Medizin vom Rande gesehen

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Medizin vom Rande gesehen
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Rolf Klüsener

Medizin vom Rande gesehen

Aus dem Grenzbereich des Medizinbetriebs

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1: Sie kurierten die Leut auf ihre Art

Kapitel 2: Über Berufswahrzeichen

Kapitel 3: Fremdkörper

Kapitel 4: Anosmie oder der Verlust des Riechvermögens

Kapitel 5: Knopflochchirurgie

Kapitel 6: Körperwelten sind keine Leichenschau

Kapitel 7: Das gestörte Hören

Kapitel 8: Medizinheilige und Heilkunde

Kapitel 9: Ratschläge zum richtigen Nasenbohren

Kapitel 10: Über das Sammeln von Grafiken

Kapitel 11: Trau keinem unter 130

Kapitel 12: Über die Alterseloquenz

Kapitel 13: Der Eid des Kassenarztes

Kapitel 14: Politik und Medizinheilige

Impressum neobooks

Kapitel 1: Sie kurierten die Leut auf ihre Art


Arzt früher und heute

Deutschland gehört zu den Ländern dieser Erde mit höchstem medizinischen “Know-how“, höchstem diagnostischen und therapeutischen “High-Tech“, “höchst entwickelter Pharmaforschung“, bester medizinisch-sozialer Versorgung und den unzufriedensten Patienten und Ärzten.

Des Deutschen liebstes Ziel, das alles zum Nulltarif. Leider ist das nicht zu haben und käme der Quadratur des Kreises nahe. Politik und Ärztevordere haben durch die Umstellung vom pauschalen Vergütungssystem zum Einzelleistungsvergütungssystem einen kapitalen Fehler gemacht und Unfrieden, weil pecuniäre Ungemach, in das medizinisch-soziale System und das Arzt-Patientenverhältnis gebracht. Vielleicht ist die heutige Politik mit der Idee der Kopfpauschale, wenn man dabei auch wieder zum pauschalen Vergütungssystem zurückfindet, auf dem richtigen Weg.

Anders der berühmte Dr. Eisenbarth. Was war er, ein Quacksalber oder der von Gottes Hand begabte Chirurg, wie ihn die Inschrift eines Kupferstichs darzustellen versucht. Nichts unterscheidet sein Porträt von zeitgenössischen Repräsentanten des Ärztestandes. Ein tüchtiger Chirurg war er, der mit dem medizinischen Wissen seiner Zeit ausgestattet umherzog.

Seine Zunftgenossen übertraf er aber durch Reklamemacherei. Seine Entourage, wie man heute zu sagen pflegt, umfasste bis zu 120 Leute, die das Volk zu belustigen und anzuziehen hatten. Marktschreierisch wurden selbstproduzierte Arzneien und Operationsmethoden mit selbstkonstruierten Instrumenten angepriesen. Das Ansehen Eisenbarths ebenso wie seine nachweislichen Leistungen waren so groß, daß er trotzdem kein Quackaslber war. Selbst preußische Verordnungen zu Beginn des 18, Jahrhunderts zur Unterscheidung zwischen legitimiertem Heilpersonal und Kurpfuschern vermochten Eisenbarths speaktakuläre Auftritte nicht zu unterbinden, ebenso wie weiteres Kurpfuscher- und Quacksalbertum.

Erst die rasante medizinische Entwicklung im ausgehenden 19. und 20. Jahrhundert, festgemacht an Namen wie Pasteur, Koch, Semmelweiß, Billroth, Sauerbruch, Behring u. a. brachte nachhaltige Änderung.Die medizinische Entwicklung war verbunden mit zunehmendem Akademismus und Standesbewußtsein. Zeiten der Marktschreierei und der Selbstdarstellung für Angehörige des ärztlichen Berufs waren vorbei; diesbezügliche Verfehlungen wurden standesrechtlich und disziplinarisch strengstens geahndet bis weit ins 20. Jahrhundert hinein.

Gottlob sind Medizin und medizinische Berufe nun auch im I.T. Zeitalter angekommen. Es darf in Bild und Wort geworben werden; wohl auch ein Vorteil für den Patienten ( lateinisch den Leidenden ! ) der sich heute im Vorfeld eines geplanten medizinischen Vorgehens via Internet und Internetpräsenz der Behandler ohne eine Entourage von 120 Leuten informieren kann. Schließt sich hier der Kreis zu Eisenbarth ! ?.

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