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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Prolog

Die W-Frage(n)

Symptome

Langer oder kurzer Schlaf, was ist besser?

Der Hosenkauf

Ein Tag des Zweifelns

Eine Achterbahnfahrt ist gar nichts dagegen!

Erinnert ihr euch noch, wie die Welt riecht?

Genetisch oder nicht?

Das schwarze Loch

Einmal noch, bitte!

Parkinson, wie es sich anfühlt

Parkinson hat 1000 Gesichter

Gedanken in einer schlaflosen Nacht

Therapien Reha

Hoffnung? Angst?

Nur eine Nacht

Erste Reha-Erfahrungen

Im Akutkrankenhaus für Psychosomatik

Tiefe Hirnstimulation (THS)

Niemand hat mich gefragt

Vor der THS und nach der OP

Der Tiefschlag

THS, auf was wollt ihr warten?

Begleitende Therapien

Diagnose, Medis und Begleittherapien

Schreiben oder Therapie?

Klettern – Medizin für Körper und Seele

Was hilft besser als Medikamente?

Die Heilkraft des Schreibens

Geist und Körper

Alternative Therapien

Probieren geht über studieren

Komplementärmedizin! Was ist das?

Medikamente

Dauerauftrag

18 Jahre ohne Medikamente

Nicht immer nach Plan

Cannabis

Cannabis vs. Medikamente

Das Selbstexperiment

Nicht jedem sein Allheilmittel

Parkinson und Cannabis

Nebenwirkungen und Wechselwirkungen

Impulskontrollstörungen ein Tabuthema?

Impulskontrollstörungen

Meine Medikamente

Impulskontrollstörung oder einfach nur kreativ?

Parkinson und andere Krankheiten

Andere Krankheiten, wie gehe ich damit um?

Parkinson und andere Krankheiten

Andere Krankheiten neben Parkinson?

Parkinson und andere Krankheiten

Ich bin dann mal weg

Sophie und James

Angehörige

Unterstützung

Von Einem, den Parkinson nie interessiert hat

Was mein Kind über Parkinson (und andere Katastrophen) sagt

Parkinson ein Desaster!

Wie geht’s … ich muss immer an sie denken!

Epilog

Zehn Perspektiven zu der Frage „Warum ich?“

Wo es Hilfe gibt

Über Parkinson

Die Webseite Dopamin – Das Buch

Einleitung

„Beim idiopathischen Parkinsonsyndrom handelt es sich um eine progrediente, neurodegenerative Er-krankung multifaktorieller Genese ungeklärter Ätiolo-gie, welche nicht geheilt aber, insbesondere zu Be-ginn der Erkrankung insbesondere medikamentös gut behandelt werden kann…“ (Dr. med. Stefan Hägele-Link: Das idiopathische Parkinson-Syndrom, Ein Überblick über Diagnostik und Therapie, 10_2011_der informierte arzt)

STOPP!

Mit einem solchen medizinischen Fachjargon ging es bei „The Other Me“, einem Tanztheater zur Aufklä-rung über Morbus Parkinson, nach der Pause weiter. Und nach einem energischen „STOPP!“ zählten die erkrankten Tänzerinnen und Tänzer in ihren eigenen Worten auf, was Parkinson für sie bedeutet:

„Parkinson ist… wenn meine Stimme leiser wird, …wenn ich nachts nicht schlafen kann, …wenn ich ausgegrenzt werde, …wenn ich ständig müde bin, …wenn ich langsamer werde, …wenn meine Hände zittern, ...wenn nichts mehr automatisch geht, …wenn meine Schrift kleiner wird, …wenn ich Berge von Tabletten fress‘, …wenn mein Lächeln stirbt, …wenn ich Hilfe brauch‘.“

Genauso verhält es sich mit diesem Buch: Fachjargon werdet ihr umsonst suchen und einen Ratgeber haltet ihr auch nicht in den Händen. Die Autorinnen und Autoren sind keine studierten Experten der Medizin. Aber sie sind gelernte Expertinnen und Exper-ten für ihren individuellen Parkinson, mit dem sie sich Tag für Tag auseinandersetzen müssen. In ihren eigenen Worten und basierend auf ihren Erfahrungen mit der chronischen Erkrankung Morbus Parkinson, beschreiben sie, wie die Symptome bei ihnen persönlich wirken, mit welchen Nebenwirkungen sie zu kämpfen haben und welche Therapien sie jeweils stärken.

Wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder wissenschaftlich belastbare Richtigkeit. Das über-lassen wir den Medizinern, die Großartiges leisten, um unsere Lebensqualität zu erhalten. Es geht uns vielmehr darum, einen kleinen Eindruck über die vielen Facetten dieser neurologischen Erkrankung zu geben und zu zeigen, dass hinter jedem Patienten auch ein Mensch steckt.

Prolog
Die W-Frage(n)

Christoph

Warum ich? Was wäre, wenn ich nicht krank geworden wäre? Wie wäre mein Leben dann verlaufen? Wie sähe meine familiäre Situation aus? Wie weit wäre ich beruflich gekommen? Wo säße ich jetzt? Würde es mich überhaupt noch geben? Fragen über Fragen, auf die es glücklicherweise keine Antworten gibt!

Auch wenn mir klar ist, dass es keine Antworten gibt, stelle ich mir doch ab und zu so eine „W- Frage.“ Und ich bin mir sicher, ich bin nicht der einzige. Dabei habe ich festgestellt, dass die Frage im wesentlichen von der Phase der Erkrankung abhängt.

Warum ich?

Ich denke, diese Frage stellen sich alle am Anfang, wenn die Diagnose frisch ist. Irgendwann akzeptiert man die Situation und geht zur nächsten Frage über. Bei mir kam recht schnell die Frage nach dem Job. Ich fragte mich, wie lange es wohl gut gehen würde, wie lange ich noch Geld verdienen kann?

Den Entschluss, Lehrer zu werden, fasste ich bereits in der 9. Klasse der Realschule auf. Mein damaliger Sportlehrer, Herr O., war mein absolutes Vorbild. Ich vertraute ihm meinen heimlichen Wunsch an. Als die 10. Klasse geschafft war, fuhr Herr O. (natürlich mit dem Wissen meiner Eltern, wovon ich aber damals nichts wusste) mit mir zu einem Gymnasium. Er hielt an und sagte nur, wenn DU willst, kannst du hier Abi machen, den ersten Schritt, um Lehrer zu werden. Ich wurde Lehrer, mein Traumjob. Leider viel zu kurz!

 

Heute, wenn ich nach meinem Beruf gefragt werde, lautet die Antwort: “Rentner.” Ist man denn tatsächlich Rentner von Beruf, oder bleibt man nicht Lehrer, Maurer, Verkäufer, Ärztin, …. ein Leben lang? Unsere Leistungsgesellschaft akzeptiert und respektiert doch nur die Starken, Gesunden und Selbstbewussten. Gemessen wird dies doch meist am sozialen Stand, den man sich erkämpft und erarbeitet hat! Natürlich gibt es auch andere Werte, doch seien wir ehrlich …

Naja, wie ein Freund noch sagte: „Mitleid gibt es umsonst! Respekt muss man sich verdienen.“ Wie verdient man sich jedoch Respekt? Eine gute und sichere Arbeit trägt sicherlich dazu bei.

Als ich 2017 mit 52 Jahren - 12 Jahre nach der Diagnose - meinen Traumjob aufgeben musste, weil ich nur noch unzureichend zu verstehen war, fürchtete ich das große Nichts, das Loch, in das ich hineinfallen würde. In dieser Zeit kamen die „W-Fragen“ sehr häufig vor.

Mit der Unterstützung meiner Familie und Freunde gelang es mir jedoch schon bald, das Loch zu schließen. Sich Respekt verdienen, Akzeptanz aufbauen, sind viel und gern genutzte Attribute, doch wie macht man das? Am einfachsten ist es doch, wenn man einen Haufen Geld verdient. So zumindest die verbreitete Meinung in unserer Gesellschaft. Mit 53 Jahren Frührentner zu sein, so habe ich mir mein Leben nicht vorgestellt! Träume und Wünsche zu realisieren, das Leben zu leben, die Schäfchen ins Trockene zu bringen, die Kinder gut auf das eigene Leben vorzubereiten, das sind doch Ziele eines 50-jährigen! Sich selbst zu bejammern, zu bemitleiden ist und war jedoch nie eine Option. Es bringt einfach nichts, schon gar nicht Respekt und Akzeptanz! Respekt im Außenverhältnis, aber auch Respekt sich selbst gegenüber. Sich morgens im Spiegel anschauen zu können, abends auf einen erfüllten, respektvollen Tag zurück zu schauen, ist nicht immer einfach, aber mir enorm wichtig. Ich habe neue Aufgaben, neue Menschen gefunden. Wir engagieren uns gemeinsam, setzen uns Ziele, freuen uns über jede Form der Akzeptanz unserer Arbeit.

Was ist deine W-Frage?

Symptome
Langer oder kurzer Schlaf, was ist besser?

Kotti

Heute Morgen wache ich mit dem Gefühl auf, einmal lange geschlafen zu haben. Und tatsächlich es ist bereits 7:30 Uhr, was mir zeigt, dass ich heute doch über sieben Stunden geruht habe. Aber mit dem Erheben aus der Vertikalen musste ich sehr schnell feststellen, dass Sir James nicht geruht hat.

Die Bewegungen fallen mir schwer, die Muskeln sind gespannt, ein dezenter Tremor plagt mich und dies alles bei gedämpfter Geschwindigkeit.

Nach dem Frühstück geht es aber dennoch, zum Kundalini Yoga, heute mit geballten Fäusten. Ich hoffe, dass ich mich danach besser fühle. Ich möchte mich schließlich nicht aufgrund dieser Situation von meinem medikamentenfreien Weg verabschieden. Der Weg von der Straßenbahn bis zum Übungsraum scheint heute irgendwie weiter zu sein, als dies an anderen Montagen der Fall ist. Zum Glück bin ich zeitig genug von zuhause losgegangen.

Die ersten Übungen laufen noch sehr zäh, aber nach und nach wird es immer besser. Nach den 90 Minuten, welche auch einige meditative Elemente enthalten, ist meine Beweglichkeit wieder auf einem für mich normalem Pegel. Einzig der Tremor quält noch mein rechtes Bein. Dies tut er aber auch sonst immer wieder, so dass ich mir darüber eigentlich keine Gedanken mache.

Mir zeigt diese Nacht mal wieder, dass ein zu langer Schlaf und die damit verbundene Bewegungsarmut, am nächsten Morgen enorme Probleme mit sich bringt. Nach Nächten, in denen ich viel wach war, und auch früh aufgestanden bin, muss ich erheblich weniger mit Sir James kämpfen. Dafür bringen diese dann natürlich andere Probleme mit sich.

Nur wo liegt das gesunde Mittelmaß?

Das wird mir hoffentlich mein Körper auch noch zeigen. Ich beabsichtige nicht, mich aufgrund dieser Tatsache vorzeitig durch einen Wecker aus dem Schlaf reißen zu lassen.

Der Hosenkauf

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Irgendwann ist es dann mal wieder soweit, zwei bei der Oma zum Reparieren, zwei in der Wäsche und die, die zur Verfügung stand, konnte dem erwarteten üblichen gesellschaftlichen Standard nicht mehr genügen. Also, ich sah mich gezwungen, in den sauren Apfel zu beißen, mir blieb nichts anderes übrig, ich brauchte eine neue Jeans.

Nun ist mir bewusst, dass das Angebot an Beinkleidern im ländlich geprägten Raum, selbst dann, wenn man keinen übertriebenen Anspruch an Passgenauigkeit stellt, nicht vergleichbar mit der Auswahl ist, die eine Großstadt an Kleidung zu bieten hat. Mit dem ersten Ansinnen, den Erwerb eines neuen Kleidungsstückes zu vollziehen, betrat ich die Herrenabteilung des Gemischtwarenhauses für Kleidung und konfrontierte den Angestellten mit den Informationen, die meine Proportionen an die Abmessungen an eine neue Hose vorgeben. Freundlich wurde ich darauf hingewiesen, dass eine Jeans mit einer 30er Bundweite und 32er Länge nicht so die gängige Variante sei und ich trotz dieses Ausnahmezustandes immerhin zwischen zwei Modellen wählen könne. Mein kritischer Blick auf die vor mir ausgebreitete Lagerware veranlasste den Berater, mich auf den Umstand hinzuweisen, dass allein, wenn ich gewillt sei, die Weite des Hosenbundes ein wenig nach oben zu verschieben, sich das Angebot sprunghaft verbessern würde und den durch diese Variante zu erwartenden lockeren Sitz durch die Verwendung eines engeren Gürtels man in der Lage zu korrigieren sei. Anderenfalls sei auch eine Übergröße aus der Kinderabteilung durchaus anzudenken, um eine allseits zufrieden stellende Lösung herbeizuführen. Ich verzichtete auf die erweiterten Angebote des Fachverkäufers, der mich in seinem schwarzen Anzug mit „reichlich über den Gürtel hinweg hängendem Bauch“ an ein Tintenfass erinnerte und entschied mich für ein Modell aus der Lagerware.

Nun ist die Notwendigkeit, sich mit neuer Kleidung zu versorgen, nicht allein dem Umstand einer Ersatzbeschaffung geschuldet, sondern unterliegt vielmehr den Strömungen des Zeitgeistes, mit Beschaffungszyklen, denen geschlechtsspezifisch unterschiedliche Halbwertzeiten zu Grunde liegen. Kleidung einzukaufen ist ein Programm für die ganze Familie und man darf auf das für sich beste Einkaufsergebnis hoffen, wenn Tintenfass und Ehefrau gemeinsam daran arbeiten, die ausliegende Frühjahrskollektion Zug um Zug zur Anprobe heranzutragen. Dass wir auf die Beratungskompetenz meiner Ehefrau in diesem Fall verzichten mussten, erklärt sich durch eine Anhäufung wichtiger Termine, deren Erledigung weiter in die Zukunft zu verrutschen drohte, wenn wir den Erwerb einer neuen Jeans gemeinsam zu erledigen trachten würden. So wurde ich nur beim Empfangschef abgegeben und aufgefordert, nach erfolgreichem Abschluss meines Vorhabens nach der besten Ehefrau von allen zu forschen, die sich mit dem Ziel des Schnürsenkelregales des weitläufigen Gebäudes verabschiedete.

An diesen Auftrag erinnerte ich mich jetzt, als ich mit einer Plastiktüte unter dem Arm als deutliches Zeichen des erfolgreichen Abschlusses meiner Mission den Weg zum Ausgang mit dem Umweg zur Schnürsenkelabteilung, ich den Rückweg anzutreten gedachte.

Ohne auch nur halbwegs über eine Orientierung oder einen Lageplan des Gemischtwarenhauses für Kleidung zu verfügen, machte ich mich auf den Weg zu der mir hinterlassenen Adresse.

Da die Hose gekauft war und die täglichen Dinge des Lebens langsam in meinen Kopf zurückfanden, schlussfolgerte ich, dass der Erwerb von Schnürbändern, selbst wenn so wichtige Details wie Länge, Farbe, Qualität und Umweltverträglichkeit noch mit dem Fachpersonal einer eingehenden Erörterung bedurften, längst zu einer Entscheidung hätte führen müssen und ich den Aufenthaltsort meiner Ehefrau jetzt in der Abteilung für Damenmode vermutete.

Nun präsentiert sich dieses Gemischtwarenhaus für Kleidung nicht in einer so gewaltigen und beeindruckenden Architektur und Größe, dass man sich vor dem Betreten mit Hilfe von Lageplänen oder gar auf die Unterstützung von Navigationssystemen angewiesen ist, um sich über den Standort der jeweiligen Fachabteilung, die man aufzusuchen gedenkt, kundig zu machen. In der Erinnerung an die überschaubare Größe der Abteilung „Für den Herren“, die mich gerade trotz der komplizierten Verhältnisse meiner Proportionen mit einer Hose versorgt hatte, bin ich nun in den Weiten der Abteilung für Damen unterwegs. Als ein nachdenklicher und den Dingen gern auf den Grund gehender Mensch komme ich zu der Erkenntnis, dass, wenn man die Größe des Angebotes aus der Herren- und der Damen-Bekleidung ins Verhältnis zur Population der Geschlechter setzt, etwa 50 mal mehr Frauen als Männer diese Welt bewohnen. Gedanklich versunken in den nicht schlüssig erklärbaren Unterschied hinsichtlich der zumutbaren Tragzeiten von Kleidung zwischen Männern und Frauen, bemerke ich erschrocken, dass mein neuer Standort jetzt die Miederwaren-Region für Damen ist. Als gestandener Mann eine Kleinigkeit damit fertig zu werden, ich verordne mir einen gelangweilten und möglichst teilnahmslosen Gesichtsausdruck, sehe den Kunden und den Verkäufern nicht ins Gesicht, hüte mich davor, dass mein Blick an den ausgelegten und angebotenen Kleidungsstücken für den Damen-Intimbereich haften bleibt… Im Grunde weiß ich also gar nicht, wohin ich schauen soll..., höre aber deutlich, wie die hier anwesenden Kundinnen, starr vor Schreck ob meiner Anwesenheit, mir mit ihren Augen das Wort „Spanner“ in den Rücken brennen. Diesen schrecklichen Angriffen, denen ich mein vollstes Verständnis entgegenzubringen suche, antworte ich mit dem unschuldigsten Gesichtsausdruck und dem mir möglich weichstem Augenaufschlag; „Nein, um Gottes Willen, nicht das, was Ihr denkt, suche nur meine Frau“. Der nächstmögliche Ausgang ist meiner.

Das von mir jetzt befürchtete Nachspiel mit Befragung zu sittlicher Festigkeit durch Hausdetektiv und Strafverfolgungsbehörden blieb zum Glück aus. Ich nehme mir vor, zukünftig konzentrierter durch Kaufhäuser zu wandeln, damit ich die Hinweise „Zutritt für Männer untersagt“, der auch zwangsweise hier irgendwo meinen Weg gekreuzt haben muss, nicht wieder übersehe. In jedem Fall hielt ich es jedoch für angeraten, die Geschäftsleitung darüber in Kenntnis zu setzen und neben den zu installierenden Zugangs-Verbotshinweisen den Einsatz einer uniformierten Autorität zu empfehlen, die ortsunkundigen und in Gedanken versunkenen Männern die Peinlichkeit ersparen, sich in den Bereich der Damen Miedermoden zu verlaufen.

Gerade als ich mich mit einer Formulierung, die ich anonym dem Management des Hauses zustellen wollte, befasste, wurde meine Aufmerksamkeit auf eine mir freundlich zuwinkende Frau gelenkt. Die beste Ehefrau von allen, in deren Gefolge eine kleine mit allerlei Kleidungsstücken überladene Verkäuferin, wahrzunehmen ich in der Lage war, deutet mir an, dem Duo beim Rückzug in die Anprobe zu folgen, um bei der Abstimmung über die Passform, den akkuraten Sitz und den richtigen Zuschnitt der ausgewählten Kleidungsstücke, sowie deren Verträglichkeit mit dem bereits vorhandenem Bestand, auch meine unmaßgebliche Meinung zu hören. Mein Einwand, dass ich bereits eine neue Hose gekauft habe, wollte ich als Hinweis verstehen, dass man den Erwerb von Textilien durchaus in angemessener Zeit abhandeln kann und der eigentliche Grund unseres Aufenthaltes somit erledigt war, verhallte indes ungehört.

Flexibel wie ich bin, übernehme ich ohne Widerworte die mir zugedachte neue Aufgabe, die sich immerhin durch das Privileg auszeichnet, dass ich sitzen darf, um Rat zu geben. Ich hielt es jedoch für geraten, auf die angebotenen und kostenlosen Getränke zu verzichten, um nicht unnötig in eine moralische Abhängigkeit zu fallen, die dann zu dem Ergebnis hätte führen können, aus Dankbarkeit für die gereichte Tasse Kaffee unnötige Kaufentscheidungen zu treffen, die den Familienetat ungebremst weiter zu belasten drohten.

Also richtete ich mich ein, auf meinem Beobachterplatz und hoffte im Stillen, dass das Interesse an der Frühlingskollektion nicht Größenordnungen annehmen möge, die man zeitlich in Stunden zu messen hätte. Meine gutachterliche Aufgabe war ohne Frage eine ernst zu nehmende Arbeit, die zweifelsohne nur zu einem qualifizierten Urteil führen konnte, wenn man sich nicht scheute, den weiblichen Linien mit kritischem Blick zu folgen und aus dieser Wahrnehmung die Entscheidung zu fällen, was passt und was nicht. Diese Überprüfung ist jedoch nur zulässig, wenn die eigene Frau sich im neuen Gewande präsentiert und es ist dringend geraten, diese Überprüfung sofort einzustellen, wenn fremde Personen aus der Anprobe die Bühne betreten, anderenfalls steht man sonst ständig in der Gefahr, als Voyeur gebrandmarkt zu werden. Offen gebe ich hier persönliche Verfehlungen zu und gestehe, in Ausnahmefällen selbst auch diese Regel gebrochen zu haben.

 

Um den „Hosenkauf“ nicht endlos zu verlängern, schließe ich hier nun diese Geschichte ab und zeichne zum Schluss noch das Bild mehrerer mit Kleidung gefüllter Plastiktaschen, dessen Inhalt wir besser in den eigenen vier Wänden auf Sitz und Verwendung in der Lage sind zu überprüfen. Alles, was dann durchfällt, wird zurückgebracht, Basta!!!

Ein Tag des Zweifelns

Kotti

Schon seit dem Aufstehen merke ich, dass heute nicht mein Tag sein wird. Jede Bewegung, die ich mache, spüre ich. Der Tremor in meinem rechten Fuß ist deutlich stärker, als ich dies gewohnt bin. Meine rechte Hand zittert, obwohl ich dies normalerweise sehr gut im Griff habe. Beim Laufen komme ich nur mit kleinen, unsicheren Schritten voran. Meine Muskeln fühlen sich angespannt an.

Ist der von mir gewählte Weg, ohne Medikamente meine Krankheit im Griff zu behalten, der richtige? An Tagen wie heute nagen die Zweifel an mir. Die Versuchung, eine L-Dopa aus dem Medikamentenschrank zu holen, ist groß.

Mein inneres Gefühl aber sagt mir, dass ich diesen Tag auch ohne Medikamente durchstehe, denn die letzten Tage ging es mir ja auch recht gut. Es ist einfach mal wieder nur ein Tag, wie es ihn immer mal wieder gibt. Sir James möchte mir heute wieder zeigen, dass er nicht immer so sanftmütig mit mir umgeht.

Es gibt sicher viele Gründe, warum ich Tage mit derartigen Schwankungen habe. Sei es die Sommerhitze, Stress, schlechter Schlaf, beim Sport übernommen oder vieles mehr. Darum bleibe ich auch heute hart und unterliege nicht der Versuchung, meine Symptome abzumildern.

Mit meinem mentalen Training werde ich es schaffen, diesen Tag zu überstehen und dann auch wieder bessere Tage zu erleben. Verschenken tue ich mir nichts, denn die Medikamente sind ja nur symptomatisch und halten meine Krankheit nicht auf.

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