Was Mörder nicht wissen ...

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Moon und Light lassen Aabid P. (Mann A) zur Befragung auf das Polizeirevier bringen. „Wir haben erdrückende Beweis, dass Sie die Tote getötet haben. Was sagen Sie dazu?“

„Ich war das nicht“, versucht er, einzuwenden, aber es klingt nicht überzeugend. „Wir zeigen Ihnen jetzt Beweismittel, welche gegen Sie vorliegen.“ Sie zeigen ihm die Auswertung der verschiedenen DNA-Spuren. Moon bringt den Verdächtigen so weit, dass er die Tat gesteht.

„Es ist besser, Sie kooperieren mit uns.“

Light holt Kaffee, damit Aabid P. in entspannter Atmosphäre reden kann.

„Es ist zum Streit gekommen, ich konnte es nicht ertragen, dass meine ehemalige Freundin mit mir Schluss gemacht hat. Als ich bei ihr war, musste sie kurz auf die Toilette und in dieser Zeit habe ich ihr Handy angeschaut. Dort habe ich Fotos von ihr mit einem anderen Mann gesehen, da bin ich durchgedreht.“

„Was genau ist dann passiert?“

„Es gab ein Gerangel. In blinder Wut habe ich sie am Hals gepackt, gewürgt und mit dem Kopf an die Türrahmenkante geschlagen.“

„Weiter.“

„Im Kampf habe ich ihr die Weinflasche auf den Kopf geschlagen.“

„Da fehlt noch was!“

„Ich bin wütend in die Tiefgarage zu meinem Auto gerannt. Im Handschuhfach hatte ich eine Pistole. Bin dann in voller Wut zurück in die Wohnung gegangen. Sie stand blutend im Badezimmer. Von der Badezimmertüre aus habe ich auf sie geschossen und habe dann fluchtartig die Wohnung verlassen.“

Er erzählt das so, als wäre das ein ganz normale Sache. Moon und Light erlebten die andere Seite, wie dank des Einsatzes der Kriminaltechniker am Tatort Beweise sichergestellt werden konnten, die zur Aufklärung dieses Mordfalles führten. Nur dank dieser Beweiskette mit den vielen Forensikern im Labor konnte Aabid P. des Mordes überführt werden. Aabid P. war total verstört, weil er sich nicht vorstellen konnte, was Mordermittler alles herausfinden und wissen.

Moon hat eine Aufgabe für Light: „Kannst du Chris W. (Mann B) zur Befragung aufbieten und abholen? Es gibt da ein paar Fragen.“ Am späteren Nachmittag können sie Chris W. befragen. Er ist total entsetzt, nachdem ihm mitgeteilt wurde, dass Corine L. verstorben ist, ermordet wurde.

Norwin beginnt direkt mit der Befragung: „Wo waren Sie in der Tatnacht?“

Weinerlich antwortet er: „Wieso fragen Sie mich das? Ich habe Sie nicht umgebracht.“

„Wir haben Ihre DNA auf der Weinflasche und auf dem Glas gefunden. Für uns sind Sie ein Verdächtiger im Mordfall Corine L.!“

Chris W. realisiert, dass er die Wahrheit sagen muss. „Corine L. und ich sind befreundet. An diesem Vorabend hatten wir Sex zusammen. Wir haben noch Wein getrunken, so gegen 23:00 Uhr bin ich nach Hause gefahren.“

„Können Sie das beweisen?“

„Ja, kann ich.“

Kommissar Moon klärt das ab und es kann einwandfrei nachgewiesen werden, dass Chris W. zur Tatzeit und in der Nacht nicht in der Wohnung war. Seine Eltern bestätigen dies auf dem Polizeirevier und die Handy-Ortung zeigt, dass er an seinem Wohnort war.

Aabid P. wird in Gewahrsam genommen und des Mordes angeklagt. Die Mordermittler erstellen ihre Protokolle und Beweismittel zuhanden der Staatsanwaltschaft.

Da es sich nicht um einen Indizienprozess handelt, sondern um eine Anklage mit erdrückenden Beweismitteln, ist die Anwesenheit (Zeugenaussage) an der Gerichtsverhandlung durch die Kommissare Norwin Moon und Nils Light nicht erforderlich.

Chronik des Verbrechens

Aabid P. hatte immer mal wieder Eifersuchtsanfälle. Die Polizei musste mehrmals ausrücken und schlichten. Dies war sicher ein Grund, weshalb das Opfer Corine L. die Beziehung aufgelöst hatte. Am Tage des Mordes gab es eine Eskalation. Der Angeklagte Aabid P. hat auf dem Handy von Corine L. Fotos eines anderen Mannes gesehen. Vor blindwütiger Eifersucht rastete er aus. Er würgte sie, schlug sie mit dem Kopf gegen den Türrahmen. Dann nahm er die Weinflasche und schlug ihr diese auf den Kopf. Anschließend holte er aus seinem Auto eine Pistole. In diesem Moment hat er beschlossen, das Opfer eiskalt zu erschießen. Er ging zurück in die Wohnung und erschoss sie. Auf leisen „Sneaker“-Sohlen lief er schnellen Schrittes die Treppen runter und wieder hinauf. Im Mehrfamilienhaus hat ihn niemand gesehen und gehört. Der Tod kam auf leisen Sohlen. Ein eiskalter skrupelloser Mörder. Eine verwerfliche Auslöschung eines Menschenlebens.

Gerichtsverhandlung (Hauptverfahren)

Um 08:45 Uhr werden die Türen zum Gerichtsgebäude geöffnet.

09:00 Uhr Verhandlungsbeginn.

Es geht um den Straftatbestand des Mordes. Aabid P., der mutmaßliche Mörder, wird mit Fußfesseln in den Gerichtssaal geführt. Er trägt Jeanshose, Kurzarmhemd und schwarze Turnschuhe.

Der Verteidiger setzt sich sofort in Szene Strafverteidiger: „Ich verlange, dass die Verhandlung verschoben wird.“

Richter: „Das Gericht stützt sich auf die Einschätzung des gewählten Gutachters.“

Strafverteidiger: „Ich bin damit nicht einverstanden.“

Richter: „Begründung?“

Strafverteidiger: „Ich begründe dies damit, dass meinem Mandanten mehrere Ärzte psychotische Störungen attestiert haben. Der Beschuldigte leidet unter einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. Stimmung und Emotionen sind durch Impulsivität und Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen charakterisiert. Der Angeklagte leidet unter massiven Ängsten vor dem Alleinsein und instabilen Beziehungen. Der vom Gericht gewählte Gutachter ist anderer Ansicht, damit bin ich als Strafverteidiger nicht einverstanden.“

Der Generalstaatsanwalt fordert, diesen Antrag anzuweisen mit der Begründung: „Am Gutachten gibt es keine Mängel. Auch mit Störungen kann man voll schuldfähig sein“, begründet er.

Der mutmaßliche Mörder wird befragt

Der Richter entscheidet, dass der Antrag des Verteidigers später behandelt wird. Der Beschuldigte Aabid P., der seine Ex-Freundin getötet hat, wird befragt.

Anwalt: „Die Tat wird nicht bestritten, doch der Tatbestand des Mordes wird zurückgewiesen.“

Richter zum Angeklagten: „Was sagen Sie dazu?“

Der Angeklagte bestreitet, dass es Mord war.

Aabid P.: „Ich habe aus Notwehr gehandelt.“

Richter: „Deshalb sind Sie zu Ihrem Auto gegangen, haben die Pistole geholt und Ihre ehemalige Freundin brutal hingerichtet!“

Die Strategie des Strafverteidigers ist klar. Im Strafgesetzbuch wird Mord wie folgt beschrieben:

„Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren. Deshalb plädiert der Verteidiger auf Notwehr.

Wegen seiner Mutter und der Tat ist er traumatisiert.

Richter: „Sie sagten, Sie selber fühlen sich von der Tat traumatisiert. Sie sagen auch, dass Sie die Tat nicht behandelt haben möchten, weil Sie sich damit nicht befassen möchten. Was sagen Sie dazu?“

„Darüber zu sprechen, fällt mir schwer. Ich kann mich auch nicht mehr richtig daran erinnern“, sagt der mutmaßliche Mörder. Er erwähnt: „Meine Mutter hat mich einmal sehr gekränkt. Dadurch ist es für mich schwierig, aus mir herauszukommen und über meine Gefühle zu reden.“

Der Täter spricht das Thema mit der Mutter immer wieder an.

Hat ihn der Verteidiger darauf getrimmt?

Richter: „Weshalb haben Sie Ihre Ex-Freundin getötet?“

Aabid P.: „Was ich getan habe, war mir nicht bewusst. Gibt es Menschen, die jemanden gerne töten?“

Jetzt will er seine Tat verniedlichen: „Manchmal passieren solche Sachen. Das kann jedem Menschen passieren.“

Richter: „In der Vernehmung haben Sie gesagt, dass Sie legitimiert seien, eine Bestrafung vorzunehmen. Sie hätten das Recht, Ihre Ex-Partnerin zu töten, weil sie untreu war! Sie wäre fremdgegangen. Wir haben Sie dazu befragt, ob Sie konkrete Beweise hätten. Damals sagten Sie Nein.“

Der Verteidiger macht auf Mitleid

Er stellt dem mutmaßlichen Killer, seinem Mandanten, die Frage: „Wie ist es Ihnen vor der Tat gegangen?“

Aabid P. antwortet: „Zwei Monate vor der Tat habe ich versucht, mir das Leben zu nehmen.“

„Womit?“

„Ich hatte in suizidaler Absicht eine Überdosis Drogen eingenommen.“

Der Richter: „Sie sagen, dass das Ganze rassistisch sei. Weshalb?“

„Weil niemand nachgeforscht hat, wie das Leben meiner Ex-Freundin war. Man hat nur meine Person ins Visier genommen, das finde ich rassistisch.“ Der Richter geht auf diese Aussage nicht ein.

Er will nicht über die Tote reden.

Aabid P., der Mordverdächtige, meint: „Ich möchte nicht über das Fremdgehen reden. Sie ist tot, nachträglich sollte man nicht böse Sachen nachsagen.“

Richter Antoine G. belehrt ihn: „Wir sind hier vor Gericht und müssen auch unangenehme Sachen ansprechen.“

„Ich habe tatsächlich vermutet, dass sie fremdgegangen ist. Das löste bei mir eine Paranoia aus.“

Der Richter sagt zum Angeklagten: „Wer ist schuld am Tod der Frau?“

Bei dieser Frage muss der Mörder überlegen: „Einfach so kann man das nicht sagen. Ich bin Opfer, sie ist Opfer. Ich bin am Leben, sie lebt nicht mehr.“

Ein taktloses Lächeln des Angeklagten: „Das ganze Leben liegt in Gottes Hand, so auch diese Tat“, äußert sich der Angeklagte. Die Richter schauen sich an, kneifen erbost die Lippen zusammen. So ein deplatziertes Lächeln und diese Aussage mitten in einer folgenschweren Verhandlung.

Ende der Befragung

Der Beschuldigte gibt immer wieder an, die Tat nicht geplant zu haben. Der Glaube, das Fremdgehen und seine Eifersucht wurden besprochen.

 

Der Psychiater wird befragt

Befragt wird der Gutachter, der den Beschuldigten im Auftrag untersucht hat. Dem Täter wird volle Schuldfähigkeit zur Tatzeit attestiert. Er äußert sich klar: „Für mich ist beim Angeklagten kein ausgeprägtes Symptom erkennbar, das auf solch eine Krankheit hinweist. Das Beziehungsverhalten bei Aabid P. und die vorhandenen Gefühlsschwankungen sind ‚mager‘. Es handelt sich um kein schwerwiegendes psychiatrisches Krankheitsbild.“ Die Aussagen des Doktors werden vom Strafverteidiger bezweifelt.

„Welche psychischen Funktionen waren bei Aabid P. während der Tatzeit beeinträchtigt?“, will der Richter wissen.

„Es hat eine Anpassungsstörung vorgelegen, die war mittelstark, und eine leichte Depression. Der Angeklagte war zur Tatzeit alkoholisiert. Es wurde laut Akten rund ein Promille gemessen.“

Der Psychiater äußert sich weiter: „Es gab bei Aabid P. keine Krankheitssymptome. Er hatte bezüglich der Wahrnehmung oder der Urteilsfähigkeit keine Beeinträchtigungen. Er hat unter der Trennung gelitten. Es war eine normale psychologische Belastung. Wegen seiner Eifersucht und der von ihm wahrgenommenen Kränkung durch seine Ex-Freundin fühlte er Kränkung, Eifersucht und Rache.“

An den Gutachter gerichtet sagt er: „Könnte es sein, dass die von Ihnen erwähnten leichten Erscheinungen zu einer schweren psychischen Störung führten?“

Der Psychiater antwortet: „Dafür habe ich keine Anhaltspunkte gesehen. Mit den belasteten Umständen hat Aabid P. schon vor der Tat leben müssen. Zur Tatzeit gab es nichts, was dann qualitativ abgehoben hätte.“

Abklärung der Sozialprognose/Legalprognose

Die Risikobeurteilung einer straffälligen Person wird mittels Legalprognose, einer kriminologischen, psychiatrischen und psychologischen Bewertung erstellt. Es geht um die Fähigkeit und Motivation, zu einer späteren Zeit Regeln und Gesetze einzuhalten.

„Wie hoch schätzen Sie die Rückfallgefahr?“, will der Richter wissen.

Der Psychiatriearzt sagt: „Für weitere Delikte schätze ich diese als mittel ein. Ich lese aus dem Bericht eines Kollegen vor. Im Gespräch mit dem Angeklagten hat sich folgendes Motiv herauskristallisiert: ‚Dem Täter war es lieber, seine Frau zu töten, als sie zu verlieren‘.“

Pause, die Verhandlung wird nach einer Stunde fortgeführt.

Es gibt unterschiedliche Ansichten

Richter: „Es gibt Ärzte, die dem Angeklagten eine Borderline-Störung bescheinigen – Sie aber nicht?“

Der Psychiater geht auf Angriff: „In der Medizin ist das normal. Die Ärzte haben ein Interesse, eine Störung zu finden. Es geht darum, dass sie einen therapeutischen Dialog beginnen können. Wir Psychiater haben ein anderes Interesse. Wir durchleuchten sämtliche Bereiche ohne Erwartungen, wir suchen nicht gezielt nach Spezifischem. Wir gehen von einer Nullhypothese aus. Dies führt logischerweise zu unterschiedlichen Diagnosen.“

Das ist „Zunder“ für den Strafverteidiger. Richter und Verteidiger streiten. Zwischen dem Verteidiger und einem Richter ist dicke Luft. Sobald ein Austausch zwischen diesen beiden Juristen stattfindet, wird gestritten. Der Disput endet damit, dass der Anwalt dem Gutachter Fragen stellen kann.

Der Jurist bezweifelt generell das Vorgehen des Gutachters. Er hebt einen 300-seitigen Bericht in die Höhe und zeigt damit auf den Psychologen und den Richter: „In diesem Bericht, ausgestellt von einer anerkannten Klinik, wird attestiert, dass der Angeklagte eine Borderline-Störung hat. Die Ärzte dort kommen zu einem anderen Entschluss. Da erlaube ich mir die Frage: Sind diese Ärzte dort Kurpfuscher?“

Gelassen gibt der Gutachter zur Antwort: „Diese Anamnese ist aufgrund der damals getätigten Aussagen des Patienten ein Urteil der dortigen Ärzte.“

Der Streit zwischen Richter, Gutachter und Anwalt ist inzwischen laut geworden. Der Strafverteidiger wird immer wilder. Er wird vom Richter ermahnt. Er motzt retour, dass dies bei diesen Aussagen des Psychologen schwierig sei.

Aabid P., der Angeklagte, sitzt ruhig, ganz ruhig, er genießt diese Situation.

Vom Gutachter möchte der Strafverteidiger wissen, ob er sich mit den Familienangehörigen des Beschuldigten unterhalten habe. Der Richter schmettert diese Frag ab. Der Anwalt versucht es noch damit, dass er ein Obergutachten erstellen lassen will.

Der Richter entgegnet darauf: „Das Gutachten des Psychologen ist vollständig und ausführlich. Dieser Antrag wird abgewiesen. Das Beweismittelverfahren ist hiermit abgeschlossen.“

Das Plädoyer des Anwaltes beginnt damit, dass er der Meinung ist, dass das Gericht und der Psychologe darauf beharren, den Angeklagten Aabid P. als voll urteilsfähig einzustufen, obwohl andere Ärzte zu einer anderen Einschätzung kommen.

„Hier sitzt ein Mann, der schwerwiegende psychische Probleme hat. Ich finde es daher unzulässig, den Beschuldigten als ‚eiskalten brutalen Typen‘ darzustellen. Dass die Beziehung mit einer Trennung enden würde, war voraussehbar. Der Angeklagte streitet die Tat nicht ab. Die Umstände sprechen nicht für einen Mord, mehr für einen ausgearteten Beziehungskonflikt. Der Tathergang ist grausam, aber in keiner Weise ‚nicht nachvollziehbar‘.“

Jetzt redet sich der Strafverteidiger in Rage: „Stellen Sie sich vor, ich würde als Anwalt ein Gutachten von mehreren hundert Seiten einfach ignorieren. Das psychologische Gutachten ist nicht nachvollziehbar.“

Der Staatsanwalt geht richtig zur Sache.

Man merkt, dass ihm fast der Kragen platzt: „Diese Tat musste nicht lange im Voraus geplant gewesen sein. Spätestens, als der Angeklagte die Pistole im Auto holte, war ihm klar, dass er diese Tötung durchziehen wird. Er hat seine Tat, seine Tötungsabsichten Schritt für Schritt durchgezogen. Es ist keine Handlung im Affekt, die hat es nicht gegeben. Die wehrlose Frau, seine Ex-Freundin, hat er mit aller Gewalt mit dem Kopf an den Türrahmen geschlagen. Das reichte ihm nicht. Er nahm eine Weinflasche und schlug ihr rücksichtslos auf den Kopf. Er wusste nicht, ob sein Opfer tot war oder noch lebte. Er ging in die Garage und holte aus seinem Auto die Pistole. Damit schoss er kaltblütig und aus nächster Nähe in die Brust. Das war ein eiskalter Mord.“

Er holt tief Luft, dann spricht er weiter: „Diese Kriterien sprechen für die Hinterhältigkeit des Angeklagten. Er hat den Mord aus niedrigen und besonders verwerflichen Beweggründen ausgeführt. Die Mordmerkmale sind erfüllt. Ein Schuldspruch wegen vorsätzlicher Tötung würde diesem Verbrechen nicht gerecht werden.“

Er fügt noch an: „Der Angeklagte hat Militärdienst geleistet. Mit einer Bordeline-Erkrankung hätte er keinen Dienst leisten können.“

Der Staatsanwalt fordert das Gericht auf, den Angeklagten wegen vorsätzlicher Tötung zu 16 Jahren Haft zu verurteilen.

Replik (Gegenrede) des Verteidigers

Während einer Hauptverhandlung kann auf ein Plädoyer immer geantwortet werden. Das heißt, es kann nochmals von der Gegenpartei Stellung genommen werden. Der Verteidiger versuchte, nochmals auf den Alkohol hinzuweisen.

Replik Staatsanwalt

Er betonte, dass wegen einer schwierigen Paarbeziehung, hier war ja die Beziehung getrennt, jemand nicht einfach schuldunfähig wird.

Ende der Gerichtsverhandlung

Das Gericht kommt zum Ende und schließt die Verhandlung. In zwei Tagen findet die Urteilsverkündung statt.

Das Gerichtsurteil

Das Obergericht hat eine Freiheitsstrafe gegen den Syrer Aabid P. für 16 Jahre festgelegt. Der syrische Vorname Aabid hat eine tiefe religiöse Bedeutung, nämlich „der Beter“. Im Gefängnis hat er genügend Zeit dafür.

Die Kommissare Moon und Light sind zufrieden, dass sie mit modernster Hightech-Methode den kaltblütigen Mörder erfolgreich jagen konnten. Er wurde seiner Strafe zugeführt und so konnte ein wenig Gerechtigkeit hergestellt werden.

Der Mörder Aabid P. hatte den Tunnelblick. Die geballte Ladung der gesetzgebenden und rechtsprechenden Gewalt hat ihn voll erwischt. Mörder wissen eben nicht alles.

Was Mörder nicht wissen …

sind die Geheimnisse der Hightech-Methoden in Mordermittlungen und die der forensischen Rechtsmedizin. Mit den neusten „Waffen der Wissenschaft“ lassen sich kleinste Spuren analysieren und einer DNA zuführen, auch wenn eine Mordtat Jahrzehnte zurück liegt.

Aktuelles Beispiel von einem anderen Mordfall: Was der Mörder nicht wusste …

dass der Fitness-Tracker der Smartwatch ihn überführte. Die Uhr lieferte den Beweis, wann das Herz der ermordeten jungen Ehefrau aufhörte zu schlagen. Mit diesem Gerät, welches sie als Armbanduhr getragen hat, überwachten Sensoren und Mikroprozessoren ihre unterschiedlichen Aktivitäten. Das Gerät protokollierte und zeigte die Bewegungen auf, welche die ermordete Ehefrau machte respektive wann es keine mehr gab. Die Forensiker konnten anhand der biometrischen Daten den genauen Todeszeitpunkt feststellen und dadurch ihren Ehemann als Mörder überführen. Der Mörder hat gestanden, seine Ehefrau getötet zu haben. Als seine Frau mit Ehescheidung drohte, „drehte er völlig durch und erstickte sie mit einem Kissen“. Er konnte es nicht ertragen, dass seine Tochter ohne ihn aufwachsen müsste.

„Rich Man“ (Moon, 2. Fall)

Spritztour

„Ich treffe mich mit Yann“, sagt Ben zu seiner Mutter. „Du weißt, ich sehe es nicht gern, wenn du mit Yann, diesem Auto-Poser, unterwegs bist. Das ist ein Angeber, er will mit seinem aufgedonnerten Schlitten um jeden Preis auffallen.“ „Jetzt sieh das nicht so eng“, ruft Ben zurück und geht nach draußen. Es dauert gar nicht lange, man kann es hören, Yann donnert heran.

„Hi Yann, schöner Wagen. Ist das ein anderes Modell?“

„Nein, habe ihn nur getunt und umgebaut.“

„Sieht super aus!“

„Hat auch zehn Riesen extra gekostet.“

„Das ist viel Geld.“

„Hast du Lust auf einen kleinen Ausflug?“

„Wohin?“

„Fangfrischen Fisch in Wendtorf für meine Eltern holen. Dort ist ein kleines Restaurant. Bist du dabei?“

„Ja, aber nur, wenn du leise vom Hof fährst.“

„Logo, steig ein.“

„Du kennst den Fischkutter sicher, an den Stegen ist der Fischereianleger.“

„Ja, die Fische dort sind wirklich fangfrisch.“

Von Dänischenhagen geht die Fahrt runter nach Kiel, dann nach Wendtorf. Außerhalb der Ortschaft lässt Yann den Motor krachen, das gibt ein geiles Gefühl. Wenn er mit seinem aufgemotzten Boliden rumfährt, kann er imponieren, er zieht die Blicke von Menschen auf sich, die er gar nicht kennt. Die Auto-Poser treffen sich mit Auto-Fans, diskutieren, wenn es regnet, chillen sie irgendwo, rauchen und erzählen, wie sie den Lack auf Hochglanz polieren, wie sie die Felgen vergolden und wie sie es schaffen, dass der Motor recht laut tönen kann.

Es ist eine Art von Phallusgehabe, ein ‚Balzritual‘. Ein werbendes Vorspiel, um jungen Frauen und Männern zu imponieren. Das Handy meldet sich: „Yann, wer da?“

„Ah du. Ja. Gut, aber nur kurz.“

Ben konnte nicht hören, um was es ging.

„Ich muss noch Benzin nachfüllen, wir halten an der Tankstelle weiter unten.“ Nach dem Tanken fährt Yann nach hinten auf den großen Parkplatz. Er hält an, steigt aus: „Bin in drei Minuten zurück, ein Kollege hat ein Paket für mich.“

Dieser sogenannte Kollege wartet in einem Auto, er hat ihn vor ein paar Minuten angerufen: „Klappt wunderbar“, sagt Yann lächelnd.

„Ist alles im Paket, wie besprochen.“ Er nimmt das Paket, bedankt sich: „Bis zum nächsten Mal.“

Das kleine Paket, das wie ein Buch aussieht, legt er auf die Rücksitzbank, dann fährt er weiter. Bei der Promenade in Wendtorf parkieren sie, laufen zur Pommes Bude. Dort bestellen sie ‚Fish and Chips‘ mit einer Cola, setzen sich an einen Tisch, genießen den göttlichen Moment.

„Und, wie gefällt dir mein Wagen?“

„Ist ne geile Karre.“

„Aber woher hast du die Mäuse dafür?“

„Ich arbeite auch abends.“

„Aha, verdient man da viel?“

„Wenn man will, ja, erzähl ich dir später. Komm wir holen uns den Fisch vom Kutter.“

Nachdem Yann Dorsch ab Kutter gekauft hat, fahren sie wieder zurück. Irgendwie muss Ben zeigen, dass er auch was hat, keinen aufgedonnerten Wagen, aber dafür darf er das Boot von seinem Vater benutzen.

„Was meinst du, wollen wir einen Ausflug machen mit unserer Yacht? Wir könnten ja Elfi und Ann mitnehmen?“

„Ja, super Idee.“

„Ich ruf dich an“, er steigt aus und verabschiedet sich von Yann.

 

Feurige Gedanken

„Hallo Elfi, schön, dass du gekommen bist“, mit einem Lächeln öffnet Ben die Türe: „Komm rein.“

Wie immer begrüßt sie auch die Eltern mit zaghafter Stimme, dann verschwinden beide nach oben in sein Zimmer.

„Ich hoffe, dass meine Eltern wegfahren, damit wir alleine sein können und freie Wildbahn haben.“

Er sagt ihr nicht, dass er sowas von stockgeil ist und er sie sofort rammeln möchte.

„Warum meinst du?“

„Dann sind wir für uns alleine.“

Er spricht nicht gerne über sein sexuelles Bedürfnis, da ist er einfach gehemmt. Auch nicht darüber, dass er sie mal so richtig hemmungslos nehmen möchte, am liebsten täglich. Das sind richtig feurige Gedanken eines Teenagers. Er sieht sich nicht als romantischer Typ. Er ist ratlos, wie Elfi zum Thema Sex steht. Kürzlich erzählte er ihr vom Film „Fifty Shades of Grey“, aber sie ist nicht darauf eingegangen. Er weiß nicht, auf was Elfi sexuell steht. Schnell wechselt er das Thema:

„Wie war dein Tag heute?“

„Oh, der Betriebscomputer ist ausgefallen, da war was los. Ich konnte keine Rechnungen ausdrucken und wir mussten die Belege wie früher von Hand erstellen.“ Seine Freundin Elfi arbeitet als Bürokauffrau in einer Markengarage.

„Das ist ärgerlich. Weiß man, woran das liegt?“

„Noch nicht, der PC-Mensch arbeitete noch am Programm, als ich gegangen bin.“

„Kannst du dich erinnern, dass ich dir davon erzählt habe, dass mein Vater eine Motoryacht gekauft hat? Und vor zwei Jahren habe ich den Sportküstenschifferschein (SKS) absolviert. Dieser gilt in den Küstengewässern aller Meere unter Berücksichtigung des 3 bis 12 Seemeilen Abstandes von der Küste aus berechnet.“

„Ja, du hast davon erzählt.“

Er kommt ins Schwärmen:

„Die Yacht hat eine weiß-blaue Farbe, sie eignet sich für Angel- und Cruiser-Touren. Wir haben Platz für sechs bis acht Personen und sein Anlegeplatz ist im Sporthafen Kiel.“

„Ben, Elfi,“ ruft die Mutter.

„Was ist?“

„Ihr könnt kommen, wir grillen und essen im Garten.“

So ein Mist, Ben wollte seine Freundin noch fragen, ob sie zu viert eine Bootstour unternehmen möchte – sie beide und Yann mit seiner Freundin Ann.

„Jaaah, wir kommen.“

Zu Elfi flüstert er: „Shit, da müssen wir durch.“

„Ist gut so, ich freue mich auf einen grillierten Maiskolben“, sagte sie. Ben denkt an Sex und sie an grillierten Maiskolben. Was interessiert mich dein gelber Maiskolben, ich bin geladen, merkst du das nicht, denkt er. Der Abend verlief angenehmen und schön, aber nicht so, wie sich Ben das vorgestellt hatte. Der konservative Zeitgeist seiner Eltern geht ihm manchmal auf den Wecker. Es sind liebe altmodische Eltern. Sie wählen seit 20 Jahren dieselbe Partei und wundern sich, dass sich politisch nichts verändert. Der deutsche Bürger ist ja stolz, dass sein Land die höchste Steuerlast hat. Anders kann man nicht erklären, weshalb die Leute nicht auf die Straße gehen und dagegen – friedlich – protestieren oder eine andere Partei wählen.

Vulgäres Früchtchen

Wie kann ein einfacher Mitarbeiter der örtlichen Bank sich so ein teures Hobby leisten? Autos aufmotzen und die Motoren frisieren kostet ein kleines Vermögen. Viele seiner Arbeitskollegen fragen sich, woher Yann das Geld hat. Seine Freundin Ann wohnt in der Hafenstadt. Sie ist eine hübsche, unterernährte, junge Frau. Superschlanke Figur, träumt von einer Karriere als Model. Sie hat es faustdick hinter den Ohren, in ihrem Umfeld sagen sie oft zu ihr:

„Na, du kleines vulgäres Früchtchen.“

Ob das die richtige Freundin ist für Yann? Heute Abend ist er bei Ann, sie genießen den Abend auf dem kleinen Balkon bei einem Bier und Aperol Spritz.

Die Stummschaltung von Yanns Natel meldet sich: „Hallo Ben.“

„Melde mich, weil …“, sagt Ben, dann unterbricht ihn Yann:

„Ich bin bei Ann, was ist der Grund deines Anrufes?“

„Gut, habt Ihr Lust, am Tag der Deutschen Einheit, mit mir und Elfi eine Bootstour zu unternehmen? Auf dem Sonnendeck gibt es genug Platz zum Liegen, Angeln und Sonnenbaden.“

„Moment, ich frage Ann.“ Yann dreht sich um: „Hast du Lust, am 3. Oktober eine Bootstour zu unternehmen? Ben hat uns eingeladen.“ „Du weißt, ich mache FKK beim Sonnenbaden, sag ihm das.“

„Hey Ben, ist es okay, wenn wir FKK machen?“

„Klar, ist doch nichts dabei, keiner sieht uns.“

„Wir freuen uns, wo ist das Boot?“

„Wir treffen uns auf dem Parkplatz beim Olympiahafen Schilksee um 08.00 Uhr. Nimm dein Angelzeug mit.“

„Mache ich, super, danke.“

3. Oktober

Ben und Elfi sind früher auf dem Boot. Sie verstauen ihr Gepäck, checken das Boot und schauen, ob alles in Ordnung ist und ob genügend Treibstoff im Tank ist. Pünktlich treffen Yann und Ann auf dem Parkplatz ein. Es sind nur ein paar Meter, Ben holt sie von dort ab. Als Überraschung hat Yann eine Männer-Handtasche XXL mitgenommen. In dieser stylischen Geschenkbox sind 12 Flaschen Bier, alles ausgewählte Bierchen aus deutschen Privatbrauereinen. Seine Freundin Ann bringt zwei Salate mit als Beilage, wenn sie den gefangenen Fisch grillen.

„Danke, das können wir heute sicher brauchen. Ich zeige Euch die Yacht, damit Ihr Bescheid wisst, wo was ist und aus Gründen der Sicherheit auch wo Schwimmwesten sind.“

„Ja, gerne.“

Ben fühlt sich jetzt als Schiffskapitän. Er zeigt voller Stolz seine Welt: „Hier befinden wir uns in der Flying Bridge mit Motoreninstrumenten, die offene Kommandozentrale, von wo ich das Boot bei schönem Wetter wie heute lenke. Hier in der Vorderkajüte das große bequeme Doppelbett. Mit Kleiderschrank, div. Stauräumen, Toilette, elektrischem WC. Yann und Ann, das ist Euer Ruheraum. Hier sind Salon und Pantry: eine U-Sitzecke mit versenkbarem Tisch, umwandelbar in eine Doppelkoje, kleiner Küche, Kühlschrank und Geschirr. Im Deckssalon und Cockpit sind U-Sofa, Fahrstand mit komplettem Motoren-Instrumentenbrett. Da bin ich bei schlechtem Wetter. In der Achterkajüte gibt es ein großes Doppelbett, WC, Dusche, Kleiderschrank, usw. Das hier ist unser Ruheraum.“

Ben ist in seinem Element, er holt Luft, um weiter zu sprechen: „Yann, jetzt zeige ich dir zwei kräftige Motoren, du hast in deinem Auto nur einen. Haha“ Er öffnet die Motorenabdeckung: „Sieht‘s du, es gibt zwei völlig getrennte Volvo-Motoren.“ Yann ist platt.

„Wir fahren gleich los. Ich zeige dir einen Seiltrick, welchen ich bei der Prüfung zum Bootsführerschein lernen musste.“

„Angeber.“

„Wenn wir anlegen, dann ist selten eine „Kairatte“ dort, die das Seil über einen Poller steckt. Das sind senkrecht im Boden befestigte Pfähle. Ich zeige dir während der Fahrt den Knoten. Kannst du die Festmacherleinen loswerfen?“

„Na klar.“

„Wir sind bereit und stechen in See,“ ruft Ben.

„Wohin fahren wir?“, möchte Elfi wissen.

„Bis auf Höhe Ostseebad Damp. Im Yachthafen gibt es ein Bistro. Wir ankern auf dieser Höhe, bevor wir dann in den Hafen fahren.“

Und schon verlässt die wunderschöne Yacht den Hafen in die offene Ostsee. Sie alle hoffen auf einen schönen Feiertag und einen großen Fang. Es sieht gut aus, der strahlend blaue Himmel und die beiden hübschen jungen Frauen on Board. Das törnt die psychische Energie zur sexueller Luststeigerung an.

„Was sind das für Geräte?“, will Yann wissen. „Das brauche ich für die Standortbestimmung. Mit der Navigation checke ich die Einhaltung der geplanten Route.“ „Spannend“, muss Yann anerkennend sagen. „Heute ist die See ruhig, kein starker Wind, das ist gut, damit wir schön am Küstenufer entlang cruisen können.“

Nach angenehm ruhiger Fahrt sind sie auf Höhe des Seebades angekommen, Ben setzt den Anker. Bis zum Ufer sind es etwa 800 Meter.

Libido

Ben und Elfi sind vorne am Bug. Als Verantwortlicher für das Schiff muss er die beste Sitzposition einnehmen. Es freut ihn auch, dass er die zwei Fischerruten seines Vaters benutzen darf. Diese semiprofessionellen Angelruten erhöhte die Chance auf einen großen Fangerfolg. Sie machen es sich bequem. Yann und Ann sitzen am Achtern, wie es in der Seemannssprache heißt. Er setzt seine Angelrute zusammen, nimmt einen großen Köder an den Haken und macht einen gekonnten weiten Wurf in die Ostsee.