Lotte

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Impressum Copyright: © 2014 Judith Cramer Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de ISBN 978-3-7375-1473-6

Eine wahre Geschichte

Nach dem Judith Cramer so viele Herzen mit ihrem Zweiteiler, „Miezi – eine wahre Katzengeschichte“, berührt hat, erzählt sie erneut über ihre geliebten Tiere.

Judith Cramer hat auf ihrer Finca auf Mallorca wieder Zuwachs bekommen. Lotte, ein kleines Wildkätzchen, das nicht nur ihre tierischen Freunde aufmischt.

Kater Clärens fürchtet um seinen Ruf als „Obermacho“, denn dieser Frechdachs tanzt ihm auf der Nase herum.

Kater Schmusi geht dem Energiebündel lieber aus dem Weg, zu viel Temperament entspricht nicht seinem gemütlichen Naturell.

Miezi und Zita glauben, Frauchen hat den Albtraum ins Haus geholt, denn unermüdlich macht dieses Mädchen auf „beste Freundin“.

Die beiden Hundedamen sehen Lotte als Spaßfaktor an und Rüde Sunny, der große „Katzenversteher“, freut sich über einen weiteren Popo, den er beschnüffeln darf.

Doch das Leben hat nicht nur Sonnenseiten. Judith Cramer muss wieder durch dramatische Ereignisse emotional an ihre Grenzen gehen…

Außerdem sind im epubli Verlag folgende eBooks von Judith Cramer erschienen:

Miezi – eine wahre Katzengeschichte, Teil 1 – wie alles begann

(ISBN: 9783844260489)

Miezi – eine wahre Katzengeschichte, Teil 2 – bitte bleib bei mir

(ISBN: 9783844287899)

Das Leben ist schön – Eine abenteuerliche Katzenliebe auf Mallorca

(ISBN: 9783844296877)

Katzen erreichen mühelos, was uns Menschen versagt bleibt –

durchs Leben zu gehen, ohne Lärm zu machen.

Ernest Hemingway

Auf leisen Pfoten kommen sie wie Boten der Stille,

und sacht, ganz sacht, schleichen sie in unser Herz

und besetzen es für immer mit aller Macht.

Eleonore Gualdi

"Könnte man den Menschen mit der Katze kreuzen,

würde man damit den Menschen verbessern,

aber die Katze verschlechtern."

Mark Twain

Prolog

An einem sonnigen Junitag 2013 macht eine Urlauberin auf Mallorca eine fürchterliche Entdeckung. Schon öfter hat sie darüber in deutschen Zeitungen gelesen, und immer lösten solche Berichte in ihr eine Traurigkeit aus. Niemals wäre es ihr in den Sinn gekommen, eines Tages Zeugin solch menschlicher Grausamkeit zu werden.

Sie bummelt durch den stillen Ort Pollenca, abseits der Küste, im Norden der Insel. Die Gemeinde ist umringt mit Bergen und man hat das heimelige Gefühl, in einem warmen Kessel zu sein. Es ist Mittagszeit, der Spanier nennt es die Siesta.

Die Fassaden in den kleinen Gassen spenden Kühle, und die Ruhe wirkt wie Balsam für die Seele. Alle Läden sind zu dieser Zeit geschlossen und die Einheimischen verstecken sich hinter ihren dicken Mauern, mit zugeklappten Persianas.

Anfang Juni ist die Insel noch nicht mit Urlaubern überflutet und weil Pollenca nicht am Wasser liegt, sind hier nur wenige Touristen unterwegs.

Als sie an einem Müllcontainer vorbeischlendert, nimmt sie ein leises Weinen wahr. Es klingt wie Babylaute, doch sie kann weit und breit nichts entdecken. Woher kommen diese Geräusche?

Sie nähert sich einer Abfalltone, umkreist sie, erweitert den Radius ihres Blickfeldes, doch sie kann nichts entdecken.

Langsam öffnet sie den großen Behälter, ein unangenehmer Geruch tritt ihr entgegen und das Wimmern wird lauter. Erst glaubt sie, dass eine Katze hineingeschlüpft ist, um nach Nahrungsresten zu suchen und sich nicht mehr zu befreien wusste. Doch kein Lebewesen war zwischen den schmutzigen Tüten zu sehen.

Das Jammern wird lauter und infolgedessen wühlt sie zwischen dem Müll herum und versucht nur noch durch den Mund zu atmen. Der Gestank ist widerlich, weil die Sonne die weggeworfenen Essenreste fast zum Kochen bringt.

Akribisch hebt sie jeden schmutzigen Beutel hoch und die kläglichen Stimmen dröhnen immer näher an ihre Ohren. Da entdeckt sie einen großen schwarzen Sack, der sich bewegt. Sofort packt die Frau die Tüte und zieht sie heraus. Etwas umständlich öffnet sie den Knoten und vor ihren Augen zappeln viele Katzenbabys herum, die ängstlich nach Luft schnappen.

Dieser Anblick versetzt die Urlauberin in einen kurzen Schockzustand und auch sie muss nach Luft ringen. Sie schaut sich hilfesuchend um, und möchte augenblicklich die Verantwortung nicht alleine tragen. Was mache ich nur, bitte helft mir. Keine Menschenseele schenkt dem Geschehen Beachtung. Verstohlen blicken die wenigen Passanten aus sicherer Entfernung zu ihr hinüber, doch schnell wenden sie ihre Blicke ab.

Eine ganze Zeit lang steht sie verloren und hilflos mit der Tüte in der Hand herum und irgendwann wird ihr bewusst, sie muss handeln. Sie muss irgendetwas unternehmen, um die Babys zu retten.

Gerade will sie das Bündel hochheben, da nimmt sie aus einer anderen Richtung ein erneutes Weinen wahr. Nur ein paar Meter entfernt steht ein weiterer Müllcontainer und ihre Nerven drohen mit ihr durchzubrennen. Mit zittrigen Händen öffnet sie die Klappe und wie von Sinnen wühlt sie in dem Dreck herum. Da, noch ein Sack, der sich bewegt und wieder sind darin so viele Kätzchen, die hilflos um ihr Leben kämpfen.

Die Frau hat das Gefühl, gleich ohnmächtig zu werden. Tränen der Wut steigen ihr in die Augen und wie ein kleines Kind stampft sie mit ihren Füssen auf der Stelle herum. Warum hilft mir denn keiner?!

Ihre Gedanken fahren Achterbahn. Wer macht so etwas? Wer entsorgt lebende Tiere, steckt sie in eine Tüte und wirft sie wie ein Stückchen Unrat einfach in den Müll? Hier, an diesem wunderschönen Ort, wo man glaubt, die Welt scheint noch in Ordnung zu sein? Was sind das für Menschen, die so herzlos handeln können?

Nachdem sie sich etwas beruhigte, hebt sie die Säcke vom Boden, bohrt einige Luftlöcher hinein und eilt zu ihrem Wagen. Auf die Mithilfe anderer kann sie nicht hoffen, doch die brauchte sie jetzt auch nicht mehr, denn sie wusste, was zu tun war.

Es wurde eine längere Fahrt, denn sie kannte nur einen Veterinär auf dieser Insel und der wohnt auf einer Finca, in der Nähe von Son Servera.

Letztes Jahr hatte sie an einer befahrenen Landstraße, zwischen Puerto Cristo und Sa Coma, einen verletzten Hund entdeckt, der blutend auf dem Seitenstreifen lag. Alle Autos fuhren mit hoher Geschwindigkeit an dem halbtoten Hund vorbei, nur sie machte eine Vollbremsung, parkte ihren Wagen am Straßenrand, ging in die Knie, legte ihre Hand an die Aorta und fühlte den noch zarten Puls von dem Tier. Schon hier musste sie handeln und das schnell.

Neben dieser Schnellstraße führt ein Fahrradweg vorbei und im selben Augenblick ging ein aufmerksamer Radler in die Bremsen und fragte: „Kann ich ihnen behilflich sein?“

„Ja bitte, das können sie. Ich kenne keinen Tierarzt in der hiesigen Umgebung und dieser Hund muss schnell zum Doktor, er wurde vermutlich angefahren.“

Spontan sprang der Mann von seinem Rad, schloss es an einem Pfahl und sagte: „Öffnen sie ihren Kofferraum, wir legen das verletzte Tier hinein. Ich kenne einen guten Doc, hier ganz in der Nähe, der hat ein großes Herz für die Streuner von Mallorca.“

Dr. Schimming operierte den Hund und das letzte was sie von ihm hörte, war, dass er große Chancen hat, durchzukommen. Zurück in Deutschland wanderten ihre Gedanken immer wieder nach Mallorca. Wird der kleine tapfere Rüde überlebt haben und ist er jetzt in guten Händen?

Heute, fast ein Jahr später steht sie erneut vor dem Tor des Arztes und schaut auf mehrere bellende Hunde. Einer unter ihnen erweckt ihre Aufmerksamkeit. Er hat eine so lange Rute und die rotiert wie ein Propeller. Sofort erkennt sie ihn wieder. Es ist das verletzte Tier, das sie im letzten Jahr von der befahrenen Straße geholt hat. Sie wünscht sich insgeheim, dass er sie vielleicht wiedererkennt, doch dies bleibt ein Geheimnis. Sie spürt das Glück von diesem Hund und nur das zählt in dem Moment. Ein „Happy End“, was einst auf einer Landstraße begann.

Mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck sieht sie den Arzt auf sich zukommen und als er sie anschaut, entdeckt sie seine tiefen Lachfalten um die Augen herum, die so viel erzählen könnten.

„Hallo, wir kennen uns doch? Sind sie nicht die Frau, die meinen „Streetdog“ gefunden hat?“

„Ja, die bin ich und es sieht ganz danach aus, dass er sein Zuhause gefunden hat?“

„Ja, ich habe ihm den Namen Bruno gegeben. Wochenlang habe ich um sein Leben kämpfen müssen und als er endlich über dem Berg war, hatte er schon seinen Platz in meinem Herzen belegt.“

„Das ist wundervoll.“ Mehr Worte haben sie nicht ausgetauscht, denn der Arzt ist kein Mensch für große Reden, seine Gefühle für die Streuner trägt er tief in sich.

Im Behandlungszimmer angekommen wurden alle Kitten untersucht und Dr. Schimming stellte fest, dass sie physisch einen gesunden Eindruck machten, doch was mit der Psyche der Babys passiert ist, dies konnte er natürlich nicht beurteilen. Es waren insgesamt zwölf Babys, aus drei unterschiedlichen Würfen und alle waren nicht älter als zwei oder drei Wochen. Sie wurden höchstwahrscheinlich unsanft von den Katzenmüttern entrissen.

Doch wohin nun mit den Neugeborenen? Sie konnte die Kleinen unmöglich in ihr Hotelzimmer einschleusen und sie hoffte auf die Mithilfe des Arztes.

Selbstverständlich hatte er sich schon seine Gedanken gemacht und nach einem kurzen Telefonat gab es Hoffnung für die Kitten. Eine Katzenschützerin aus Arta erklärte sich sofort bereit, den Findelkindern vorerst eine Unterkunft in ihrem Haus zu geben, sie aufzupäppeln, um sie später nach ein paar Wochen zu vermitteln.

 

Der Finderin fiel ein Stein vom Herzen und sie fühlte sich nunmehr bedeutend besser, mit der Zuversicht, dass diese mutterlosen Babys vielleicht ein liebevolles Zuhause finden werden.

***

Acht Wochen später, Juli 2013

Durch Zufall besuche ich eine Facebook Seite wo hier von diesem Fund berichtet wird. Die Geschichte, nur kurz angeschnitten, bewegt mich tief und ich schaue mir die Fotos der Kitten an. Wie kann ein Mensch nur lebende Tiere einen derart qualvollen Tod aussetzen wollen? Ich bekomme eine Wut im Bauch und nehme so viele Schimpfwörter in den Mund, wie mir gerade einfallen.

Ich klicke alle Fotos an und mir wird ganz warm ums Herz. Wie süß die Kleinen doch alle sind und bei einem Bild bleibt mein Blick hängen. Ein schneeweißes Kätzchen, die schüchtern in die Kamera schaut.

Wie gut kann ich mir vorstellen, dass dieses Mädchen zu unseren Katzen passen würde. Ich sehe vor meinem geistigen Auge wie Miezi und Zita schon mit dieser kleinen Schönheit spielen.

So oft habe ich in der letzten Zeit immer wieder darüber nachgedacht, das es meinen beiden Katzenmädchen gefallen könnte, wenn sie eine neue Freundin bekämen und dies aus zwei Gründen:

Miezi, meine Herzkatze, hatte vor noch gar nicht langer Zeit so viel durchgemachen müssen, ihr Leben hing an einem seidenen Faden und wer meine Miezi-Bücher kennt, der weiß, was für dramatische Wochen hinter uns liegen. Diese ungewöhnliche Katze kann sich nicht allein ernähren, sie schafft es noch nicht einmal, eine Maus zu fangen, eher fängt die Maus sie. Ein erneuter Freigang wäre für meine Miezi wieder mit einer Todesgefahr verbunden.


Dieses schüchterne Mädchen findet nur schwer Vertrauen zu Menschen, aus welchen Gründen auch immer, dies bleibt ihr Geheimnis. Als sie ungefähr drei Monate alt war, habe ich sie auf unserem Grundstück entdeckt. So ein winziges Kätzchen, ausgehungert und verwahrlost, mit allen Ängsten dieser Welt behaftet. Später habe ich eine überraschende Feststellung machen dürfen. In diesem Mädchen stecken so tiefe Muttergefühle, trotzdem sie nie eigene Babys zur Welt gebracht hatte.

Aufgefallen ist mir dies vor ungefähr drei Jahren, als mir eine Spanierin, vor der Tierklinik in Son Servera, ein zierliches Kätzchen in die Hand drückte und ich es mit nach Hause nahm.

Dieses Mädchen war höchstens drei Wochen alt und ich habe es mit der Flasche aufgezogen. Ein süßer Schreihals, der von mir den Namen Zita bekam.

Miezi hat sich diesem kleinen Wurm sofort angenommen und sich liebevoll um sie gekümmert.


Nunmehr ist die Zita aus den Babymonaten heraus und die Kuschelattacken der Miezi werden ihr manchmal zu viel. Die Beiden haben ihr eigenes Katzenzimmer und aus dem Fenster führt eine schmale Treppe in ein angebautes Katzengehege. Jeden Tag können sie die frische Luft genießen, dem Vogelgezwitscher lauschen, sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen und den Schafen beim Blöken zuhören. Mein Gefühl sagt mir, dieses Stückchen Freiheit macht meine Miezi glücklich, doch Zita möchte mehr.

Dies ist der zweite Grund, warum ich über ein neues Katzenmädchen nachdenke. Zita braucht eine Katzenfreundin, mit der sie ihre Abenteuerlust ausleben kann.

In den letzten Wochen habe ich gespürt, dass Zita immer ruhiger wurde und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass ein neues Kätzchen viel Schwung in beider Leben bringen wird.

Noch am selben Abend nehme ich Kontakt zu der Tierschützerin auf, die sich in den letzten Wochen so liebevoll um die Katzenbabys gekümmert hat. Nur zwei Tage später sitzen mein Mann und ich im Auto und fahren zur beschriebenen Finca nach Arta.

Herzlich werden wir von der Frau begrüßt, die sich mit dem Namen „Hede“ vorstellt. Ich kann es kaum erwarten, das hübsche, weiße Kätzchen vom Foto zu sehen und bin so aufgeregt.

Wir betreten das Haus und Hede deutet mit einem Kopfnicken an, wo es lang geht. Eine Steintreppe führt uns in die erste Etage und sie öffnet eine Tür. Nur einen kurzen Moment sehe ich so viele kleine Katzenbabys herumtollen, doch in der Sekunde, als sie uns erblicken, sind sie auch schon verschwunden.

Fremde Menschen machen sie scheu, das war mir klar, doch ich wünschte mir so sehr, dieses weiße Kätzchen vom Foto zu streicheln. Vergebens, denn auch sie versteckte sich.

Über eine halbe Stunde dauerte es, bis die kleine Schönheit aus ihrem Versteck kam und uns ängstlich, aus einer für sie sicheren Entfernung, anschaute.

In den vergangenen dreißig Minuten hatte jedoch ein anderes Katzenbaby für Unterhaltung gesorgt. Mutig und unerschrocken ist sie auf uns zugekommen, sprang auf meinen Schoss, robbte sich an meinem T-Shirt hoch und als es auf meiner Schulter saß, drückte sie ihr Näschen an meine Wange.

Dieses Kätzchen brachte mich zum Schmunzeln und bei näherer Betrachtung ihres Fells fiel mir auf, es ist ein Glückskätzchen.


Hede, die Tierschützerin warnte mich: „In dieser Kleinen steckt eine „Wildkatze“, sie ist die Frechste von allen.“

Mein Mann und ich tauschten einen kurzen Blick aus und wir fingen beide an zu grinsen. Damit war unsere Entscheidung gefallen. Ein Kätzchen sucht sich den Menschen aus, nicht umgekehrt. Dieser kleine Wirbelwind hatte es verstanden, sofort unser Herz zu erobern.

Hede freute sich, dass unsere Wahl auf dieses Mädchen fiel, denn wir wohnen auf einer Finca und dieses temperamentvolle Wesen braucht eine Umgebung, in der sie sich austoben kann.

Es war der 25. Juli 2013, an einem späten Nachmittag und keine zehn Minuten später sitzen wir im Auto und aus der Katzenbox schaut unser neues Familienmitglied neugierig durch das Gitter.

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