Wo die wilden Geister wohnen Band 3

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Wo die wilden Geister wohnen Band 3
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Wo die wilden Geister wohnen

Schaurig-schöne Geschichten für Kinder

Band 3

Martina Meier (Hrsg)


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Impressum:

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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© 2020 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR

Mühlstr. 10, 88085 Langenargen

Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchauflage erschienen 2020.

Herstellung und Lektorat: Redaktions- und Literaturbüro MTM

ISBN: 978-3-96074-348-4 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-96074-349-1 - E-Book

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Inhalt

Halloween

Das gruseligst Erlebnis meines Lebens

Die Geister des Urwalds

Die surrenden Gespenster

Vampirschweinchen

Das Schloss der verwunschenen Kinder

Schock im Gruselhaus

Edie Katzenstein

Grusella und das Weinen vom Dach

Die Mörderkatze

Die drei Vampir-Freundinnen

Das Geisterschloss

Franziska und die Monsterschule

Der Gruselnachtgeist

Die Bekämpfung der Zombies und Schattenwandler

Die Halloweenparty

Aufregende Übernachtung in der Schule

Die kleine Hexe Lara lernt zaubern

Finstere Pläne

Der Hexenschrei

Die Geisterschule

Gustav von Göthe

Der blutende Halloweenschreck

Das Halloweenspiel

Fürchte dich nicht!

Egal, wer ihr seid

Vladimir und der Vollmond

Ein (un-)echtes Gruselhaus

Und was ist dein Talent?

Tote Geister lügen nicht

Die lebendige Burg

Verwandlung um Mitternacht

Zufälle

Das alte Haus

Die Vampirburg

Vampirmission

Horror im Wald

Das Geheimnis vom Düsterwald

Der Klabautermann

Eine scheußliche Nacht

Wo die wilden Geister wohnen

Die Truhe der Ewigkeit

Dev, Kater des Teufels

Ein Bruder für Mila

Michi und seine Geisterkraft

Der Brief des Schreckens

Achtung Geisterfahrt!

Die Magie

Der kleine Hexenmeister

Monsterschule

Buchtipp

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Halloween

Hallo! Ich will euch etwas erzählen. Es ist eine Legende, die mir meine Oma erzählt hat. Sie handelt von einem Jungen, der hieß Speyn.

Speyn wohnte in einem kleinen Dorf am Rande eines großen Waldes irgendwo in der Mitte von Nordamerika. Der Junge war sehr unbeliebt, frech und gemein zu allen Leuten im Dorf. Niemand wollte etwas mit ihm zu tun haben, deshalb war er immer sehr allein und einsam. Seine Eltern waren nämlich beide gestorben. Zuerst war der Vater an einer Krankheit gestorben und ein Jahr später die Mutter an derselben Krankheit. Bettelte Speyn bei den Leuten um etwas Essen, jagte man ihn fort. Nur hin und wieder bekam er ein bisschen Brot. Deshalb klaute er das Obst von den Bäumen und das Gemüse aus den Gärten.

Als der Herbst anbrach, war Speyn zwölf Jahre alt und er beschloss, sich zu rächen. Er schmiedete einen Plan. Er wollte als Monster die Leute im Dorf erschrecken. Im Schrank seines Vaters fand er eine schwarze Jacke und eine schwarze Mütze. Beides war ihm viel zu groß, aber das fand er gut. In die Mütze schnitt er zwei Augenlöcher. Mit weißer und roter Farbe malte er dicke Augenränder um sie herum. Die Farben hatte er im Keller gefunden. Seine Mutter hatte mit ihnen bunte Bilder gemalt. Er nahm einen dicken Pinsel und kleckste große und kleine rote Farbflecken auf die schwarze Jacke. Das sah aus wie ganz viel Blut. Er zog die Mütze tief über das Gesicht und schlich ins Dorf.

Es war acht Uhr abends am 31. Oktober. Er klopfte an die Fenster, drückte sein grässliches Gesicht an die Scheiben. Dabei flatterten die weiten Ärmel der Jacke im Wind. Er klingelte an den Haustüren, dabei machte er unheimliche Geräusche. Er schrie: „Buuuh! Uuaah! Uhuuiii!“ Oder er heulte wie ein Wolf. Schnell huschte er zurück in die Nacht und zum nächsten Haus. Die Kinder schrien und versteckten sich unterm Tisch oder im Schrank. Die Erwachsenen schlugen schnell die Türen wieder zu und verriegelten sie. Das machte Speyn so lange, bis die große Turmglocke dreimal ein dunkles dong –dong – dong schlug.

Am nächsten Morgen redeten die Leute aufgeregt und verängstigt über das Monster der Nacht. Aber keiner wusste eine Antwort auf die Fragen. Das Monster kam nicht wieder. Aber im nächsten Jahr am 31. Oktober war es plötzlich wieder da! Wieder schlich es durch das Dorf, klopfte und hämmerte an Fenster und Türen, machte grässliche Geräusche, verbreitete Angst und Schrecken und verschwand wieder.

Im übernächsten Jahr war es wieder da, genau am 31. Oktober. Aber es kam schon um sieben Uhr am Abend. Diesmal war es schlimmer als vorher. Das Monster rasselte mit einer langen Kette und schepperte mit Blechdosen, die an Schnüren hingen. Dazu die grässlichen Schreie. Die Leute verkrochen sich vor Angst in ihren Häusern, nicht einer machte die Tür auf. Doch einige Männer waren mutig.

„Wir gehen jetzt raus und fangen das Monster!“, sagten sie. Aber sie fanden es nicht.

Ein Jahr verging und es kam der 31. Oktober. Am Morgen fragte die kleine Elly ihre Eltern: „Mama, Papa! Kommt heute das Monster wieder? Wir könnten es doch auch mal erschrecken, oder?“

Der Vater antwortete: „Super Idee, Elly. Da bin ich dabei! Lass mal überlegen, was wir machen können.“

Das ganze Dorf wartete. Es wurde Abend und immer später, aber das Monster kam nicht. Die kleine Elly fragte: „Wo bleibt denn das Monster? Warum kommt es denn heute nicht? Wir wollten es doch erschrecken.“

 

Der Vater wusste es nicht. Aber ein anderer Mann sagte: „Ich glaube, ich habe es im Wald gesehen.“

Ein paar Männer riefen: „Lasst uns losgehen und es suchen!“ Und sie gingen mit großen Taschenlampen in den Wald.

Nach einer Weile schrie plötzlich einer der Männer: „Hier ist es! Kommt alle her!“ Schnell liefen die Männer dorthin. Da lag das Monster!

„Vielleicht ist es von einem Werwolf oder etwas anderem gebissen worden“, sagte Bens Vater.

Ellys Vater war ein mutiger Mann und er zog dem Monster langsam die schwarze Mütze vom Kopf. Die Männer erschraken, als sie erkannten, es war Speyn. Der Junge war tot. Langsam trugen sie ihn ins Dorf. Die Aufregung war groß, alle Leute redeten durcheinander. Sie fühlten sich schuldig, weil sie sich nie um den Jungen gekümmert hatten.

„Der 31. Oktober soll uns immer an Speyn erinnern“, rief Ellys Mutter laut.

Ellys Vater aber meinte: „Lasst uns den Tag den Halloween-Tag nennen, denn der Junge heißt Speyn Halloween.“

„Au ja!“, riefen alle Kinder. „Wir verkleiden uns ganz gruselig an dem Tag und gehen an den Türen klingeln!“

Elly sagte ganz laut: „Und wir fragen nach Süßigkeiten!“

„Ich mag keine Süßigkeiten“, rief Ben dazwischen.

„Na, dann sagen wir eben Süßes oder Saures!“, antwortete Elly.

Seitdem verkleideten sich jedes Jahr die Kinder als Monster, Gespenster, Werwölfe, Vampire und klingelten an den Haustüren. Das tun sie noch heute.

Ich weiß nicht, ob die Geschichte wirklich wahr ist. Meine Oma sagt immer, wenn ich sie frage: „Nur deine Fantasie kann dir die Antwort geben.“

Na ja, manchmal spricht meine Oma wirklich in Rätseln.

Anna Böcker Figueroa: Ich wohne mit meiner Familie in Moers. und komme jetzt in die 4. Klasse. Im Oktober werde ich 9 Jahre alt. Ich liebe Hunde und Pferde und schreibe gerne Geschichten.

*

Das gruseligst Erlebnis meines Lebens

An einem schönen Herbsttag spielten mein Bruder und ich auf dem Spielplatz an der Stadtmauer. Wir trafen viele Freunde und der Tag verging wie im Fluge. Als es 6 Uhr von unserem Kirchturm, Daniel läutete, gingen alle Kinder nach Hause.

Da fragte mein kleiner Bruder Mattis: „Müssen wir jetzt nicht auch nach Hause?“

„Eigentlich schon, aber wir können ja noch ein kleines bisschen spielen“, antwortete ich.

Schnell vergaßen wir die Zeit. Erst als ein mächtiger Donnerschlag die Luft zeriss, merkten wir, dass es bereits dämmerte. Mattis bekam es mit der Angst zu tun. Vor Gewittern fürchtete er sich schon immer. Als es blitzte, wurde es auch mir mulmig.

„Jetzt müssen wir sofort nach Hause“, brüllte ich gegen den Wind.

Da schlug Mattis vor: „Lass uns doch auf der Stadtmauer laufen, dann werden wir nicht nass, wenn es regnet“.

Schnell stiegen wir die alten knarzenden Stufen zur Stadtmauer hoch. Dort war es schon ziemlich duster.

Wir hasteten den schmalen Gang entlang. Als wir nach einem Backofenturm um die Ecke bogen, stand vor uns eine alte, dürre Frau. Wir schauten in ihr faltiges, grimmiges Gesicht und sofort fiel uns die Gruselgeschichte vom Kantenweiblein ein. Letzten Sommer hatten wir sie im Zeltlager gehört.

Sie handelte von einer Frau, die abends die Stadtmauer entlanglief. Alle Kinder, die nach 6 Uhr noch auf der Stadtmauer herumlungerten, wurden von ihr in einen der Backofentürme gesperrt und dort von ihr bei Wasser und Brotkanten festgehalten.

Uns lief es eiskalt den Rücken hinunter. „Was sollten wir nur tun? Umdrehen und wegrennen? Aber das wäre die falsche Richtung.“ Mit zittrigen Knien blieben wir stehen.

Da fragte uns das Weiblein auch schon: „Müsst ihr denn nicht längst daheim sein? Habt ihr denn bei dem Gewitter gar keine Angst?“

Das traf Mattis wie ein Hieb mit einem Schwert. Mein Herz wollte mir aus der Brust springen und ich wurde leichenblass.

Stotternd stammelte ich: „W..w...wir wollten nicht nass werden, deswegen laufen wir auf der Stadtmauer. So wurde unser Weg verlängert.“

Da lachte die Oma und sagte: „Ihr seid ja schlaue Kerlchen. Deshalb bin ich auch auf die Stadtmauer.“

Meine Gedanken wirbelten im Kopf herum. Die Frau war ja ganz nett oder verstellt sie sich nur?

Da fragte Mattis mit ängstlicher Stimme: „Wie heißen Sie?“

„Ich bin die Henrietta Metzger und bin die Nachbarin von der Schwester eurer Oma. Soll ich euch nach Hause begleiten?“

Erleichtert sagte ich: „Ach, Sie sind das. Oma hat schon von Ihnen erzählt. Wir finden alleine heim. Es ist ja nicht mehr weit und das Gewitter ist schon vorbei.“ Froh nahm ich Mattis an die Hand und schon liefen wir an Henrietta vorbei. Als sie außer Sichtweite war, rannten wir los.

Zu Hause erlitten wir einen kräftigen Lachkrampf. Wir hätten uns auf der Stadtmauer beinahe in die Hose gemacht. Nur wegen einer Gruselgeschichte aus dem Zeltlager.

Aron Ruf, 10 Jahre, aus Nördlingen in Deutschland

*

Die Geister des Urwalds

Tief im dichten Urwald gibt es viele Gefahren. Schlangen, Blutegel und Moskitos haben hier ihr Reich. Doch die größte Gefahr ist unter der Erde. Denn dort hausen diejenigen, die allen gefährlichen Tieren der Welt ihre Waffen verliehen haben – die bösen Geister. Sie locken verirrte Tiere oder Menschen in hinterhältige Fallen, in denen es ihnen dann schlimm ergeht. Doch woher kommen diese Geschöpfe und was bezwecken sie?

Die Geschichte beginnt vor etwa 2500 Jahren. Damals gab es rund um den Amazonas viele große Regenwälder. In der Nähe eines Flussufers hatte auch ein kleines Naturvolk sein Dorf. Es ging den Menschen den Umständen entsprechend gut. Die Ernte gedieh prächtig und der Regenwald bot gegen fast alle Gebrechen eine Heilpflanze als Medizin. So kamen alle gut miteinander aus. Alle – mit außer einem, dem Fischer. Er war mit seiner Aufgabe nicht zufrieden. Lieber wollte er Macht haben und über das ganze Dorf bestimmen. Er dachte: „Irgendwie muss ich die anderen davon überzeugen, dass ich ein würdiger Anführer bin. Ich werde jetzt in den Wald gehen und ein großes Tier jagen. Dann müssen sie einsehen, dass ich ein mächtiger Herrscher bin!“

Der Fischer holte sich alles Nötige und wanderte selbstsicher in den Wald hinaus. Es dauerte nicht lange, da sah er hoch auf einem Baum einen Orang-Utan. Schon wollte er seinen Speer werfen, als er sich es anders überlegte:

„Die Dorfbewohner werden mich nicht wegen eines Affen bewundern. Da muss ich schon etwas Größeres jagen!“ Also wanderte er immer tiefer in den Wald hinein. Es war sehr schwül und der Fischer war schnell erschöpft. Keuchend ließ er sich auf einem Stein nieder. Da erblickte er ein kleines Rinnsal, das sich überraschend schnell zwischen den Bäumen hindurchschlängelte. Schwerfällig richtete er sich auf und schlurfte hinüber zu dem kleinen Bach. Gierig schlürfte er das Wasser in sich hinein. Es war herrlich kühl. Jeder Tropfen schärfte seine Sinne und stärkte seinen Mut. Plötzlich kam ihm ein brillanter Gedanke: „Ich werde einen riesigen Fisch fangen. Darin bin ich am besten. Oh, ich sehe gerade, dass der Bach flussaufwärts breiter wird. Wenn ich ihm folge, finde ich vielleicht einen großen Fisch.“

Es dauerte erstaunlich lange, bis der Bach so tief und breit war, dass man darin hätte fischen können. Doch das wären auch nur kleine Fische gewesen. Also ging er immer weiter. Der Fischer musste zwischendurch oft Trinkpausen einlegen, weil die Hitze sehr drückend war und er trotz der anfänglichen Kraft sehr oft müde wurde. Je länger er ging, desto kälter und dunkler wurde es. Auch der Fluss veränderte sich. Viel rascher floss er in die Tiefe und Breite. Inzwischen war es eisig kalt geworden und der Mond lugte hell zwischen Bananenblättern und Baumriesen hervor.

„Ich glaube, es ist an der Zeit, dass ich mir einen Schlafplatz suche und mir eine gebratene Banane gönne. Schließlich ist es schon sehr spät. Morgen kann ich dann weitersuchen“, dachte der Fischer.

Nach einiger Zeit erreichte er eine kleine, felsige Bucht, die mit weichem Moos bewachsen war. An dieser Stelle war das Wasser so tief, dass es schon einem großen Mann bis zur Nase gehen konnte. Hier schlug er sein Lager auf, indem er ein Feuerchen machte und eine Banane pflückte, auf einen Stock spießte und über das Feuer hielt. Damit er von dem feuchten Moos nicht zu nass wurde, legte er sein Fell auf den Boden und setzte sich darauf. Wie er so dasaß und genüsslich seine gebratene Banane verspeiste, platschte es auf einmal im Wasser. Der Fischer horchte auf. Sollte dort im Wasser tatsächlich ein großer Fisch zu finden sein? Es platschte erneut. Langsam kroch der Fischer näher ans Ufer heran, um zu sehen, mit wem er es da zu tun hatte. Unweit der Bucht erhob sich nun eine schwarz-blaue Silhouette aus dem Wasser. Als das Wesen stand, erkannte der Fischer zu seinem Erstaunen, dass es ein wunderschönes Pferd mit einem blauen, schimmernden Fell war.

Es trabte zu ihm herüber und zu seiner größten Verwunderung sprach es: „Mein Name ist Kelpie und ich weiß genau, dass du hier in dieser Bucht nie einen großen Fisch fangen wirst. Für die andere Seite des Flusses hättest du dich entscheiden sollen. Dort tummeln sich die Fische nur so.“

Der Fischer aber erwiderte: „Doch wie soll ich hinübergelangen? Ich besitze kein Floß und auch nicht das passende Werkzeug dafür. Schwimmen kann ich nicht. Was nun?“

„Ich bin ein Wasserpferd ... und Wasserpferde können bekanntlich schwimmen. Komm, setz dich auf meinen Rücken, ich bringe dich ans andere Ufer.“

Der Fischer tat, wie ihm geheißen, doch als sie in der Mitte des Flusses anlangten, tauchte Kelpie ohne Vorwarnung ab. Dem Fischer blieb keine Zeit zum Luftholen, die Luft entwich ihm und er ertrank.

Kelpie verschlang ihn in einem Happen und ließ keinen Fleck zurück. Des Fischers Seele war so mit Sünde verseucht, dass er als Strafe die Welt unsicher machen sollte. Er erfand sämtliche Krankheiten und gab vielen Tieren böse Waffen. Und aus Rache ertränkte sein Dorf.

Josefine Corvinia Wilck, 11 Jahre, aus Paderborn in Deutschland: Ich schreibe sehr gerne. Sonst tanze ich gerne und spiele gerne Geige.

*

Die surrenden Gespenster

Es war Halloween und June und Felix liefen im Dunkeln mit ziemlich vollen Tüten durch die Straßen.

„Wir haben heute ja echt super viele Süßigkeiten gesammelt. Das ist das beste Halloween aller Zeiten!“, freute sich Felix.

„Ja, das stimmt“, sagte June. „Dahinten in der nächsten Straße wohnt ein netter Opa, von dem habe ich im letzten Jahr eine ganze Tafel Schokolade bekommen. Wir sollten zum Abschluss noch bei ihm klingeln.“

„Gute Idee.“

Sie gingen durch eine finstere Gasse. Plötzlich spürte June etwas an ihrem Rücken. „Lass das, Felix, ich habe keine Angst“, sagte sie und blickte zu dem Jungen, der neben ihr lief.

„Was ist denn?“, fragte er. „Ich mache doch gar nichts.“

„Irgendwas hat mich am Rücken berührt und du bist der Einzige hier.“

Da war es schon wieder! Ein Windhauch und dann kitzelte June etwas im Nacken. Sie sah zu Felix hinüber, der die Augen aufriss. Mit zitternder Hand deutete er hinter sie.

June schluckte und zögerte. Dann hielt sie den Atem an und drehte sich langsam um. Sie wollte schreien, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt. Zwei Gespenster schwebten hinter ihnen! Junes Gedanken überschlugen sich. Wie konnte das sein? Es gab doch gar keine Geister. Oder doch? Sie starrte auf den Boden unter den in der Luft flatternden Kreaturen: Es waren keine Beine zu sehen! Ihr lief es eiskalt den Rücken hinunter.

„Wir müssen hier weg!“, rief Felix, packte sie am Arm und rannte los.

Keuchend bogen sie um die nächste Straßenecke und erreichten endlich das Haus von Felix´ Familie. Eilig steckte er den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn um. Die Kinder stolperten in den Flur und schmissen die Tür hinter sich zu. Dann rannten sie in sein Zimmer im ersten Stock und verriegelten die Tür. Als June gerade durchatmen wollte, schwebten die beiden Geister durch die offene Balkontür.

 

„Mist, das habe ich ganz vergessen“, murmelte Felix.

Starr standen die Kinder mit dem Rücken an der Wand und konnten ihren Blick nicht von den Geschöpfen lösen, von denen ein unheimliches Surren ausging. Langsam bewegten sich die Gespenster auf sie zu. Eines bewegte sich auf einmal wild hin und her, dann rauschte es zu Boden und es war ein dumpfer Aufprall zu hören. Das andere Gespenst schwebte auf dem gleichen Weg hinaus, wie es hineingekommen war.

„Warum war das bloß so laut?“, flüsterte June ihrem Freund zu. „Es ist doch nur ein Laken.“ Vor ihr lag der Stoff auf den Holzdielen. Sie nahm all ihren Mut zusammen und hob ihn mit zwei Fingern an. Mit verbogenen Rotorblättern kam eine Drohne zum Vorschein und surrte jämmerlich.

„Sieht so aus, als hätte uns jemand einen großen Streich gespielt“, sagte Felix erleichtert.

Durch die offene Balkontür drang lautes Lachen. Beide Kinder eilten hinaus und sahen nach unten. Mit Fernbedienungen in der Hand standen die beiden älteren Brüder von Felix im Garten.

„Ihr hättet sehen sollen, wie schnell ihr gelaufen seid“, riefen sie hinauf und lachten sich schlapp.

Noch nie war June so froh, keine älteren Brüder zu haben!

June Kaliner ist elf Jahre alt und besucht in der sechsten Klasse ein Gymnasium bei Freiburg. Wenn sie sich nicht mit Freunden trifft oder sich um ihre Hühner und Ziegen kümmert, dann liest und schreibt sie gerne. Sie hat einen kleinen Bruder, der manchmal ganz schön nerven kann. Zum Glück ist er süß.