Buch lesen: «Emotionales Verkaufen»
Lars Schäfer
Emotionales Verkaufen
Lars Schäfer
Emotionales Verkaufen
Was Ihre Kunden
WIRKLICH wollen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Lektorat: Susanne von Ahn, Hasloh
Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de
Umschlagfoto: giz/fotolia
© 2015 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Das E-Book basiert auf dem Titel „Emotionales Verkaufen“ von Lars Schäfer, ©2012 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.
ISBN Buchausgabe: 978-3-86936-339-4
ISBN epub: 978-3-95623-287-9
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.
Abonnieren Sie den GABAL-Newsletter unter:
Inhaltsverzeichnis
Ein paar Worte vorweg
„Jeder ist sich selbst der Nächste.“ Dieses alte Sprichwort begegnet mir häufig, wenn ich mit Verkäufern rede und sie nach ihren Absichten und Zielen im Job befrage. Natürlich müssen wir alle irgendwie unser Geld verdienen, unsere Familien ernähren und an unsere Altersvorsorge denken, aber muss es so weit gehen, dass den Kunden bewusst falsche Angaben über Produkte gemacht werden, nur damit sie endlich kaufen? Es gibt eine alte Verkäuferweisheit, die besagt, dass man niemals Fragen beantworten sollte, die der Kunde nicht gestellt hat. Das ist vollkommen in Ordnung, solange dem Käufer dadurch kein Schaden entsteht. Wenn er nicht nach einem günstigeren Preis fragt, bieten Sie ihm auch nichts an. Wenn er partout nicht wissen will, wie man bei einem iPhone einen Screenshot macht, dann erklären Sie ihm das auch nicht. Denn es interessiert ihn offensichtlich nicht.
Eine Gewissensfrage …
In meiner aktiven Zeit im Außendienst gab es einen Artikel, den ich nicht verkaufen wollte, auch wenn die Kunden manchmal noch so gebettelt haben: ein Heißluftgebläse, das seine Aufgabe zu ernst nahm, da es nach wenigen Minuten in Betrieb dermaßen heiß wurde, dass hinten die Flammen herausschlugen. Glücklicherweise ist damals niemand zu Schaden gekommen, aber die Gefahr war groß. Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen richtig schlechten Monat und vor Ihnen stünde ein potenzieller Neukunde, der eine große Menge dieser Heißluftgebläse kaufen will: Verfahren Sie nach dem Motto „der Genießer schweigt“ und weisen ihn nicht auf die Gefahren hin oder gehen Sie in die Offensive und raten ihm vom Kauf ab, obwohl Sie die Provision richtig gut gebrauchen könnten?
Wenn Sie sich bei der Beantwortung dieser Gewissensfrage nicht entscheiden können, gehen Sie einen Schritt weiter: Wollen Sie ein schnelles Geschäft abschließen, das mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Reklamation, einer Rücksendung und einem unzufriedenen Ex-Kunden führt, oder gehen Sie das Risiko ein, diesen aktuellen Auftrag nicht zu bekommen, dafür aber auf dem besten Wege zu sein, sich einen treuen Kunden zu verdienen?
Ich sage: Sie können nicht ehrlich genug gegenüber Ihren Kunden sein! Je mehr Sie sich um sie kümmern, je öfter Sie sie vor einer Fehlentscheidung bewahren, umso stärker werden sie Ihnen vertrauen. Wir leben doch in einer Zeit, in der wir als Unternehmer und auch als Verkäufer immer vergleichbarer werden, da die Kunden sich jederzeit über uns und unser Unternehmen im Internet informieren können und das auch tun. Mit diesem Wissen wollen sie ernst genommen werden und vor allen Dingen eins: Vertrauen haben.
Vertrauen ist das größte Kaufmotiv
Vertrauen ist das größte Kaufmotiv in unserer Zeit. Ohne die schlechten Erfahrungen mit Banken in den letzten Jahren überstrapazieren zu wollen, sind wir doch alle vorsichtiger im Umgang mit unserem Geld geworden. Die meisten Umfragen der GFK (Gesellschaft für Konsumforschung) bestätigen, dass wir wieder konsumieren wollen (die überfüllten Skigebiete beispielsweise unterstreichen diesen Punkt), es uns allerdings genauer überlegen, wem wir große Teile unseres Gehalts gönnen. Um kritische Kunden zu gewinnen, geben die einen Verkäufer Rabatte bis hart an die Insolvenzgrenze und die anderen bringen ihre Persönlichkeit ins Spiel. Wenn es hart auf hart kommt und die Fakten vergleichbar sind, dann zählen sogenannte weiche Faktoren.
Nur wer seine Kunden – von Herzen – ernst nimmt und wertschätzt, sie ehrlich, fair und zuverlässig behandelt, hat gute Chancen, ihr Vertrauen und ihre Loyalität zu gewinnen. Verkäufer, die zukünftig erfolgreich sein wollen, brauchen neue Qualitäten. Das emotionale Verkaufen ist eine solche neue Qualität.
1. Emotionales Verkaufen: Es geht um sie und nicht um Sie
Kunden wollen gute Gefühle, sie wollen Bedürfnisse befriedigt, Probleme gelöst und Wünsche erfüllt haben. Wer langfristig erfolgreich verkaufen will, muss sich auf die Kunden (sie!) mit all ihren Sorgen und Hoffnungen einstellen und nicht in erster Linie Produktvorteile betonen. Das geht nicht ohne Emotionen. Was sind eigentlich Emotionen und wie wirken sie? Damit wollen wir beginnen.
Was sind Emotionen und was bewirken sie?
Erfahrungen prägen uns
Erfahrungen prägen uns
Laut Lexikon sind Emotionen Erregungen beziehungsweise Gefühlsregungen. Es sind kurze, mitunter intensive Impulse, die unser Gehirn bekommt, wenn wir eine Situation oder Person wahrnehmen. Gegen das, was dann passiert, sind wir Menschen zunächst machtlos: Wir suchen unterbewusst nach Erfahrungen, die wir in ähnlichen Situationen oder mit ähnlichen Personen gemacht haben, und bekommen eine Emotion serviert. Sofort ist uns jemand sympathisch oder unsympathisch, wir empfinden eventuell Mitleid oder Freude, Angst oder Begeisterung. Je häufiger eine bestimmte angenehme Emotion von ein und derselben Person oder Situation in uns ausgelöst wird, desto größer ist die Chance, dass ein tiefes, lang anhaltendes Gefühl wie zum Beispiel Vertrauen daraus wird. Das gilt genauso umgekehrt für negative Erfahrungen. Warum sind die meisten Kinder eher bereit zu vertrauen als wir Erwachsene? Sie haben einfach noch nicht viele Erfahrungen mit bestimmten Menschen oder Dingen gemacht, sowohl im positiven als auch im negativen Sinne.
Welche Emotionen gibt es? Da sind negative Aspekte wie Mitleid, Enttäuschung, Angst, Neid und Trauer und auf der anderen Seite positive Regungen wie Freude, Sympathie, Stolz, Verliebtheit oder Begeisterung. Wenn es darum geht, dauerhaft im Gedächtnis unserer Kunden zu bleiben und das womöglich angenehm, sollten wir uns auf die letzteren Emotionen beschränken, wobei „Verliebtheit“ hier eher eine Metapher für beispielsweise „Fan einer Marke sein“ darstellt. Ein paar Beispiele zur Veranschaulichung:
Beispiele: Neid, Stolz, Erotik, …
■ Liebe männliche Leser: Stellen Sie sich vor, Sie stehen morgens auf, schlaftrunken ziehen Sie die Rollläden hoch – und was sehen Sie? Der Nachbar hat schon wieder ein neues Auto, und was für einen Schlitten! Was macht unser Gehirn jetzt? Es sucht nach Erfahrungen und Begründungen. „Der kommt doch immer schon um vier von der Arbeit nach Hause, so einen tollen Job hat der ja auch nicht. Warum der und nicht ich? Der hat doch eh alles nur geerbt.“ Was entsteht in diesem Augenblick? Neid!
■ Oder Ihr Kind kommt mit einer Eins in Mathematik nach Hause. Was empfinden Sie? Stolz! Das geht so lange gut, bis es Ihnen die Fünf in Englisch zeigt …
■ Ein Beispiel für die Damen unter Ihnen: Die Tür öffnet sich und es erscheint eine Mischung aus Brad Pitt, George Clooney und einem weiteren gut aussehenden Mann Ihrer Wahl. Was Sie dann spüren, ist noch lange keine Liebe, da laufen zunächst ganz andere chemische Prozesse in Ihnen ab, mit denen ich Sie und Ihre Fantasie jetzt alleine lasse.
Das sind alles kurze, aber heftige Gefühlsregungen. Wenn diese Impulse oft genug kommen, wird irgendwann ein tiefes Gefühl daraus. Wenn der Nachbar uns dauerhaft neidisch macht, können wir ihn irgendwann überhaupt nicht mehr leiden. Wenn Ihr Kind nur noch mangelhafte Zensuren mit nach Hause bringt, heißt das nicht, dass Sie es nicht mehr lieben, Sie bekommen allerdings auf Dauer einen Knoten in den Magen, wenn Sie an Schule denken. Und sollte dieser extrem gut aussehende Mann auch noch weitere Ihrer Bedürfnisse bedienen, steht der Hochzeit nichts mehr im Wege.
Für die Zusammenarbeit mit Ihren Kunden heißt das nun: Je häufiger Sie in ihm diese positiven Emotionen auslösen, umso eher wird er bei der Vergabe eines Auftrags oder Angebots an Sie denken, umso öfter wird er zum Beispiel Ihr Ladengeschäft besuchen, weil er sich dort wohlfühlt und Ihnen vertraut. (Eine detaillierte Übersicht mit den verschiedenen Intensitäten von Emotionen finden Sie beispielsweise im Internet unter: http://arbeitsblaetter.stangltaller.at/EMOTION/.)
Obwohl dieses Thema wissenschaftlich noch längst nicht vollständig erforscht ist, einigen wir uns, um eine gemeinsame Sprachgrundlage zu haben, auf folgende Begriffsabgrenzung:
Emotionen sind eher kurz, oberflächlich, intensiv und aktivierend (zum Beispiel „Begeisterung“, „Verliebtheit“), Gefühle lang anhaltend, tief und eher passiv und beruhigend (zum Beispiel „Zufriedenheit“, „Liebe“).
Das Fundament allen Verkaufserfolgs ist allerdings immer noch das Fachwissen, ohne das wir kein dauerhaftes Vertrauen aufbauen können.
Was bedeutet emotionales Verkaufen und was nicht?
Mit einer Anekdote aus meinem Trainerleben möchte ich Ihnen verdeutlichen, was emotionales Verkaufen heißen kann, und vor allem, was nicht:
Um in einem großen Konzern Mitarbeiter trainieren zu dürfen, reicht es längst nicht aus, ein originelles Thema zu haben oder die Personalentwicklungsabteilung zu überzeugen. Wenn Sie diese Hürden überwunden haben, steht ein Vorsprechen vor dem kompletten Betriebsrat an. Eigentlich kein Problem, wenn man weiß, wovon man spricht. Allerdings sitzen dort Mitarbeiter aus allen Unternehmensbereichen, und wie es das Schicksal in meinem Fall wollte, hatte dort niemand auch nur den geringsten Bezug zum Verkauf. Nachdem ich über eine halbe Stunde befragt worden war, wie denn solch ein Seminar abläuft und was die Mitarbeiter davon haben würden, brachte mich die Chefin der Personalentwicklung in ihr Büro, damit ich dort auf das „Urteil“ warten konnte. Es vergingen weitere 30 Minuten und ich fühlte mich nicht unbedingt besser: Was gab es denn zum Thema emotionales Verkaufen so lange zu diskutieren? Der Bedarf war doch klar … Endlich kam meine Ansprechpartnerin mit einem Grinsen im Gesicht zu mir herein und teilte mir mit, dass wir mit den Seminaren starten könnten, mit einer Einschränkung: „Wir müssen den Titel ändern!“ Was war passiert? Die Mitglieder des Betriebsrats kannten im Vorfeld nur den Titel und die Kurzbeschreibung der Trainings, sie hatten nicht weiter recherchiert, wer ich bin und warum ich tue, was ich tue. Da ich zu Beginn des Gesprächs zunächst etwas zurückhaltend war, um die Stimmung im Raum wahrzunehmen, und hinterher „lebhaft, witzig und ehrlich“ auf die Mitarbeiter wirkte, waren einige von ihnen irritiert: „Wir haben so einen Chaka-Trainer erwartet!“
Emotionales Verkaufen heißt nicht Manipulation
Mein erster Gedanke war: Wie kann man denn unter emotionalem Verkaufen „über glühende Kohlen laufen“ verstehen? Später allerdings wurde mir klar, dass viele Menschen mit Emotionen Manipulation verbinden, und zwar die der egoistischen und negativ beeinflussenden Art. Dahinter steckt die Befürchtung (Achtung: Emotion!), etwas zu kaufen, obwohl man es gar nicht braucht, etwas regelrecht aufgeschwatzt zu bekommen. Genau das bedeutet emotionales Verkaufen nicht.
Emotionales Verkaufen bedeutet, eigene Emotionen wahrzunehmen, zuzulassen und die Emotionen des Kunden in den Mittelpunkt zu stellen.
Die ganze Persönlichkeit in den Beruf einbringen
Wenn Sie den Mut aufbringen, Ihre ganze Persönlichkeit in den Verkaufsprozess einfließen zu lassen, haben Sie schon den ersten Schritt zum emotionalen Verkaufen gemacht. Dadurch unterscheiden Sie sich bereits von Ihren Mitbewerbern, die wenig bis nichts von sich preisgeben. Natürlich gibt es unterschiedliche Auffassungen und verschiedene Verkaufsphilosophien. Werden Sie sich für sich selbst klar darüber, wie Ihr Selbstverständnis vom Verkaufen ist; finden Sie Ihren Weg heraus. Als erste Steigbügelhilfe biete ich Ihnen an, einmal intensiv über die unten abgedruckten Behauptungen nachzudenken:
Bitte bewerten Sie folgende Aussagen über einen Verkäufer auf einer Skala von 0 (= trifft gar nicht zu) bis 10 (= trifft auf jeden Fall zu):
Ein guter Verkäufer …
ist ein Jongleur zwischen den Interessen seines Arbeitgebers und seiner Kunden.
ist immer mit Anzug und Krawatte bekleidet, ganz gleich, welche Art von Kunden er besucht oder empfängt.
führt seine Gespräche hauptsächlich durch Fragen.
kann alles verkaufen.
kennt seine Produkte in- und auswendig.
berät seine Kunden nur.
Wie auch immer Sie diese Aussagen bewertet haben: Es ist Ihre Meinung, Ihre Einstellung zum Beruf des Verkäufers und Ihre Haltung zum Kunden. Mit welchen Mitteln Sie zum Ziel beziehungsweise zum Auftrag gelangen, entscheiden Sie ganz alleine. In Kapitel 2 erfahren Sie, wie Sie etwas über Ihre Außenwirkung herausfinden. Um dem Thema „bildhafte Sprache“ vorzugreifen: Werfen Sie das komplette Fleisch auf den Grill, nicht nur die Würstchen. Gehen Sie als ganze Persönlichkeit zum Kunden. Das erreichen Sie mit folgendem Vorgehen:
In der Praxis steht der Kunde selten im Mittelpunkt
Stellen Sie die Interessen Ihrer Kunden in den Mittelpunkt Ihres Schaffens!
Das ist ein alter Hut, wird der eine oder andere von Ihnen jetzt denken, das sagen sie alle. Und genau deshalb erwähne ich es hier, weil dieser Spruch in ähnlicher Form mittlerweile auf jeder zweiten Unternehmenshomepage zu finden ist. Unter uns: Finden Sie sich auf besagten Internetseiten wieder? Fühlen Sie sich immer angesprochen? Es gibt richtig gute Seiten, bei denen der Betrachter das Gefühl hat, dass sich hier jemand viele Gedanken gemacht hat, was den Kunden oder Interessenten ansprechen könnte. Sehr häufig jedoch verknoten sich wahrscheinlich Ihre Hirnwindungen, wenn Sie Textpassagen lesen, die vor Fremdwörtern, Anglizismen wie „Inside Sales“ oder „Commitment“ oder seitenlangen Schachtelsätzen nur so strotzen. Dort werden Produkte nur anhand ihrer technischen Merkmale beworben, die lediglich Fachleute verstehen, ohne dass dem Leser klar wird, was er davon hat, wenn er sie kauft.
Stellen Sie sich Ihr Angebot oder Ihre Internetseite wie das Schaufenster eines Ladengeschäfts vor und stellen Sie sich hin und wieder auf den Bürgersteig davor. Wenn Sie einen Shop betreiben: Gehen Sie einfach mal kurz an die frische Luft.
Nehmen Sie den Blickwinkel des Kunden ein.
Wie es schon in der Kapitelüberschrift steht: Es geht um die Kunden (sie) und nicht um Sie (den Verkäufer). Mit dieser Grundhaltung haben Sie es in Verkaufsgesprächen oder Verhandlungen wesentlich leichter und müssen deutlich weniger argumentieren oder sich rechtfertigen – ohne sich zu verbiegen. Danach nämlich kommt erst die Kür:
Die Autohersteller machen es vor
Bieten Sie Ihren Kunden ein Kauferlebnis!
Haben Sie Ihren Neuwagen schon einmal direkt beim Hersteller abgeholt? Ob Sie nun nach Wolfsburg, München oder Zuffenhausen fahren, um das Objekt Ihrer Begierde zum ersten Mal zu bestaunen: Die Autobauer veranstalten mit Ihnen eine regelrechte Party mit aufmerksamem Service und einem Spannungsbogen, der seinesgleichen sucht. Sie werden hofiert, unterhalten und verköstigt. Diese ganze Aktion hat nur ein einziges Ziel: Sie sollen sich Ihr Leben lang an diesen Tag erinnern und so eine tiefe Beziehung zu Ihrer Lieblings-Automarke aufbauen.
Beispiel Bekleidung
Es geht auch eine Nummer kleiner und persönlicher: Ein Freund erzählte mir kürzlich von einem Herrenausstatter, dessen Inhaber eine ganz eigene Art des Verkaufens an den Tag legt: Er wirft beispielsweise im Gehen die Anzugshose und die dazu passende Jacke so auf den Boden, dass es wie ordentlich hingelegt aussieht; er verknotet die Hosenbeine, dann zieht er auf der einen und der Kunde auf der anderen Seite daran, um zu demonstrieren, wie knitterfrei diese Hose aus dem Knoten wieder herauskommt. Gut, das Auf-den-Boden-Werfen bedarf einiger Übung und ist nicht jedermanns Sache. Aber: Die Kunden sind angetan von dieser Vorführung und erzählen es weiter.
Beispiel Werkzeugbranche
Als ich noch neu im Verkaufsgeschäft war, fuhr ich mit meinem damaligen Chef gemeinsam zu einem Kunden. Unser Ziel war es, einen neuartigen Hartschalenkoffer für Werkzeuge an einen Händler zu verkaufen. Dieser Koffer hatte den großen Vorteil, unzerbrechlich zu sein. Nun stellen Sie sich bitte einen etwa 60-jährigen, 1,75 Meter großen, recht umfangreichen, wenn nicht dicken Mann vor, der wie Rumpelstilzchen auf dem Koffer herumspringt, nur um zu demonstrieren, wie robust dieser Behälter ist. Dieses Bild hat sich dauerhaft in meine Netzhaut eingebrannt. Solch eine Show gefällt noch lange nicht jedem Kunden (siehe Kapitel 3, Achtsamkeit), allerdings beweist sie wieder einmal, dass es immer Mittel und Wege gibt, den Käufer etwas erleben zu lassen. Und in diesem speziellen Fall führte es zum Auftrag.
Je mehr Erinnerungen Ihr Kunde an den Besuch bei Ihnen hat, umso größer stehen die Chancen, dass Sie auch zukünftig mit Anfragen und Aufträgen bedacht werden. Damit Sie Ihrem Kunden ein solch einschneidendes Erlebnis bieten können, brauchen Sie ein wenig Fantasie und mitunter auch Mut. Denken Sie doch einmal darüber nach, wie Sie den Einkauf bei Ihnen zu einem einmaligen Erlebnis machen können.
Beispiel: Was machen Sie eigentlich beruflich?
„Wie kommt die Toskana nach Wanne-Eickel?“ Die Kopf-Herz-Formel
Im Sommer 2010 stand ich abends nach einem Vortrag noch mit einigen Teilnehmern auf der Terrasse des Seminarhotels zusammen. Als ich eine junge Dame aus der Runde fragte, was sie beruflich mache, antwortete sie: „Ich verkaufe Möbel.“ Ein ehrenwerter Beruf. Aber erregt eine solche Aussage positive Aufmerksamkeit und Neugierde? Zieht unser Gesprächspartner und eventuell potenzieller Kunde nach einem solchen Satz die Augenbrauen hoch und will mehr wissen? Eher nicht. Nach einem kurzen Frage-Antwort-Spiel stellte sich heraus, dass meine Gesprächspartnerin mit einer Freundin zusammen antike Möbel aus der Toskana importiert, diese restauriert und wieder verkauft. Das hört sich doch schon spannender an … Wenn Sie diese Dame heute fragen, was sie beruflich macht, wird sie Ihnen wahrscheinlich antworten: „Ich bringe Ihnen die Toskana nach Hause.“
Wenn Ihr Zuhause die Stadt Wanne-Eickel im Ruhrgebiet ist, dann bringt sie Ihnen die wunderschöne Toskana eben dorthin, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Um es klarzustellen: Es ist vollkommen in Ordnung, wenn Sie sagen: „Ich verkaufe Möbel.“ Da wir uns hier aber mit emotionalem Verkaufen beschäftigen, sollten wir uns alle einmal Gedanken machen, wie wir uns in der Art des Auftritts und der Außenwirkung angenehm abheben können. In Kapitel 7 (Emotionaler Elevator-Pitch) erfahren Sie, wie Sie dorthin gelangen, dass für Ihre Interessenten klar wird, was Sie tun, und vor allem, wie Sie es tun.
Die drei A
Wenn Sie um die Wirkung von Emotionen wissen, diese bewusst einsetzen und Ihren gesunden Menschenverstand aktivieren, dann nenne ich das die „Kopf-Herz-Formel“: Sie gehen zwar strategisch vor, berücksichtigen dabei jedoch, dass Ihr Kunde keine Nummer ist, sondern ein Mensch mit Gefühlen und Bedürfnissen, denen Sie, so gut es geht, gerecht werden wollen. In Ihrem eigenen Interesse. Diese Formel setzt sich aus drei „A“ zusammen:
■ Authentizität:
Seien Sie Sie selbst und spielen Sie Ihren Kunden nichts vor.
■ Achtsamkeit:
Beachten Sie, was Ihnen Ihr Kunde gerade sagt, verbal und nonverbal.
■„Anpassungsfähigkeit:
Gehen Sie flexibel auf den Kunden und die Situation ein und bleiben Sie dabei immer authentisch.
Auch wenn es manchmal etwas länger dauern mag, bis Sie den Auftrag bekommen: Auf diese Weise verdienen Sie sich dauerhaft treue Kunden, die gerne bei Ihnen kaufen, und senken Ihre Rückgabe- oder Stornoquote enorm.
In den folgenden Kapiteln geht es genau um diese drei „A“ und darum, was alles dahintersteckt.