Inhaltsverzeichnis
Impressum 5
Vorwort 6
Die Protagonisten 7
Prolog 8
Teil 1 - Ich will Dich! 10
1. Leo 10
2. Lydia 14
3. Tina 18
4. Sven 23
5. Leo 25
6. Lydia 28
7. Tina 31
8. Sven 33
9. Leo 36
10. Lydia 39
11. Tina 42
12. Sven 45
13. Leo 48
14. Lydia 51
15. Tina 55
16. Sven 59
17. Marie 62
18. Leo 64
19. Lydia 67
20. Tina 69
21. Sven 72
22. Leo 75
23. Lydia 78
24. Tina 81
25. Sven 83
26. Leo 85
27. Lydia 88
28. Tina 90
29. Sven 93
30. Leo 95
31. Lydia 97
32. Tina 99
33. Sven 101
34. Leo 103
35. Lydia 106
36. Tina 109
37. Sven 112
38. Leo 114
39. Lydia 116
40. Tina 119
41. Sven 122
42. Leo 125
43. Lydia 129
44. Tina 132
45. Sven 135
46. Marie 138
47. Leo 141
48. Lydia 143
49. Tina 147
50. Sven 150
51. Leo 153
52. Lydia 155
53. Tina 158
54. Sven 161
55. Marie 164
56. Tina 166
57. Sven 172
58. Leo 177
59. Lydia 182
60. Marie 186
Teil 2 - Ich will Dich nicht! 190
61. Tina 190
62. Lydia 193
63. Leo 196
64. Sven 198
65. Tina 201
66. Lydia 204
67. Leo 206
68. Sven 208
69. Tina 212
70. Lydia 216
71. Leo 219
72. Sven 221
73. Tina 224
74. Lydia 226
75. Leo 229
76. Sven 233
77. Lydia 235
78. Tina 237
79. Leo 239
80. Sven 241
81. Lydia 243
82. Tina 247
83. Leo 250
84. Sven 253
85. Lydia 256
86. Tina 260
87. Marie 263
Teil 3 - Ich will Dich doch! 265
88. Leo 265
89. Sven 269
90. Lydia 272
91. Tina 276
92. Leo 278
93. Sven 281
94. Marie 283
95. Lydia 285
96. Tina 287
97. Leo 289
98. Sven 291
99. Lydia 293
100. Tina 295
101. Leo 298
102. Sven 303
103. Lydia 306
104. Tina 309
105. Leo 312
106. Sven 314
107. Lydia 317
108. Tina 319
109. Leo 322
110. Sven 324
111. Lydia 326
112. Tina 328
113. Leo 330
114. Sven 333
115. Lydia 335
116. Tina 337
117. Leo 340
118. Sven 343
119. Lydia 346
120. Tina 348
121. Leo 351
122. Sven 353
123. Lydia 356
124. Tina 358
125. Leo 360
126. Sven 363
127. Marie 364
Danksagung 365
Leseprobe aus dem ersten Buch 366
Prolog 367
Teil 1 - Wörter-Diebe 370
Impressum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.
© 2022 novum publishing
ISBN Printausgabe: 978-3-99131-123-2
ISBN e-book: 978-3-99131-124-9
Lektorat: Alexandra Eryiğit-Klos
Umschlagfoto: Lembit Ansperi, Pixelliebe, Shvector, Danflcreativo, Davidstiller, Jonatan Stockton, Chetsadakorn Nakhammoon | Dreamstime.com
Layout & Satz: Jove Viller
Vorwort
Die in diesem Buch erzählte Geschichte ist rein fiktiv. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Die Protagonisten
Die Protagonisten in diesem Roman in alphabetischer Reihenfolge sind:
Leo: 29, Softwareentwickler, lebt in München noch bei seinen Eltern und fährt gern Motorrad
Lydia: 28, Mediendesignerin, stammt aus Dresden, wohnt seit fünf Jahren in einer WG in München
Marie: 29, Lehrerin in Münster, hat einen kleinen Sohn, lebt aber mit dessen Vater nicht zusammen
Sven: 32, selbstständiger Fotograf und Videograf, wohnt in Hamburg-Stern-schanze und ist beruflich viel unterwegs
Tina: 27, Assistentin des Geschäftsführers in einem Beratungsunternehmen, lebt im Hamburger Stadtteil Eppendorf
Prolog
„Was kann ich Ihnen beiden anbieten?“, fragte die Stewardess.
Er: „Für mich einen Tomatensaft, bitte.“
Sie: „Ich hätt gern einen Kaffee mit Milch.“
„Bitte sehr.“
Sie: „Hat die uns jetzt für ein Paar gehalten?“
Er: „Das kam mir auch so vor. Aber wär das so schlimm?“
Sie: „Was meinst du? Suchst du eine neue Freundin?“
Er: „Nein, bin grad auf dem Weg zu meiner derzeitigen Freundin in München.“
Sie: „Na, so ein Zufall, ich fliege auch übers Wochenende zu meinem Freund.“
Er: „Vielleicht sehen wir uns dann auf dem Rückflug wieder. Wann geht dein Flieger am Sonntag?“
Sie: „Ich flieg um 16:15 Uhr zurück. Hab am Sonntag abends noch eine Verabredung mit einer Freundin in Hamburg.“
Er: „Dann passt es nicht, ich nehm den späten Flieger am Sonntagabend.“
Sie: „Was macht ihr denn am Wochenende in München?“
Er: „Wir gehen morgen eine Fotoausstellung besuchen und am Abend sind wir mit Freunden in einem Club verabredet. Und ihr?“
Sie: „Wir wollen morgen Abend ins Kino und den neuen ‚Spider-Man‘ anschauen. Sonst weiß ich nicht, was Leo noch geplant hat.“
Er: „Stehst du auf Spider-Man-Filme?
Sie: „Ja, schon ein wenig. Mich interessiert vor allem die Handlung. Leo ist mehr an der grafischen Umsetzung interessiert.“
Er: „Das würde mich auch mehr interessieren. Ich bin Fotograf und Kameramann und würde gern mal an solch einem Film mitarbeiten. Aber leider mach ich meist nur so stinknormale Reportagen.“
Sie: „Was sind das denn für Reportagen, bei denen du filmst?“
Er: „Sehr oft mache ich kurze Beiträge für Panorama, da komme ich natürlich viel rum und berichte zusammen mit anderen Kollegen über aktuelle Themen. Aber manchmal mache ich auch ganze Filme. Im letzten Herbst war ich mit einer Kollegin aus Köln eine Woche in Südtirol unterwegs. Da haben wir einen 45-Minuten-Film über einen Fotografen gedreht, der seine Bilder auf großen Glasplatten macht. Er fotografiert alte Menschen und Berge und diese Bilder sind dann Unikate, die demnächst in einer Ausstellung gezeigt werden. Das hat großen Spaß gemacht und der Fotograf war wirklich nett.“
Sie: „Das klingt ja spannend. Da bist du sicher viel unterwegs und am Wochenende fliegst du immer nach München?“
Er: „Wenn’s geht, aber manchmal kommt Lydia auch zu mir. Vor zwei Wochen war sie da und wir haben uns Tina angeschaut.“
Sie: „Das Musical von Tina Turner? Und wie war das?“
Er: „Mega. Ich bin ja nicht so ein Fan ihrer Musik, aber Lydia steht da drauf. Sie war ganz hin und weg.“
Sie: „Ich wollte mit Leo auch schon mal hingehen, aber das haben wir noch nicht geschafft.“
Er: „Ich find, das lohnt sich wirklich.“
„Verehrte Passagiere, wir haben unseren Landeanflug nach München begonnen. Bitte schnallen Sie sich wieder an, schalten Sie Ihre elektronischen Geräte aus und verstauen Sie sie. Klappen Sie die Tische hoch, stellen Sie die Rückenlehnen senkrecht und öffnen Sie die Sonnenblenden.“
Er: „Das ist ja jetzt schnell gegangen. War nett, mit dir zu plaudern.“
Sie: „Fand ich auch. Ich wünsch dir ein tolles Wochenende.“
Er: „Ich euch auch:“
Sie: „Man sieht sich.“
Er: „Ciao.“
Teil 1 - Ich will Dich!
1. Leo
Bin gespannt, wie die Blonde wirklich ausschaut. Wir haben ein paar Mal hin und her geschrieben und dann wollte sie mich treffen. Auf dem Foto schaut sie ja ganz super aus. Hoffentlich ist das im realen Leben auch so. Wenn ich so dran denke, was mir da alles schon passiert ist. Sofie, die Letzte, die ich über Tinder kennengelernt hatte, war ein absoluter Reinfall. Ihr Bild war toll gewesen, aber die muss einen guten Fotografen haben. Denn als wir uns treffen wollten, klappte mir die Kinnlade runter. Ich hätt sie fast net erkannt. Und daher blieb es auch bei einem Kaffee, den wir im „Cotidiano“ getrunken haben. Ich glaub, sie war sehr enttäuscht, denn ich war sicher nicht der Erste, der sich so schnell von ihr verabschiedet hat. Diesmal habe ich mich mit Ariane im „Café Rischart“ am Marienplatz verabredet. Das liegt schön zentral, und wenn’s passt, können wir leicht von dort woanders oder zu mir nach Hause in Neuhausen fahren. Denn meine Eltern sind heute unterwegs. Ich weiß noch nicht, wo sie wohnt, aber vielleicht …
Das Rischart ist ein Traditionshaus, bekannt für seine herrlichen Mehlspeisen. Es wurde modern renoviert und ist in der Gegend total angesagt, also ideal für ein erstes Date. Ich möchte natürlich Eindruck schinden und bin eine Viertelstunde vor dem vereinbarten Zeitpunkt da. ‚Ist es jetzt besser, einen Platz auszusuchen, wo wir ein bisschen versteckt sind, um für Stimmung zu sorgen, oder wähle ich besser einen zentralen Platz aus, damit sie mich einfach schnell findet? Ach, da hab ich doch schon den perfekten Mittelweg entdeckt, einen Platz am großen Schaufenster, wo wir ein wenig abgeschieden sitzen, mit feinem Blick über den Marienplatz, aber vom Eingang kann sie mich auch gleich sehen.‘ Während ich auf sie warte, trinke ich nur Wasser. Das ist auch gut gegen den trockenen Mund. ‚Interessant, es ist doch immer wieder ein wenig Aufregung dabei, obwohl das eigentlich keine neue Situation für mich ist.‘
Da …! Eine Blondine öffnet die Tür und schaut sich unsicher um. Ist sie das? Könnte schon sein. Frisur stimmt. Eine Ähnlichkeit mit den Fotos würde ich schon erahnen. Als sie tatsächlich in meine Richtung kommt, denke ich noch, dass sie aber in Tinder schlanker gewirkt hat. Da schwebt sie auch schon an mir vorbei zu dem Typen zwei Tische weiter hinten. Als ich mich nach dem Irrtum gerade wieder fange, steht sie plötzlich vor mir, kein bisschen unsicher, im Gegenteil. „Hi Leo, ich bin Ariane! Toller Platz hier, ich hab dich gleich gefunden!“, strahlt sie und setzt sich zielsicher auf den Platz mir gegenüber. Also schüchtern ist sie wirklich nicht. Im Chat hat sie ja schon angedeutet, dass sie eine Person ist, die weiß, was sie will. Nach ihrem Auftreten zu urteilen, kann ich ihr das gut glauben. „Hi! Schön, dass du da bist! Find ich echt mega, dass das so geklappt hat“, begrüße ich sie und realisiere, dass ihre Fotos kein Fake waren. Unglaublich hübsch, die Frau! Das blonde, lange Haar fällt über ihre Schultern. Ein paar Strähnchen spielen kess um ihr Gesicht. Die modische Brille mit dem roten Rahmen bringt ihre leuchtend blauen Augen stark zur Geltung. Sie lächelt amüsiert und will gleich wissen: „Gibt’s denn hier Bedienung? Mir wäre nach einem starken Kaffee!“ Ein beflissenes „Ja klar“ huscht über meine Lippen und ich winke der Kellnerin. „Möchtest du Kuchen dazu oder etwas anderes?“ „Oh nein, danke, nur Kaffee bitte. Wir wollen ja auch nicht zu lang hierbleiben, oder?“ Sie zwinkert mir zu und blickt mir tief in die Augen. ‚Na gut, dann gibt es für mich eben auch nur Kaffee. Ist doch klar …‘ Ich bestelle zwei Espressi, die auch prompt serviert werden.
Ich bin normalerweise auch sehr selbstsicher und weiß mich gut zu präsentieren. Aber diese Dame setzt mir gerade einen Spiegel vor, der mich ein wenig zum Nachdenken bringt. Also versuche ich noch ein bisschen Small Talk, um nichts zu überstürzen und vielleicht doch noch hier die Oberhand zu gewinnen. Mal sehen … „Du hast echt coole Fotos ausgesucht, finde ich. Sie zeigen dich so, wie du bist, sehr hübsch und elegant. Und der Chat mit dir ist spannend. Ich habe mich sehr auf unser Date gefreut!“ „Oh, das Kompliment kann ich zurückgeben“, „meint Ariane, „deine Fotos sind auch vielversprechend, und ich muss sagen, ich bin nicht enttäuscht. Dein wuscheliges dunkles Haar und der Bart … etwas mehr als drei Tage würde ich schätzen … passt gut zu deinem südländischen Typ. Sag, bist du echt von hier?“ Ich muss lachen, denn diese Frage habe ich schon öfter gehört. „Klar bin ich von da. Bin in München geboren und i sag’s glei – meine Eltern sind auch beide Einheimische.“ „Na, dann bist du ihnen aber sehr gut gelungen“, lacht sie und trinkt den letzten Schluck ihres Kaffees. „So, was wollen wir jetzt anstellen?“, fügt sie nahtlos hinzu. „Gehen wir zu dir oder zu mir?“ ‚Ich hab mir schon gedacht, dass die Frau es eilig hat …‘ „Tja“, muss ich da loswerden „bei mir ist es nicht so einfach. Ich wohne noch bei meinen Eltern. Ich weiß, das hätte ich vielleicht früher erwähnen sollen, aber auf Tinder wollte ich das net schreiben.“ „Oh, na, dann müssen wir wohl drei Stationen mit der Straßenbahn fahren. Ich wohne nicht so weit weg von hier. Oder bist du mit dem Auto da?“ „Nein, ein Auto habe ich nicht. Ist bis jetzt nicht notwendig. Mal sehen, vielleicht im nächsten Jahr“, überspiele ich die nächste kleine Unsicherheit. Auf dem Weg zur Bahn prescht sie nach vorn: „Du wohnst noch bei Mami? Du bist doch schon 29. Was läuft da schief?“ „Nichts läuft schief“, rechtfertige ich mich, „mir geht’s gut zu Hause. Ich habe meine kleine Wohnung mit eigenem Zugang von außen und kann machen, was ich will. Nur mit Damen-besuchen ist es halt nicht so leicht, weil meine Mutter meistens zu Hause ist. Die kriegt dann alles mit.“ Dass ich wieder zu Hause eingezogen bin, als ich mich von meiner Freundin getrennt habe, muss ich Ariane ja nicht erzählen. Ich werde das Gefühl nicht los, wir werden nicht alt miteinander.
Sie wohnt in einer kleinen Wohnung in einem Mietshaus. Ich weiß nur, dass das Vorzimmer recht klein und eng ist. Mehr habe ich nicht gesehen. Während die heiße Braut ins Schlafzimmer vorausgeht, ruft sie mir zu: „Rechts hinten ist das Bad. Da kannst du dich schon mal bereit machen. Hast du Kondome mit?“ Das war’s! Leise schließe ich hinter mir die Tür, laufe die zwei Stockwerke hinunter und sehe zu, dass ich Land gewinne. Vielleicht schreibe ich ihr später eine Entschuldigung … oder auch nicht.
2. Lydia
„Wohin gehst du so aufgepimpt?“ fragt mich Wolfgang, mein Zimmernachbar, am Samstagabend, als ich die Wohnung gerade verlassen will. Der ist manchmal echt nervig, ständig wuselt er um mich rum. Hat wohl irgendwie ein Auge auf mich geworfen. Muss ihm mal sagen, dass ich ihn zwar nett finde, aber mehr auch nicht. Soll er es doch bei Lisa versuchen, der Dritten in unserer WG, vielleicht hat er da mehr Erfolg. „Ich bin mit einem Kollegen verabredet, bin schon spät dran“, antworte ich und dann nichts wie durch die Tür. Draußen kann ich meinen Schritt wieder auf normal ändern, denn ich habe Zeit genug. Drei Stationen mit der U1 bis zum Hauptbahnhof und dann noch ein Stück Fußweg, dann sollte ich rechtzeitig im Harry Klein ankommen, wenn sie grad öffnen. Sonst ist ja Techno nicht so mein Ding, aber am Donnerstag, als ich mich mit Frank im Büro unterhalten habe, hatte er vorgeschlagen, sich dort zu treffen. Vielleicht wird das ja ein cooler Abend, denn Frank ist ganz nett. Allerdings wird man sich dort kaum unterhalten können. „Guggn mer mal“, wie sie in meiner Heimat sagen.
Als ich im Harry Klein ankomme, ist es noch nicht ganz elf und einige Leute warten schon vor der Tür. Frank ist nicht dabei. ‚Also der Pünktlichste ist er schon mal nicht‘, denke ich bei mir, da öffnen sie die Tür zum Club und ich gehe mit den anderen Wartenden hinein. Sofort werde ich von lauter Musik und Videos umschwirrt und ich setze mich erst mal an die Bar. „Was magst du trinken?“, fragt der Barkeeper. „Einen Hugo, bitte.“ ‚Das sollte als Einstieg passen. Weiß eh noch nicht, wie lange ich bleiben werde.‘ Ich denke ein bisschen über Frank nach. Ich kenne ihn ja schon länger, aber erst am Donnerstag beim Meeting mit dem Team für die geplante neue Fernsehsendung sind wir ein bisschen ins Gespräch gekommen. Genau genommen, danach. Denn er fragte mich am Ende der Besprechung, ob er mit mir noch etwas bereden könne, und lud mich ein, am Automaten schnell einen Kaffee zu trinken. Nach der Klärung des dienstlichen Problems (das ich jetzt gar nicht so dringend fand, das hätten wir meiner Meinung nach auch per E-Mail oder telefonisch erledigen können) fragte er mich, ob ich Lust hätte, mal mit ihm auszugehen. „Wie wär’s am Samstagabend bei Harry Klein?“, meinte er, als ich nicht sofort geantwortet hatte. Ein bisschen überrumpelt sagte ich: „Das ist so ein Technoladen, oder?“ „Ja, magst du das nicht?“ „Techno, na ja. Aber Harry Klein kenne ich nicht, dann lerne ich den Schuppen und dich halt dort ein bisschen näher kennen. Also abgemacht.“ Frank ist sicher ein bisschen älter als ich, sieht gut aus und ist charmant, wie ich bei diversen internen Besprechungen festgestellt habe. Warum sollte ich also nicht mal ein Date mit ihm haben? Wer weiß, nachher ist er sogar netter, als ich denke, und wir kommen uns näher …
Plötzlich steht er neben mir und begrüßt mich mit Küsschen rechts und links. Die Lautstärke der Musik ermöglicht keine großen Dialoge, außer: „Na, wie geht’s?“ „Gut, danke.“ Seine nächste Frage muss er zweimal stellen, bevor ich ihn verstehe: „Gefällt es dir hier?“ „Der Club ist ganz nett, aber mir sind die Bässe zu laut.“ „Willst du lieber woandershin?“, versucht er mir verständlich zu machen, aber ich schüttele nur den Kopf. „Magst du tanzen?“ „Ja, sicher, reden geht ja hier eh schlecht.“ Also gehen wir zur Tanzfläche, auf der zu dieser frühen Stunde noch Platz ist. Frank scheint diese Musik wirklich zu mögen, denn ich habe den Eindruck, dass er sich schon nach kurzer Zeit von dem Sound wegtragen lässt. Ich versuche das auch, aber mir will das nicht so recht gelingen. Ich bin eher Fan von Classic Rock oder Grunge, dieses elektronische Technogehämmer löst bei mir eher keine Ekstase aus, wie bei manch anderen. Irgendwann ist Frank wieder auf der Erde angekommen und wir gehen zurück an die Bar. „Wollen wir mal nach draußen gehen?“, fragt er. „Ja klar, da kann man besser reden.“ „Das auch, aber da kann ich eine rauchen.“ Oh, Minuspunkt. Rauchen ist nix für mich. Mein Onkel ist vor einigen Jahren mit 56 an Lungenkrebs gestorben, was bei mir immer noch nachhaltig dafür sorgt, dass ich weder selbst rauchen will noch Verständnis dafür habe, dass andere diesem Laster frönen. Gegen Laster habe ich grundsätzlich nichts, aber rauchen? Igitt!!!
Frank bietet mir draußen eine Zigarette an und ich schüttele nur den Kopf. Irgendwie hat mir das ein wenig die Laune verdorben. „Was ist mit dir?“, fragt er. „Ach, nichts weiter, ich mag Rauchen nicht.“ „Rauchen oder Raucher?“ „Beides!“, antworte ich wohl etwas zu schnell und mit Ablehnung in der Stimme. „Dann hab ich jetzt wohl schlechte Karten bei dir?“ „Wieso, wofür hättest du denn gern gute Karten?“ „Na, ich dachte, wir haben einen schönen Abend und vielleicht mehr.“ „Wie mehr? Wolltest du mich gleich abschleppen?“ „Du gefällst mir sehr, aber ich kann auch geduldig sein.“ „Du meinst bis zum zweiten Date oder was?“ „Nein, ich meine, wir sollten uns zuerst ein bisschen näher kennenlernen.“ „Ja, dann fang mal an, mich kennenzulernen, und erzähl auch was von dir.“ „Was interessiert dich denn?“ „Ich würde gern wissen, ob du außer Rauchen noch andere Laster hast.“ „Na ja, ich trinke Alkohol, aber nicht dauernd, ich könnt sicher etwas mehr Sport machen, aber dazu bin ich oft zu faul, und ich hätte gern eine feste Beziehung.“ „Betrachtest du eine feste Beziehung als Laster?“ „Nein, aber meinen Wunsch danach. Denn bisher haben die meisten Frauen, die ich kennengelernt habe, das eher abgelehnt.“ „Vielleicht weil du gleich mit der Tür ins Haus fällst.“ „Ja, und du, was wünschst du dir?“ „Ich wünsch mir manchmal einen Mann, der mich nicht nur attraktiv, sondern auch intelligent findet und der nicht nur mit mir ins Bett will, sondern mich respektiert und akzeptiert.“ „Und so jemand hast du noch nicht gefunden?“ „Na ja, ich hatte vor einigen Jahren in Dresden mal eine Beziehung, die länger dauerte und bei der ich das Gefühl hatte, das könnte gut passen. Aber dann bin ich nach München umgezogen und er halt nicht, wir haben uns noch ein paar Mal gesehen, aber dann aus den Augen verloren. Und hier scheine ich bisher kein Glück zu haben.“ „Hm, verstehe. Denkst du, wir sollten mal versuchen, wie das bei uns ist?“ „Du, das geht mir jetzt zu schnell, wir gehen zum ersten Mal aus und da fragst du mich gleich so was. Vielleicht ist das ja deine Masche, um Frauen ins Bett zu kriegen.“ „Ja, klar, könnte man denken. Aber dann lass uns noch irgendwo was trinken, wo es leiser ist, wir reden ein bisschen und dann geht jeder nach Hause. Wie klingt das für dich?“ „Das ist okay. Wo wollen wir hin?“
3. Tina
Heute ist so ein Samstagabend, an dem ich in meinen vier Wänden nicht so zufrieden bin wie sonst. Eigentlich liebe ich meine Wohnung auf der Eppendorfer Landstraße im Hamburger Stadtteil Eppendorf. Ich lebe seit drei Jahren hier und habe mir alles so eingerichtet, wie ich es mir gewünscht habe. Der Verkäufer im Möbelhaus Hamburg tut mir heute noch leid, wenn ich daran denke, wie ich den gelöchert habe, bis ich alles so hatte, wie ich es wollte. Ich habe sogar meinen Couchtisch zweimal zurückgeschickt, weil er mir dann in der Kombination mit den anderen Möbeln doch nicht gefallen hat. Der dritte ist nun das Herzstück des Wohnzimmers mit seiner ausgefallenen Form. Er sieht aus wie ein großes halbes Ei in naturweißer Farbe, die gerade Oberfläche ist in verschiedenen Brauntönen gestrichen. Der Tisch passt einfach traumhaft zu der orangebraunen Eckcouch. Ich steh total auf Vintage-Möbel. Manche meiner Freunde meinen, ich hätte einen eher altmodischen Geschmack mit meinen 27 Jahren. Aber das sehe ich nicht so. Ich finde, das hat Stil und ich fühle mich hier geborgen.
Aber heute plagen mich nach langer Zeit wieder einmal Gedanken, die mich daran erinnern, dass dieses Geborgenheitsgefühl täuscht. Vielmehr bin ich hier mutterseelenallein und grüble vor mich hin, was denn bei meinen Beziehungen falsch läuft. Ich habe einen tollen Job und einen ansehnlichen Verdienst. Wenn ich den vielen Komplimenten glauben darf, die ich bekomme, sehe ich nicht übel aus. Für eine Steinbockfrau bin ich recht umgänglich, glaube ich wenigstens. Angeblich neige ich ein wenig zum Klammern und Bevormunden, das könnte sein. Aber vielleicht gibt es ja irgendwo jemand, der auch seiner Partnerin gerne nah ist und der es vielleicht auch genießt, manchmal umsorgt zu werden. Es kann doch nicht immer so weitergehen mit diesen kurzen Episoden und Enttäuschungen.
Da fällt mir eine Liaison letzte Woche ein, die schon sehr witzig begann, sich dann aber nur als One-Night-Stand herausstellte. Ich bin in der Firma in verschiedenen WhatsApp-Gruppen, die wir immer einrichten, wenn wir an einem gemeinsamen Projekt arbeiten. Letzte Woche war ich ausnahmsweise mit dem Auto auf dem Weg zur Arbeit, weil wir eine Konferenz mit dem ganzen Team und mehreren Vertretern des Kunden aus dem Projekt „TWINGO“ hatten. Als Location hatte ich die Römitzer Mühle in Ratzeburg ausgesucht. Ich war also gegen 8:30 Uhr auf der A 24 auf dem Weg Richtung Ratzeburg. Kurz vor dem Kreuz Hamburg-Ost plötzlich ein Stau. Und ein richtiger. Alle Autos stehen und nichts geht mehr. Ich nehme also mein Handy und schreibe in die WhatsApp-Gruppe TWINGO:
Moin, so ein Mist, stehe auf der A 24 im Stau. Hoffe, ich schaffe es noch pünktlich.
Es dauert nicht lange, da schreibt Carsten aus der Gruppe, den ich nicht persönlich kenne, denn er arbeitet in unserem Büro in Düsseldorf:
Ja toll, ich steh auch auf der A 24 im Stau. Da können wir die Konferenz ja von hier aus weiter vorbereiten.
Carsten, das ist eine Idee. Wo stehst Du denn?
Kurz vor dem Kreuz Hamburg-Ost.
Ich auch. Was für ein Auto fährst Du?
Einen flotten 3er in Schwarz.
Hihi, mit einem D vorne drauf?
Ja, genau.
Ich fahre ein weißes Saab Cabrio.
Das gibt’s ja nicht, stehst Du auf der rechten Spur? Dann schau mal in den Spiegel. Ich bin auf der linken ein wenig versetzt hinter Dir.
Hihi, das ist ja irre. So hab ich noch nie jemand kennengelernt. Bist Du heut früh in Düsseldorf losgefahren?
Ja, um halb 4 und bis Hamburg lief es einigermaßen gut. Wieso muss es jetzt auf den letzten 50 km noch zum Stau kommen? Weißt Du, was da los ist?
Nein, das Navi zeigt den Stau an, der scheint ein paar km lang zu sein, aber im Radio kam noch nichts.
Da bewegt sich auf Carstens Spur der Verkehr ein wenig und er kommt direkt neben mich. Wir drehen die Fenster runter und unterhalten uns von Auto zu Auto. Ein blonder Vierziger mit Hornbrille lacht mich aus dem schwarzen BMW an und ruft: „Hallo Tina, nett, dich hier kennenzulernen. Sollten wir jemals hier rauskommen, müssen wir das aber begießen. Das ist doch wirklich eine verrückte Art, sich zum ersten Mal zu treffen.“ Bevor ich antworte, schreibt Hans in der WhatsApp-Gruppe:
Hallo Tina und Carsten, ist Euch was passiert?
Nein, alles paletti, wir stehen nur im Stau. Keine Ahnung wie lange noch.
Carsten sagt: „Woher kommst du?“ „Aus Hamburg-Eppendorf, ich bin erst 20 Minuten unterwegs und extra rechtzeitig losgefahren. Aber so was kann man ja nicht vorher planen.“ „Planen nicht, aber rechnen muss man auf unseren Autobahnen immer damit.“ Im NDR 2 kommt die Meldung: „Achtung! Auf der A 24 sind zwei Kilometer Stau, wegen eines Unfalls ist die Autobahn kurzzeitig gesperrt. Die Polizei hofft, die Autobahn bald wieder freigeben zu können.“ – „Hast du die Verkehrsnachricht gehört, Carsten?“ „Ja, ich frage mich, was ‚bald‘ bedeuten soll.“
Wir haben uns noch ein Weilchen unterhalten und irgendwann löste sich das Ganze wie von selbst auf. Zur Konferenz kamen wir beide noch rechtzeitig und wir hatten schon im Auto verabredet, dass wir uns abends an der Hotelbar treffen wollten. Der erste Tag der Konferenz verlief zur vollsten Zufriedenheit der Kunden und nach dem Abendessen fuhr ich ins Hotel, weil die Veranstaltung am nächsten Tag fortgesetzt werden sollte. Carsten saß schon an der Bar und nach ein paar Cocktails landete ich in seinem Zimmer. Was dann folgte, war schön, er war sehr zärtlich und ich glaube, ihm hat’s auch gefallen. Aber am nächsten Tag schaute er mich kaum noch an. Hab während der Konferenz eine kurze WhatsApp direkt an ihn geschrieben, die er nicht mal beantwortet hat. Alle weiteren Nachrichten zwischen uns fanden wieder in der TWINGO-Gruppe statt.
Das Erlebnis hat mir wieder mal gezeigt, dass man in der Firma besser nichts mit jemand anfangen sollte. Aber was kann ich tun? In meiner Trauerstimmung beschließe ich, mir ein Glas guten Rioja einzuschenken, mich auf meiner gemütlichen Couch in gedämpftem Licht der Stehlampe in eine Decke zu kuscheln und meine Freundin Klara in Glücksstadt anzurufen. Das tut sicher gut. Klara und ich sind mehr oder weniger miteinander aufgewachsen. Sie war die Nachbarstochter und wir gingen zusammen zur Schule. Bis ich vor drei Jahren wegen der Arbeit den Wohnort wechselte, waren wir unzertrennlich, und auch jetzt sind wir noch füreinander da, wann immer die andere ruft. Und jetzt brauche ich sie einfach!
„Hallo Klara … liebe Klara, hast du gerade Zeit oder wie sieht’s aus?“, frage ich in dem Tonfall, dass sie sofort die Alarmglocken läuten hören muss. Daher lautet die Antwort natürlich: „Klar, das ist schon in Ordnung. Wir gucken gerade ‚How I Met Your Mother‘, aber das ist nicht so wichtig. Ich geh ins andere Zimmer.“ Ach ja, Klara lebt jetzt mit Kurt zusammen, daran habe ich eben gar nicht gedacht. Und ich weiß, dass sie diese Serie sehr gern ansieht. „Süße, was ist los? Dir geht’s doch nicht gut. Das höre ich“, stellt sie fest und dann lege ich gleich los: „Ach, weißt du, Klara, eigentlich geht es mir doch super. Ich habe alles, was ich brauche, ich bin gesund und im Job läuft es auch super. Mein Chef hat erst vor Kurzem Loblieder gesungen, wie froh er ist, dass er mich an seiner Seite hat. Aber dann gibt es so Momente wie jetzt gerade, wo mir bewusst wird, dass ich etwas versäume. Du hast deinen Kurt, fast alle meine Freundinnen haben Partner und wenn ich mit ihnen weggehe, komm ich mir vor wie das fünfte Rad am Wagen. Ich wollte heute gar nicht mit, als Jutta mich fragte, ob ich mit in ihren Club kommen möchte.“ Und dann erzähle ich noch von dem Erlebnis mit Carsten und sie lacht herzhaft über die ungewöhnliche Art des Kennenlernens. „Aber jetzt fühl ich mich wieder so allein. Irgendwie krieg ich es nicht hin, dass ich jemand kennenlerne, mit dem ich auch glücklich sein kann. Verstehst du … nicht für eine Nacht oder für ein paar Wochen … für immer.“