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Geistige Gesundheit aus der Membran

Der Begriff „exekutive Funktionen” wird für eine breit gefächerte Kategorie wichtiger kognitiver Prozesse verwendet, die von einer gesunden Funktion der Neurotransmitter abhängen. Im Wesentlichen bedeutet das, dass die „exekutiven Funktionen” uns dabei helfen, „Dinge zu erledigen“ und für das Planen, Treffen von Entscheidungen und für die Selbstkontrolle benötigt werden. In unserem alltäglichen Leben spielen sie eine so große Rolle, dass Wissenschaftler davon ausgehen, dass sie für Erfolg von größerer Bedeutung sind als der IQ oder angeborene akademische Begabung.20

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) wird häufig als eine Störung der „exekutiven Funktionen” beschrieben. Während das „Problem“ mit ADHS eher eine Konsequenz dessen ist, dass auf Neuheiten und Entdeckungen eingestellte Gehirne auf Jobroutinen und gleichgeschaltete Ausbildung stoßen, wird in der wissenschaftlichen Forschung die potenzielle Rolle, die Fette aus der Ernährung für die Optimierung der kognitiven Funktionen spielen, unterstrichen.

In einer Studie der University of North Carolina aus dem Jahr 2013 wurden die kognitiven Fähigkeiten von Kindern mit einer Momentaufnahme ihrer jeweiligen Ernährung verglichen. Die Kinder, die weniger Omega-6-Fettsäuren konsumierten, schnitten bei Tests ihres Arbeitsgedächtnisses und ihrer exekutiven Fähigkeiten deutlich besser ab. Die Forscher schrieben, dass die Exekutiven Funktionen scheinbar besonders durch ein ungleiches Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren beeinflusst werden.21 Da es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, gibt sie keinen Beweis, dass es tatsächlich so ist, doch in Versuchen hat sich tatsächlich herausgestellt, dass sich die Aufmerksamkeit sowohl von Kindern mit ADHS als auch die von sich durchschnittlich entwickelnden Kindern verbesserte, wenn sie Nahrungsergänzungsmittel für Omega-3-Fettsäuren einnahmen.22

Welche Bedeutung haben diese Erkenntnisse über die Kindheit hinaus? Eine Studie der Charité in Berlin könnte Licht auf die Sache werfen.23 Kognitiv normalen Erwachsenen wurden täglich Nahrungsergänzungsmittel für Omega-3-Fettsäuren verabreicht, die 1320 mg EPA und 880 mg DHA enthielten. Sechsundzwanzig Wochen später wurden die kognitiven Fähigkeiten der Studienteilnehmer getestet. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die „exekutiven Funktionen” der Studienteilnehmer, welche die Omega-3-Nahrungsergänzungsmittel eingenommen hatten, verglichen mit den Teilnehmern aus einer Placebo-Gruppe um 26 % verbessert waren. Außerdem war ein Anstieg des Volumens ihrer grauen Masse zu beobachten, sowie eine verbesserte strukturelle Integrität ihrer weißen Masse. Die weiße Masse kann man sich als Autobahnnetz des Gehirns vorstellen, das es ermöglicht, Daten zwischen den verschiedenen Regionen auf der Schnellspur zu übermitteln. In besagter Studie schienen die Omega-3-Nahrungsergänzungsmittel wie ein infrastrukturelles Verstärkungsteam zu wirken, das Schlaglöcher beseitigt und sogar für zusätzliche Fahrspuren sorgt, während in der Placebo-Gruppe ein subtiler Rückgang der Kognition zu beobachten war, passend zu typischen Alterungserscheinungen.

Die positiven Auswirkungen auf das persönliche und berufliche Leben sind potenziell schon Grund genug, um für ein optimales Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren zu sorgen, aber könnte dies auch den 450 Millionen Menschen weltweit helfen, die unter einer geistigen Erkrankung leiden? Diese Frage stellten sich Wissenschaftler der University of Melbourne, als sie Menschen im Teenageralter und in den frühen Zwanzigern, die eine Vorgeschichte psychotischer Symptome hatten, täglich eine Dosis Fischöl verabreichten. (Fischöl als präventive oder therapeutische Maßnahme einzusetzen ist auch daher ansprechend, weil es nicht mit demselben Stigma behaftet ist wie antipsychotische Medikamente.)

Die Studienteilnehmer bekamen täglich 700 mg EPA und 480 mg DHA verabreicht. In einem Zeitraum von 3 Monaten konnten die Wissenschaftler beobachten, dass die Versuchsteilnehmer aus der Fischöl-Gruppe verglichen mit einer Placebo-Gruppe deutlich weniger psychotische Episoden hatten.24 Noch beeindruckender: Die Verbesserung der Symptome schien auch noch anzuhalten, als die Ärzte die geistige Gesundheit der Studienteilnehmer sieben Jahre später bewerteten – nur 10 % entwickelten eine umfassende psychotische Störung, verglichen mit 40 % in der Placebo-Gruppe (eine vierfache Reduktion des Risikos). Die Patienten waren außerdem deutlich funktionsfähiger und benötigten weniger Medikamente, um ihre Symptome in den Griff zu bekommen.*

Ist Fischöl das Allheilmittel für psychische Erkrankungen? Leider nein. Die aufgeführten Forschungsergebnisse bieten jedoch weitere Beweise dafür, dass unsere Ernährung nicht mehr in Harmonie zu den Bedürfnissen unserer Ernährung steht – und es kann uns deutliche Vorteile bringen, dieses Ungleichgewicht auszugleichen.

FURAN – DER SCHLÄFER DES GEHIRNS?

Der verstorbene österreichische Chemiker Gerhard Spiteller – der Erste, der die Alarmglocken bezüglich der Gefahren von industriell verarbeitetem Öl mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren läutete – machte bei der Untersuchung von Fischölen eine interessante Entdeckung. Mit seinen besonderen biochemischen Fähigkeiten stellte er fest, dass konzentrierte Quellen für Omega-3-Fettsäuren immer von einer Art Fett begleitet wurden, das als Furanfettsäuren bzw. F-Säuren bekannt ist. Diese von Algen und Pflanzen produzierten F-Säuren werden in Fischöl eingebunden, wenn Fische Algen verzehren. (Eine weitere bekannte Quelle für F-Säuren ist Butter von Bio- Weidevieh).25 Sobald sie von uns konsumiert wurden, wandern sie neben Omega-3-, Omega-6- und anderen Fettsäuren in eine Zellmembran, in der sie in der Nähe befindliche freie Radikale neutralisieren, die von mehrfach ungesättigten Fettsäuren oder anderem oxidativen Stress stammen.

Japanische Wissenschaftler hoben die Wirksamkeit der F-Säuren hervor, als sie die wirkungsvollen entzündungshemmenden Eigenschaften der neuseeländischen Grünschalenmuscheln untersuchten, gespannt darauf, mehr über die Gründe der deutlich geringeren Quoten von Arthritis in der an der Küste lebenden, Muscheln mampfenden Maori-Bevölkerung im Vergleich zu ihren im Inland lebenden Pendants zu erfahren. Als sie das F-Säure enthaltende Muschelextrakt mit dem EPA-reichen Fischöl verglichen, fanden sie heraus, dass es fast einhundert Mal wirkmächtiger war als EPA, wenn es um die Reduktion von Entzündungen geht!

Wie bekommen F-Säuren das hin? Sie enthalten eine sogenannte Resonanzstruktur. Resonanzstruktur hört sich an wie ein Kristall, der ein Lichtschwert oder die Rüstung von Iron Man mit Energie versorgt, ist in Realität aber noch viel cooler: Diese chemischen Feuerwehrleute setzen freie Radikale außer Gefecht und stabilisieren sich dann selbst, um die zerstörerische Kettenreaktion zu beenden. Das machen sie ziemlich gut. Bei F-Säure könnte es sich um die stillen Schutzengel-Moleküle handeln, die freie Radikale chefmäßig fertigmachen und dann den Omega-3-Fettsäuren die Lorbeeren überlassen.

Aber lassen Sie uns einen Moment innehalten, bevor wir versuchen, F-Säuren zum nächsten großen Nahrungsergänzungsmitteltrend zu machen. Die Entdeckung dieser wohltätigen Bekämpfer freier Radikale ist ein Argument, das dagegen spricht zu versuchen, vollwertige Lebensmittel in ihre individuellen Mikronährstoffe herunterzubrechen. Wir und unsere Lebensmittel haben den Prozess der Koevolution durchschritten und der Versuch, unsere unendlich komplexen Körper zu optimieren, indem wir Nährstoffe herauspicken, ist die letzte Hybris. F-Säuren sind ein gutes Beispiel dafür: Pharmaunternehmen haben versucht, immer reinere Konzentrationen von EPA aus Omega-3-Fettsäuren aus Fisch zu extrahierten, um super-potentes Fischöl zu produzieren, doch in klinischen Versuchen haben die entsprechenden Produkte nicht die erwarteten entzündungshemmenden Vorteile gezeigt. Könnte das daran liegen, dass die extrem empfindlichen und doch so wirksamen Furanfettsäuren während des Herstellungsprozesses zerstört werden? Aus diesem Grund ziehen wir vollwertige Lebensmittel immer den Nahrungsergänzungsmitteln vor – selbst im Fall der Nahrungsergänzungsmittel, die wir empfehlen!

ALA – Die pflanzliche Omega-3-Fettsäure

Eine weitere bekannte Omega-3-Fettsäure habe ich bereits kurz erwähnt: Die pflanzenbasierte Alpha-Linolensäure, kurz ALA, die in Samen und Nüssen (z. B. Leinsamen, Chiasamen und Walnüssen) vorkommt. ALA muss in unserem Körper in DHA und EPA umgewandelt werden, um von Nutzen zu sein, dies ist aber ein sehr ineffizienter Prozess und unsere ohnehin begrenzte Fähigkeit dafür geht mit dem Alter weiter zurück.26

Gesunde junge Männer wandeln geschätzt 8 % der über die Ernährung aufgenommenen ALA in EPA um und 0 – 4 % in DHA. Tatsächlich ist die Umwandlung von ALA in DHA bei Männern so beschränkt, dass der Konsum von mehr ALA (z. B. aus Leinsamenöl) unter Umständen zu keinerlei Anstieg der DHA im Gehirn führt. Frauen, auf der anderen Seite, sind bei der Umwandlung von ALA 2,5-mal effizienter, eine Fähigkeit, die vermutlich durch Östrogen erleichtert wird, um die Bedürfnisse späterer Schwangerschaften zu unterstützen. Leider geht die Kapazität, DHA aus ALA zu kreieren, zum Teil als Ergebnis der Wechseljahre zurück, was vielleicht eine Rolle dabei spielt, dass diese Frauen ein verstärktes Risiko für Alzheimer und Depressionen haben.27

 

Aber auch andere Faktoren, nicht nur das Geschlecht, beeinflussen die Umwandlung pflanzlich basierter ALA in DHA und EPA. Menschen europäischer Herkunft, die über „neuere“ Gene verfügen (früher war einfach alles besser) haben unter Umständen reduzierte Umwandlungs-Kapazitäten, verglichen mit Menschen afrikanischer Herkunft – es ist möglich, dass die Fähigkeit, pflanzliche Formen von ALA umzuwandeln, mit der steigenden Verfügbarkeit verlässlicher Quellen für Omega-3-Fettsäuren aus Fleisch, Fisch und Eiern zurückgestuft wurde.28

Ironischerweise wandeln die Enzyme, die ALA in EPA und DHA umwandeln, ebenso Linolsäure, die in unserer Ernährung vorherrschende Omega-6-Fettsäure, in ihre entzündungsfördernde Form (genannt Arachidonsäure) um und setzen dem Ganzen noch einen drauf. Unsere Bedürfnisse sind diesen wohlwollenden chemischen Stoffen gleichgültig – sie wandeln einfach um, was wir ihnen zuführen. Und heutzutage füttern wir ihnen vor allem Omega-6-Fettsäuren. Im Fall von Menschen, die wenig fertiges EPA und DHA, dafür aber eine Menge Omega-6-Fettsäuren über ihre Ernährung aufnehmen (z. B. Veganer, die viele industriell verarbeitete Lebensmittel konsumieren), kann es vorkommen, dass es dem Gehirn aus diesem Grund an Omega-3-Fettsäuren mangelt.

Um Rätselraten zu vermeiden, wenn es darum geht, das Gehirn mit EPA und DHA zu versorgen, empfehle ich die „Einstellen-und-dann-vergessen-Methode“: Achten Sie wachsam darauf, industriell verarbeitetes Öl mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren zu vermeiden (Maiskeim-, Soja-, Raps- sowie andere Getreide- und Kern-Öle) und stellen Sie sicher, dass Sie vorgebildetete EPA und DHA aus vollwertigen Lebensmitteln wie Fisch (Wildlachs und Sardinen sind z. B. eine gute Wahl mit geringem Quecksilber), Freiland- oder Omega-3-Eiern und Rindfleisch aus Weidevieh aufnehmen. An Tagen, an denen es Ihnen nicht möglich ist, Ihre Portion an vorgeformter EPA und DHA zu bekommen, ist ein Nahrungsergänzungsmittel mit Fisch-, Krill- oder pflanzlichem Algenöl unter Umständen hilfreich. Und wenn diese Grundbedürfnisse abgedeckt sind, sind ALA aus vollwertigen Lebensmitteln wie Walnüssen, Leinsamen oder Chiasamen eine großartige Zugabe.

Einfach ungesättigte Fettsäuren: Die besten Freunde des Gehirns

Das Gehirn ist nicht nur reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, sondern auch an einfach ungesättigten Fettsäuren, die dort die Myelinscheide bilden. Dabei handelt es sich um eine schützende Schicht, welche die Neuronen isoliert und für eine rasche Erregungsübertragung zwischen den Nervenzellen sorgt. Im Gegensatz zu mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind einfach ungesättigte Fettsäuren jedoch chemisch stabil. Öle, die vor allem aus diesen Fettsäuren bestehen, können nicht nur sicher konsumiert werden, sondern haben auch eine Reihe positiver Auswirkungen auf den Körper.

In unserer Ernährung sind Olivenöl und Avocadoöl die wichtigsten Lieferanten einfach ungesättigter Fettsäuren. Außerdem sind diese Fettsäuren reichlich in Nüssen, Fleisch und Fisch enthalten. Der Fettgehalt von Wildlachs, dessen Verzehr mit einem reduzierten Risiko für kardiovaskuläre und neurodegenerative Erkrankungen in Verbindung gebracht wird, besteht zu fast 50 % aus einfach ungesättigten Fettsäuren. Das Gleiche gilt für Rindfleisch. Weitere großartige Quellen für einfach ungesättigte Fettsäuren sind Avocados.

Eines der bekanntesten Merkmale für die Küchentraditionen Griechenlands, Süditaliens und Spaniens – Länder, in denen neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson und Alzheimer seltener auftreten – ist die großzügige Verwendung von nativem Olivenöl extra. In diesen Teilen der Welt ist Olivenöl die ultimative Sauce, wird auf Steak, Bohnen, Gemüse, Brot, Pizza, Pasta, Meeresfrüchten, in Suppen und sogar in Desserts verwendet. Mein Freund Nicholas Coleman, Chef-Oleologe von Eataly in New York City, brachte mir bei: „Olivenöl wird dort nicht geträufelt, es wird gegossen.“ Natives Olivenöl extra ist entgegen dem allgemeinen Glauben gut zum Kochen geeignet und behält selbst unter extremen Bedingungen den Großteil seines Nährwerts.29 (Zum Garen bei starker Hitze sollte man trotzdem gesättigte Fette verwenden, da diese chemisch stabiler sind. Sie werden im nächsten Abschnitt behandelt.)

Epidemiologen (Wissenschaftler, die große Populationen studieren und aufgrund der gesammelten Daten Schlüsse ziehen) sagen, dass die sogenannte mediterrane Ernährung die Ernährungsform ist, die am besten vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Neurodegeneration schützt, und es hat sich gezeigt, dass eine mediterrane Ernährungsform nicht nur zu besserer langfristiger Gesundheit führt, sondern auch zu größeren Gehirnen.30

Wie bereits erwähnt haben epidemiologische Studien die große Einschränkung, dass sie auf Beobachtungen beruhen. Das macht es unmöglich, genau zu bestimmen, welche Aspekte der mediterranen Ernährung kausal mit den genannten Vorteilen zusammenhängen. Um die Lücke zu schließen und sich spezifisch damit zu beschäftigen, welche Rolle einfach ungesättigte Fettsäuren für die kognitive Leistungsfähigkeit spielen, ließen Wissenschaftler aus Barcelona die immer noch häufig empfohlene gewöhnliche fettarme Ernährung gegen zwei Versionen der fetthaltigeren mediterranen Ernährung antreten.31

Im Rahmen der Studie wurde die mediterrane Ernährung einer Gruppe mit Baumnüssen wie Mandeln, Haselnüssen und Walnüssen ergänzt – alles großartige Lieferanten einfach ungesättigter Fettsäuren. Die zweite Gruppe, die sich ebenfalls an die mediterrane Ernährungsform hielt, sollte noch mehr natives Olivenöl extra konsumieren. In dieser Gruppe war die Vorgabe, dass die Studienteilnehmer pro Woche einen Liter natives Olivenöl extra zu sich nehmen mussten. Um zu verdeutlichen, was das bedeutet: Ein Liter Olivenöl enthält über 8000 Kalorien – das entspricht mehr als der Hälfte der empfohlenen Kalorienzufuhr für erwachsene Männer! Bei beiden Gruppen – den Studienteilnehmern, die sich an die mit Nüssen ergänzte Ernährung hielten, und denjenigen, die extra viel Olivenöl konsumierten – konnte nach 6 Jahren dieser Ernährungsweise beobachtet werden, dass ihre kognitiven Funktionen nicht nur stabil geblieben waren, sondern sich noch verbessert hatten, wobei die Olivenöl-Gruppe leicht vorne lag. In der fettarmen Gruppe war ein stetiger kognitiver Abbau zu beobachten.

Machen Sie sich mit dem grünen, pfeffrigen Geschmack von hochwertigem (am besten Bioqualität) nativen Olivenöl extra vertraut, indem Sie es Ihren hinteren Gaumen umspülen lassen – und kosten Sie es häufig! Statten Sie Ihre Küche mit nativem Olivenöl extra aus und verwenden Sie es für das Garen bei niedrigen und mäßigen Temperaturen sowie als Sauce auf Eiern, Gemüse und Fisch und in allen Ihren Salaten.

Gesättigte Fettsäuren: Stabil und fähig

Gesättigte Fettsäuren sind essenziell für das Leben – sie unterstützen die Zellmembranen und dienen als Ausgangsstoffe für eine Reihe von Hormonen und hormonähnlichen Substanzen. Gesättigte Fettsäuren sind das vorwiegende Fett in menschlicher Muttermilch – die wohl ideale natürliche Ernährung für Neugeborene.32

Gesättigtes Fett ist bei Raumtemperatur in der Regel fest. In unserer Ernährung ist es in Vollfett-Milchprodukten wie Käse, Butter und Ghee, Rind-, Schweine- und Hähnchenfleisch und sogar bestimmten Früchten, z. B. Kokosnüssen und Oliven, enthalten. (Natives Olivenöl extra besteht zu fast 15 % aus gesättigtem Fett.)

In den vergangenen Jahren haben gesättigte Fettsäuren eine Menge schlechte Presse bekommen, wurden als die „Arterien verstopfendes Fett“ verschrien. Buchstäblich handelt es sich um das Fett, vor dem unsere Mütter uns gewarnt haben. Doch im Gegensatz zu den toxischen Fetten, gegen die wir es eingetauscht haben (industriell verarbeitete Getreide- und Samenöle wie z. B. Rapsöl, Maiskeimöl und Sojaöl), sind gesättigte Fettsäuren chemisch besonders stabil und für das Garen bei hohen Temperaturen besonders gut geeignet. Gesättigte Fette (z. B. Kokosfett, Butter und Ghee von Tieren aus Weidehaltung) wieder in der Küche willkommen zu heißen, ist eine biologisch-relevante, realistische Anwendung, die große Vorteile für Ihre Gesundheit bedeuten könnte.

Ein in die Pfanne gehauenes Fett?

Als Nährstoff ist gesättigtes Fett nicht an sich „ungesund“ oder „gesund“. Wie es sich auf die Gesundheit auswirkt, hängt von ein paar weiteren Faktoren ab. Zum Beispiel: Wird viel Zucker konsumiert? Werden viele industriell verarbeitete Lebensmittel gegessen? Zählt man Ketchup zum Gemüse? Der Grund dafür ist, dass gesättigte Fettsäuren die schädlichen Auswirkungen einer Ernährung, die reich an Kohlenhydraten und gering an Nährstoffen ist, verstärken können. (Und da ist auch die Frage der Gene, auf die ich in Kapitel 5 eingehen werde.)

Leider enthalten extrem industriell verarbeitete Fertiggerichte tendenziell große Mengen Zucker und raffinierte Kohlenhydrate, die häufig mit gleichen Mengen gesättigter Fettsäuren kombiniert sind. Denken wir an Hamburger auf weichen Weißbrötchen, Pizzen mit viel Käse, sahnige Nudelgerichte, deluxe Nachos, Burritos, Eiscreme und sogar die harmlos wirkenden Bagels mit Butter. Diese Lebensmittel machen heutzutage 60 % der in den USA konsumierten Kalorien aus und sind sehr schädlich für unsere Gesundheit.33

Einige Studienergebnisse weisen darauf hin, dass die Kombination von Kohlenhydraten und Fett in einer Mahlzeit einen temporären Zustand der Insulinresistenz hervorrufen kann, eine metabolische Störung, welche Entzündungen und Fettablagerungen verstärkt. (Wie genau sich dies auf das Gehirn auswirkt, beschreibe ich in den folgenden Kapiteln.) Dass es unseren Körper verwirrt, wenn große Mengen gesättigtes Fett und Kohlenhydrate gemeinsam konsumiert werden, ist kein Wunder. Schließlich ist es schwer, in der Natur Lebensmittel zu finden, die sowohl gesättigte Fettsäuren als auch Kohlenhydrate enthalten. Obst besteht meistens aus Kohlenhydraten und Ballaststoffen und zuckerarme Früchte wie Avocados und Kokosnüsse enthalten viel Fett, aber nur sehr wenige Kohlenhydrate. Tierische Produkte sind in der Regel reines Fett und Eiweiß. Und Gemüse, ob stärkehaltig oder ballaststoffreich, enthält in der Regel kein Fett. Milchprodukte sind vielleicht die einzige Ausnahme – gesättigte Fettsäuren und Zucker sind hier kombiniert – was dazu beiträgt, dass Milch ihren evolutionären Zweck erfüllen kann, nämlich dafür zu sorgen, dass ein junges Tier an Gewicht zunimmt. Davon abgesehen werden gesättigte Fettsäuren und Kohlenhydrate nur in modernen Lebensmitteln regelmäßig kombiniert – in der Regel mit dem Hintergedanken, den übermäßigen Konsum zu fördern.

GESÄTTIGTE FETTSÄUREN IN UNSEREM BLUT

Der Großteil der im Körper zirkulierenden gesättigten Fettsäuren stammt aus der Leber, in der sie als Reaktion auf Kohlenhydrate gebildet werden. Dieser Prozess heißt Lipogenese, also Fettbildung. „Es wird landläufig davon ausgegangen, dass die zirkulierenden Fettsäuren reflektieren, was über die Ernährung aufgenommen wurde, doch die Verbindung ist schwach, vor allem im Fall von FSA (gesättigten Fettsäuren)“, schrieben Wissenschaftler der Ohio State University in einer in PLOS One publizierten Studie.34 Die Blutwerte für zwei der gesättigten Fette, die mit Herzerkrankungen in Verbindung gebracht werden, Stearinsäure und Palmitinsäure, stiegen nicht an, selbst wenn Studienteilnehmer diese in Mengen von bis zu 84 Gramm pro Tag zu sich nahmen – das ist das Äquivalent von fast 11 EL Butter! Andererseits wurden die höchsten Werte zirkulierender gesättigter Fettsäuren gemessen, nachdem die Studienteilnehmer sich kohlenhydratreich ernährt hatten, und der Verzehr von weniger Kohlenhydraten führte zu geringeren Werten der zirkulierenden gesättigten Fette im Blut. In anderen Studien kam man zu ähnlichen Ergebnissen, was beweist, dass unser Körper ein dynamisches Chemielabor ist, das nicht immer einer einfachen Logik folgt – eine Tatsache, die häufig genutzt wird, um Nahrungsmittelprodukte, Medizin oder allgemeine Fehlinformationen zu verkaufen.35