Das Eine Lied

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Flöten zum Tanzen

Wie schön, wenn Flöten zum Tanzen

die Straße herunterkommen. Die Erde glüht.

Im Hof ist der Tisch aufgestellt.

Heute Nacht trinken wir all diesen Wein*.

Es ist nämlich Frühling. Ja sicher.

Ein ganzes Meer schwillt an.

Wir sind wie Wolken darüber.

Oder Materie-Kleckse darin.

Der ganze Ozean scheint von innen zu leuchten.

Ich weiß schon, dass ich betrunken bin,

wenn ich mit diesem Meeres-Gerede anfange.

Würdest Du gerne sehen,

wie sich der Mond mit einem Wurf spalten lässt?

Wachs

Wenn ich Dich sehe und sehe, wie Du bist,

schließe ich die Augen vor allem anderen.

Für Dein Salomonssiegel

werde ich durch und durch Wachs.

Ich warte darauf, Licht zu sein.

Ich gebe die Meinungen auf – zu allem und jedem.

Ich werde zum Flötenrohr für Deinen Atemhauch.

Du warst mitten in meiner Hand,

doch ich hörte nicht auf mit der Sucherei.

Ich war mitten in Deiner Hand,

doch ich hörte nicht auf damit,

Schlafmützen Fragen zu stellen.

Wie unfassbar primitiv oder blau oder irre ich war,

in mein eigenes Haus zu schleichen und Geld zu stehlen,

über den Zaun zu klettern,

um an mein Gemüse zu kommen.

Aber Schluss damit!

Ich habe mich von der dummen Faust frei gemacht,

die mein innerstes Wesen

eingequetscht und verbogen hat.

Durch mich kommt das Universum.

Durch mich kommt das Licht der Sterne.

Ich bin die Mondsichel über dem Tor zum Fest.

Besen-Arbeit

Wenn jedes Herz einen privaten Weg

in den Freund hinein hätte wie diesen,

gäbe es auf der Spitze jedes Dorns eine Gartenbank.

Jeder Kummer würde zur Ausgelassenheit.

Flammenfarbige Seelen

würden sich übereinander freuen.

Der Blitz steht als Türsteher des Vollmonds da.

Wenn nicht, dann findet die Himmelsverschiebung

eben am Boden statt.

Könnten uns Beine, Füße und Flügel

zum Geliebten tragen,

jedes Atom würde zum Transportmittel.

Könnten alle sehen, was Liebe ist,

jeder richtete eine Zeltstange auf im Meer:

Die Weltbevölkerung wäre im Ozean untergebracht

und würde dort so leicht leben.

Was, wenn Du in jeder Träne eines Liebenden

das Gesicht des Freundes sehen würdest –

Mohammed, Jesus, Buddha, Shams von Täbriz**,

diesen unmöglich-möglichen Philosophen,

diesen glasdiamantenen Einen?

Ein Freundschaftsfeuer löst Trennungen auf,

Gestern und Morgen fallen in eins.

Fege weiter den Boden.

Wo nie Verlust ist

Ein großer Scheich hat zwei Söhne verloren,

aber er weint nicht.

Seine Familie und seine Frau wundern sich

über dieses Fehlen von Traurigkeit.

„Glaubt nicht, dass ich kalt oder lieblos bin.

Ich weine nicht, denn für mich sind sie nicht fort.

Mein Herzensauge sieht sie ganz deutlich.

Sie sind außerhalb der Zeit, aber sehr nah.

Sie spielen und kommen mich umarmen.

Wie Menschen manchmal im Traum

tote Verwandte sehen,

so sehe ich meine Söhne

auch ständig in diesem Wachzustand.

Und noch viel näher erfahre ich sie,

wenn ich mich kurz vor der Welt verberge,

wenn ich die Blätter der Sinneswahrnehmung

von meinem Wesensbaum abfallen lasse.

Wenn ich weine, dann über Seelen,

die undankbar sind.

Ich weine, wenn Jungs nach Hunden Steine werfen.

Ich weine über Hunde, die grundlos beißen.

Vergebt die Schäden, die Leute anrichten.

Wir sind hier, um Vergebungstüren zu sein,

durch die die Freiheit strömt.

Ich weine, wenn ich darum bitte,

diese Türen nicht zu verschließen.“

Manche befassen sich mit persönlichem Erbarmen,

manche mit universeller Gnade.

Versucht es und lasst diese sich verbinden.

Früher oder später

erreicht das Wasser der Tümpel das Meer.

Der eine Heilige bleibt und arbeitet

in den Seen persönlichen Daseins,

der andere spielt ohne Grenzen im Ozean.

Warum Du vergessen hast

Du kommst aus einem Land jenseits des Universums,

glaubst aber, dass Du aus Erde und Asche bist.

Überall meißelst Du dieses Körperbild ein –

als Zeichen, dass Du vergessen hast, woher Du kommst.

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