Buch lesen: «Health Horse Agility»

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RENATE ETTL

Health Horse Agility

Gesundheitstraining für Pferde

Haftungsausschluss

Autorin und Verlag haben den Inhalt dieses Buches mit großer Sorgfalt und nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Für eventuelle Schäden an Mensch und Tier, die als Folge von Handlungen und/oder gefassten Beschlüssen aufgrund der gegebenen Informationen entstehen, kann dennoch keine Haftung übernommen werden.

Copyright © 2017 by Crystal Verlag, Wentorf

Gestaltung und Satz: jb:design, Johanna Böhm

Titelfoto: Renate Ettl

Fotos: Renate Ettl

Lektorat: Martina Kiss

Druck: Westermann Druck, Zwickau

Deutsche Nationalbibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

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Printed in Germany

ISBN: 978-3-95847-019-4

eISBN: 978-3-95847-719-3

INHALT

Vorwort

1. Ausgangslage

1.1Gesundheit statt Leistung

1.1.1 Die Aufgaben und Übungen im Health Horse Agility

1.1.2 Individuelles Trainingsprogramm

1.2Gesundheitliche Beeinträchtigungen des Pferdes

2. Gesundheitstraining

2.1Das Health-Horse-Agility-Konzept

2.1.1 Befundung

2.1.2 Prävention

2.1.3 Rehabilitation nach Verletzung und Krankheit

2.1.4 Gesundheitliche Defizite

2.1.5 Seniorentraining

2.1.6 Leistungssteigerung und Ausgleichstraining

2.2Muskeldysbalancen ausgleichen

2.2.1 Entstehung und Eliminierung von Muskelläsionen

2.2.2 Gezielter Aufbau der Rückenmuskulatur

2.2.3 Übungen zur Stärkung der Hinterhandmuskulatur

2.2.4 Muskeln im Schulterbereich kräftigen

2.2.5 Die Mikromuskulatur der Wirbelsäule aktivieren

2.3Balance und Koordination fördern

2.3.1 Nervenleitungen aktivieren

2.4Kreislauffördernde Maßnahmen

2.4.1 Konditionsaufbau und Stressabbau

2.5Mentale Fitness

2.5.1 Gehirnjogging

2.5.2 Selbstbewusstsein und Vertrauen stärken

3. Die Trainingspraxis

3.1Trainingsgrundsätze im Health Horse Agility

3.1.1 Richtig belohnen

3.1.2 Einsatz von Hindernissen

3.1.3 Das FoKE-Prinzip

3.2Step-over-Hindernisse

3.2.1 Feste Brücken

3.2.2 Wippe

3.2.3 Wasserspiele

3.2.4 Stangenarbeit

3.2.5 Sprünge

3.2.6 Abhänge und Steigungen

3.3Control-Hindernisse

3.3.1 Slalom und 8er-Lauf

3.3.2 Rückwärtsrichten

3.3.3 Engpass

3.3.4 Seitengänge

3.3.5 Drehungen

3.3.6 Lektionen auf dem Podest

3.4Balancehindernisse

3.4.1 Matratze und Balancepad

3.4.2 Der Schwebebalken

3.4.3 Sensorik-Trails

3.4.4 Der Kreisel und Wackelbretter

3.4.5 Die Hängebrücke

3.5Freie Übungen

3.5.1 Aktive Dehnungen

3.5.2 Verbeugen

3.5.3 Bergziege

3.5.4 Spanischer Schritt

3.5.5 Schaukeln

3.6Hindernis- und Aufgabenkombinationen

4. Der Health-Horse-Agility-Parcours

4.1Variationen in Ausführung und Schwierigkeitsgrad

4.1.1 Gangarten

4.1.2 Führen an der Hand

4.1.3 Leitseilarbeit

4.1.4 Freiarbeit

4.1.5 Reiten

4.2Trainingsplan und zielgerichteter Parcours

4.2.1 Beispielparcours für Freizeitpferde

4.2.2 Trainingsplan für Seniorpferde

4.2.3 Übungsparcours für Anspruchsvolle

VORWORT

In heutiger Zeit werden Gesundheit und Fitness großgeschrieben – nicht nur beim Menschen, sondern auch beim Pferd. Wellness und therapeutische Maßnahmen stehen hoch im Kurs, dennoch ist es nicht ausreichend, dem Pferd eine wohltuende Massage oder eine Solariumsitzung zu gönnen, um das Tier langfristig gesund zu erhalten. Neben Haltungs- und Fütterungsaspekten gehört auch ein adäquates Training zu einem ausgeklügelten Gesundheitskonzept.

Obwohl bekannt ist, dass Pferde von Natur aus nicht dazu geschaffen sind, Lasten zu tragen, will der Mensch das Pferd als Reittier nutzen. Dies bedingt, dass das Pferd diese unnatürliche Mehrbelastung kompensieren muss. Um dies zu bewerkstelligen, ist ein gezieltes Training notwendig, das den Körper über den Muskelaufbau und die Stärkung von Sehnen, Bändern, Gelenkstrukturen und Kreislaufsystem in die Lage versetzt, diese abnorme Mehrbelastung schadlos auszugleichen. Die Umsetzung dieses Trainings ist jedoch nicht so einfach. Es verlangt vom Ausbilder die Fähigkeit, das Pferd entsprechend zu motivieren, damit dieses gegen das Reitergewicht arbeitet. Auf diese Weise kann eine körperliche Überlastung durch das Gerittenwerden langfristig verhindert werden. Voraussetzung hierfür ist der vertrauensvolle und erzieherische Umgang mit dem Pferd und eine technisch anspruchsvolle Hilfengebung des Reiters, um den Pferdekörper so zu formen, dass diese Anforderungen erfüllt werden können. Genau an diesem Punkt scheitern jedoch viele Pferdeliebhaber. Der Weg zu einem einfühlsamen, verständigen Reiter ist lang und dauert mehrere Jahre. In den Lehrjahren des Reiters erleiden viele Pferde diverse Schäden durch falsches Gerittenwerden. Um diese ungünstigen Einflüsse zu mildern und den Weg in die gesundheitlich orientierte Trainingsrichtung zu ebnen, hilft das Health-Horse-Agility-Konzept sowohl Reitern als auch den Pferden auf dem Weg zu einem harmonischen und gesunden Miteinander. Dabei ist es irrelevant, in welcher Disziplin oder Reitweise ein Pferd eingesetzt wird, weil sich das Trainingsprogramm des Health Horse Agility stets individuell nach den Bedürfnissen des jeweiligen Pferdes richtet und nicht nach bestimmten Zielen einer Reitweise.

Gschaid, im September 2017



Das Gesundheitstraining erhöht die Fitness des Pferdes und schafft Reserven für Extremsituationen, die das Verletzungsrisiko minimieren.

1. AUSGANGSLAGE
1.1 Gesundheit statt Leistung

Das Konzept des Health-Horse-Agility-Trainings ist nach dem Gesundheitsprinzip und nicht nach den Grundsätzen der Leistungssteigerung aufgebaut. Das heißt, dass das Pferd in diesem Training nicht unbedingt schneller, höher oder weiter springen und laufen soll, sondern besser. Das Ziel ist, seine Bewegungen zu optimieren, um bestimmte Körperstrukturen planmäßig zu trainieren, damit diese eine Mehrbelastung (durch das Reiten) aushalten und somit langfristig gesund bleiben. Das eine schließt das andere aber nicht aus, denn ein gesundes Pferd ist logischerweise auch leistungsfähiger. Somit können auch gewisse Höchstleistungen erlangt werden, die sonst nicht möglich wären. Dies ist zwar nicht das primäre Ziel des Trainings, aber ein durchaus sinnvoller Nebeneffekt, der nicht nur dem Turnierreiter zugutekommt. Das gezielte Training schafft zudem wichtige Reserven für Extremsituationen und setzt auf diese Weise das Verletzungsrisiko deutlich herab.

Merke!

Das Konzept des Health Horse Agility ist nicht nach dem Leistungsprinzip, sondern nach dem Gesundheitsprinzip ausgerichtet.

Das Health-Horse-Agility-Konzept soll jedem Reiter ein Programm an die Hand geben, das er zielsicher umsetzen kann. Die Aufgaben und Übungen müssen dabei individuell an die Ausgangsposition von Reiter und Pferd angepasst werden. Zudem soll neben dem gesundheitsfördernden Aspekt auch der Spaß nicht zu kurz kommen, der letztendlich auch auf die Psyche einen positiven Einfluss hat. Denn nur ein gesunder Geist kann auch den Körper in seiner Genesung oder Gesunderhaltung unterstützen.

Durch den Einsatz von Hindernissen wie die Kufenwippe werden Muskelkraft, Balance und Koordination trainiert.

1.1.1 Die Aufgaben und Übungen im Health Horse Agility

Zwar steht das Leistungsprinzip im herkömmlichen Sinne nicht auf den Fahnen des Health-Horse-Agility-Konzepts, dennoch ist das Trainingsprogramm auf mehreren Leveln aufgebaut, um den Pferdebesitzer zu motivieren und den Fortschritt der Arbeit erkennen zu lassen. Zudem sollen die Übungen in den weiteren Stufen dazu dienen, die Kommunikation von Mensch und Pferd weiter zu verfeinern, die Aufmerksamkeit zu steigern, das Selbstbewusstsein zu stärken und die Bewegungen nachhaltig zu optimieren. Die Hindernisse und Übungen können zudem geführt, geritten, am Leitseil (Training auf Abstand) oder in Freiarbeit erarbeitet werden.

Die Hindernisse und Aufgaben sollte das Pferd möglichst selbst absolvieren und vom Menschen nur so viel Unterstützung erfahren, wie nötig ist, um die Aufgabe zu verstehen und sie sicher zu bewältigen. Selbstverständlich muss der Mensch eingreifen, wenn das Pferd einen Weg falsch einschlägt oder durch Fehltritte Unfälle und somit Verletzungen drohen. Der Eingriff erfolgt jedoch stets korrigierend, niemals strafend. Erfolgreiches Arbeiten wird zudem immer lobend begleitet.

Das weitgehend selbstständige Arbeiten des Pferdes motiviert das Pferd zur aktiven Mitarbeit und gibt ihm das Gefühl eigener Entscheidungsfreiheit. Der Ausbilder lenkt das Pferd jedoch über lobende und korrigierende Einflüsse sowie mithilfe der verwendeten Medien (Hindernismaterial) in die gewünschte Richtung. So kommen Hindernisse zum Einsatz, die das Pferd sowohl zu aktiven als auch passiven Reaktionen bestimmter Muskelgruppen verleiten. Das Muskeltraining geschieht nicht bewusst, sondern automatisch beim Lösen der Aufgabe. Hindernisse wie Stangen, Wippen, Pylonen, Brücken, Podeste oder unterschiedliche Trittmaterialien dienen nur als Mittel zum Zweck.

Das Hindernis – wie in diesem Fall der Drehteller – unterstützt die Hilfen des Reiters und aktiviert die Muskulatur, die auf diese Weise gezielt angesteuert werden kann.

Das Rad muss nicht neu erfunden werden, denn viele Reitsportdisziplinen bieten einen großen Fundus an Möglichkeiten, die für das Gesundheitstraining genutzt werden können. Aufgaben und Hindernisse aus den Sparten der klassischen Dressur können ebenso in das Health-Horse-Agility-Programm aufgenommen werden wie Übungen aus der Zirzensik, dem Extreme Trail, dem Trailparcours der Westernreiter oder dem Agility-Sport. Immer muss jedoch der Gesundheitsaspekt einer Übung im Vordergrund stehen. Dies erfordert das Verständnis des Ausbilders, welche Effekte bei welcher Übung entstehen und welche Aufgaben für das jeweilige Pferd passend sind.

1.1.2 Individuelles Trainingsprogramm

Die Übungen und Aufgaben im Health-Horse-Agility-Konzept werden für jedes Pferd individuell ausgewählt. Den Trainingsparcours beeinflusst insbesondere die Ausgangslage des Pferdes. Hierzu wird zunächst ein Befundungsprofil erstellt, das Auskunft über die Fitness des Pferdes, dessen gesundheitliche Beeinträchtigungen, eventuelle Exterieurmängel, den Charakter und seinen Ausbildungsstand gibt.

Bei Verletzungen kann ein Osteopath beispielsweise durch passive Mobilisationen dazu beitragen, die Heilung zu beschleunigen.

Aus der Sammlung verschiedener Übungen werden zielgerichtet die passenden Aufgaben ausgewählt. Alle Übungen, die für das jeweilige Pferd als gesundheitsfördernd eingestuft werden, können ins Programm aufgenommen werden. Dabei ist oftmals nicht die Übung an sich „gut“ oder „schlecht“, da dies mitunter stark von der Intensität und der Qualität der Ausführung abhängig ist, sondern die Aufgaben sind für das entsprechende Pferd entweder passend oder ungeeignet. Aus diesem Grund muss eine Übung stets mit Bedacht für jedes Pferd gezielt ausgewählt werden. Mit dem Programm des Health Horse Agility muss kein Reiter seine Leidenschaft für eine bestimmte Reitweise oder Disziplin aufgeben. Vielmehr kann er seine Disziplin mit dem Gesundheitstraining sinnvoll ergänzen. Das Gesundheitstraining nach dem Health-Horse-Agility-Prinzip dient nicht nur dem Ausgleich von Defiziten, sondern ist zusätzlich eine Abwechslung im Trainingsalltag und stellt somit auch ein ideales Ausgleichstraining dar.

Merke!

Das Health-Horse-Agility-Training gleicht Defizite aus, fördert die Vielseitigkeit und steigert die körperliche und psychische Belastbarkeit.

1.2 Gesundheitliche Beeinträchtigungen des Pferdes

Nicht nur alte Pferde sind von gesundheitlichen Beeinträchtigungen betroffen. Jedes Pferd kann von dem einen oder anderen Gesundheitsproblem geplagt sein. Die Ursachen können sehr unterschiedlich sein und reichen von Erbkrankheiten über traumatische Ereignisse bis hin zu degenerativen Erscheinungen. Häufig leiden Pferde auch an inneren Erkrankungen wie Gastritis und Magengeschwüren. Lungenprobleme, Leberschwäche oder Nierenleiden sind weitere Erkrankungen, die sich zunächst nicht unmittelbar äußern und sich dennoch auf den Einsatz des Pferdes auswirken.

Verletzungen und Erkrankungen des Bewegungsapparats gehen häufig mit Lahmheiten einher und sind deshalb offensichtlicher. Sie kommen bei Pferden relativ häufig vor, insbesondere treten Sehnenläsionen und Gelenksarthrosen auf. Neben der Unterstützung von Tierarzt und Therapeut kann das Health-Horse-Agility-Training dazu beitragen, die Pferde schneller wieder fit zu bekommen.

Neben den Erkrankungen und Verletzungen gibt es noch weitere krank machende Faktoren. Der Pferdebesitzer kann viel zur Gesunderhaltung seines Pferdes beitragen, wenn er die natürlichen Bedürfnisse der Equiden kennt und berücksichtigt. Hierzu gehören insbesondere eine naturnahe Haltung und Fütterung. Zusätzlich gilt es, den reiterlichen Einsatz dem Belastungspotenzial des Pferdes anzupassen und ein besonderes Augenmerk auf ein gut sitzendes Equipment (vor allem Sattel und Zaumzeug) zu legen. Selbstverständlich ist die genetische Veranlagung der Physis und Psyche eines Pferdes für die Einsatz- und Belastungsfähigkeit mit zu berücksichtigen.

Das Health-Horse-Agility-Training trägt dazu bei, den Aufbau defizitärer Strukturen gezielt zu fördern, um ein schadloses Reiten zu ermöglichen. Damit ist das Gesundheitstraining die beste Prävention, weil die Pferde länger gesund und fit bleiben.

Die Zweibeinwippe bietet hervorragende Möglichkeiten, die Schultermuskulatur zu kräftigen und die Balance zu verbessern.

2. GESUNDHEITSTRAINING
2.1 Das Health-Horse-Agility-Konzept

Was genau ist unter einem Gesundheitsprogramm, dem Health-Horse-Agility-Konzept, für Pferde zu verstehen und was will man damit erreichen? Einerseits soll es dazu dienen, ein Pferd gesund zu erhalten (Prävention), andererseits aber schon gehandicapte Pferde zu einer gesundheitlichen Balance zurückzuführen (Rehabilitation). Der dritte Aspekt ist die Leistungssteigerung, die den Pferden in ihren Spezialdisziplinen Vorteile verschaffen kann. Wir sprechen hier von einem „Training“, das als Zustandsveränderung, die einer gewissen Zielvorstellung entspricht und durch spezielle methodische, inhaltliche und organisatorische Maßnahmen erreicht wird, definiert wird. Anders ausgedrückt handelt es sich beim Training um einen Anpassungsvorgang des Körpers an eine veränderte (gezielt herbeigeführte) Belastungssituation. Dabei wird die körperliche Belastung dem physischen Zustand des Körpers maßvoll angepasst und auf die Zielvorstellung ausgerichtet. Diese beiden Komponenten in Einklang zu bringen, macht ein gutes Training aus.

Merke!

Mit dem Begriff des Gesundheitstrainings sind folgende drei Ziele verbunden:

1. Prävention

2. Rehabilitation

3. Leistungssteigerung

Um die Anforderungen eines Gesundheitstrainings auf das Pferd zu übertragen, muss zunächst das Ziel definiert und anschließend der körperliche (aber auch seelische) Zustand des Pferdes befundet werden. Darauf baut der Trainingsplan auf, der schließlich die Belastungsart, die -häufigkeit und die -intensität beinhaltet.

Exterieurmängel wie ein Senkrücken können zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen, die durch ein gezieltes Gesundheitstraining kompensiert und zumindest gemindert werden können.

2.1.1 Befundung

Konkret gilt es nun, folgende Überlegungen anzustellen: Der Trainer eines Pferdes muss zunächst den „Ist-Zustand“ des Pferdes feststellen, um daraufhin einen Trainingsplan erstellen zu können. Dies geschieht durch einen Befundungsvorgang mit einer Anamnese (Krankengeschichte), einer Adspektion (Begutachtung), einer Ganganalyse (Bewegungsmuster erkennen) und einer Palpation (Abtasten des Pferdes).

Die Anamnese besteht darin, die Entwicklung einer Krankengeschichte zu erfragen und zu verstehen, wobei insbesondere das Augenmerk auf die ursächlichen Einflüsse einer Erkrankung erforscht werden sollten. Denn das ausgeklügeltste Trainingsprogramm wird keine nachhaltige Wirkung zeigen, wenn die Ursachen von negativen Einflüssen nicht abgestellt werden können.

Die Beobachtung der Verhaltensweisen des Pferdes gibt dem Trainer die wichtigsten Hinweise über das Wohlbefinden des Reittiers.

Der Augenausdruck ist ebenfalls ein wichtiges Indiz für Stress, Angst, Schmerz und weitere Gefühle. Die Hals- und Schweifhaltung, Beinstellungen, die Fellstruktur, die Muskelausprägung und -verteilung sowie ungewöhnliche Exterieurmerkmale (Senkrücken, Karpfenrücken, Hirschhals etc.) werden ebenfalls in der Adspektion mitberücksichtigt. Des Weiteren sollte man auf Schwellungen, Dellen, Narben oder Hautverletzungen achten.

Das Pferd in Bewegung zu begutachten, gibt weiteren Aufschluss über mögliche Gesundheitsdefizite, vor allem im Bereich des Bewegungsapparats.

Zu guter Letzt lässt man seinen Tastsinn weitere Aspekte aufnehmen, indem man das Pferd palpiert und auf Schwellungen, warme Stellen, harte Bereiche und Strukturveränderungen untersucht.

Ist der Befundungsprozess durchlaufen, kann man den Gesundheitszustand eines Pferdes bereits gut einschätzen. Treten jedoch merkwürdige Phänomene auf (wie schlaffe Gliedmaßen, starke Lahmheit, Zittern und Ähnliches), sollte man den Tierarzt verständigen, um diese Symptome abchecken zu lassen. Es könnte sich um eine gefährliche Erkrankung handeln, die stets in die Hände des Tierarztes gehört. Ein allgemeiner Gesundheitscheck ist immer dann notwendig, wenn sich Anzeichen von Unwohlsein zeigen. Hier können die PAT-Werte (Puls, Atmung, Temperatur) erste Hinweise auf mögliche Erkrankungen liefern, wenn diese außerhalb der Normwerte (Puls: 28 bis 40 Schläge/Minute, Atmung: 8 bis 16 Atemzüge/Minute, Temperatur: 37,5 bis 38,2 °C) liegen. Ansonsten steht nichts mehr im Wege, ein für das Pferd individuell angepasstes Trainingsprogramm mit verschiedenen Zielrichtungen zu entwickeln.

Merke!

Folgende wichtige Befundungsfragen sollten geklärt werden, bevor man einen Trainingsplan erstellt:

Woher kommen die Beschwerden?

(Ursachenfindung)

Was sieht man am Pferd?

(Beobachtung des Verhaltens und Begutachtung des Pferdekörpers auf sichtbare Veränderungen)

Wie ist das Laufbild des Pferdes?

(Ist eine Lahmheit oder Taktunreinheit erkennbar? Verzögertes Auffußen? Verminderte Beugefähigkeit von Gelenken?)

Was kann man ertasten? (Schwellungen, Wärme, Strukturveränderungen)

€12,99