plötzlich vor mir. In seiner vollen Größen und mit einem Ausdruck in den Augen, den ich nicht einordnen kann.

Jayden Drake.

Er strahlt eine Dominanz aus, die mir den Atem verschlägt. Aber da ist noch mehr. Er besitzt soviel Selbstbewusstsein, dass er beinahe arrogant wirkt. Seine Präsenz ist fast schon erdrückend. Allerdings geht von ihm auch eine ordentliche Ladung Gefahr aus.

Er steht nur zwei Schritte von mir entfernt und nimmt nicht den Blick von mir. Er betrachtet mich mit einem Ausdruck, der dafür sorgt, dass mein Herz schneller schlägt.

Was will er von mir?

Langsam setzt er sich in Bewegung und kommt auf mich zu, bis er schließlich seine Hände auf meine Hüften legt und mich dicht an sich heranzieht.

Der plötzliche Körperkontakt bringt mein Herz ins Stolpern. Ich weiß nicht, wie ich darauf reagieren soll. Ich weiß ja nicht einmal, was hier wirklich geschieht oder ob ich es nur träume.

Ich muss einfach träumen.

Ohne etwas zu sagen, fängt er an, sich im Takt der Musik zu bewegen. Seine sanfte Art, die er gerade ausstrahlt, lässt mich in seinen Armen dahinschmelzen, sodass ich nichts anderes mehr wahrnehme.

Es gibt nur noch ihn und mich.

Sein warmer Körper schmiegt sich an meinen. Es berauscht mich, ihm so nah zu sein. Er löst etwas in mir aus, was ich vorher noch nie gespürt habe.

Es fällt mir schwer, meinen Blick von ihm zu lösen, da es mir vorkommt, als wäre er gleich verschwunden, wenn ich wieder in seine Richtung schaue. Aber schließlich schaffe ich es und kann mich nach meiner Freundin umsehen. Es dauert nicht lange, bis ich Lisa unter den anderen Feiernden erkenne. Sie steht etwas abseits am Rand und hat ihre volle Aufmerksamkeit auf Jayden und mich gerichtet. Als sie bemerkt, dass ich zu ihr sehe, lächelt sie mir aufmunternd zu.

Ich war noch nie mit einer Situation überfordert, schon gar nicht wegen einem Mann. Jetzt bin ich es aber. Und zwar damit, dass ein fremder attraktiver Mann mich einfach an sich gezogen hat, um mit mir zu tanzen. Aber vor allem damit, dass dieser Fremde Jayden Drake ist.

Ja, schon vor diesem Abend habe ich für ihn geschwärmt. Das gebe ich zu. Doch ihn jetzt wirklich zu berühren und ihm so nahe zu sein sorgt dafür, dass ich ihm verfallen bin.

Dennoch bin ich mir bewusst, dass er Gefahr bedeutet, auf viele verschiedene Arten. Das ändert aber nichts daran, dass ich in seinen Armen eine gewisse Vertrautheit spüre. Es ist fast so, als würden wir uns schon seit einer Ewigkeit kennen. Doch ich bin mir auch darüber bewusst, dass es wahrscheinlich jeder Frau bei ihm so geht.

Immer wieder geht mir die Frage durch den Kopf, ob er weiß, wer mein Vater ist und wer ich bin. Wenn ja, könnte es für mich noch unangenehm werden. Das ist das erste Mal, dass ich wirklich Angst davor habe, dass jemand Kenntnis davon hat.

Bis jetzt war mir das immer egal. Entweder man mag mich, oder eben nicht. Bei ihm sieht das aber anders aus.

Ich bin so sehr in diesem Gedanken gefangen, dass ich erschrocken zusammenzucke, als er mir eine Strähne aus dem Gesicht streicht. Als Nächstes haucht er einen Kuss auf die gleiche Stelle.

„Danke für den Tanz“, flüstert Jayden mir leise ins Ohr und verschwindet in der Menge, nachdem das Lied geendet hat. Verblüfft und sprachlos schaue ich ihm nach.

Was war das?

Die Menschen um mich herum tanzen weiter, ich stehe aber immer noch da und bin nicht mehr in der Lage mich zu bewegen. Ich bin wie gelähmt, während ich die letzten Minuten verarbeite.

„War das etwa Jayden Drake?“ Lisa steht plötzlich neben mir und schaut mich neugierig an.

„Ja“, gebe ich nur zurück, da ich zu mehr nicht in der Lage bin. Ich bin ja schon froh, dass ich dieses kleine Wort heraus bekomme.

„Oh Mann, ich kann dir sagen, dass es extrem heiß war, wie ihr miteinander getanzt habt.“

Heiß ist der falsche Ausdruck für das, was hier gerade ablief. Aber ich glaube, dafür gibt es gar keine passende Umschreibung. Mir fällt zumindest keine ein.

„Ich brauche einen Drink“, rufe ich ihr über die dröhnende Musik hinweg zu und mache mich auf den Weg in Richtung Bar.

Dabei kann ich aber nicht verhindern, dass ich mich immer wieder umsehe, in der Hoffnung, ihn zu entdecken. Aber ich kann Jayden nirgends finden. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, als wäre er in der Nähe. Doch ich kann mich auch irren. So genau kann ich das nicht sagen.

Während ich einen großen Schluck von meinem Mai Tai nehme, sehe ich seine Augen vor mir und spüre seine Hände auf meiner Haut. Innerlich verfluche ich mich dafür, dass ich mich nicht besser im Griff habe.

„Und?“, erkundigt sich Lisa, nachdem wir uns an einen leeren Tisch gestellt haben.

„Und was?“

„Was hat er gesagt? Ich will alles wissen.“

„Danke für den Tanz“, gebe ich seine Worte originalgetreu wieder.

„Sonst nichts?“

Als Antwort schüttle ich nur den Kopf. Er hat zwar keinen weiteren Ton von sich gegeben, aber seine Berührungen haben mehr gesagt als tausend Worte.

Seine Berührungen.

Sie liegen erst wenige Minuten zurück, trotzdem sehe ich mich bereits wieder nach ihnen. Ich fühle mich einsam und mir ist kalt, obwohl es hier drin eigentlich viel zu heiß ist.

„Er beobachtet mich. Ich spüre seine Blicke auf mir“, erkläre ich mit fester Stimme.

„Was?“ Geschockt blickt Lisa mich an.

Während unseres gemeinsamen Tanzes habe ich mich immer mehr von ihm angezogen gefühlt. Und das Gefühl lässt auch jetzt nicht nach.

Allerdings sollte ich mir das ganz schnell aus dem Kopf schlagen. Er würde mich sicherlich nicht mehr sehen wollen, sobald er wüsste, wer mein Vater ist. Falls er das jetzt überhaupt will. Aber wer will schon mehr als nötig mit dem Mann zu tun haben, der einem das Leben schwer macht?

„Dürfen wir euch zwei Hübschen auf einen Drink einladen?“

Bei der Frage hebe ich meinen Kopf und schaue in die Augen eines Mannes, um den ich normalerweise einen großen Bogen machen würde. Seine Körperhaltung signalisiert mir nichts Gutes, genauso wenig wie sein Blick, der über meinen Körper wandert. Ich habe schon einige Männer in den letzten Jahren getroffen, die mich genauso betrachtet haben. Immer wieder hat sich herausgestellt, dass sie nur das eine von mir wollten. Und das gilt wohl auch für ihn.

Sein Kumpel, der neben ihm steht, sieht nicht besser aus. Er hat das gleiche hinterhältige Grinsen im Gesicht und starrt Lisa und mich an, als wären wir irgendein Sonderangebot im Kaufhaus.

„Nein, danke. Wir brauchen nichts“, antworte ich und starre ihn finster an.

„Süße, bist du sicher?“, lallt sein Kumpel und schaut dabei noch immer Lisa an, die selbstsicher den Kopf schüttelt.

„Ihr verpasst was.“ Der erste klingt zwar noch etwas klarer, aber trotzdem kann ich hören, dass auch er nicht mehr ganz nüchtern ist.

„Das wage ich zu bezweifeln“, gebe ich lächelnd von mir und stehe von meinem Stuhl auf, um mit Lisa zu verschwinden. Der Typ handelt allerdings schneller: Ohne, dass ich eine Chance habe zu reagieren, packt er mich am Handgelenk und zieht mich an seine Brust. Der beißende Geruch von Schweiß und Alkohol dringt in meine Nase. Diese Mischung sorgt dafür, dass sich mir der Magen umdreht, aber ich atme kontrolliert weiter und versuche, meine Übelkeit unter Kontrolle zu bringen.

„Wir wollen doch nur etwas Spaß haben.“

„Dann solltet ihr euch besser andere Frauen suchen“, kontere ich knapp und hoffe, dass er den Wink mit dem Zaunpfahl versteht.

 

„Sei doch nicht so verklemmt.“ Er grinst mich herausfordernd an.

„Lass mich bitte los.“ Noch nie bin ich in so eine Lage geraten. Mein Vater hat mir zwar gesagt, wie ich mich verhalten soll, aber das ist schon so lange her und ich weiß gerade nicht, wo mir der Kopf steht. Doch bevor ich noch einen Versuch unternehmen kann, ihnen zu entkommen, spüre ich wieder dieses Kribbeln in meinem Bauch. Ich brauche ihn nicht zu sehen, sondern weiß sofort, dass er in meiner Nähe ist. Mein Körper reagiert genauso auf ihn, wie es vorhin schon der Fall gewesen ist.

Dann erkenne ich aus dem Augenwinkel, wie sich eine große Gestalt aus dem Schatten der umher tanzenden Lichter löst und auf uns zukommt. Ich drehe meinen Kopf zu Jayden und sehe, dass er den Mann, der mich immer noch an sich gezogen festhält, wütend anblickt.

„Nimm deine Finger von ihr“, warnt er mit ruhiger, aber bedrohlicher Stimme. Trotz der Lautstärke im Club verfehlt sie ihre Wirkung nicht. Die Sanftheit, die auf der Tanzfläche noch vor ihm ausging, ist nun verschwunden.

„Wieso sollte ich das machen?“

„Sie gehört zu mir.“ Bei diesen Worten vermehren sich die Schmetterlinge in meinem Bauch. „Und sollte sie auch nur einen einzigen blauen Fleck bekommen, wird es für dich sehr unangenehm!“

Ich weiß, dass er das gesagt hat, um dem Typen klarzumachen, dass er mich in Ruhe lassen soll. Trotzdem haben diese Wörter eine Wirkung auf mich, die mich unruhig werden lässt. Ich erschauere am ganzen Körper und spüre, wie meine Brustwarzen sich beim Klang seiner gefährlichen Stimme aufrichten.

Der Typ hält mich immer noch fest, lockert aber seinen Griff, sodass ich wenigstens keine Schmerzen mehr habe. Dabei lässt er Jayden nicht aus den Augen, bis der noch näher kommt. Schließlich lässt er mich doch los und tritt einen Schritt zurück. Hinter Jayden erscheint ein weiterer Mann, der die beiden Männer bestimmt in die Richtung des Ausgangs führt. Ich weiß nicht, wer er ist, doch ich bin ihm dankbar dafür.

„Ich bin gleich wieder da“, verkündet Lisa und verschwindet, nachdem es einige Sekunden ruhig zwischen uns war. Im Stillen danke ich ihr dafür, dass sie uns alleine lässt.

Ohne zu zögern kommt Jayden zu mir und legt seine Arme beschützend um mich. Erst jetzt merke ich, dass ich am ganzen Körper zittere. Beruhigend streicht er mir über den Rücken.

„Ist alles in Ordnung?“, fragt er mich nun wieder mit sanfter Stimme.

„Ja, es ist alles wieder in Ordnung.“

„Die beiden waren heute das letzte Mal in einem meiner Clubs. Männer, die Frauen belästigen, haben hier nichts zu suchen. Egal, ob sie betrunken sind oder nicht. So etwas dulde ich nicht.“

„Mir ist nichts passiert“, versuche ich, ihn nun zu beruhigen, da ich die Wut in seiner Stimme höre.

„In Zukunft werde ich wohl neben dir stehen müssen, damit die Männer dich in Ruhe lassen, Kaylee“, erklärt er mir und beugt sich zu mir hinunter. Sofort weiß ich, dass er mich küssen will.

Sobald seine Zungenspitze über meine Lippen streicht, verschwinden alle Gedanken und es gibt nur noch ihn. Ohne darüber nachzudenken, öffne ich meinen Mund und gewähre ihm damit Einlass.

Sein Kuss verführt mich.

Ich gehe in ihm auf, wie ich es noch nie erlebt habe. Leider beendet er ihn viel zu schnell. Als Jayden sich ein Stück von mir löst, spüre ich wieder diese Leere in mir aufsteigen, die ich vorher noch nie so gespürt habe.

„Wann kommt deine Freundin wieder?“

„Lisa wird mit Sicherheit erst dann wieder aufkreuzen, wenn sie sich sicher ist, dass sie nicht mehr stört“, antworte ich leise, da ich nicht genau weiß, ob ich ihm das so sagen kann oder nicht. Ich bin aber auch nicht in der Lage lauter zu sprechen.

Meine Gedanken sind immer noch bei unserem Kuss und mein Herz beruhigt sich einfach nicht. Diese Mischung sorgt dafür, dass ich nach Atem ringe.

Obwohl wir uns in einer lauten Disco befinden, versteht er mich offenbar, denn er nickt kurz.

Nur mühsam schaffe ich es, mich unter Kontrolle zu bekommen. Und jetzt fällt mir auch auf, dass er mich mit Namen angesprochen hat. Folglich weiß er auch, wer mein Vater ist. Ich horche in mich hinein. Es stört mich nicht so sehr, wie es vielleicht sollte. Schließlich hat er mir mit dem Kuss gezeigt, dass es ihm nichts ausmacht. Zumindest hoffe ich das.

„Komm mit. Hier ist es mir zu laut“, ruft er mir zu und zieht mich im nächsten Augenblick mit sich zu mehreren Türen, die sich in einem kleinen Nebengang befinden. Eine von ihnen öffnet er mit einer Schlüsselkarte. Bevor wir den Raum betreten, erkenne ich den Rausschmeißer, der die beiden Männer dem Club verwiesen hat. Er steht zwei Schritte von uns entfernt. Jayden sagt etwas zu ihm und schiebt mich einige Sekunden später in ein riesiges Büro, dass komplett mit schwarzen Möbel eingerichtet ist.

Bereits auf den ersten Blick erkennt man, dass es nicht sehr oft genutzt wird. Die Möbel sehen aus, als wären sie gerade geliefert worden. Die Arbeitsfläche des Schreibtisches beherbergt nur einen Block, einen Stift und einen Brieföffner. Das Sideboard, das dahinter steht, würde aus einem schwarzen und glänzend poliertem Holz gefertigt. Vor dem Ledersofa in der gegenüberliegenden Ecke steht ein kleiner Tisch, auf dem sich ein zierlicher Blumenstrauß befindet.

Jayden schließt hinter mir die Tür und fährt sich nervös durch die Haare

Was ist hier los?

Eigentlich hätte ich damit gerechnet, dass er mich rausschmeißt, sobald er weiß, wer ich bin. Dass ich jetzt hier stehe habe ich nicht gedacht.

Diesen Abend kann man nur als verrückt bezeichnen.

„Ich habe das alles nicht geplant“, flüstert er und wendet sich von mir ab.

Das ist der Zeitpunkt, an dem ich überhaupt nichts mehr verstehe. Am liebsten würde ich ihn fragen, was er mit seiner Aussage meint, traue mich aber nicht. Ein paar Sekunden steht er einfach so mit dem Rücken zu mir da. Zu gerne würde ich wissen, was in seinem Kopf vor sich geht.

„Ich habe das alles nicht geplant“, wiederholt er. Keiner rührt sich oder sagt etwas. Ich weiß nicht, ob Sekunden oder Minuten vergehen. Als er sich endlich zu mir umdreht, verschlägt es mir die Sprache.

In seinen Augen erkenne ich Unsicherheit und Sorge. Das sind Gefühle, die ich nicht mit ihm in Zusammenhang gebracht hätte. Dieser Mann, der überall so dargestellt wird, als würde es keine Situation geben, die ihn jemals zweifeln lassen würde, hat die Hände in den Hosentaschen vergraben, lässt die Schultern hängen und schaut mich mit einem Gesichtsausdruck an, der mir ein Stechen im Brustkorb beschert.

Am liebsten würde ich ihn in den Arm nehmen, aber da ich nicht weiß, wie er darauf reagieren würde, stehe ich nur da und betrachte ihn. Dabei stelle ich fest, dass er im echten Leben sogar noch besser aussieht, als auf den ganzen Bildern. Seine Ausstrahlung ist noch stärker und seine Erscheinung noch imposanter.

„Ich werde dir die Wahrheit sagen, weil ich finde, dass du es verdient hast.“

Neugierig ziehe ich die Augenbrauen nach oben.

„Ich habe dich heute nicht zum ersten Mal gesehen. Es gibt ein Bild von dir, dass ich stundenlang betrachtet habe.“

Verwirrt lasse ich meinen Blick auf ihm ruhen.

„Wovon sprichst du?“, frage ich ihn. Für mich ergeben seine Worte keinen Sinn.

Sein Blick trifft meinen. Ich weiß ganz genau, egal, was jetzt passiert, diesen Augenblick werde ich niemals vergessen.

„Triff dich morgen Abend mit mir zum Essen“, bittet er mich aus heiterem Himmel und kommt dabei ein paar Schritte auf mich zu.

Dieser Mann verwirrt mich. Erst redet er von einem Bild und plötzlich will er sich mit mir zum Essen treffen? Ich komme nicht mehr mit.

„Warum?“

„Ich möchte mehr Zeit mit dir verbringen und so die Chance haben, dich kennenzulernen. Wahrscheinlich hast du keine Ahnung, wovon ich rede, wenn ich dir sagen, dass in den letzten Wochen ziemlich viel Mist in meinem Leben passiert ist. Aber du bist so etwas wie ein Lichtschimmer für mich. Bitte“, fügt er leise hinzu und nimmt meine Hand in seine, als er meine Verwirrtheit bemerkt.

Diese, vor allem nach dem Kuss, oberflächliche Berührung sorgt dafür, dass mein Herz aussetzt. Ich kann nur nicken, aber das scheint ihm zu reichen. Auch wenn ich noch nicht sagen kann, ob es die richtige Entscheidung ist.

Die Unsicherheit verschwindet aus seinen Augen, als wäre sie nie dagewesen, und er nimmt mich glücklich in die Arme.

Jayden Drake hat von Anfang an etwas mit mir angestellt, dem ich mich nicht entziehen kann. Das Einzige, das ich tun kann, ist herausfinden, was genau das ist. Und dafür muss ich mich nun einmal mit ihm treffen.