Mrs. Commingdale 3 - Scheinheilig

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Mrs. Commingdale 3 - Scheinheilig
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Jutta Wölk

Mrs. Commingdale 3 - Scheinheilig

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Hinweis

Trautes Heim

Ein Plan reift

Indiziensuche

Verzögerungen

Auge um Auge, Zahn um Zahn

Weitere, bisher publizierte Teile der Serie:

Impressum neobooks

Hinweis

Die Handlung ist frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit Personen, Namen, Orten und Handlungen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Lektorat: Kathrin Brückmann

http://www.lekto-ratio.de/

Trautes Heim

Margret Commingdale war heilfroh, wieder zu Hause zu sein. Die jüngsten Ereignisse boten ihr eine plausible Ausrede, den Rest ihres Lebens doch lieber in ihrem Häuschen verbringen zu wollen. Obwohl die kurze Probezeit im Seniorenheim notwenig gewesen war, um ihre Passion auszuleben, würden sie keine zehn Pferde je wieder in eine derartige Einrichtung bekommen.

Wie einfach es doch ist, sinnierte Margret. Vorausgesetzt, man ist eine so geniale Schauspielerin wie ich. Sie legte die Dritten im Zahnprothesenbehälter ab und spitzte amüsiert die Lippen. Was bist du nur für ein böses altes Mädchen, redete sie im Stillen mit ihrem Spiegelbild.

Und Mrs. Commingdale war eine hervorragende Darstellerin, wenn es darum ging, Gerechtigkeit walten zu lassen. Nach zwei Versuchen, die ihr mit Bravour gelungen waren, hatte sie sozusagen den Dreh raus. Niemand verdächtigte sie auch nur ansatzweise.

Manchmal stimmte es sie zwar melancholisch, den größten Teil ihres Lebens bereits hinter sich gelassen zu haben, andererseits verlieh ihr das Alter die bestmögliche Tarnung. Mit ihren fünfundsechzig Jahren und der nur 1,55 m großen und dürren Gestalt traute ihr niemand ein Kapitalverbrechen zu. Das vor Gram faltig gewordene Gesicht und die am Hinterkopf zu einem Dutt frisierten grauen Haare taten ihr Übriges. Die neue Hüftprothese bereitete ihr inzwischen überhaupt keine Schwierigkeiten mehr, ganz im Gegenteil. Dennoch pflegte sie sich außerhalb ihrer vier Wände nach wie vor auf Krücken zu stützen, und das ließ sie auf ihre Mitmenschen stark gehandicapt wirken. Eine weitere Scharade, die zu Margrets öffentlicher Rolle gehörte. War sie dagegen allein, verzichtete sie auf die Krücken, die sie eigentlich nicht brauchte.

Leichtfüßig erklomm sie die Stufen der Treppe, die ins obere Stockwerk führte. Schwester Rabiata hat es verdient! Genau wie du Mortimer, ging es ihr durch den Kopf. Unwillkürlich musste sie lächeln. Ja, ja, mein Lieber, letztlich verdanke ich es nur dir, meine Bestimmung gefunden zu haben. Wahrscheinlich sitzt du gerade im Fegerfeuer und leckst deine Wunden, nicht wahr? Ich hoffe doch sehr, dass die Flammen deinen runzligen Hintern ordentlich versengen. Schließlich sollst du nicht umsonst in der Hölle schmoren.

Im Schlafzimmer angekommen schlug Margret die Decke zur Seite und legte sich aufs Bett. Während sie sich in eine bequeme Lage brachte, sinnierte sie weiter. Und auch du scheinheiliges Aas darfst deiner gerechten Strafe nicht entgehen! Wart‘s nur ab, ich werde dir schon noch zeigen, wie sich Schmerzen anfühlen.

Eigentlich hatte Margret vorgehabt, ein paar Wochen oder gar Monate ins Land ziehen zu lassen, da ihre letzte Tat nur wenige Tage zurücklag. Bevor sie sich einer neuen Aufgabe widmete, sollte erst einmal Gras über die Sache wachsen. Aber das arme Kätzchen hatte das Fass in Margrets Innern erneut zum Überlaufen gebracht. Es war gestern im Keller ihrer Nachbarin – die gar nicht mehr aufhören konnte zu weinen – verendet aufgefunden worden. Wer das getan hatte, bekäme es mit ihr zu tun. Mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht schlief sie schließlich über ihrem neuen Vorhaben ein.

Ein Plan reift

Am nächsten Morgen saß Margret wie üblich auf dem Sessel neben der Terrassentür und sah hinaus. Der Frühling nahte, die Jahreszeit, die sie bis vor Kurzem noch herbeigesehnt hatte, denn da begann die Fremdgängersaison. Doch nach ihrem zweiten Meisterwerk im Seniorenheim fühlte sie sich zu Höherem berufen.

»Ich denke, ich brauche keinen Helfer mehr. Außerdem werde ich die Ehebrecher in Zukunft in Ruhe lassen. Zu eurem Glück habe ich mich neu orientiert«, sprach sie mit sich selbst, während ihr Blick zum Wäldchen hinter ihrem Garten wanderte. Ist zwar bedauerlich, euch nicht weiterhin anprangern zu können, aber meine künftigen Aufgaben verlangen meine volle Aufmerksamkeit.

Margret seufzte und lenkte ihre Konzentration auf das aktuelle Problem, das es zu beseitigen galt. Auf der Heimfahrt nach der Angelegenheit mit Rabiata hatte sie das schaurig-schöne Gefühl zum ersten Mal verspürt, nun übermannte sie es erneut. Es war beängstigend und wirkte zugleich wie ein Glückstaumel. Das neuartige und unbeschreibliche Empfinden breitete sich in jeder ihrer Körperzellen aus und nahm ihren Verstand vorübergehend in Besitz.

Ein Schaudern brachte sie in die Realität zurück. Margret atmete tief ein und aus und wusste nicht, ob sie sich darüber freuen oder Gedanken machen sollte. Mit einem Kopfschütteln schob sie den Gedanken daran beiseite, jetzt gab es Wichtigeres zu tun.

»Gut, nun wieder zu dir«, fuhr sie fort. Vor ihrem geistigen Auge formte sich eine männliche Gestalt, die in einen schwarzen Talar gehüllt war. Margret legte die Stirn in Falten. »Wie mache ich es nur mit dir?«

Sie biss ein Stück vom Käsetoast ab, weichte es mit einem Schluck Tee im Mund auf und schluckte es hinunter. Gleichzeitig verzog sie verärgert das Gesicht und schob mit der Zunge die obere Prothese in die richtige Position zurück. Die Dritten verrutschten immer häufiger, was ihr überhaupt nicht in den Kram passte.

Wie sah es denn aus, wenn die Beißerchen sich plötzlich verselbstständigten? Als Henry, ihr ältester Sohn, sie nach ihrem Glanzstück im Altenheim nach Hause gebracht hatte, waren ihr die falschen Zähne beim Sprechen beinahe herausgerutscht. Er hatte sie daraufhin konsterniert angesehen und ihr geraten, dringend einen Zahnklempner aufzusuchen. Aber so ein Quacksalber würde ihr ja doch nur ein teures Gebiss aufschwatzen wollen, an dem er viel Geld verdiente. Nein, nein, auf meine Ersparnisse können die lange warten, dachte sie. Ein stärkerer Kleber musste her.

Während sie den Rest des Frühstücks verzehrte, zermarterte Margret sich weiterhin das Hirn. Ihre nächste Aufgabe würde sich recht schwierig gestalten. Dieses Mal würde es bestimmt nicht so leicht werden wie bei Mortimer und Rabiata. Als notorische Krimileserin und inzwischen selbst geschulte Meisterin wusste sie, was sie beachten und unbedingt vermeiden musste.

Die technischen Hilfsmittel, die der Polizei heutzutage zur Verfügung standen, machten ihr die Angelegenheit auch nicht gerade leichter. Aus einer winzigen Hautschuppe konnte schon die DNA eines Menschen bestimmt werden. Theoretisch war es möglich, dass ihre bereits in der Datenbank der Beamten gespeichert war. Derlei Technik war für ihren Geschmack viel zu weit vorangeschritten. Da lobe ich mir doch die gute alte Zeit, als die Männer von Scotland Yard noch mit Lupe und Pinzette auf Spurensuche gingen, dachte sie und seufzte.

»Hm«, gab sie nach einem Geistesblitz von sich, vergaß einen Moment lang das Kauen und fasste sich ans Kinn. Ich sollte mir sein Haus mal näher ansehen. Vielleicht fällt mir vor Ort die passende Methode ein. Gleichzeitig wuchs die Wut auf den Mann, den sie jetzt vor ihrem geistigen Auge auf der Kanzel stehen sah. Winden sollst du dich. In deinen eigenen Qualen!

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