BRISANTES ... Worüber man(n) nicht spricht

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BRISANTES ... Worüber man(n) nicht spricht
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Regina Eppert





BRISANTES ...







Worüber man(n) nicht spricht







Ein Buch für Frauen,







das auch Männer lesen sollten





Engelsdorfer Verlag



Leipzig



2016





Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

www.dnb.de

 abrufbar.



Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig Alle Rechte bei der Autorin Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de






Inhalt







Cover







Titel







Impressum









Annis letzte Liebe









Annis Ehemann







Rat von der „Fernbeziehung“







Berlin-Reise







Enttäuscht









Der Bäcker von nebenan









Nachgedacht







Ruth lernt Willi kennen







Willi steht plötzlich an der Tür







Der Weg zum Restaurant







Willis Schlafzimmer







Ruth weicht aus







Die Familie







Kaffeeklatsch







Frauen unter sich







Ruth wird neugierig







Das kleine Kissen







Willi übt seine Macht aus







Giftige Pflanzen







Ruth flieht







Lehrgang







Ruth fühlt sich frei







Ruth renoviert und putzt







Ein unerwarteter Schatz







Duplikation der Ereignisse









Anitas frühe Sünde









Ein Morgen







Das Geheimnis







Anita sagt Nein!







Anitas große Liebe







Nach seiner Gewohnheit







Der Mann im Supermarkt







Die Krise







Anita wird krank, aber sie tanzt









Zauberei unterm Apfelbaum









Beängstigende Stille







Was danach geschah







Celina







Wochen später







Angst vor dem späten ersten Date







Erfahrungen einer Liebesnacht







Der Morgen danach







Ein kurzer Blick ins Internet







Orientierungsphase









Teufelsaustreibung vor dem Altar











Profil von Regina Page









Ein persönliches Wort der Autorin







ANNIS LETZTE LIEBE



Der Himmel wusste nicht, wie er sich entscheiden sollte. Die Nebelschwaden lösten sich an diesem Montagmorgen nicht auf. Gina hörte von Weitem Kinderstimmen. Mädchen und Jungen, die auf dem Weg zur Schule waren. Die Schüler hatten sich vom Wochenende viel zu erzählen. Ein Gemurmel von Nahem, und doch konnte sie nichts als einige Schatten erkennen. Eilige Gestalten, die alle denselben Weg einschlugen.



Gina war es gewöhnt, am Morgen allein durch die Straßen zu gehen. Sie machte ihre Spaziergänge und Besuche bei Freunden in den Vormittagsstunden. An diesem Morgen war sie früher als gewohnt unterwegs.



Je näher sie den Stimmen kam, umso lauter klangen sie in ihren Ohren. Wie von Zauberhand geführt stand Gina plötzlich vor dem Gebäude der Schule. Ein Pulk von Mädchen und Jungen, die sich durch das Tor zur Schule schubsten, verhinderte, dass sie ihren Weg fortsetzen konnte. Gina sah nach oben, aber der Himmel ließ keinen Sonnenstrahl durch die dicke Nebelsuppe.



Die Schulkinder waren im Schulgebäude angekommen, da klingelte die Glocke zum zweiten Mal. Die Stimmen verhallten. Es war still. Von Ferne hörte Gina das Hupen der Autos. Sie ging jeden Tag ebendiesen Weg, doch nur heute fielen ihr die lauten Geräusche auf. Eigentlich lag ihr das Leben in der Kleinstadt – mittlerweile. In der Großstadt aufgewachsen, war es für sie zunächst ein Gewöhnungsprozess über Jahre gewesen. Gina hatte einige Freundinnen in der Stadt, die ihr die neue Heimat angenehmer machten. Und wenn die Zeit es ihr erlaubte, machte sie auch bei Anni Besuche. Heute führte sie ihr Weg aus irgendeinem unerklärlichen Grund zu Anni.



An der Haustür angekommen, sah sie, bevor sie die Klingel betätigte, gen Himmel. Ein kleiner Sonnenstrahl, der sich durch die Wolken hindurchkämpfte, ließ Gina lächeln.

Ein schöner Moment

, dachte sie und blickte erneut in den verhangenen Morgenhimmel.



Die Freundinnen, die sie besuchte, lebten allein, waren verwitwet oder hatten sich von ihren Lebenspartnern getrennt – und waren allein mit ihren Sorgen des Alltags geblieben. Anni, die von der späten Liebe überzeugt war, in Glückseligkeit dahinschmolz und so träumerisch ihren Tag verbrachte, war über beide Ohren verknallt. Seit Monaten wartete sie darauf, einmal mit ihm in den Morgenstunden oder im Wechsel am Abend sprechen zu können. Die Liebe zu ihm, die tägliche Sehnsucht und die hohe Erwartung, die sie an ihren geliebten Wahrsager stellte, waren groß. „Manchmal ist er auch im Fernsehen“, erzählte sie zwischen einem kurzen Abbeißen vom Butterbrot und einem Schluck Kaffee. In dieser Erwartung blieb sie, in ihrem Morgenmantel warm verpackt, in ihrem Sessel sitzen. Dieser Wartezustand konnte schon mal den ganzen Tag anhalten.



Auch an diesem Morgen saß Anni am Tisch im Wohnzimmer und bereitete ihr Frühstück vor. Sie schmierte sich die zweite Scheibe Graubrot mit ihrer Lieblingsmargarine und etwas Marmelade obendrauf, machte sich eine Tasse Kaffee aus ihrem Kaffeeautomaten und begann den neuen Tag wie jeden Morgen. Gina war gerade erst bei ihr angekommen, da sprach sie schon mit vollem Mund – die halbe Scheibe Brot schob sie dabei noch hinterher. „Willst du auch einen Kaffee? Dann mache ich dir einen. Mit meiner Espressomaschine geht das sehr schnell.“



„Danke, gerne“, erwiderte Gina.



Etwas behäbig stand Anni an ihrem Tisch auf. „Einen kleinen oder willst du lieber einen großen?“

 



„Ein kleiner reicht.“



Anni schien nicht ausgeruht. Die Nacht verlief für sie kurz, erzählte sie mit mürrischem Gesicht. Sie konnte nicht durchschlafen.



Ihr Körpergewicht war weit über dem Normalgewicht einer Fünfundsiebzigjährigen. So wälzte sie sich in den Nächten hin und her. Auch bekam sie schlecht Luft. Der Morgen verlief bei ihr dementsprechend lustlos. „Was willst du denn schon hier …?“, hatte sie bereits an der Wohnungstür mürrisch gefragt.



Gina störte sich nicht daran.



Obwohl sich Anni des Nachts an ein Atemgerät anschließen sollte, vergaß sie es oft. Sie schlief einfach ein und so wurde aus dem Auflegen der Atemmaske nichts. Zwar hatte sie eine ärztliche Anordnung erhalten, aber sie nahm es mit ihrer gesundheitlichen Vorsorge nicht so genau. Der Fernseher lief den ganzen Tag. Selbst wenn das Abendprogramm vorbei war, saß Anni noch in den Nachtstunden vor dem Apparat und verfolgte die

Astro Show

. Der Versuchung konnte sie nicht widerstehen.



Maria wartete auf den Auftritt von Hermann. Vor drei Jahren hatte sie aus Verdruss in der Show angerufen. Nun wollte sie wissen, wie es weiterging in ihrem Leben. Die Verlockung war groß gewesen und der erste Anruf kostenfrei. Doch beim ersten Anruf blieb es nicht, sie wollte mehr wissen über ihr Leben. Wie ging es weiter mit ihr und ihrer Liebe zu ihm?



Gina hörte ihr zu. „Er ruft einfach nicht mehr an“, sagte Anni traurig. „Es ist bestimmt Schluss mit ihm.“



Gina fragte nach: „Wen meinst du? Hast du dich verliebt?“



Anni gestand ihre Liebe zu Hermann. „Wir sind jetzt zusammen.“



„Wie – du bist mit ihm zusammen?“, fragte Gina nach.



„Ich weiß einfach nicht, warum er sich nicht mehr bei mir meldet, es sind schon Wochen vergangen, seit wir uns das letzte Mal gesprochen haben“, erzählte Anni weiter. Er hatte ihr beim letzten Gespräch eine Menge versprochen. „Wir bleiben zusammen, nur habe ich viel zu tun“, hatte Hermann versichert. „Daher kann nicht immer anrufen.“



Anni war unglücklich, erzählte weiter von „ihrem Hermann“. Sie würde ihn jetzt beim Sender anrufen, sie wollte endlich wissen, wie es um ihre Liebe stand und wie es weitergehen sollte. Wollte wissen, ob er auch so wie sie empfand. „Da muss etwas passiert sein, sonst hätte er sich gemeldet“, sagte Anni, als sie Gina beim Abschied zur Tür brachte.



Auf dem Weg nach Hause kam Gina der Gedanke, dass Anni wohl einem Abzocker auf den Leim gegangen war.

Was gaukelt dieser Hellseher nur dieser Frau vor? Anni ist fünfundsiebzig Jahre alt und der erzählt ihr etwas von Zusammensein, erzählt ihr etwas von einer gemeinsamen Zukunft. Macht ihr große Hoffnung, sie würde bald zu Geld kommen und in Kürze die große Liebe erfahren.



Es machte Gina wütend und sie fragte sich, was sie gegen diesen Hermann unternehmen könnte. Es war ihr Optimismus. Anni glaubte dem Wahrsager. In ihr wurden Sehnsüchte geweckt, von denen sie bis dahin nicht einmal geahnt hatte, dass es diese Gefühle überhaupt gab. Anni konnte es nicht einordnen. Sie spürte es. Erotik spielte beim Gespräch mit ihm eine große Rolle. Ein Feuer, das in ihr zu brennen begann, sobald sie seine Stimme hörte. Das alles war neu für sie. Hoffnungen, die Anni in Rechnung gestellt wurden. Beim nächsten Besuch wollte Gina Anni vorsichtig fragen, wie sie sich das vorstellte. Ein Mann erzählte ihr das alles am Telefon, ein Mann, den sie noch nie gesehen hatte. Er weckte unerfüllte Wünsche in ihr. Vielleicht könnte sie Anni dazu bringen, dass sie diesen Menschen nicht mehr anrief.



Gina besuchte Anni schon nach wenigen Tagen. In Sorge um sie wollte Gina sie nach ihrem Telefonfreund fragen.



„Hallo, wie geht es dir? Schön, dass du kommst“, wurde Gina freudestrahlend begrüßt. Anni war in heller Aufregung: „Wir wollen uns treffen, stell dir das mal vor. Ich fahre in die Hauptstadt und er kommt etwas später dazu.“



„Du hast ihn doch noch nie kennengelernt. Wie willst du wissen, ob das gut geht?“



„Ja, ja, ich habe ihn im Fernsehen schon gesehen, als ich mit ihm telefoniert habe“, antwortete Anni. Sie war voller Enthusiasmus. „Er hat mir noch einmal gesagt, dass wir zusammenbleiben, erst gestern sagte er es.“



Er weckte in ihr das, was sie in ihrem Leben nie gespürt hatte. Es war dieses unbekannte Feuer, das sich in ihr immer mehr entflammte. Gina wollte ihr die Vorfreude nicht nehmen. Sie wollte mit Anni darüber sprechen, sie dazu bringen, diese Ausgaben an Gebühren zu reduzieren. Doch Anni war so in heller Aufregung und Freude, dass Gina die Reise nicht infrage stellen mochte. Sie blieb still in dieser Sache, wollte sie doch Annis kleines Glück nicht zerstören.



Sie erzählten sich noch etwas, sprachen über ihre Kinder und den letzten Tratsch in der Stadt. Welches Geschäft schon wieder zumachte und wer die Nachfolger waren. Zurzeit war ein steter Wechsel der Besitzer in den Geschäftsräumen der Einkaufsstraße, da gab es viel zu erzählen.



Nachdem Gina sich von ihrer Freundin verabschiedet hatte, lief sie nachdenklich durch die Gassen der Stadt nach Hause.

Wie kann ich ihr nur diesen Unsinn ausreden? Der Mann ist fünfzig Jahre alt.

 Das hatte Anni ihr erzählt. Gina zweifelte.

Vielleicht geht das gut mit den beiden und Anni hat dann einen Begleiter.








Annis Ehemann





Anni war immer sehr einsam und zu oft allein gewesen. Seit ihr Ehemann vor einem Jahr verstorben war, hatte sie keine Aufgaben mehr. Er lebte in den letzten Jahren im Altenheim, musste jahrelang gepflegt werden. Anni war in dieser Zeit oft verzweifelt; täglich besuchte sie ihren Mann im Pflegeheim.



An manchen Tagen erkannte er seine Frau nicht mehr. Sie sah nach ihm. Anni empfand das als seine Ehefrau als ihre Pflicht. Schon auf dem Weg zum Pflegeheim dachte sie:

Wie hat er sich heute wieder angezogen? Was wird er heute wieder angestellt haben?

 Sie achtete stets darauf, was er aus der Gewohnheit heraus angezogen hatte. Hatte er die ältesten Klamotten aus der hintersten Ecke des Schrankes geholt? Anstrengend war es für Anni, die tägliche Unsicherheit, wie ihr Mann sie begrüßen würde, zu ertragen. Die Veränderung seines Verhaltens, die Stumpfsinnigkeit – und oft wurde er ihr gegenüber auch noch böse.



Eine Cordhose, die er über alles liebte, versteckte er in seinem Kleiderschrank. Verschlissen war sie, doch er passte auf, dass Anni ihm die Hose nicht wegnahm. Sie hatte es schon einmal versucht; er wurde böse und riss ihr sein Lieblingsstück aus der Hand, als sie heimlich die Cordhose in ihrer Tasche verschwinden lassen wollte. Ein Stück Andenken aus seinen Tagen, als er noch zu Hause war. Er sprach oft davon, er wolle mitgehen, er wollte nach Hause. Zwischendurch erinnerte er sich an frühere Zeiten, sprach von seinen Kollegen. Er war dann hellwach; doch schon nach einer kurzen Unterhaltung mit ihr war er zu schwach.



Anni konnte nicht viel mit ihm anfangen, er schlurfte apathisch durch die Gänge des Altenheims und nahm von ihr und seiner Umgebung kaum noch Notiz. „Was suchst du nur?“, fragte sie nach, wenn er wieder in Unruhe geriet. Er riss jede Schublade auf und lief in seinem Zimmer auf und ab. Er schaute sie fragend an, als wollte er sagen:

Als ob du nicht weißt, was ich suche!

 Das sollte die Antwort sein. Anni wusste, ihr Mann suchte einen Schraubenzieher. Die Besatzung des Heims fürchtete sich vor seiner „Bastelstunde“. Vor einigen Wochen hatte er mit einem kleinen Schraubenzieher den Abstelltisch in der hintersten Ecke auseinandergeschraubt. Als er entdeckt wurde, stand er kopfschüttelnd vor seinem Werk. Die Schwester nahm ihn an die Hand und ging mit ihm, mit einem Lächeln im Gesicht, ins Wohnzimmer. Anni hatte es aufgeben, ihm hinterherzulaufen.



Während ihr Ehemann „auf Achse“ war, kümmerte sie sich um die Mitbewohner. Sie sprach mit ihnen, die sich gerne mit Anni über alten Zeiten unterhielten. Für die älteren Menschen eine gute Abwechslung in dem eher tristen Alltagsleben.



Am Abend kam sie nach Hause und verschwand in einer Lethargie von Erschöpfung in ihrem Schlafzimmer.








Rat von der „Fernbeziehung“





So kam es, dass Anni schon vor Jahren den Hellseher kontaktierte. Er machte ihr Mut, sagte ihr eine bessere Zukunft voraus, die er in den Sternen sah. Anni war nach diesen Gesprächen erleichtert. So war zwischen dem Hellseher und Anni eine Vertrauensgemeinschaft entstanden. Hermann verstand es, sie so zu nehmen, wie sie war.

Eine Fernbeziehung.

 Anni glaubte ihm, hatte Vertrauen zu dem, was er ihr vorhersagte. Die Bindung zu Hermann tat ihr gut. Nach einem Gespräch mit ihm hatte sie einen gewissen Elan, saß nicht einfach nur in ihrer Wohnung herum. Sie bewegte sich, unternahm etwas, besuchte Freunde, konnte von „ihrem Hermann“ erzählen. So wollte sie es beibehalten, auch nachdem ihr Ehemann von ihr gegangen war.



Hermann hatte ihr Voraussagungen gemacht, als ihr Mann ins Krankenhaus gebracht wurde. „Dein Mann wird das Krankenhaus nicht mehr verlassen“, prophezeite er ihr. An diesen Tagen, als sie nach ihrem täglichen spartanischen Frühstück aufbrach, ihren Ehemann im Krankenhaus aufzusuchen, war Hermann für sie da. Er war ihr täglicher Berater. Er sagte ihr: „Er wird Weihnachten nicht mehr erleben.“



Anni klammerte sich an Hermanns Vorhersagen, das ließ sie den Schmerz über den Verlust ihres Ehemannes vergessen. Das Schicksal hatte es nicht gut mit ihr gemeint. In ihrem trübseligen Leben war sie froh und glücklich über jedes freundliche Wort von Hermann. Anni hatte sich schon oft genug aufgegeben. Es blieb ihr mit Hermann ein kleiner Hauch von Glück.








Berlin-Reise





Der Tag der Abreise in die Hauptstadt rückte näher. Anni hatte bei ihrer Vorfreude die Leichtigkeit eines jungen Mädchens – jedenfalls im Augenblick. „Ich will ja nicht mit ihm ins Bett gehen“, sagte sie zu Gina. Gina hörte ihr zu. Doch konnte sie sich das Grinsen nicht ganz verkneifen, als sie bei ihrem letzten Besuch die ganze Tragweite erfuhr und einen Espresso bei ihr trank. „Wir werden ein Zimmer zusammen nehmen, das hat er mir schon am Telefon gesagt“, erzählte Anni weiter. Eine Woche müsste sie noch warten. Der Koffer war schon gepackt und die Fahrkarte mit dem Plan lag obendrauf. Das Zimmer wollte er besorgen.



„Du musst doch wissen, welches Hotel er für dich gebucht hat. Die Stadt ist groß, wie willst du dich da zurechtfinden?“



„Er holt mich vom Bahnhof ab. Ich brauchte mir keine Sorgen zu machen. So hat er gesagt.“ Das Vertrauen, was sich durch seine Wahrsagerei bestätigt hatte, war fest bei ihr verankert. „Dieser Mann meint es ehrlich mit mir. Wir sind halt gute Freunde“, sagte sie noch, während Gina sich zur Wohnungstür begab und ihr einen letzten Gruß mit der Hand zuwarf.








Enttäuscht





Die Reise nach Berlin fand nicht statt. Gina traf Anni in der Einkaufsstraße; ihr Gesichtsausdruck ließ es schon von Weitem erahnen. Anni erzählte verzweifelt von überhöhten Telefonkosten, die durch viele Gespräche mit Hermann entstanden waren. Die Gebühren, die durch Versuche, ihren Lebensweg in den Sternen zu suchen, aufgelaufen waren, waren ins Unermessliche gesprungen. Und doch sprach sie schon wieder hoffnungsvoll von einem Treffen mit ihrer jungen Liebe. „Berlin ist nicht abgeschrieben“, sagte sie in der Einkaufspassage. „Wir werden uns bald treffen. Zuerst soll ich nach Leipzig kommen und von dort werden wir zusammen nach Berlin fahren. Das kann er aber erst in einigen Monaten realisieren. Es ist nicht Schluss mit uns; das mit uns ist etwas ganz Besonderes“, erzählte Anni.



Während sie darüber sprach, kam wieder Hoffnung auf und eine gewisse Röte trat in ihr Gesicht. Anni hielt fest an „ihrem Hermann“! Gina schüttelte ihren Kopf und fragte sich:

Weiß sie eigentlich von der Hoffnungslosigkeit ihrer Träume?

, als sie weiter durch die Einkaufspassage lief.



Anni aber hatte sich schon wieder auf den Heimweg gemacht. „Tschüs!“, rief sie durch die Halle der Passage. „Ich will noch mal versuchen, ob ich ihn ans Telefon bekomme“, sprach sie und war schneller als sonst des Weges.







DER BÄCKER VON NEBENAN



Als ihr am Abend zuvor der Bäcker von nebenan ein eindeutiges Angebot machte, war Ruth mehr als überrascht. Er war der letzte Kunde nach einem anstrengenden Arbeitstag. Ruth ahnte nicht, was an diesem Tag auf sie zukam.

 



„Na, dann habe ich es ja wieder hinter mir“, sagte er zu ihr. Er zog seine Socken an. Mühsam streckte er seine Arme aus, um an seine Füße zu kommen. Der Bauch vom Bäcker hatte durch seine Fresssucht in den letzten Wochen zugelegt. Er prustete, er machte eine kleine Pause, die er für einen Blick in die andere Richtung nutzte.

Wie fange ich es nur an, sie anzusprechen?

, überlegte er. Sein Vorhaben, Ruth zum Essen einzuladen, hatte er schon länger geplant. Heute sollte er es wagen. Sein Plan stand fest.



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