Buch lesen: «Red Dirt Heart: Ungezähmte Erde»
Deutsche Erstausgabe (ePub) Dezember 2020
Für die Originalausgabe:
Copyright © 2015 by N.R. Walker
Titel der Originalausgabe:
»Red Dirt Heart 4«
Published by Arrangement with N.R. Walker
Für die deutschsprachige Ausgabe:
© 2020 by Cursed Verlag
Inh. Julia Schwenk
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,
des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung
durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit
Genehmigung des Verlages.
Bildrechte Umschlagillustration
vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock
Satz & Layout: Cursed Verlag
Covergestaltung: Hannelore Nistor
Druckerei: CPI Deutschland
Lektorat: Susanne Scholze
ISBN-13: 978-3-95823-288-4
Besuchen Sie uns im Internet:
www.cursed-verlag.de
Aus dem Englischen
von Anne Sommerfeld
Liebe Lesende,
vielen Dank, dass ihr dieses eBook gekauft habt! Damit unterstützt ihr vor allem die*der Autor*in des Buches und zeigt eure Wertschätzung gegenüber ihrer*seiner Arbeit. Außerdem schafft ihr dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der*des Autor*in und aus unserem Verlag, mit denen wir euch auch in Zukunft erfreuen möchten.
Vielen Dank!
Euer Cursed-Team
Klappentext:
Aus Texas ins australische Outback zu ziehen, war für Travis nicht nur eine Entscheidung – es war Schicksal. Die Sutton Station ist mittlerweile sein Zuhause und ihrem Besitzer Charlie gehört schon lange Travis‘ Herz. Ihr gemeinsames Leben ist bisher nicht leicht gewesen und es wird auch immer neue Herausforderungen geben, aber Travis weiß tief in seinem Inneren, dass er genau hierher gehört: auf die Ranch inmitten roter Erde und an Charlies Seite.
Widmung
Für diejenigen,
die es vor Jahren mit mir wagten, und diejenigen,
die noch immer bei mir sind, danke.
Anmerkung der Autorin
Vielen Dank euch allen, dass ihr mit mir diese Reise zur roten Erde und der glühenden Hitze des Outbacks unternommen habt.
Charlie und Travis waren ein großer Teil meines Lebens und ich habe es geliebt, ihnen mit Worten Leben einzuhauchen.
Danke fürs Lesen…
Kapitel 1
Das Leben nach Charlie-Sutton-Zeit
Charlie Sutton anzusehen, war wirklich einfach. Er, von der Arbeit durchtrainiert, hatte kurze braune Haare, sonnengebräunte Haut, die braunsten Augen und ein umwerfendes Lächeln.
Zumindest, wenn er es zeigte.
So wie im Moment, als er mit geschlossenen Augen faul in der Sonne lag und sich seine Mundwinkel ein wenig hoben. Er trug seine Badehose – die er Boardshorts nannte –, seine Haare waren vom Pool noch immer etwas nass und das Wasser trocknete auf seiner Haut. Ich könnte ihn den ganzen Tag ansehen.
»Was?«, fragte er, ohne die Augen zu öffnen. »Ich weiß, dass du mich ansiehst. Ich kann es spüren.«
Ich drehte mich auf meiner Liege neben dem Pool auf die Seite, schob mir einen Arm unter den Kopf und starrte ihn unverblümt an. »Wir sollten öfter Urlaub machen«, sagte ich.
Er öffnete ein Auge, sah mich an, lächelte und döste dann weiter vor sich hin. »Ich hab in den letzten anderthalb Jahren mehr Urlaub gemacht als davor in meinem ganzen Leben.«
Ich dachte an unsere anderen Ausflüge. Charlie wollte, dass ich mehr vom Nordterritorium sah als nur Alice Springs und die Sutton Station. Er hat mich nach Kakadu, zum Uluru und zum Kings Canyon mitgenommen, die für die meisten Menschen einfach nur spektakuläre Naturwunder waren. Für mich waren sie geologische Geschichtsstunden und Charlie sagte, dass ich die Reiseleiter mit meinen Fragen in den Wahnsinn getrieben hätte. Aber es war unglaublich und hat dafür gesorgt, dass ich mich noch etwas mehr in diesen Ort verliebte.
Gerade waren wir in Darwin, der Hauptstadt des Territoriums und der am nördlichsten gelegenen Hauptstadt Australiens. Sie lag näher an Indonesien als irgendeine andere große Stadt in Australien und war eine der kleinsten, entspanntesten Hauptstädte, die ich je gesehen hatte. Darwin war eher wie eine große Küstenstadt, aber es gab einige Annehmlichkeiten. Wie zum Beispiel im SkyCity Hotel am Pool zu liegen. Absoluter Fünf-Sterne-Luxus.
Aber es waren nicht die Eingangshalle aus Marmor, die teuren Möbel, das schicke Essen und der ausgefallene Zimmerservice, die ich liebte. Charlie ausgeschlafen und stressfrei zu sehen, war jeden Cent wert, den wir für diese Reise ausgegeben hatten.
Wie jetzt.
Wir hatten den gesamten Morgen im Bett verbracht, spät zu Mittag gegessen und den Nachmittag am Pool verbracht.
»Na ja, technisch gesehen ist das kein Urlaub.« Ich drehte mich wieder auf den Rücken. »Wir sind zum Arbeiten hier.«
Charlie hob den Kopf und betrachtete den tropischen Pool, die Farne und die Cocktailbar. »Sieht für mich nicht wirklich nach Arbeit aus.«
Ich schnaubte. »Na ja, irgendwie schon. Du bist geschäftlich hier und ich bin dein persönlicher Assistent.«
»Mein persönlicher Assistent?«
»Sehr persönlich.«
Charlie lachte und schloss erneut die Augen. Er nahm die Sonnenstrahlen auf, während das Lächeln noch immer seine Lippen umspielte, und sah so verdammt gut aus.
Ich seufzte zufrieden. Zufrieden. Das war ich. Charlie konnte es nicht verstehen – ich glaube, er hielt mich für verrückt –, aber ich liebte es hier einfach.
Nicht nur hier. Nicht nur Australien, nicht das Outback, nicht nur zu reiten und Rinder über die rote Erde und durch die brennende Sonne zu treiben. Verdammt, selbst der Winter war warm. Ich liebte alles.
Ich liebte Charlie.
Den stursten, vertracktesten, unmöglichsten und absolut wunderbarsten Mann. Ich sah ihn noch immer an. Ich hatte nicht damit aufgehört. Charlie hatte sehr deutlich gemacht, dass er in der Öffentlichkeit keine Zärtlichkeiten austauschen wollte; obwohl er nicht versteckte, wer er war, wollte er es noch immer nicht herausschreien. Er hatte argumentiert, dass wir geschäftlich hier waren und uns auch so verhalten sollten, womit ich kein Problem hatte.
Die Tatsache, dass er eine Hand auf meinen Rücken gelegt hatte, als wir in den Fahrstuhl gestiegen waren, oder großen Wert darauf gelegt hatte, mich zu berühren, wenn er dachte, dass mich jemand abcheckte, brachte mich zum Lächeln. Das war so typisch Charlie. Er war eine Mischung aus altmodischem Gentleman und grünäugigem Monster und es war beinahe komisch, wie er mit beidem zu kämpfen hatte. Er war der Typ, der mir die Tür aufhielt und bei einem Kompliment rot anlief und lächelte. Aber wenn er nur eine Sekunde der Meinung war, dass ein anderer Typ auch nur daran dachte, mich anzumachen, würde er einen Weg finden, mich nicht gerade unauffällig zu berühren, um klarzustellen, dass ich zu ihm gehörte und sich der andere verziehen sollte.
Und ich gehörte zu ihm.
Technisch gesehen waren wir verlobt. Ich hatte ihn gefragt, ob er mich heiraten wollte, und er hatte Ja gesagt. Aber wir hatten es noch niemandem erzählt oder es irgendwie offizieller gemacht. Das brauchte ich auch nicht. Es zu wissen, reichte aus.
Wie ich schon sagte. Zufrieden. Glücklich. Mit meinem Platz in der Welt im Reinen. Zu Hause.
Ich wünschte nur, wir könnten den ganzen Abend am Pool bleiben, aber unsere Zeit hier in Darwin war kurz und unsere Aufgabenliste lang. »Wann treffen wir uns heute zum Abendessen?«
»Sam meinte, dass sie gegen sieben hier sein würden.«
Sam, Charlies neu entdeckter Bruder, lebte in Darwin und wir hatten ihn in den zwei Tagen, die wir hier waren, schon zweimal gesehen. Charlie hatte Abendessen in unserem Hotel vorgeschlagen und Sam meinte, dass wir morgen die Bars unsicher machen könnten. Wir hatten an dem Abend bereits ein Geschäftsessen geplant, wie Charlie erklärt hatte, aber Sam bestand darauf, dass wir anschließend ausgingen. Also hatte Charlie nachgegeben und unser dreitägiger Aufenthalt in Darwin war vollkommen ausgebucht.
Nicht, dass es mich störte. Mir gefiel, dass Charlie eine Beziehung zu Sam aufbaute. Sie hatten in den letzten zwölf Monaten oft telefoniert und obwohl es unser erster Besuch bei Sam und Laura, Charlies biologischer Mutter, in Darwin war, war Sam zweimal zu uns auf die Farm gekommen. Er liebte es. Für ihn war es wie ein Arbeitsurlaub auf einer Farm. Er konnte reiten und Motorrad fahren, zelten und erledigte auch seinen Anteil an den Arbeiten und Aufgaben.
Ich mochte Sam. Er ähnelte Charlie sehr, nur in der Stadtversion, und trotz meiner Zurückhaltung am Anfang war ich sehr froh, dass sie sich kennengelernt hatten. Ich hatte sogar angefangen, Laura zu mögen. Sie hatte Geduld mit Charlie und Gott wusste, wenn jemand Charlie kennenlernen wollte, musste diese Person unendlich geduldig sein. Auf mich wirkte es, als hätte Laura nicht um ihretwillen wieder Kontakt zu Charlie aufgenommen, sondern für ihren Sohn. Sie wollte, dass Sam und Charlie Brüder waren, oder zumindest Freunde.
Und das waren sie. Es passte einfach.
Sie hatten denselben Sinn für Humor, was bedeutete, dass sie Dinge in ihrem Kopf lustig fanden. Wenn jemand etwas sagte, sahen sie sich einfach nur an und lächelten, als würden nur sie den Witz verstehen. Es war sehr unterhaltsam, das zu beobachten, und beim Abendessen war es nicht anders.
Sam, seine Freundin Ainsley, Laura und ihr Mann Steve trafen uns im Restaurant. Charlie, frisch rasiert, gut angezogen und noch besser riechend, verbrachte den Abend damit, mit seinem Bruder zu sprechen und zu lachen. Den Großteil des Abends hatte er seinen Fuß unter meinen gehakt und seine Hand lag unter dem Tisch auf meinem Knie und ich lächelte jedes Mal, wenn er lachte. »Nein, nein, nein«, antwortete er, nachdem er ihnen erzählt hatte, in einer E-Mail gefragt worden zu sein, ob er einen weiteren Absolventen über ein Austauschprogramm aufnehmen würde. So wie das, durch das ich damals vor seiner Tür gelandet bin. »Als ich das letzte Mal zugestimmt habe, ist der verdammte Kerl nicht mehr gegangen«, sagte er und legte seinen Arm um meine Schulter.
Darüber mussten alle lachen – oder vielleicht über meinen Gesichtsausdruck. »Vielen Dank auch. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass mich jemand gebeten hat zu bleiben.«
Charlie lachte leise und drückte mein Knie. »Und der Typ davor war Brite, der sich beinahe selbst gekocht hat.«
Sam lachte. »Er kam nicht gut mit der Hitze klar?«
»Nein, scheinbar nicht. Ich war in Sydney, als er da war, also hab ich es nicht mit eigenen Augen gesehen, aber nach dem, was ich gehört habe, war es nicht schön.«
»Aber mit dem Amerikaner hat es gut geklappt, nicht wahr?«, fragte Ainsley und zwinkerte mir zu.
Charlie sah mich an und lächelte. »Ja, ja. Ich hab beschlossen, ihn zu behalten.«
»Warum willst du dann keinen weiteren Agrarwissenschaftsstudenten?«, fragte Sam. »Bei dir hat sich jetzt alles beruhigt, nicht wahr? Ich meine, du warst vorher verdammt beschäftigt, aber jetzt ist es ruhiger, oder?«
»Ist es«, gab Charlie zu und zuckte dann mit den Schultern. »Im Moment ist alles perfekt. Ich hab meinen Abschluss – endlich – dank Trav, bin noch mindestens ein Jahr im Vorstand der Beef Farmers Association, wir haben den Vertrag mit dem Supermarkteinkäufer, Ma ist gesundheitstechnisch aus dem Schneider und alles läuft glatt.«
»Er will es nicht beschreien«, sagte ich. »Charlie scheint zu glauben, dass alles den Bach runtergeht, wenn er sein Glück herausfordert.«
Charlie versuchte nicht mal, es zu leugnen. Er lachte einfach. »Im Moment ist alles toll. Ich brauche nicht irgendeinen Jungen, der weiß Gott woher kommt und sich in der Wüste verirrt.«
Mir klappte der Mund auf. »Ich bin nicht irgendein Junge. Und ich hab mich nicht in der Wüste verirrt. Dein Pferd hat mich abgeworfen.«
Charlies Augen weiteten sich, als ihm offensichtlich klar wurde, was er gesagt hatte, und er drückte mein Knie. »Ich hab nicht dich gemeint!« Er lachte. »Aber ja, das alles ist dir passiert.«
Ich kämpfte gegen ein Lächeln an. »Ja, das ist alles lustig, bis jemand beinahe in der Wüste stirbt.«
Charlie lächelte mich an, aber seine Augen hatten einen weichen Ausdruck und er drückte leicht seinen Arm gegen mich und stieß mich auf eine Art und Weise an, die zeigte, dass es überhaupt nicht lustig gewesen war.
»Wie geht's Nugget?«, fragte Laura.
»Oh, ihm geht's super«, antwortete Charlie und sein Gesicht hellte sich sofort auf. »Immer noch eine absolute Nervensäge. Na ja, er nervt weniger, da ich ihn jetzt nachts nicht mehr füttern muss, aber er rennt immer noch durchs Haus.«
»Nagt immer noch alles an«, fügte ich hinzu.
Darüber musste Charlie lachen. »Er nagt nur Travs Sachen an. Die der anderen sind vor ihm sicher.«
Laura lachte. »Und wie geht's der bezaubernden kleinen Grace?« Es war ein paar Monate her, seit Laura sie gesehen hatte.
»Nun, Gracie ist die Allersüßeste«, sagte Charlie. »Sie läuft jetzt und spricht schon ein paar Worte. Ich versuche ihr beizubringen, Onkel Charlie zu sagen, aber es bringt sie nur zum Lachen.« Charlie strahlte einfach, wenn er von Trudys und Bacons kleinem Mädchen erzählte. Das tat er immer. »Dieses Wochenende hat sie Geburtstag. Deshalb müssen wir übermorgen wieder nach Hause. Es gibt eine sehr wichtige Feier, auf die wir uns vorbereiten müssen.«
»Charlie verwöhnt sie nach Strich und Faden«, sagte ich.
»Ich verwöhne sie nicht«, antwortete er abwehrend. »Ich…«
»Verwöhne sie«, beendete ich den Satz für ihn und lächelte ihn an. Dieses Mädchen hatte ihn vollständig um den kleinen Finger gewickelt. Vielleicht war er ein knallharter Rinderfarmer, aber dieses kleine Mädchen musste nur kichern und ihre Arme nach ihm ausstrecken, und er hob sie hoch und verwandelte sich in einen großen, schmalzigen Haufen.
Trotzdem konnte ich ihn noch immer nicht dazu bringen, darüber zu sprechen, mit mir Kinder zu haben.
Er wusste nicht, wie er sich so sehen sollte, wie ich es tat oder wie er glauben konnte, dass er solche Dinge in seinem Leben verdiente. Ich hatte zwei Jahre gebraucht, ihm klarzumachen, dass er es verdiente, geliebt zu werden. Ich wusste, dass es dauern würde, ihm zu zeigen, dass er heiraten und Kinder haben konnte. Aber es störte mich nicht. Ich konnte warten.
Ich wusste, dass seine Zurückhaltung und sein Zögern in Sachen Kinder nichts mit mir zu tun hatte. Es war eine tief verwurzelte Angst davor, Vater zu sein – oder eher, sein Vater zu sein.
Ich wusste das. Ich musste Charlie nur dazu bringen, es ebenfalls zu sehen.
Und in dieser Nacht machte das, wovon ich glaubte, es würde Jahre und winzige Schritte brauchen, einen riesigen Sprung. Nach einem ganzen Jahr, in dem ich nicht ein Wort, nicht eine Erwähnung darüber gehört hatte, sagte Charlie etwas, das ich nicht hören sollte.
Nach dem Abendessen gingen wir zur Bar. Es war eine Fünf-Sterne-Bar im Resort-Stil. Es gab Verandastühle und Tische am Pool und wir gönnten uns einige Cocktails. Ich hatte angeboten, eine Runde auszugeben und Laura hatte mich zur Bar begleitet. Charlie und Sam unterhielten sich und vielleicht wurde die Musik kurz leiser oder seine Stimme trug einfach so weit, aber wir konnten Charlie klar und deutlich hören.
»Travis hat mich gebeten, ihn zu heiraten.«
Einfach so.
Lauras Blick richtete sich auf mich und sie legte die Hand auf meinen Arm. Sie lächelte. »Stimmt das?«
Mir fehlten die Worte, verblüfft, dass er es einfach so herausposaunte, nachdem er ein Jahr kaum darüber gesprochen hatte. »Ähm.« Verwundert schüttelte ich den Kopf und schnaubte. »Also, ja.«
»Warum habt ihr es uns nicht früher gesagt?«, fragte sie. Es war wirklich eine unschuldige Frage.
»Na ja, ich hab ihn vor einem Jahr gefragt. Er hat Ja gesagt, aber, uh…« Ich versuchte, einen Weg zu finden, es auszudrücken, ohne ihre Gefühle zu verletzen. »Na ja, er hat es seit einer Weile nicht erwähnt und ich vermute, dass er es nur Sam sagen wollte.« Ich zuckte zusammen. »Entschuldige, aber ich glaube nicht, dass wir das hören sollten.«
Laura sah zu Sam und Charlie und ihr Lächeln verblasste ein wenig, aber sie atmete tief durch und hob das Kinn. »Ich bin einfach froh, dass sie sich verstehen. Sie haben jetzt einander und das ist alles, was ich mir wünschen kann.«
»Ich freue mich auch«, sagte ich. »Und ich bin auch froh, dass er dich hat. Ich weiß, dass ihr euch im letzten Jahr unterhalten habt und so, und ich weiß auch, dass er manchmal immer noch etwas abweisend wirkt, aber Laura, darf ich dir etwas sagen?«
Laura atmete tief ein, als würde sie sich für schlechte Neuigkeiten wappnen, nickte aber. »Ja, natürlich.«
Ich wandte mich zur Bar um und sprach leise, damit Charlie uns auf keinen Fall hören konnte. »Als ich damals hier ankam, war er… Ich will nicht gebrochen sagen, weil das nicht stimmt, aber er hatte sich von den Menschen in seinem Leben zurückgezogen. Ich vermute, er war der Meinung, dass er nur mit den Leuten zusammen sein und auf der Sutton Station überleben konnte, wenn er einfach wie sein Dad war.«
Laura nickte traurig. »Oh. Das dachte ich mir schon, nach dem, was George und Katie mir erzählt haben. Charlie spricht nie darüber…«
Das überraschte mich nicht. »Er wird nicht darüber reden. Es fällt ihm schwer. Ich habe zwei Jahre gebraucht, um das wieder in Ordnung zu bringen, Laura, und ich bin noch lange nicht fertig.«
Sie lächelte mich traurig an. »Du bist so gut zu ihm.«
Daraufhin sah ich wieder zu Charlie, der nun über etwas lachte, was Sam gesagt hatte. »Denk nicht, dass es auf dich zurückzuführen ist, wenn er dir nichts über sich selbst erzählt, denn das ist es nicht. Es geht um ihn. Aber eins kann ich dir sagen, die Tatsache, dass er dich in seinem Leben will, dass du überhaupt jetzt hier bei ihm bist, ist eine große Sache für ihn. Und dass er Sam einfach so erzählt hat, dass wir verlobt sind« – Ich schüttelte langsam den Kopf – »tja, das ist monumental.«
Laura lächelte mich an. »Also habt ihr noch keinen Termin festgelegt?«
Ich lachte bellend. »Ah, nein. Ich hab ihn wortwörtlich vor einem Jahr gefragt und er hat es noch nicht einmal Ma oder George erzählt, also nein, davon sind wir noch weit entfernt.«
»Wirklich?« Sie legte den Kopf schräg. »Er hat es niemandem erzählt?«
»Na ja, er hat es gerade Sam gesagt.«
»Aber es ist ein Jahr her!«, flüsterte sie offensichtlich verdutzt.
Ich lachte. »Willkommen im Leben nach Charlie-Sutton-Zeit. Entweder ist es alles auf einmal oder der stete Tropfen, der den Stein höhlt.«
***
Charlie ließ sich rücklings auf das noch immer zerwühlte Bett fallen und öffnete seine Jeans. »Ich bin vollgefressen und hatte einen Cocktail zu viel. Was zum Teufel hast du mir da überhaupt gegeben?«
Ich zog meine Stiefel aus und schlüpfte aus meiner Hose. »Es war ein Tom Collins. Ich dachte, dass du von all den Getränken auf der Karte das nehmen würdest, das nach einem Mann klingt.«
Er lachte leise. »Na ja, falls Qantas jemals einen neuen Treibstoff braucht…«
Ich zog Charlie die Stiefel aus. »Ich wollte dir einen Cocksucking Cowboy besorgen.«
Er lachte lauter. »Du kennst mich gut. Warum hast du es nicht gemacht?«
»Weil Laura mit mir an der Bar war.«
Er seufzte. »Ihr schient euch ziemlich gut unterhalten zu haben.«
Ich kniete mich aufs Bett, krabbelte über ihn, bis ich auf Höhe seiner Lippen war und legte mich auf ihn. »Ich hab gehört, was du zu Sam gesagt hast.«
Charlies Augen glänzten irgendwie feucht und er berührte meine Haare. »Und was war das?«
»Dass ich dich gefragt habe, ob du mich heiraten willst.«
Er schluckte und sein Blick huschte zwischen meinen Augen hin und her. »War das in Ordnung?«
Ich drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. »Sehr in Ordnung.«
»Ich weiß nicht, warum ich es ihm erzählt hab«, sagte er. »Es ist einfach irgendwie rausgesprudelt.«
»Es ist okay, Charlie. Du kannst es erzählen, wem immer du willst.«
»Hast du es deiner Mum oder deinem Dad gesagt?«, fragte er. »Ich meine, wir haben seit einer Weile nicht darüber gesprochen –«
»Einer Weile?«, unterbrach ich ihn. »Wir haben eigentlich überhaupt nicht darüber gesprochen.«
»Doch, haben wir«, antwortete er, als wäre er beleidigt. »Dreimal im letzten Jahr, seit du mich gefragt hast. Einmal, als wir am Uluru waren, erinnerst du dich? Wir haben auf dem Bett gelegen und du hast gesagt, dass es das beste Jahrestaggeschenk aller Zeiten war, dich dorthin mitzunehmen und ich antwortete, dass deins besser war. Erinnerst du dich?«
»Mein Jahrestaggeschenk?«
»Dein Antrag.« Er zog die Brauen zusammen. »Und dann, als wir diese dämliche Reality-TV-Show angesehen haben, die du magst, und das schwule Paar geheiratet hat. Du hast mir ins Ohr geflüstert, dass sich das Wort Ehemann schön anhört und ich meinte, ja, das tut es, aber es ist eine Schande, dass die australische Regierung nicht derselben Meinung ist. Erinnerst du dich nicht daran?«
»Doch, schon, aber –«
»Und dann erst letzten Monat, als wir auf die kleine Gracie aufgepasst haben und sie ein ganzes Wochenende bei uns hatten. Wir haben sie schlafen gelegt und du meintest, dass wir es in einer Kirche durchziehen sollten und ich sagte, dass wir keine Kirche brauchen. Du warst doch dabei. Bitte sag mir, dass du dich daran erinnerst.«
»Ich hab davon gesprochen, dass Trudy und Bacon Gracie taufen lassen. Wovon hast du geredet?«
Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder. »Vom Heiraten«, antwortete er schließlich.
»Das ist also deine Vorstellung von Unterhaltungen übers Heiraten?«
»Na ja, wir haben darüber gesprochen«, sagte er.
»Du hast wieder Gespräche in deinem Kopf geführt, Charlie«, sagte ich lächelnd. »Wie wäre es, wenn du mich ab und zu miteinbeziehst?«
Er lächelte nicht und hatte diesen Ausdruck in den Augen, der mir verriet, dass er zu viel nachdachte.
»Sprich es aus, Charlie.«
»Hast du es deiner Mum gesagt?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich hab darauf gewartet, dass du so weit bist.«
Er drehte den Kopf, sodass er mich nicht ansehen musste. Ich stützte mich auf den Ellbogen ab und umfasste sein Kinn, damit er mich wieder ansah. »Ich werde dich nicht drängen. Ich werde für immer auf dich warten.«
»Ein Jahr ist zu lang, nicht wahr?« Seine Augen verrieten mir, dass er gleich in Panik ausbrechen würde. »Ich meine, mir gefällt die Vorstellung – nein, nicht gefällt, ich liebe die Vorstellung, und es ist schon ein Jahr vergangen und ich hab so viel Zeit vergeudet…«
Ich küsste ihn, damit er den Mund hielt. »Charlie, es war ein tolles Jahr und ich würde nichts anders machen wollen.«
Er sah mich lange an. »Ich denke, wir sollten es deiner Familie sagen. Zumindest, dass du mir einen Antrag gemacht hast und ich Ja gesagt habe, das bis jetzt aber alles ist. Es gibt keine wirklichen Hochzeitspläne oder so was. Weil, na ja, wir müssen darauf warten, dass sich die Gesetze ändern und selbst dann weiß ich nicht, ob wir wirklich heiraten. Ich meine, verlobt sein ist in Ordnung, aber eine Ehe ist etwas ganz anderes.«
Ich lachte über ihn und sein nervöses Geplapper und brachte ihn erneut lächelnd mit einem Kuss zum Schweigen. Ich stupste ihn mit der Nase an, sodass ihm wieder der Atem stockte. »Es zu wissen, reicht schon, Charlie. Einfach zu wissen, dass du Ja gesagt hast, wird immer genug sein.«
Er drehte uns um, sodass er auf mir lag, und starrte mich einfach wieder an. »Einfach zu wissen, dass du mich gefragt hast, ist auch genug.«