Mrs. Commingdale 2 - Der Teufel in Weiß

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Mrs. Commingdale 2 - Der Teufel in Weiß
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Jutta Wölk

Mrs. Commingdale 2 - Der Teufel in Weiß

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Hinweis

Margret Commingdale

Die Prüfung

Herausforderung

Passion

Weitere, bisher publizierte Teile der Serie:

Impressum neobooks

Hinweis

Die Handlung ist frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit Personen, Namen, Orten und Handlungen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Margret Commingdale

Am Anfang ihres eigenwilligen Hobbys war es das Gefühl der Genugtuung gewesen, das Margret Commingdale beflügelte. Inzwischen war aus einem Steckenpferd Passion geworden und sie saß wie jeden Morgen, seit ihr Gatte Mortimer von ihr gegangen war, im Sessel neben der Terrassentür. In freudiger Erwartung sah sie nach draußen und nippte am Tee. Die Digitalkamera griffbereit auf dem Tisch liegend beobachtete sie die Umgebung jenseits des Gartenzauns mit Argusaugen.

In letzter Zeit hatte die fünfundsechzigjährige Witwe jedoch keine Ehebrecher mehr fotografieren können, und das wurmte sie. Sie ärgerte sich ebenfalls darüber, dass ihre Suche nach einem Ersatz für Benny nicht fruchten wollte.

Der Nachbarsjunge war ihr eine wertvolle Hilfe gewesen, und sie hatte sich auf ihn verlassen können. Margret hatte ihm lediglich die Kamera geben müssen, damit Benny sich anschließend um den Rest kümmern konnte. An seinem Computer hatte er die Bilder bearbeitet, ausgedruckt und in der Nacht an Laternenmasten und Baumstämmen geheftet. Margret besaß weder das technische Know-how noch die Geräte. Und sie wollte auch gar nichts von diesem futuristischen Kram wissen. Daher war der Verlust seiner Arbeitskraft und Loyalität ein harter Rückschlag für sie gewesen.

Ist es euch inzwischen zu kalt geworden, fragte sich die Witwe zynisch in Gedanken. Nun kommt schon, gönnt eurer Margret ein wenig Spaß. Wenigstens ließen sich genügend Aufnahmen in der Kamera speichern, die später immer noch von einem anderen Jungen bearbeitet und verteilt werden konnten.

Das Grün der Bäume war in goldene, rostrote und braune Farben übergegangen. In den Morgen- sowie Abendstunden war es inzwischen unangenehm kühl, und Margret war es gar nicht recht, in den nächsten Monaten untätig herumsitzen zu müssen. Welch ein Jammer, dachte sie, während ihr Blick über die lichter gewordenen Baumkronen wanderte.

Die grauen Schwaden lösten sich bereits auf, was bedeutete, dass es für einen Schnappschuss zu spät war. Wenn sich der Nebel erst lichtete, zeigte sich keine Menschenseele mehr. Zumindest nicht jene, die gewisse unzüchtige Geheimnisse hüteten.

Margret Commingdale hatte es sich zur Aufgabe gemacht, untreue Männer und Frauen öffentlich anzuprangern, die sich heimlich in dem kleinen Wäldchen am See vis-à-vis ihres Grundstücks vergnügten. Über einen Schleichweg, der sich im Laufe der Jahre direkt hinter Margrets Gartenzaun gebildet hatte, gelangten sie dorthin.

Auf dem Rückweg führte dieser Weg die Unzüchtigen zu einer schmalen Passage zwischen zwei Grundstücken. Durch diese Lücke kamen die Ehebrecher wieder auf die Straße, die sie zu ihren Liebsten daheim brachte.

Margret glaubte es den Hintergangenen schuldig zu sein, schließlich hatte auch sie eine halbe Ewigkeit unter Ehebruch gelitten. Doch nun stand der Winter vor der Tür. Und um sich keinen kalten Hintern zu holen, würden sich die Lüsternen in den nächsten Monaten an anderen, wärmeren Orten treffen.

Das Signalhorn des herannahenden Zuges durchschnitt die Stille. Margret zählte die Waggons, als sich eine zwei Jahre alte Momentaufnahme in ihrem Geiste formte: Die aufgerissenen Augen Mortimers tauchten darin auf, kurz bevor er sich die Radieschen von unten ansehen konnte.

Mit einem Seufzer wischte sie die Erinnerung beiseite, die ihr stets einen gewissen Stolz und das Gefühl der geistigen Befriedigung verschaffte. Sie erhob sich, stellte die Tasse und die geleerte Teekanne auf das Tablett und brachte das Geschirr in die kleine Küche, die sich im vorderen Bereich des Hauses befand.

Während sie das alte Porzellan in der Spüle reinigte, blickte sie durch das Fenster. Wie schade, dachte sie. Ich hoffe doch, bald wieder aufgebrachte Nachbarn beobachten zu können, die sich um ein neues Flugblatt an einem der Laternenmasten versammelt haben.

»Nur Geduld«, sprach sie zu sich selbst. »Ich werde schon noch dafür sorgen, dass ihr eure Mäuler wieder über andere zerreißen könnt.« Ihre Lippen kräuselten sich zu einem amüsierten Lächeln.

Ein leichtes Ziehen in der rechten Hüfte erinnerte sie daran, dass sie in einer Stunde bei ihrem Orthopäden vorsprechen sollte. Eine routinemäßige Nachuntersuchung. Inzwischen gab es kaum noch Probleme mit dem künstlichen Gelenk, das vor etwa einem Jahr eingesetzt worden war. Margret sah zur Uhr, kurz vor acht.

Eine halbe Stunde später saß sie im Bus. Die Praxis von Doktor Williams befand sich nur zwei Haltestellen entfernt. Aber wie immer, wenn sie ihn aufsuchte, nutzte sie dieses Verkehrsmittel. Schließlich musste sie den äußeren Schein wahren. Margret sah durchs Fenster und schmunzelte.

Der Umstand eine Prothese erhalten zu haben kam ihr nicht nur aus gesundheitlichem Grund sehr entgegen. In der Öffentlichkeit hinkte und humpelte sie schwerfällig. Auch ihren drei Söhnen spielte sie die Gehandicapte mit Bravour vor. Inzwischen bezeichnete sie sich selbst als eine hervorragende Schauspielerin, die einen Oskar verdiente. War sie hingegen allein in ihrem Haus, bewegte sie sich alles andere als eingeschränkt. Im Gegenteil, nachdem sich die Prothese angepasst hatte, ermöglichte diese ihr ein besseres Vorankommen, als zuvor.

Margret war nicht nur körperlich vom Leben gezeichnet und hatte im Lauf der Zeit ein zweites Ich angenommen. Seit sie Mortimer, ihren Gatten, vor zwei Jahren unter die Erde gebracht hatte, hatte sie es sich zur Aufgabe gemacht, im Namen der Opfer zu rächen. Und um nicht in Verdacht zu geraten, mimte sie die Gebrechliche, die keiner Fliege etwas zuleide tun konnte.

Während die meisten Frauen ihres Alters mit der Zeit gingen und ihrer Meinung nach zu sehr dem Schönheitswahn verfielen, legte Margret keinen Wert auf Äußerlichkeiten. Eine weitere meisterhafte Tarnung, die ihr hilfloses Erscheinungsbild untermauerte. Und seit ihr einst brauner Schopf vor vielen Jahren zu ergrauen begonnen hatte, steckte sie ihre langen Haare einfach am Hinterkopf zu einem Dutt zusammen. Nebenher sparte sie noch eine Menge Geld.

Auf diese Weise hatte sie Mortimer ebenfalls für seine Vergehen bestraft. Ihr verstorbener Gatte hatte immer viel Wert auf ein gepflegtes und ansprechendes Aussehen gelegt, was Margret geradezu angestachelt hatte, es ihm nicht gleichzutun. Es hatte ihr großes Vergnügen bereitet, mit ihrer altmodischen Frisur und Kleidung neben ihm wie eine graue Maus zu wirken, die nicht zu dem elegant gekleideten Herrn passte.

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