Love Against The Rules

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Kapitel 3

Dieses Date war anders, als alle, die ich in der Vergangenheit hatte. Das kann ich nicht von der Hand weisen.

Im Guten anders.

Jayden hat mich von der ersten Sekunde an tief berührt. Das hatte er schon im Club geschafft. Doch an diesem Abend war es noch ein wenig anders. Alleine, wie die Terrasse geschmückt war, hat mir gezeigt, dass er einen weichen Kern hat. Einen weichen Kern, denn wahrscheinlich nicht viele zu Gesicht bekommen. Trotzdem haben mein Bauch und mein Kopf mir geraten, vorsichtig zu sein. Schließlich läuft gegen ihn ein Strafverfahren.

Dieser Punkt stört mich allerdings nicht so sehr wie die Tatsache, dass es mein Vater ist, der gegen ihn ermittelt. Und nicht nur gegen Jayden, sondern auch gegen seinen Vater und seinen Geschäftspartner. Und ich kann ehrlich gesagt nicht einschätzen, wie mein Vater reagieren wird, wenn er davon erfährt, dass ich mich mit ihm getroffen habe.

Aber bei Jayden kann ich nicht vorsichtig sein. Mein Herz hat dafür keinen Grund gesehen und den finde ich auch jetzt noch nicht.

Ich seufze, während ich meinen Kopf auf den Küchentisch sinken lasse. Den ganzen Tag denke ich nun schon darüber nach und versuche eine Lösung zu finden. Aber ich habe das Gefühl, dass die Verzweiflung nicht besser wird.

Die letzte Nacht habe ich nicht viel geschlafen, weil ich immer wieder an den gestrigen Abend denken musste.

Ich bin froh darüber, dass Jayden mich nichts zu den Ermittlungen gefragt hat. Aber selbst wenn er dies getan hätte, ich wüsste darauf keine Antworten. Schließlich rede ich mit meinem Vater nicht darüber. Ich unterhalte mich eh nur selten mit ihm, aber darüber überhaupt nicht. Alles was ich weiß, weiß ich entweder aus der Zeitung oder von meiner Schwester Lynn. Sie wäre da die bessere Wahl gewesen.

Bei dem Gedanken, dass meine Schwester diesen Abend mit Jayden hätte verbringen können, werde ich sofort eifersüchtig. Sie ist all das, was ich nicht bin. Früher hat es mich gestört, dass sie immer bevorzugt wurde, aber mittlerweile interessiert es mich nicht mehr. Irgendwie finde ich es sogar gut, da meine Eltern so ihre Erwartungen an mich heruntergeschraubt haben. Ich brauche nicht mehr so zu tun, als würde ich mich für den Job meines Vaters interessieren und als würde ich das gleiche Leben wie meine Mutter führen wollen. Nein, das übernimmt jetzt meine Schwester. Sie möchte später all die Aufgaben übernehmen, die jetzt unsere Mutter macht. Dabei muss sie nur immer einen Schritt hinter ihrem Mann stehen und freundlich lächeln.

Ich weiß, dass er sich nicht mit ihr, sondern mit mir getroffen hat. Aber das Gefühl der Eifersucht lässt sich nicht ausschalten.

„Ich will alles wissen“, eröffnet mir Lisa, als sie nachmittags vor meiner Tür steht.

Ich verdrehe die Augen, grinse dabei jedoch. Gleichzeitig mache ich einen Schritt zur Seite, um sie in meine Wohnung zu lassen. Als Nächstes setze ich mich neben sie auf das Sofa. Lisa beobachtet jede meiner Bewegungen, als würde sie hoffen, dass sie auf diesem Weg Antworten bekommen kann.

„Was soll ich denn berichten? Wir haben gegessen, Wein getrunken und uns unterhalten.“

„Das ist alles? Du hast dich mit Jayden Drake getroffen!“, ruft sie vorwurfsvoll aus, aber ich kann das Funkeln in ihren Augen erkennen. Schließlich erzähle ich ihr alles haargenau und lasse nichts aus. Lisa sieht dabei so verträumt aus, dass sie sich gerade wahrscheinlich nur fragt, wieso sie in einer festen Beziehung steckt. Aber ich weiß, dass sie glücklich ist, deswegen gehe ich nicht näher darauf ein.

„Ist er wirklich so kriminell, wie dein Vater meint?“, fragt sie mich schließlich.

„Woher soll ich das wissen?“

„Na ja, du hast einen ganzen Abend mit ihm verbracht“, wendet sie ein und zuckt dabei mit den Schultern.

„Ich habe vergessen zu fragen, ob an den Vorwürfen etwas dran ist“, gebe ich ironisch zurück, obwohl mich diese Frage selber beschäftigt. „Und selbst wenn es so wäre, hätte es bestimmt nicht das Ausmaß, von dem mein Vater ausgeht. Das passt einfach nicht zu ihm. Er ist ein ganz normaler Mann.“

Lisa begutachtet mich genau. Unruhig winde ich mich unter ihrem Blick.

Mein Vater hat ihn als einen Frauenhelden hingestellt, der nur auf Sex aus ist, aber ich kann nun mit Sicherheit sagen, dass das nicht stimmt. Er mag zwar ein Mann sein, der sich bei jeder Gelegenheit mit einer anderen Frau an seiner Seite in der Öffentlichkeit zeigt, aber es dreht sich bei ihm nicht alles darum, die nächste Frau in sein Bett zu bekommen. Dieser Mann ist ein Gentleman.

„Er verdient mehr, als ein Durchschnittsamerikaner im Jahr“, wirft sie ein.

„Und trotzdem ist er total normal.“

„An Männern wie Jayden Drake ist nichts normal“, gibt Lisa lachend zurück und schaut mich dabei eindringlich an.

„Den ganzen Abend war er schüchtern und zurückhaltend. Er wusste nicht, was er machen oder wie er sich verhalten soll.“ Diese Worte kommen mir nur zögerlich über die Lippen. Jayden hat sich von der ersten Sekunde an einen Platz in meinem Herzen gesucht. Für Lisa ist er aber der Mann, der immer alles im Griff hat.

„Habt ihr euch über deinen Vater unterhalten?“

„Nur kurz, ich habe ihm außerdem von John erzählt.“

„Ehrlich?“ Lisa scheint meine Offenheit Jayden gegenüber zu überraschen. „Ich hätte nicht gedacht, dass du ihm so etwas beim ersten Date erzählst.“

„Vorher hätte ich das auch nicht gedacht. Aber wir haben uns von Anfang an so gut verstanden, dass es mir vorkam, als würde ich ihm etwas verschweigen, wenn ich es nicht mache. Außerdem weiß ich durch die Medien ja auch über seine Ex-Freundinnen Bescheid.“

„Tu mir nur einen Gefallen und sei vorsichtig.“ Lisa sieht nicht mehr belustigt aus, sondern besorgt.

„Versprochen.“

Ein paar Sekunden schaut sie mich an. Ich weiß nicht, was gerade in ihrem Kopf vor sich geht. Lisa verzieht keine Miene. „Erst wurdest du von Jayden Drake gerettet und dann hattest du auch noch ein Date mit ihm“, ruft sie dann ungläubig aus und schüttelt den Kopf.

„Bitte, Lisa. Sei mir nicht sauer, aber können wir über etwas anderes sprechen?“ Kurz sieht sie mich an, als hätte ich ihr gerade eröffnet, dass ich mich mit meinen Eltern vertragen habe. Dann aber nickt sie, sodass wir uns über ungefährlichere Themen unterhalten können.

Ich erzähle ihr von den neusten Büchern, die der Verlag, für den ich arbeite, demnächst herausbringen will, und sie berichtet mir davon, dass ihre Eltern ihren Urlaub verlängert haben und noch eine Woche in Europa bleiben wollen.

„Ich werde jetzt nach Hause fahren und schauen, ob Tim von seinem Wochenenddienst wieder da ist.“ Ich bewundere Tim dafür, denn ich weiß nicht, ob ich das könnte. Ich weiß, dass er als Arzt einen wichtigen Job macht. Aber ich hätte Probleme damit, jeden Tag Kinder zu sehen, die teilweise noch nicht einmal in den Kindergarten oder zur Schule gehen und stattdessen um ihr Leben kämpfen müssen.

Nachdem Lisa gegangen ist, lasse ich mich erneut auf mein Sofa fallen und starre an die Wand. Mein Blick wandert zum Laptop und ehe ich mich versehe, habe ich ihn hochgefahren und das Schreibprogramm gestartet. Wieso ich das ausgerechnet jetzt mache weiß ich nicht, aber trotzdem mache ich es: Ich fange an zu schreiben.

Ich beginne, all meine Gefühle in Worte zu fassen, beziehungsweise ich versuche es. Dabei geht es aber nicht um meine Begegnung mit Jayden, sondern um die dreiundzwanzig Jahre meines Lebens davor. Ich schreibe über alles, was ich erlebt und gefühlt habe.

So etwas habe ich noch nie gemacht und habe auch nie darüber nachgedacht. Nicht einmal als Kind habe ich Tagebuch geschrieben. Der Abend mit Jayden hat aber irgendetwas in mir wach gerufen. Es ist fast so, als hätte das Gespräch mit ihm mir geholfen, dass ich mich endlich traue, diesen Schritt zu gehen, um mit allem wirklich abzuschließen.

Als ich schließlich meinen Computer wieder ausschalte, ist es bereits ein Uhr nachts, doch ich bin noch lange nicht fertig.

Der nächste Tag verläuft ereignislos, beinahe schon ruhig im Gegensatz zu dem Wochenende. Ich erledige meine Büroarbeit im Verlag und meine Einkäufe, während ich jede einzelne Nachricht von Lisa, in der sie mich ausfragt, wann ich Jayden wiedersehen werde, ignoriere. Kurz habe ich sogar überlegt, ob ich nicht mein Handy ausschalten soll, aber in diesem Fall würde ich auch nicht sehen, wenn Jayden sich meldet. Und ich hoffe, dass ich bald etwas von ihm höre. Auch wenn mir bewusst ist, dass es ein Fehler ist, wenn ich mich noch weiter mit ihm treffe.

Das Warten hat mich aber sogar mehr von der Arbeit abgelenkt als Lisas Nachrichten. Immer wieder habe ich auf mein Telefon geschaut, nur um beim Anblick des leeren Displays enttäuscht zu werden. Dabei ist es ja nicht einmal sicher, dass er sich überhaupt meldet.

In der Mittagspause überlege ich, ob ich Jayden selber anrufen soll. Aber was hätte ich ihm sagen sollen? Außerdem will ich nicht, dass er denkt, ich wäre ein Klammeraffe. Und genauso geht es in den nächsten zwei Tagen weiter. Ich höre nichts von ihm.

Ich versuche mich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass er wahrscheinlich den ganzen Tag viel zu tun hat, aber das gelingt mir nicht. Meine Gedanken schweifen immer wieder ab und abends bin ich so fertig mit den Nerven, dass ich mich frage, ob ihm der gemeinsame Abend wirklich gefallen hat.

Kapitel 4

„Ms. Warren, haben Sie die neuen Autorenverträge fertig?“ Mein Chef, Mr. Turner, betritt mit großen Schritten mein Büro und reißt mich aus meinen Gedanken, sodass ich erschrocken zusammenzucke.

 

Es ist bereits Donnerstag. Außer mit Lisa habe ich in den letzten Tagen mit niemandem telefoniert. Meine Laune ist gestern Abend so tief gesunken, dass ich sogar den Anruf meiner Mutter ignoriert habe. Natürlich hat sie daraufhin meine Schwester vorgeschickt, aber auch diesen Anruf habe ich nicht angenommen.

„Ich muss sie nur noch ausdrucken, danach können sie zur Unterschrift an die Autoren geschickt werden.“

„Machen Sie das bitte heute“, weist er mich an und verschwindet dann wieder.

Schnell drucke ich sie aus und lege sie auf den Haufen mit der Post, die heute rausgehen soll. Dann arbeite ich weiter. Als mein Handy eine eingegangene WhatsApp-Nachricht anzeigt, ist es bereits fünf Uhr.

Ich würde den Abend gerne wiederholen.

Erschrocken hole ich Luft und lese seine Worte noch einmal. Die Nachricht stammt wirklich von Jayden. Mit einer einzigen Nachricht hat er es geschafft, dass ich nicht mehr weiß, wo oben und unten ist. Es dauert ein paar Sekunden, bis ich es schaffe, meine Gedanken zu ordnen und ihm zu antworten.

Das würde ich auch gerne.

Während ich auf seine Antwort warte, fange ich an, meinen Schreibtisch aufzuräumen, damit ich endlich Feierabend machen kann. Dabei zittere ich am ganzen Körper und mein Herz schlägt wie verrückt.

Wie schafft er es, dass ich so nervös werde, wenn es um ihn geht?

Ich kenne die Antwort darauf nicht. Aber sie wird mir auch nicht einleuchten, wenn ich mir noch weiter darüber den Kopf zerbreche.

Deswegen greife ich nach meinem Autoschlüssel, der vor dem Computerbildschirm liegt. Als ich ihn in die Hand nehme, klingelt mein Handy und zeigt erneut eine neue Nachricht an.

Ich warte draußen auf dich.

Ist das sein Ernst?, frage ich mich mit weit aufgerissenen Augen und lese sie dabei zum zweiten Mal.

Ungläubig starre ich ein paar Sekunden auf das Display meines Handys. Erst dann kommen die Worte langsam in meinem Kopf an.

Eilig stecke ich das Telefon in meine Tasche und laufe aus meinem Büro. Als ich durch die riesige Eingangstür des Verlages trete, kann ich ihn sofort entdecken. Seine Statur und seine lässige Art sorgen dafür, dass er aus der Menge heraussticht. Ich würde ihn wahrscheinlich sogar in einem völlig überfüllten Stadion finden.

Langsam mache ich einen Schritt auf ihn zu. Als Jayden mich ansieht, setzt er ein schiefes Grinsen auf, während er sich vom Wagen abstößt und auf mich zukommt. Es erscheint mir so, als würden Minuten vergehen, bis er endlich bei mir ist. Doch als er schließlich vor mir steht umschließt er mein Gesicht mit beiden Händen und küsst mich zärtlich. In diesem Moment kommt es mir vor, als würden wir uns schon seit einer Ewigkeit kennen. Deswegen muss ich mir wieder in Erinnerung rufen, dass genau das nicht der Fall ist.

„Hi“, raunt er und schaut mir dabei tief in die Augen, sodass ich ihm nicht ausweichen kann.

„Hi.“

„Überrascht?“

„Ehrlich gesagt, dich habe ich hier nicht erwartet.“

„In dem Fall ist mein Plan wenigstens gelungen.“ Sein Strahlen ist ansteckend, sodass auch ich anfange, über das ganze Gesicht zu grinsen.

Mit einer lässigen Handbewegung zieht er sich die Krawatte über den Kopf und streift seine Jacke über die Schulter. Nun trägt er nur noch sein schwarzes Hemd, was ihm gut steht.

Aus dem Augenwinkel erkenne ich, dass es auch den anderen Frauen nicht entgangen ist und ihre Augen immer größer werden.

„Ich komme gerade von einem Geschäftstermin mit meinem Vater und als ich hier vorbeigefahren bin, dachte ich mir, ich kann dich auch von der Arbeit entführen.“

„Wohin willst du mich denn entführen?“, frage ich ihn und kann nicht verhindern, dass ich ihn dabei hoffnungsvoll anschaue. Der Gedanke, von ihm an einen Ort gebracht zu werden, wo es nur uns zwei gibt, erregt mich sogar. Ich weiß, ich sollte eigentlich vorsichtig sein, zumal ich es Lisa versprochen habe. Aber wenn es um Jayden geht, dann ich einfach nicht anders.

Ich verbringe gerne Zeit mit ihm alleine und ich will noch mal solche wundervollen Stunden erleben wie am Wochenende.

„Komm mit, dann zeige ich es dir.“ Jayden zwinkert mir kurz zu.

„Ich habe meinen Wagen dahinten stehen.“

„Gib mir deinen Schlüssel. Ich fahre“, fordert er mich auf. Zögernd reiche ich sie ihm und führe ihn zu meinem Auto. „Irgendwie habe ich mir gedacht, dass du so ein Fahrzeug fährst“, erklärt er gut gelaunt, nachdem er meinen weißen VW Golf begutachtet hat.

„Wieso?“ Ich bin sichtlich irritiert.

„Ich meine das nicht böse, er passt zu dir. Klein und süß.“

Ich bin wegen seiner Antwort noch immer perplex, als ich auf der Beifahrerseite einsteige. Ungeduldig warte ich darauf, dass er es mir nachtut. „Solltest du nicht Reylee Bescheid sagen?“

„Er weiß, wo es hingeht. Und auch wenn er es nicht wüsste, würde er uns folgen.“

Während der Fahrt schaue ich immer wieder aus dem Fenster. Ich habe es schnell aufgegeben, Jayden dazu überreden zu wollen, dass es mir sagt, wo die Fahrt hingeht. Er fährt aus der Stadt heraus, in die Berge. Jayden schien mir immer jemand zu sein, der sich in der Stadt wohler fühlt, als in der Natur. Deswegen überrascht es mich ein wenig.

Nach einer Stunde hält er schließlich vor einem Haus, das am Ende einer langen Einfahrt steht. Es ist groß und hell und hat die Form eines Landhauses. Ringsherum ist es von riesigen Bäumen umgeben, sodass man die Nachbarn nicht mehr sehen kann. In dieser Gegend wohnen zwar nicht mehr viele, aber in einiger Entfernung stehen noch ein paar Häuser auf großen Grundstücken. Sogar ein Springbrunnen befindet sich am Ende der Zufahrt zu dem Haus, auf das Jayden zusteuert.

„Wem gehört das Anwesen?“

„Meinen Eltern. Aber ich komme oft her. Vor allem, wenn ich mal etwas Ruhe haben will“, erklärt er mir.

„Sie haben auf jeden Fall einen guten Geschmack.“

„Mein Vater hat das Haus gekauft, als meine Eltern erfahren haben, dass ich unterwegs bin. Als ich drei Jahre alt war, hat er es umbauen lassen. Als ich klein war, waren wir jedes Wochenende hier.“

„Ein zweites Zuhause“, stelle ich fest.

„So kann man es wohl nennen“, bestätigt er. „Das letzte Mal war ich hier, als ich ...“, fängt er an, bricht jedoch mitten im Satz ab.

„Als was?“

„Nicht wichtig“, entgegnet Jayden und zieht mich hinter sich her auf die Eingangstür zu, nachdem er mir aus dem Wagen geholfen hat.

Als ich das Haus betrete, werde ich schnell von seinem seltsamen Verhalten abgelenkt. Staunend stehe ich im Eingangsbereich und lasse meinen Blick über den offenen Raum gleiten.

Drei Stufen führen hinunter, sodass man direkt ins Wohnzimmer gelangt. Es ist gemütlich eingerichtet, überall stehen Sofas und Sessel, die mit dicken Kissen beladen sind. Vor dem Kamin liegt ein flauschiger schwarzer Teppich. Mich überkommt das Bedürfnis, mich mit Jayden auf diesen Teppich zu legen, mich an ihn zu kuscheln und nie wieder aufzustehen.

Um mich auf andere Gedanken zu bringen, schaue ich zu den Wänden. Überall hängen Bilder. Auf den meisten ist eine Familie zu sehen, sodass ich davon ausgehe, dass dies Jayden und seine Eltern sind, als er noch klein war. Dazwischen befinden sich im ganzen Raum verteilt Wandlampen, die perfekt zu dem riesigen Kronleuchter an der Decke passen.

Jayden öffnet die Terrassentür und bedeutet mir, dass ich hindurchgehen soll. Er Anblick, der mich dort erwartet, lässt mir den Mund aufklappen.

Da wir uns mitten in den Bergen befinden, die Los Angeles umrahmen, befindet sich auf der anderen Seite des Geländers ein Abgrund. Aber das interessiert mich nicht, denn der Ausblick ist das, was mich fesselt. Von hier oben kann ich die ganze Stadt sehen. Aber nicht nur das, sondern ich kann auch soweit auf das Meer hinausschauen, dass ich den Eindruck bekomme, es würde gar keinen Horizont besitzen. Hier ist es sogar noch schöner, als in seinem Penthouse.

Langsam gehe ich auf das Geländer zu und fahre mit meinen Fingern darüber. Ich spüre, dass sich Jayden hinter mir befindet, noch bevor er seine Hände auf meine Schultern legt.

Gemeinsam stehen wir da und genießen die Aussicht, bis ich mich zu ihm umdrehe und ihm die Arme um den Hals schlinge. Unsere Augen lassen den anderen nicht los. Dieser Punkt sollte mir wahrscheinlich Angst machen, zumal wir uns noch nicht so lange kennen und dies erst unser zweites Treffen ist. Aber das tut er nicht. Nicht einmal die Tatsache, dass mein Vater gegen ihn ermittelt, beunruhigt mich. Das ändert aber nicht daran, dass ich durchaus weiß, dass es nicht einfach ist.

Ich lasse meine Arme ein Stück sinken, bis ich meine Hände auf seine Arme legen kann. Dann sinkt meine Stirn gegen seine Brust und ich seufze leise.

„Ich weiß“, beruhigt er meine aufgebrachten Nerven, als würde er ganz genau wissen, was mir durch den Kopf geht. Wundern würde es mich aber nicht, wenn er gerade das Gleiche denkt, wie ich auch.

„Wir sollten etwas essen.“

Ohne abzuwarten nimmt er meine Hand und führt mich in eine Küche, die mindestens so groß ist wie das Wohnzimmer. Sie ist komplett mit weißen Möbeln eingerichtet, nur bunte Bilder bringen Leben in diesen Raum.

Schweigend geht Jayden zum Kühlschrank, holt Remoulade, Käse, Wurst und Salat heraus und beginnt, Sandwiches zu machen.

„Ich gebe zu, dass es eher eine spontane Idee war, hierherzukommen, und dass ich als Koch eine Niete bin. Deswegen kann ich dir leider nichts anderes anbieten. Bis ein Lieferdienst hier ist, sind wir wahrscheinlich verhungert. Aber meine Eltern bringen hier auch mal Geschäftspartner unter, sodass der Kühlschrank immer voll ist“, entschuldigt er sich bei mir, als er mir einen Teller reicht.

„Das sieht lecker aus. Ich brauche kein Fünf-Gänge-Menü, um glücklich zu sein“, erwidere ich und bekomme dafür ein Strahlen von ihm geschenkt.

„Eine Frau nach meinem Geschmack.“ Er fängt an zu lachen und setzt sich dabei neben mich an die Kücheninsel.

Kurz schaue ich ihn an, wende dann aber meinen Blick ab, da mir keine passende Antwort einfallen will.

Nach dem Essen wäscht er die Teller schnell ab und stellt sie zum Trocknen in den Geschirrhalter, der neben der Spüle steht. Er sieht dabei so häuslich aus, dass ich mir ein Lachen nicht verkneifen kann. Irritiert schaut er zu mir, aber ich schüttle den Kopf, weil ich ihm ungern beichten möchte, was ich gerade gedacht habe.

Als Jayden wieder dicht vor mir steht, greift er nach meinen Hüften und zieht mich so vom Hocker in seine Arme.

Als seine heißen Lippen sich auf meine senken, kann ich nicht mehr atmen. Seine Berührung berauscht mich und sorgt dafür, dass mein Körper in diesem Moment nichts anderes braucht. Zärtlich neckt er mich mit der Zunge, bis ich meinen Mund öffne. Unser Kuss wird leidenschaftlicher und ich spüre, wie sich ein angenehmes Kribbeln in meinem Bauch ausbreitet.

Ich hatte schon One-Night-Stands und auch feste Beziehungen, obwohl sie nie wirklich ernst waren. Aber ich weiß, wie sich Männer in beiden Situationen verhalten. Das Benehmen von Jayden hingegen stellt mich vor ein Rätsel.

Unser beider Atem kommt nun stoßweise, als er sich von mir löst und mich mit seinen dunklen Augen anschaut. Er sieht aus, als wäre er auf der Jagd und ich seine Beute. Ich will ihn genauso, aber eine Stimme in mir sagt mir, dass es dafür zu früh ist. Bei Jayden will ich nicht überstürzen. Ich will es langsam angehen lassen.

Als ich meinen Blick an ihm herunter wandern lasse, erkenne ich die eindeutige Wölbung in seiner Hose. Für den Bruchteil einer Sekunde überlege ich, ob ich meinen Vorsatz nicht über Bord werfen soll. Doch tue so, als hätte ich nichts gesehen, und schaue ihm wieder in die Augen.

Jayden streicht mir mit der Hand über die Wange und fährt meine Lippen nach.

„Für mich gibt es nichts Schöneres, als mit dir zusammen zu sein.“ Seine Worte verschlagen mir die Sprache. Mit großen Augen starre ich ihn an und versuche, sie zu verarbeiten. Anstatt etwas zu erwidern, lege ich meine Hand in seinen Nacken und ziehe ihn zu mir herunter, sodass ich meine Lippen abermals auf seine pressen kann. Seine Zunge spielt mit meiner, sodass mir immer heißer wird. Seine Hand, die auf meinem unteren Rücken liegt, drückt mich noch fester an ihn. Meine Brüste sind an seine Brust gedrückt und meine Hüften streifen seine. Schließlich löse ich mich von ihm, zwar möchte ich das nicht, aber ich bin so außer Atem, dass ich ein paar Sekunden brauche.

 

Zusammen betreten wir erneut die Terrasse. Es ist bereits so spät, dass am Himmel schon die Sonne untergeht.

„Komm her.“ Er lässt sich auf einem übergroßen Liegestuhl nieder, man kann ihn eher mit einem Bett vergleichen, und zeigt auf den leeren Platz neben sich. Ohne darüber nachzudenken, lege ich mich neben ihn, mit dem Kopf auf seiner Brust. Ich spüre, wie sein Herz schlägt und sein Körper mich wärmt. Sein Atem streift meine Haare, als er mir einen Kuss auf den Kopf gibt. In diesem Augenblick wird mir klar, dass hier der schönste Ort auf der Welt ist.

„Hoffentlich warst du nicht zu überrumpelt davon, dass ich dich abgeholt habe. Du hast die Aussicht von meinem Penthouse so genossen, dass ich dir das hier einfach zeigen musste. Am liebsten hätte ich das schon viel eher gemacht, doch ich war die letzten Tage bis tief in der Nacht in der Firma.“ Seine Stimme klingt glücklich und zufrieden. Sie hört sich genauso an, wie ich mich fühle.

„Ich war zwar überrascht, aber im positiven Sinn. Ich habe mich gefreut. Und noch mehr freue ich mich, dass du mich hergebracht hast“, antworte ich ihm ehrlich und schaue dabei auf die Stadt hinaus. Ich stand zwar schon vor dem Hollywood Schriftzug, von dem man ebenfalls auf die Stadt sehen kann, aber hier ist es noch um einiges schöner.

„An diesem Ort kann man gut den Kopf freibekommen und auch mal an etwas anderes denken.“

Ich weiß nicht, wie lange wir hier liegen, aber irgendwann ist die Sonne komplett verschwunden. Jayden zieht eine Decke unter dem Liegestuhl hervor und legt sie über uns. Ich kuschle mich noch näher an ihn heran und atme seinen Geruch tief ein.

Wir schweigen noch immer, schauen auf die beleuchtete Stadt hinaus und genießen die Nähe des anderen.

„Ich glaube, wir sollten fahren“, flüstere ich schließlich.

„Schlaf.“

„Ich muss morgen arbeiten und du hast sicherlich auch wichtige Termine. Schließlich musst du eine Firma führen.“

„Wir fahren früh genug, damit du dich zu Hause umziehen kannst“, erklärt er mir und streicht dabei über meinen Rücken. Genüsslich schließe ich meine Augen. Noch nie habe ich unter freiem Himmel geschlafen. Aber gerade möchte ich nirgendwo anders sein.

Als ich wach werde, liege ich auf der Seite. Jayden hat sich von hinten an mich gekuschelt und umschlingt mich, wobei er mich fest an sich drückt. So gut habe ich schon lange nicht mehr geschlafen. Ich brauche nicht darüber nachzudenken, um zu wissen, dass das an dem Mann liegt, der sich hinter mir befindet.

Jayden gibt ein leises Grummeln von sich und sein Arm legt sich noch enger um mich. Vorsichtig drehe ich mich zu ihm um.

„Guten Morgen.“

„Guten Morgen“, gibt er zurück, während sich ein Strahlen in seinen Augen ausbreitet. Anscheinend hat er genauso gut geschlafen wie ich, was meine Zufriedenheit vergrößert. Es ist so früh, dass die Sonne gerade erst aufgeht. Der zarte Lichtschein, der auf Jaydens Gesicht fällt, lässt seine Gesichtszüge noch markanter erscheinen.

„Glaubst du mir, dass ich das hier nie geplant habe?“, fragt er mich und zeigt dabei mit dem Zeigefinger erst auf sich selber und dann auf mich.

„Ich glaube dir“, gebe ich zurück. Er erinnert mich wieder an einen kleinen, ängstlichen Jungen, der nicht weiß, was er machen soll.

Jayden zieht mich an sich und drückt mir einen Kuss auf die Haare. Eng umschlungen liegen wir so zusammen und schauen uns den Sonnenaufgang an. Hier mit Jayden zu liegen und das zu erleben lässt ein wohliges Gefühl in mir aufsteigen.

„Ich glaube, wir sollten uns langsam auf den Weg machen“, bemerke ich schließlich.

„Hmmm“, brummt Jayden, sodass ich lachen muss. Anscheinend will er mir damit sagen, dass er nicht aufstehen will, und mir geht es genauso, aber ich muss zur Arbeit.

Widerwillig löst er sich von mir und steht auf, nur um mich direkt wieder an sich zu ziehen.

„Du frierst“, stellt er fest. Sein Griff wird noch etwas fester und ich schlinge meine Arme um seine Hüften.

„Ein wenig.“

Jayden hüllt mich in die Decke und führt mich zurück ins Haus.

Als ich in meiner Wohnung unter der heißen Dusche stehe, frage ich mich immer wieder, was das zwischen uns ist. Auch den restlichen Tag über hält die gute Laune an, sodass ich von meinen Kollegen schon komisch angesehen werde, aber das ist mir egal. Ich bin endlich glücklich. Und das habe ich nur Jayden zu verdanken.