Briefe aus der Ferne

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Literatur

Cockburn, Cynthia (1988): »Masculinity, feminism and the Left«, in: Rowena Chapman u. Jonathan Rutherford (Hg.): Male Order: Unwrapping Masculinity, London.

Bronwyn Davies und Susanne Gannon
Sydney, Australien

Dr. Bronwyn Davies, Professorin an der University of Western Sydney; Leiterin des interdisziplinären Forschungsbereichs »Narrative Discourse and Pedagogy« an der Hochschule für Kunst.

Veröffentlichungen: B. Davies (Hg.): Judith Butler in Conversation: Analysing the texts and talk of everyday life, New York 2008; Frösche und Schlangen und feministische Märchen, Hamburg 1992.

Susanne Gannon, Dozentin für Literatur und Englisch an der University of Western Sydney.

Veröffentlichung: mit B. Davies (Hg.): Doing collective biography: Investigating the production of subjectivity, Maidenhead 2006.

Liebe Frigga,

es ist uns eine Ehre, Teil dieser Umfrage zu sein. Wir betrachten Kritik und Selbstkritik als unverzichtbar für jeden politischen Schritt in Richtung Emanzipation. Darum bieten wir Einsicht in unsere Praxis der Erinnerungsarbeit als politische Methode, wie du sie uns gelehrt hast und wie sie in neue linke Politik Eingang finden sollte.

Feministische poststrukturalistische Praxis – Forschungspraxis wie auch politische Praxis – erfordert die Entwicklung der Fähigkeit zur Selbstkritik und Selbstveränderung durch Analyse der Art und Weise, wie Diskurs auf uns wirkt – einzeln und kollektiv. Ein wirkungsvoller Ansatz dafür sind die Strategien der Erinnerungsarbeit, wie Haug u. a. sie in ihrem bahnbrechenden Buch darlegen, das 1987 auf Englisch erschien. Selbstkritik und Selbstveränderung ist in diesem Verständnis ein kollektiver, in Beziehung stattfindender Prozess. So wie wir die Methode nutzen, die wir Kollektives Biografieren genannt haben (Davies/­Gannon 2006), nehmen wir unsere eigenen autobiografischen Geschichten als Grundlage, auf der wir neue persönliche und kollektive Erkenntnisse darüber entwickeln, wie Diskurs auf uns wirkt und wie er historisch durch uns wirkt, um uns als bestimmte Subjekte zu produzieren.

Feminismus und Poststrukturalismus

Feministische poststrukturalistische Theorie kann als dritter Feminismus betrachtet werden; sie folgte historisch auf den liberalen und den Radikalfeminismus (Kristeva 1981), ohne sie zu ersetzen. Während der liberale Feminismus einen Diskurs der Individualrechte zum Einsatz bringt, um im öffentlichen Bereich anzukommen, und der Radikalfeminismus das Frausein feiert und essenzialisiert, um den negativen Darstellungen von Frauen und Mädchen im Männlichkeitsdiskurs etwas entgegenzusetzen, versucht der feministische Poststrukturalismus die Kategorien »männlich« und »weiblich« selbst zu erschüttern, um sichtbar zu machen, wie sie hergestellt werden, und ihre Unvermeidlichkeit infrage zu stellen.

Poststrukturalistische Analyse legt den Schwerpunkt auf den Diskurs sowie auf diskursive und regulative Praxen. Es versucht die Trennung in individuell/gesellschaftlich zu überwinden und zu ergründen, wie die sozialen Welten, die wir bewohnen, und die Möglichkeiten, darin zu existieren, durch Sprechen aktiv zum Leben erweckt werden. Der zentrale Schwerpunkt der feministischen poststrukturalistischen Theoriebildung liegt auf den Prozessen der geschlechtsspezifischen Subjektifizierung. Unter Subjektifizierung verstehen wir die historisch spezifischen Prozesse, in denen man den diskursiven Regimen und Regelwerken unterworfen wird, durch die geschlechtsspezifische Individuen und ihre sozialen Kontexte – im Rahmen desselben Prozesses – gleichzeitig konstruiert werden (Butler 1992; Foucault 1980).

Feministischer Poststrukturalismus macht insbesondere die binären Oppositionen männlich/weiblich und heterosexuell/lesbisch erkennbar, analysierbar und veränderbar. Er zeigt auf, wie Machtverhältnisse kon­struiert und aufrechterhalten werden, indem sie der dominanten Hälfte des binären Paares Normalität, Rationalität und »Natürlichkeit« zuschreiben und im Gegensatz dazu die andere untergeordnete Hälfte als »anders«, mangelhaft und irrational kennzeichnen. Indem poststrukturalistische Theorie untersucht, wie sich das Soziale in das Individuum einschreibt, und indem sie das Kon­strukt »Individuum«, wie es in den essenzialisierenden Begriffen humanistischer Theorien auftaucht, infrage stellt, zeigt sie auf, wie Macht funktioniert: dass sie uns nicht nur zwingt, auf bestimmte Art zu existieren, sondern diese Seinsweisen als erstrebenswert erscheinen lässt, so dass wir sie ganz aktiv als unsere eigene annehmen.

Dieser sehr andere Ansatz versetzt »grundlegende Ontologien, Methodologien und Epistemologien« in Unruhe (St. Pierre/Pillow 2000: 2) und eröffnet die Möglichkeit einer anderen Art von Handlungsfähigkeit. Das Subjekt ist nicht nur von außen »eingeschrieben«,, sondern durch aktive Verinnerlichung der Werte, Normen und Sehnsüchte, die es zu einem wieder­erkennbaren, legitimen Mitglied der eigenen sozialen Gruppe machen. In dem Maße, in dem sie (das weibliche Subjekt) aktiv und reflektiert an diesem Prozess mitwirkt, kann sie die Signifikationsprozesse, die ihre Persönlichkeit konstituieren, unterbrechen. Wie Butler es ausdrückt: Das »Subjekt ist weder eine Grundlage noch ein Produkt, sondern die permanente Möglichkeit eines bestimmten Umschreibungsprozesses (resignifying)« (1992: 13).

Auf diese Weise bricht der poststrukturalistische Feminismus mit Theoriegebäuden, die Geschlecht und Sexualität (gender/sexuality) als unausweichlich darstellen, als von Sprachstrukturen, Sozialstrukturen und Wahrnehmung bestimmt. Er bricht außerdem mit Theoriegebäuden, die Macht so definieren, als könnten bestimmte Gruppen oder Individuen sie besitzen (Foucault 1980). Die Handlungsfähigkeit, die der feministische Poststrukturalismus eröffnet, behauptet nicht, von diskursiver Konstituierung oder Selbstregulierung frei zu sein (Davies 2000a). Sie ist vielmehr die Fähigkeit, diese Konstitution als historisch spezifisch und gesellschaftlich reguliert zu erkennen und damit als hinterfragbar. Bei näherer Untersuchung erweist sich, dass der Diskurs voller widersprüchlicher Möglichkeiten steckt, insbesondere was die komplexen Beziehungen zwischen Geschlecht, Ethnizität und Klasse betrifft. Handlungsfähigkeit umfasst also die Fähigkeit, vielfältige Lesarten zu erkennen, so dass keine diskursive Praxis, auch nicht die Positionierung innerhalb dieser Praxis durch mächtige Andere, die eigene Identität gefangen nehmen und kontrollieren kann.

Poststrukturalistisches Schreibpraxen eröffnen Strategien, um sich den Diskursen, die das Individuum konstituieren, zu widersetzen, sie zu untergraben, zu zersetzen (Barthes 1977). Das rationale, bewusste Subjekt wird dezentriert, das Spiel des Begehrens und das Unbewusste werden wichtig. Alte Wissensweisen, vermittelt durch Meister oder große Erzählungen, werden als Schiedsrichter über die letzte Bedeutung nicht länger anerkannt, obwohl sie noch Begründungskraft haben mögen. Nicht, dass die großen Erzählungen mit ihren humanistischen Helden nicht länger da wären, aber es kann passieren, dass ihre Bedeutung quer zu dominanten Sichtweisen wahrgenommen wird und neue Subjektivitäten entstehen. Neue Subjektivitäten werden nicht durch schlichte Akte der Opposition oder des Widerstands erschlossen, sondern durch eine Serie von Fluchten, kleinen Verschiebungen, Spielen, Überschreitungen, Flügen, die (andere, unsichere) Bedeutungen eröffnen (Cixous/Derrida 2001). Handlungsfähigkeit wird im poststrukturalistischen Ansatz nicht verstanden im Sinne eines Individuums, das außerhalb der sozialen Strukturen und Prozesse oder gegen sie existiert. Handlungsfähigkeit bedeutet stattdessen Anerkennung der Macht des Diskurses, Anerkennung des eigenen Eingebundenseins in und der eigenen Zuneigung und Verpflichtung gegenüber diesen Strukturen; sie bedeutet außerdem Faszination für die Fähigkeit, neue Lebensformen zu erschaffen, Lebensformen, die in der Lage sind, alte Geschlechtszuschreibungen in Frage zu stellen, sie potenziell sogar zu überschreiben oder auszuschalten. Poetisches, mehrschichtiges Schreiben wird zu einem Hauptwerkzeug bei diesen Versuchen, vergeschlechtlichte Diskurse und regulative Praxen, durch die wir konstituiert sind, sowohl zu erkennen als auch auszuschalten.

Feministische poststrukturalistische Forschung legt den Fokus auf die Möglichkeit, über das hinauszugehen, was bereits bekannt und verstanden ist. Ihre Aufgabe besteht nicht darin, den Unterschied zwischen Mann und Frau zu dokumentieren, sondern mehr Optionen zu eröffnen, das Denken über »männlich« und »weiblich« aufzuweichen – mit möglichen Subjektivitäten zu spielen, die beides sind oder keins von beidem – und Machtverhältnisse als durch den Diskurs kon­struiert zu verstehen. Die folgenden Prinzipien sind für eine feministische poststrukturalistische Analyse vergeschlechtlichter Texte zentral:

1. Daten sind kein klarer Beleg dessen, was wirklich ist. Erzählungen, Beschreibungen und Darstellungen vergeschlechtlichten Seins offenbaren, wie die Kategorie Geschlecht in diesem speziellen Text mit Sinn ausgestattet oder vorgeführt wird, weniger eine zugrunde liegende wesentliche Wahrheit über sex oder gender.

2. Wie das Geschlecht in Erzählungen, Beschreibungen oder Darstellungen mit Sinn ausgestattet wird, ist nicht von Interesse, da es lediglich etwas über den individuellen Sinnstifter (Autor) offenbart oder über seine Motive und Absichten. Das Interesse liegt eher bei den Prozessen der Subjektifizierung und bei den geschlechtsspezifischen Subjektivitäten, die innerhalb eines bestimmten Diskurses vorhanden sind.

3. Vergeschlechtlichte Diskurse sind weder transparent noch »unschuldig«. Die Wahrnehmung des Subjekts offenbart lediglich, wie die ­Außenwelt dieses Subjekt zwangsweise geformt hat. Die Interpreta­tion unserer Realität als sinnvoll kommt nicht aus uns selbst, sondern wurde von außen in uns hineingetragen. Zur selben Zeit und durch denselben Prozess identifizieren wir sie als unsere eigene, erstreben wir ihren Erhalt, verstehen uns selbst in ihren Begrifflichkeiten. Subjektifizierung beinhaltet gleichzeitige Auferlegung und aktive Aufnahme der vergeschlechtlichten Existenzbedingungen (Butler 1997).

 

4. Sprache, wie sie uns in Texten als gegeben präsentiert wird, wird nicht zuerkannt, dass sie die Wirklichkeit offenbaren. Sie kann dekonstruiert und aufgebrochen werden, um zu zeigen, wie Realität kon­struiert wird, zum Beispiel durch binäre Gegensatzpaare. Die einschränkenden Effekte des Binären werden vorgeführt und Wege vorgeschlagen, darüber hinauszugehen – insbesondere durch die Methode der Dekonstruktion.

5. Wissenschaftlerinnen existieren nicht getrennt von ihren Daten und sollten dies auch nicht. Die Komplexität der Bewegung zwischen Wissen, Macht und Subjektivität verlangt Forscherinnen, die Geschlecht von innen heraus untersuchen. Sie benutzen ihre eigenen Körper und Gefühle, als seien sie Texte, wie in kollektiver Erinnerungsarbeit, oder sie lesen die vergeschlechtlichten Texte von anderen, um zu beobachten, wie Geschlecht durch solche Texte und im Verhältnis zu ihnen produziert wird.

6. Wissenschaft wird aufgefasst als Diskurssysteme, die auf bestimmte Weise Wissen produzieren, und nicht als sakrosankter Diskurs, der notwendigerweise besser ist als andere (Haraway 1991). Die Psycho-Wissenschaften sind selbst in die Produktion des liberalen, humanistischen vergeschlechtlichten Subjekts verwickelt (Henriques u. a., 1984).

7. Weder das vergeschlechtlichte Subjekt, das die zu lesenden Texte produziert, noch der/die ForscherIn hat die letzte Entscheidung über die Bedeutungen eines jeden Textes, der gelesen wird. Es ist Aufgabe derer, die mit der poststrukturalistischen Theorie arbeiten, die Konzepte, die sie in vergeschlechtlichten Texten finden, als Quelle kreativer Möglichkeiten zu nutzen und weiterzuentwickeln.

8. Das Ziel einer feministischen poststrukturalistischen Analyse ist nicht, die verborgene Wahrheit von Geschlecht/Gender in ihrer ganzen Schlichtheit herauszustellen, sondern aufzubrechen, was als stabile/unhinterfragbare Wahrheit aufgefasst wird.

9. Vergeschlechtlichte Subjekte existieren an den Schnittpunkten vielfältiger diskursiver Praxen. Diese Punkte fassen wir begrifflich als Subjektpositio­nen. Das Individuum ist nicht an diese Punkte oder Standorte gebunden. Nicht nur das Individuum verändert seine Positionen oder Standorte, auch die Bedeutung der jeweiligen Positionen verändert sich durch Zeit, Raum und Kontext. Dieses Verständnis ist zentral für die Veränderlichkeit und Vielfältigkeit von Subjektivitäten, die wiederum zentral sind für das feministische poststrukturalistische Denken über Veränderung und Handlungsfähigkeit.

10. Vergeschlechtlichte Erfahrung wird begriffen als durch vielfältige Diskurse konstituiert, die ambivalentes Verstehen und ambivalente Gefühle hervorbringen. Das Verstehen vergeschlechtlichter Erfahrung – der eigenen und der von anderen – geschieht sehr häufig durch das Erkennen von Ambivalenz und Widerspruch. Das Beharren auf Interpretationen, die von Mehrdeutigkeit, Widersprüchen und Vielfalt bereinigt sind, ist eine Strategie, durch die die Illusion des rationalen Subjekts hergestellt wird.

11. Macht wird im Sinne von Kraftlinien begriffen. Sie ist nicht im Besitz eines einzelnen Geschlechts. Ihre Strategien, ihre Manöver, ihre Taktiken und Techniken sind zufällig und instabil (Deleuze 1988; Foucault 1980).

12. Feministische poststrukturalistische Theorie interessiert sich für die Entwicklung von Geschichte, für die Bewegung von einer Gestalt des Feminismus (Kristeva) oder von Gender (Davies) zu einer anderen, für die Fluchtlinien, die neue Wirklichkeiten hervorbringen. Wissenschaftlerinnen, die mit poststrukturalistischer Theorie arbeiten, können zu diesen Fluchtlinien beitragen, statt bloße Beobachterinnen der Fluchtlinien anderer zu sein (Deleuze 1988).

Konsequenzen für die Forschung

Feministische poststrukturalistische Forscherinnen stellen Fragen, die selbstverständliches Wissen unterwandern. Sie fragen zum Beispiel: Wie wiederholen feministische Erzählungen den Gegensatz von männlich und weiblich und erzeugen ihn neu? Wie erschließen sie andere vorgestellte Subjektpositionen, diskursive Praxen und Begehren? Wie werden transsexuelle Identitäten im Verhältnis zum Gegensatz männlich/weiblich verhandelt? Wie bildet sich das begehrende transsexuelle Subjekt und bildet sich neu, wenn er/sie sich unter Männlichkeiten und Weiblichkeiten bewegt? Wie überkreuzen sich innerhalb eines bestimmten Interessenmilieus, wie etwa der Schule, Geschlechterdiskurse mit solchen über Rasse, Ethnizität, Religion und Multikulturalismus? Wie wirken diese Diskurse als eine abwesende Gegenwart, selbst wenn sie nicht durch Sprechen zum Leben erweckt werden?

Jedes Setting, in dem Diskurse, mündlich oder schriftlich, zum Einsatz kommen, kann für die Forschung ausgewählt werden. Interessiert man sich für eine bestimmte Subjektkategorie, kann jedes Setting gewählt werden, in dem dieses Subjekt spricht oder schreibt oder diese Kategorie auftaucht. Wo gesprochene Sprache das bevorzugte diskursive Medium ist, könnten die Subjekte bereit sein, mit der Forscherin in eine Untersuchung über ihre Diskurse und Subjektivitäten einzutreten; oder möglicherweise haben sie für einen anderen Zweck Diskurse produziert, etwa für eine Dokumentation, ein Radiointerview, eine Erzählung. Die Forschenden können auch ihre eigenen Subjektivitäten hinterfragen und/oder ihren eigenen Diskursgebrauch.

Die Daten können enthalten: von den Interviewten angefertigte Darstellungen über den Gegenstand der Forschung; jede Art gesprochenen oder geschriebenen Textes, der für die zu erforschende Kategorie relevant ist; Beobachtungen von sozialen Szenen, in denen das untersuchte Subjekt diskursiv oder in anderen Praxisformen produziert wird. Die Daten werden nicht untersucht, als würden sie eine unabhängig existierende ›wirkliche Welt‹ beschreiben oder erklären, sondern als gestalterische Arbeit, die selbst an der Produktion ›der Wirklichkeit‹ beteiligt ist. Die Daten werden auf die ins Spiel gebrachten binären Kategorien und Diskursregime hin analysiert. Die Forschende könnte fragen: Wie konstruiert sich der/die InterviewerIn oder der/die SprecherIn im Text? Wie kon­struiert er/sie den/die andere/n? Wie konstruieren sie jeweils diskursiv und interaktiv den Forschungsgegenstand? Welche Regelwerke haben welche Wirkung? Welche diskursiven Strategien werden gewählt? Wie wird Unterwerfung oder Selbstermächtigung erreicht? Die Analyse soll nicht das individuelle Subjekt offenbaren, sondern die Prozesse der Subjektwerdung erforschen.

Die theoretischen Konzepte des (vergeschlechtlichten) Subjekts, der Subjektwerdung und des Diskurses sind zentral für jede Analyse. Die Theorie ist nicht getrennt von den einzelnen Projektstadien: Ob Fragestellung, Datenauswahl oder Datenauswertung, jeder Schritt ist fundiert durch die theoretischen Möglichkeiten, die das feministische poststrukturalistische Schreiben eröffnet.

Die Praxis des Schreibens von poststrukturalistischen Texten ist kein schlichtes Berichten, da das Schreiben selbst als konstitutiver Akt verstanden wird, so wie Datensammlung und -analyse. Der Text mag nicht den vorhersagbaren Mustern des Berichtens folgen, sondern macht sich möglicherweise daran, das Berichten selbst zu dekonstruieren oder in Frage zu stellen (Richardson 1997). Das Subjekt des Autors/der Autorin wird nicht aus dem Schreiben entfernt, sondern wird in dem produzierten Text in seinem Wirken sichtbar sein.

Literatur

Barthes, Roland (1977): Roland Barthes. Berkeley.

Butler, Judith (1992): »Contingent foundations«, in: dies. u. J. W. Scott (Hg.): Feminists Theorize the Political. New York, S. 3–21.

dies. (1993): Bodies That Matter: On the Discursive Limits of Sex. New York.

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Cixous, Hélène, u. Jacques Derrida (2001): Veils: Cultural Memory in the Present. Stanford.

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Deleuze, Gilles (1988): Foucault. London.

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Lather, Patti (1991): Getting Smart: Feminist Research and Pedagogy with/in the Postmodern. New York.

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