Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 9

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Weihnachten ganz anders

Weihnachten naht im Sauseschritt.

Ich fühl mich wieder mal nicht fit.

Zeit fehlt vorne, auch dahinten,

wo wir den Adventskranz binden.

Drum fasse ich jetzt den Entschluss:

Vorbei ist dieser Weihnachtsstress.

Geschenke sind prompt gestrichen,

mein Konto damit ausgeglichen.

Auch das Essen fällt untern Tisch,

ach herrje – da steht ja nischt.

Das Wasser läuft im Mund umher,

doch unsre Teller bleiben leer.

Plötzlich schwängert Tannenduft

im ganzen Haus die Atemluft.

Lichter brennen und wir schwärmen,

unsere Herzen erwärmen

sich an Erinnerung.

Brigitte Adam: 1951, Berlin, Dipl.-Ing. (FH), schreibt seit 2009 Gedichte über Natur, Tiere, Reisen – über und für die Enkel, Veröffentlichungen ihrer Gedichte in diversen Anthologien.

*

Das Familienfest

Da war ich also erstmals zur Weihnachtszeit fernab meiner Heimat. Zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich den Heiligen Abend nicht mit meinen Eltern, meiner Schwester und Nichte feiern. Das schmerzte. Selbst mein sonniger Aufenthaltsort, eine der Kanarischen Inseln, konnte mein Leid nicht lindern. Ich hatte große Angst vor dem Weihnachtsabend – so viel bedeutete es mir, diesen mit meiner Familie gemeinsam zu verbringen – aber ich wollte stark sein.

Auch in Spanien ist Weihnachten ein traditionelles Familienfest. Innerhalb weniger Stunden schloss ein Supermarkt nach dem anderen und auch mehr und mehr Kaffeehäuser. Mit nahezu einem Schlag entsprach nichts mehr meinen Gewohnheiten und es riss mich jäh aus meinem bewährten Tagesablauf. Verstört und einsam stolperte ich in der einsetzenden Dämmerung verzweifelt durch die fast schon menschenleeren Straßen, auf der Suche nach irgendetwas, das mir Halt geben konnte. Zufällig kam ich an einem kleinen Supermarkt vorbei, der noch geöffnet hatte. Instinktiv betrat ich ihn. Dort roch ich die frisch aufgebackenen Brötchen und griff zielstrebig nach einem. Der noch heiße Teig erwärmte mich auf meinem Heimweg von innen und gab mir Trost. Dass dieser Weihnachtsabend alleine so schmerzlich werden würde, hätte ich nicht erwartet. Das warme Brötchen half mir auf meinem Weg ins Hotel zurück.

Traurig saß ich in meinem Zimmer und dachte sehnsuchtsvoll an meine Familie. Mir war so weh ums Herz, dass sich ein kummervolles Tränchen aus meinen bereits sehr feuchten Augen löste und über meine Wange kullerte. Es blieb an meinem Kinn hängen und begann, mich zu kitzeln. Doch, was war das? Ich hatte den Eindruck, die Träne begann zu wachsen, anstatt zu verdunsten. Ich blickte nach unten und sah auf eine große glänzende Kugel. Verdutzt sah ich wieder auf und fand mich im elterlichen Wohnzimmer wieder. Offensichtlich hatte sich mein Körper aus der Träne in eine goldene Christbaumkugel verwandelt. Nun hing ich auf einem Ast des Weihnachtsbaums meiner Eltern. Ich konnte mein Glück kaum fassen – durfte ich diesen Abend nun doch bei meinen Liebsten verbringen – sodass ich mir über meine märchenhafte Verwandlung keine weiteren Gedanken machte.

Es roch herrlich nach frischen Nadeln, Kaffee und Weihnachtsgebäck. Darauf musste ich diesmal verzichten, aber das störte mich nicht. Dafür, dass ich Weihnachten unerwartet mit meiner Familie verbringen durfte, tat ich das gerne.

Unter mir lagen viele Geschenke, liebevoll in dekoratives Weihnachtspapier verpackt. Ob auch für mich eines dabei war? Meine Mutter hatte bei ihren Weihnachtseinkäufen bestimmt an mich gedacht, aber vielleicht lag mein Geschenk noch nicht unter dem Baum. Meine Eltern, meine Schwester und ihre Tochter saßen um den Wohnzimmertisch und spielten Karten. Gerne hätte ich mitgespielt, aber auch das war heuer nicht möglich.

Ob sie mich sehen konnten? War ich eine neue Kugel am Baum oder in eine geschlüpft, die schon vorher an diesem gehangen war? Ich war aufgeregt, in dieser unvermuteten und mir neuen Beobachterposition. Was, wenn sich meine Familie über mich unterhielt? Oder sie sich über etwas austauschten, das nicht für meine Ohren bestimmt war? Ohren? Hatte ich welche? Eine Weihnachtskugel mit Augen und Ohren? Immerhin konnte ich sehen und hören.

Ich vernahm die Unterhaltung meiner Familie beim Spielen, hörte meine Nichte manchmal verärgert aufschreien und dann wieder lachen. Es war so schön, wieder bei meinen Liebsten zu sein! Unmittelbar nach dem Spiel sprang meine Nichte in neugieriger Vorfreude auf die Geschenke auf und drängte auf die Bescherung. Langsam wurde es draußen dämmrig, und so ließen sich die Erwachsenen dazu überreden. In gewohnter Familientradition sollten davor die Kerzen am Christbaum angezündet und ein paar Weihnachtslieder gesungen werden. Meine Nichte rief sofort, dass sie die Kerzen alleine anzünden wollte. Mit ihren zwölf Jahren glaubte sie längst nicht mehr an das Christkind. Vorbei waren die Zeiten, als einer von den Erwachsenen mit ihr in einem anderen Zimmer des Hauses aus dem Fenster sah, um nach dem Christkind Ausschau zu halten. Irgendwann müsste es ja vorbeifliegen. In der Zwischenzeit hatten die anderen Gelegenheit, die Geschenke unter den Baum zu legen. Als dann das Glöckchen aus dem Wohnzimmer läutete, liefen wir aufgeregt zurück, um festzustellen, dass das Christkind schon da gewesen sein musste, weil es viele Geschenke gebracht hatte.

Beim Anzünden der Kerzen kam mir meine Nichte sehr nahe und ich roch ihren vertrauten Geruch. Am liebsten hätte ich die Gelegenheit genutzt und sie umarmt – hatte ich überhaupt Arme und Hände? – aber ich wollte sie keinesfalls erschrecken und bewegte mich nicht. Über meine passive Rolle war ich mehr als dankbar, ich wollte keine Unruhe in die familiäre Weihnachtsidylle bringen.

Jetzt standen sie alle um den Baum und bewunderten ihn. Als stünden sie um mich herum. Ich genoss es so sehr, in ihrer Mitte sein zu dürfen. Sollte ich sie ansprechen? Ich verwarf auch diesen Gedanken schnell wieder. Außerdem schien meine Nichte viel zu aufgeregt, um aufgehalten werden zu wollen. Sie nahm ihre Gitarre und stimmte das erste Weihnachtslied an. In den letzten Jahren hatte sie große Fortschritte beim Musizieren gemacht. Es war ein Vergnügen, ihrem fröhlichen Gitarrenspiel und ihrer hellen Kinderstimme zuzuhören.

Mein Vater blieb stehen und nahm eine straffe, fast förmliche Haltung ein, als er in das Lied einstimmte. Meine Schwester setzte sich hingegen zu ihrer Tochter an den Tisch und sang ebenfalls mit. Verhalten und unsicher kamen die Töne aus dem Mund meiner Mutter. Hätte sie mehr Mut und Überzeugung von ihrer Musikalität gehabt, wäre ihr Gesang auch viel runder und virtuoser gewesen.

Meine Stimme fehlte, dessen war ich mir sicher, aber ich blieb stumm, um nicht aufzufallen. Nach einigen Liedern legte meine Nichte ihre Gitarre zur Seite und stürzte auf die Pakete, um die Namenskärtchen zu lesen und die Geschenke entsprechend weiterzureichen. Die meisten aber waren freilich für sie bestimmt. Aufgeregt riss sie das Weihnachtspapier von den ersten Päckchen. Mein Vater und meine Schwester sahen ihr dabei zu, während meine Mutter zum Baum ging und ängstlich nach dem Stand der brennenden Kerzen sah.

Bildete ich es mir ein oder bedachte sie auch mich eines besorgten Blicks? Kurz wurde mir heiß. War etwa eine Kerze unter mir oder ein Wachstropfen von einer Kerze über mir auf mich gefallen? Nein, das dürfte wohl nur meine Aufregung gewesen sein.

Nach einer Weile drängte meine Mutter zum Löschen der Kerzen und wieder ließ es sich meine Nichte nicht nehmen, alle alleine auszublasen. Dabei kam sie mir abermals sehr nahe. Wie gerne hätte ich sie zumindest leicht berührt. Manchmal beugte sie sich so weit zu mir, dass ich hoffte, sie würde mich streifen. Aber leider war sie zu achtsam, um nur ja keine Kugel vom Baum zu stoßen. Der Rauch der Kerzen brannte in meiner Lunge und meinen Augen. Hoffentlich musste ich nicht husten.

Als hätte er meine Gedanken gehört, öffnete mein Vater zum Lüften die Terrassentür. Das Brennen in meinen Augen verstärkte sich trotzdem. Ich blinzelte und Tränchen liefen ... über meine Wangen.

Wangen? Verwundert blickte ich nach unten und fand mich in meinem Körper im Hotelzimmer sitzend vor. Mein weihnachtlicher Ausflug in meine Heimat war offensichtlich beendet. Zutiefst erfüllt und glücklich hing ich meinen Erinnerungen an diesen wundervollen Weihnachtsabend nach. Wem hatte ich dieses großartigste Geschenk aller Zeiten zu verdanken? Meiner unerfüllten, schmerzlichen Sehnsucht nach meiner Familie? Oder den liebevollen Gedanken meiner Liebsten an mich?

Bibi Bellinda, geboren 1965 in Wien, Studium der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften (einige Fachpublikationen, darunter ihre Dissertation), lebt in Niederösterreich. Zahlreiche Publikationen in Anthologien und Literaturzeitschriften, u. a. in „Bodenhaftung“ zum Forum Land Literaturpreis 2014 (Wien) und im Kulturmagazin „Reibeisen“ des Europa-Literaturkreis Kapfenberg, 2015.

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Weihnachten bei den Bären

Irgendwo in einer Bärenhöhle lebten – wie sollte es auch anders sein – Bären. In dem Wald, in dem die Bären lebten, war es Brauch, dass sich jedes Jahr einige Tage vor Weihnachten bestimmte Bären in der größten Bärenhöhle trafen, um Wünsche zu erfüllen und Geschenke zu verpacken. Es war die größte Höhle des ganzen Waldes. Leider war nicht jeder Bär für diese Arbeit geeignet, denn es wurden geschickte Tatzen benötigt. Keine tollpatschigen. Der Chef der Weihnachtsbären setzte sich mit drei anderen Bären zusammen, um eine Auswahl zu treffen. Das war gar nicht leicht.

 

„Also, hört genau zu“, sagte der Weihnachtsbärenchef mit tiefer Stimme. „Ich habe eine Entscheidung getroffen. Die ganz jungen Bärenkinder müssen uns in diesem Jahr nicht helfen. Die älteren, die lesen können, schon. Jedem Bären, der mithilft, gebe ich eine Nikolausmütze. Die lasst ihr bitte die ganze Zeit auf. Habt ihr das verstanden?“, fragte der Weihnachtsbärenchef.

Allgemeines Nicken.

Zufrieden tapste der Bär zu einigen Körben, die voller Wünsche waren. Jeder bekam einen davon. Eifrig wurde alles genauestens geprüft und gelesen. Danach nach dem Gegenstand gesucht, den der jeweilige Bär verpacken sollte. Der Weihnachtsbärenchef achtete darauf, dass dies ordentlich erledigt wurde. Es war ihm sehr wichtig.

Wer sich nicht daran hielt, wurde zu einer leichteren Arbeit geschickt oder ohne Umwege nach Hause. Dort konnte der Weihnachtsbär dann über das nachdenken, was er falsch gemacht hatte. Ein Zurück gab es nicht. Da war der Weihnachtsbärenchef streng. Bei den jüngeren Bärenkindern drückte er allerdings schon mal einmal Auge zu. Sie lernten noch, da war es wichtiger, dass sie lesen konnten.

In der Höhle stapelten sich mit der Zeit die Geschenke bis zur Decke. Es musste eine Lösung gefunden werden. Denn sonst lief man Gefahr, dass ein Stapel davon umkippte und alle Geschenke kaputt gingen – und das wollte natürlich niemand.

Aber dann passierte es! Es fiel ein Päckchen von ganz oben herunter. Darin war etwas Zerbrechliches. Dem ungeschickten Weihnachtsbärenkind war das Missgeschick sehr peinlich und es wollte das zerstörte Geschenk verstecken. Doch der Weihnachtsbärenchef hatte seine Augen überall – und natürlich auch das Missgeschick gesehen. Er stapfte zu dem jungen Bär, sah ihn streng an und meinte dann in lässigem Ton: „Das passiert. Mach dir keine Gedanken. Mach einfach weiter.“

„Also bist du nicht böse auf mich?“, fragte das Bärenkind ängstlich.

„Nein. Wir finden Ersatz.“

„Danke, du bist lieb zu mir.“

„Bin ich immer.“

„Wirklich?“, fragte das Bärenkind.

„Ja, klar. Wieso nicht?“

„Keine Ahnung. Ich kenne dich nicht so gut“, sagte das Bärenkind.

„Ist mir klar. Wie gesagt wir finden Ersatz. Mach dir keine Gedanken.“

„Mach ich mir aber, weil mir das peinlich ist.“

„Muss es dir nicht sein“, beruhigte der Weihnachtsbärenchef das Bärenkind.

Doch das hatte immer noch ein schlechtes Gewissen und befürchtete, dass es mit seinen Eltern Ärger bekam. Da diese aber viel zu beschäftigt waren, merkten sie nichts. Das war dem Bärenkind mehr als recht. Es wollte in aller Ruhe die Geschenke verpacken und Wunschzettel lesen sowie prüfen. Das war sehr anstrengend. Deshalb waren alle Bären abends immer sehr müde und legten sich bald schlafen, um für den nächsten Tag fit zu sein. Denn da brauchte jeder aufs Neue seine Kraft für seine Arbeit. Die eigenen Weihnachtsbäume musste daher auch auf ihren alljährlichen Schmuck warten, bis die Arbeit erledigt war.

Und so hörte man immer wieder einmal Gespräche wie dieses:

„Mami?“

„Ja Claudia?“

„Ich kann die Puppe nicht finden, die sich ein Kind wünscht. Hast du sie gesehen?“

„Nein, tut mir leid. Aber ich kann ja mal deinen Papa fragen. Vielleicht hat der sie gesehen.“

„Glaub ich eher nicht. Der ist schon eine ganze Weile damit beschäftigt, eine Bärenschaukel kunstvoll zu verpacken.“

„Wie bitte? Das glaub ich jetzt nicht. Es gibt noch so viel zu tun und was macht dein Vater? Er beschäftigt sich lieber mit einem Schaukelbären. Das geht nicht.“

„Denke ich mir, Mami. Nur ich bin zu jung, um Papa etwas zu sagen. Er würde bestimmt nicht auf mich hören.“

„Auf mich hört er aber auch nicht immer.“

„Versuchst du es bitte, Mami?“, bettelte das Bärenkind.

„Lassen wir Papa in Ruhe, Claudia. Ich werde dir helfen.“

Anschließend verpackten sie etwas sehr Großes.

„Mami, was ist das?“

„Keine Ahnung, Claudia. So etwas hab ich noch nie gesehen.“

„Ich auch nicht, Mami. Dachte, du weißt es.“

„Nein, alles kann man nicht wissen.“

„Stimmt, Mami. Aber jetzt muss ich nochmal so ein komisches Geschenk verpacken. Das ist genauso groß, Mami, und ich hab bald kein Papier mehr zum Verpacken.“

„Moment, ich hol dir noch was, dann kannst du weitermachen.“

„Danke Mama. Du hilfst mir aus der Patsche.“

„Schon recht, Claudia“, sagte die Bärenmutter und tapste weg.

Als sie zurückkam, hatte sie viel Geschenkpapier in ihren Tatzen. Das gab sie ihrer Tochter, die darüber sehr froh war. Nach vier Tagen hatten sie es geschafft. Alle Geschenke waren verpackt.

Zwei Weihnachtsbären sollten nun aufpassen, dass nichts gestohlen wurde. Doch das klappte leider nicht. Die Bären schliefen ein. Dabei merkten sie nicht, wie der Bärennikolaus die Geschenke abholte, um sie auf dem Schlitten zu verstauen. Zur Sicherheit band er eine Schnur um die Geschenke. Auf leisen Tatzen schlich der Bärennikolaus weg. Er wollte die schlafenden Bären nicht wecken.

Erst am Vormittag erwachten die schlafenden Weihnachtsbären. Mit ihren Tatzen rieben sie sich den Schlaf aus ihren Bärenaugen. Der Weihnachtsbärenchef kam, um nachzusehen, ob der Nikolaus alle Geschenke abgeholt hatte. Schließlich sollte er sie ja rechtzeitig verteilen. Doch als der Chef die Höhle betrat, schaute er sich verärgert um. Faulpelze und Nichtsnutze konnte er nicht leiden. Vor allem, als er noch zwei schlafende Bären entdeckte, wurde er ärgerlich. Er rief: „Was soll denn dass? Ihr Faulpelze! Euch kann man nicht vertrauen. Ihr solltet doch auf die Geschenke aufpassen, damit sie nicht verschwinden. Und was sehe ich hier? Schlafende Faulpelze, Nichtsnutze“, brüllte der Weihnachtsbärenchef.

„Du bist gemein. Irgendwann wird jeder Bär müde.“

„Ein Bär darf nicht müde werden, wenn er so eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hat. Aber das ist jetzt egal. Es gilt jetzt, den Baum zu schmücken und Plätzchen zu backen.“

„Nicht schon wieder.“

„Was seid ihr nur für Faulpelze. Also ran an den Speck und keine Müdigkeit bitte“, drängte der Weihnachtsbärenchef, der sich etwas beruhigt hatte. Dann überlegte er, Weihnachten für sich zu streichen. Er wollte nichts mehr damit zutun haben, das hatte er sich fest vorgenommen. Dabei vergaß er allerdings, dass er Frau und Kinder hatte. Und die mochten Weihnachten. Zerknirscht nahm der Weihnachtsbärenchef das hin ... und so wurde es doch noch ein schönes Weihnachtsfest.

Alexandra Dietz wurde 1977 geboren und lebt seit kurzer Zeit in Pforzheim. Ihre ersten Gehversuche als Autorin machte sie mit Tierfabeln und Kindergeschichten. Seit 2014 ist sie Mitglied des Autorenvereins Goldstadt-Autoren e.V.. Seit 2013 veröffentlicht sie in mehreren Anthologien ihre Geschichten.

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Schneeflocke

Silbern dein Schein,

bist nicht allein,

Schneeflocke du.

Bist vereint im Schnee mit anderen im Nu,

fällst herab vom Himmelszelt,

und dann doch im Schnee,

finden wir alle da,

deinen Zauber so wunderbar.

Möge er doch nie vergehen!

Wir stimmen uns leise ein,

auf die heilige Nacht,

im Scheine des Abends da,

glitzerst du leis’

im Mondenlicht.

Schneeflocke fein,

du scheinst auf deine Weise doch

still.

Dani Karl-Lorenz wurde in einer Kleinstadt in der Oberpfalz (Bayern) geboren. Sie ist Autorin aus Leidenschaft. Veröffentlichungen erfolgten in verschiedenen Anthologien. Mehr unter: danilyrik.de

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Der verschwundene Weihnachtsbaum

Anna ist guter Dinge. Sie summt fröhlich ein Weihnachtslied. Bald ist Weihnachten und sie freut sich sehr darauf. Alle in der Familie freuen sich. Weihnachten wird immer ganz groß gefeiert. In diesem Jahr wird die ganze Familie versammelt sein. Auch die Großeltern werden anreisen. Anna ist ganz happy, wenn sie an Weihnachten denkt. Noch eine Woche muss sie warten, dann ist Heiligabend.

„Mama“, ruft sie, „wann kaufen wir den Weihnachtsbaum?“

Die Mama ist sehr beschäftigt mit Päckchen packen für die Kinder. In diesem Jahr werden für Flüchtlingskinder Geschenke erbeten und die Mama muss erstmal nachdenken, wann sie denn für den Weihnachtsbaumkauf Zeit hat. Anna läuft jetzt in die Küche und fragt nochmal und Mama meint, dass Montag wohl der beste Tag für den Kauf wäre.

Anna ist einverstanden. „Darf ich meine beste Freundin mitnehmen“, fragt sie.

„Ja, wer ist das denn?“

„Sophie ist das doch“, antwortet Anna, „das weißt du doch, Mama.“

„Ja, das können wir machen. Wir holen sie um 15 Uhr ab. Mach das mit ihr klar.“

Und so wird am Montag der Weihnachtsbaum gekauft und zuerst in den Garten gestellt. Es ist ein schöner, gerade gewachsener Baum. Und groß ist er. Anna kann nicht die Spitze des Baumes erreichen, auch nicht, wenn sie sich auf Zehen stellt. Beim Baumschmücken muss der Papa helfen. Er ist sehr groß und kann den Baum wohl auch alleine ins Wohnzimmer bringen. Nun muss Anna noch die letzten Schultage schaffen. Sie ist im 4. Schuljahr und eine gute Schülerin.

„Mama, wie schmücken wir in diesem Jahr den Baum? Letztes Jahr war er ganz bunt. Das war schön und Omi hat das auch gesagt. Was meinst du, wie soll er dieses Jahr aussehen?“

„Ja, das müssen wir mal zusammen überlegen. Vielleicht heute Abend, wenn Papa wieder zu Hause ist.“

Nach dem Abendbrot wird also beraten. Vater ist für die Farbe Rot. Mama meint, Gold wäre eine schöne Abwechslung und Anna ist für – bunt. Zuletzt einigt man sich wieder auf einen bunten Baum, aber Anna will für Papa einige rote Sterne und für Mama goldene Sterne basteln. Anna meint, dass so jeder zu seinem Recht kommt.

Der Weihnachtsbaum ist für Anna sehr wichtig. Er sollte der schönste Baum der Welt werden und sie freut sich doch so auf das Schmücken. Vielleicht kommt ihre Omi so früh, dass sie dabei helfen kann. Sie will heute noch mit ihr telefonieren und sie darum bitten.

Ja, und dann ist der Tag des Schmückens da.

„Papa, hol bitte den Baum herein!“, ruft Anna in die Küche, wo die Mama am Kuchenbacken ist und Papa gerade die Zeitung liest. Papa steht auch sofort auf und läuft schnell nach draußen. Draußen ist es kalt. Es fängt ganz leise an zu schneien und Papa will schnell wieder in das warme Haus zurück.

Ja, aber wo steht denn der Baum?

Gestern stand er doch noch hier!

Papa geht ins Haus zurück und ruft laut: „Wo habt ihr denn den Baum hingestellt? Hier ist er nicht mehr.“

Anna läuft nach draußen. Der Baum ist tatsächlich nicht da.

„Ach, der Baum muss doch hier irgendwo stehen!“ Und Anna, Mama und Papa suchen den ganzen Garten und auch das Haus nach dem Weihnachtsbaum ab und finden ihn nicht. Inzwischen ist allen kalt geworden und sie wollen nur noch ins warme Haus.

„Was machen wir denn jetzt?“ Anna ist ganz verzweifelt.

Papa und Mama wissen auch nicht, was sie jetzt machen sollen. Die Geschäfte sind geschlossen.

„Morgen früh gehe ich zum Gärtner und hole uns einen neuen Baum“, sagt Papa und nimmt Anna in den Arm. „Ich weiß nicht, wer unseren Baum genommen hat. Ich hole eben eine neue Tanne und wir müssen alle helfen, den Baum vor dem Gottesdienst zu schmücken.“

Schon früh geht der Vater am anderen Morgen in die Stadt. Geht von Gärtner zu Gärtner. Keiner hat mehr Tannenbäume. „Ach du Schreck! Ich kann doch ohne Tannenbaum nicht nach Hause kommen. Ein Weihnachtsfest ohne Lichterbaum, das geht doch gar nicht.“ Da kommt ihm ein Gedanke: „Mein Händler in unserer Straße hat doch bestimmt noch einen Baum. Da muss ich noch mal hin.“

Der Händler ist schon am Aufräumen. Für ihn ist jetzt auch Weihnachten. Er will nur noch die Steine fegen.

„Hallo, Herr Meier, wie geht es Ihnen? Ich wünsche Ihnen ein frohes Fest!“

„Das wird kein frohes Fest. Unser Weihnachtsbaum ist abhandengekommen und ich suche schon stundenlang einen neuen. Aber kein Gärtner hat noch einen Baum. Alle verkauft“, sagt der Vater und seufzt schwer.

„Das ist ja ein dolles Ding, so was habe ich noch nie gehört. Ich habe noch einen ziemlich kleinen und verkrüppelten hier stehen. Den schenke ich Ihnen.“

 

„Oh je, der ist wirklich keine Schönheit. Aber besser als gar keiner“, sagt der Vater und läuft schnell damit nach Hause. Dort warten alle gespannt auf ihn und sind entsetzt, als sie den Baum sehen.

„Ist das unser neuer Weihnachtsbaum?“, fragt Anna.

„Ja“, sagt der Vater, „ich habe keinen anderen bekommen.“

Die Mutter schmunzelt und Oma sagt: „Auch dieser Baum will geliebt werden. Gehen wir an die Arbeit und machen ihn schön.“

So wird es gemacht und Anna meint: „Ach, er sieht geschmückt doch ganz nett aus. Aber in Zukunft schließen wir unseren Tannenbaum ein, damit er nicht wieder abhandenkommt.“ Jedes Jahr Weihnachten denkt Anna an das kleine, verkrüppelte Bäumchen und so wird es eine lange Zeit nicht vergessen.

Lore Buschjohann, Jahrgang 1929, wohnt in Gütersloh und hat im Alter das Schreiben für sich entdeckt. Mit 79 Jahren erwarb sie ihren ersten Laptop und schrieb ihren Lebensrückblick. Es folgte ein Kinderbuch: Geschichten für Kinder. Sie leitet seit 33 Jahren eine Seniorentanzgruppe und arbeitet sehr gerne in ihrem Garten, fotografiert Menschen und Tiere, Pflanzen und Blumen und stellt die schönsten Aufnahmen in Fotobüchern zusammen.

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