Religionen – ausgedient und überflüssig

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Das schreckliche Alte Testament



In der damaligen Zeit, als schriftliche Aufzeichnungen so gut wie unbekannt waren, regierten die Geschichten- und Märchenerzähler, die bekanntermaßen gerade in den orientalischen Gebieten schon immer Hochkonjunktur hatten. Die meist etwas betagten Publizisten hatten ja auch den ganzen Tag Muße, um ihren Fantasien freien Lauf zu lassen und sich die abenteuerlichsten Geschehnisse auszudenken. Mit der Zeit glaubten sie auch selbst an ihre Geschichten, die sich meist aus wenigen tatsächlichen Ereignissen, dafür aber umso mehr aus Unmengen hinzugedichteter Begebenheiten zusammensetzten. Diese Geschichten, die zwangsläufig fast immer nur auf Hörensagen beruhten und die Tag für Tag über Monate, Jahre und Generationen hinweg weitererzählt wurden, hat man dann dem gemeinen Volk als Wahrheit verkauft.





Die widersprüchlichen Aussagen von Augenzeugen führen auch heute noch regelmäßig zu ungeahnten Fehlinterpretationen. Auch grundsätzlich ehrliche, glaubhafte und eigentlich über alle Zweifel erhabene Menschen neigen dazu, das zu sehen, was sie sehen wollen und nicht das, was sich wirklich zuträgt. Davon kann jeder Kriminalbeamte, der die Einzelvernehmung von sogenannten

Augenzeugen

 durchführt, ein Lied singen. Es kommt nicht selten vor, dass der eine oder andere Beobachter eine vollkommen diametrale Darstellung von dem schildert, was seine ebenfalls präsenten Mitmenschen gesehen haben – oder gesehen haben wollen. Diese Versionen weichen oftmals in einem derart signifikanten Maße voneinander ab, dass es einem schlicht die Sprache verschlägt. Und trotzdem ist jeder der Augenzeugen bereit, die Richtigkeit

seiner

 Version notfalls auch zu beeiden.





Wie gesagt – dieses Verhalten ist absolut menschlich, und eine böswillige Absicht sollte man bei einer eventuellen Fehleinschätzung niemandem unterstellen. Heute werden natürlich alle Aussagen, die man Polizeibeamten gegenüber macht, peinlich genau protokolliert und anschließend auf ihren Wahrheitsgehalt hin untersucht. Das war früher, als noch kaum ein Mensch lesen und schreiben konnte, natürlich ganz anders. Eine wahre Begebenheit – oder auch nur ein Gerücht – verbreitete sich auch damals schon rasend schnell. Und damals wie heute wurde ein Ereignis, unabhängig davon, ob es sich tatsächlich zugetragen hatte, fast genau so rasend schnell verfälscht. Jemand, der sich im Nachbarort morgens leicht verletzt hatte, war gemäß bestens informierten Mitmenschen gegen Mittag schon todkrank, lag nachmittags im Sterben und weilte spätestens am frühen Abend nicht mehr unter den Lebenden. Und so konnte es auch passieren, dass ein Dritter, der einige Tage später in eben diesem Nachbarort den inzwischen Genesenen kreuzfidel und putzmunter erlebt hatte, davon ausging, dass er wohl vom Tode auferstanden war.





Auch wenn die Geschichte später mit hoher Wahrscheinlichkeit revidiert wurde, war es durchaus an der Tagesordnung, dass einige Menschen das nicht mitbekommen hatten. Zum Beispiel, weil sie sehr abgeschieden wohnten, oder weil sie inzwischen weitergezogen waren. Diese Menschen gingen daher mangels besseren Wissens noch immer davon aus, dass es da irgendjemandem gelungen war, den Tod zu überlisten. Und so wurde die Geschichte dann auch weitererzählt. Eine landesweite Berichtigung der falsch interpretierten Ereignisse war damals natürlich wegen der noch nicht erfundenen Berichterstattung durch Print- oder Fernsehmedien nicht möglich. Jetzt kann man sich leicht ausmalen, was aus so einer Geschichte wurde, wenn sie nicht nur über Monate und Jahre, sondern sogar über viele Generationen weitererzählt wurde.





Besonders beliebt bei den unterdrückten Völkern, von denen es damals eine Menge gab, waren die Geschichten von der heiß ersehnten Befreiung ihres besetzten Landes bzw. ihres versklavten Volkes. In den alttestamentarischen Prophezeiungen war dafür immer ein heroischer Held mit übermenschlichen Fähigkeiten bzw. ein von Gott gesandter Erlöser oder Heiland zuständig. So erwartete auch das Volk der von den Römern geknebelten Juden sehnsüchtig einen Messias – einen Garanten für die Freiheit, der gemäß den uralten Überlieferungen irgendwann aus dem Hause König Davids hervorgehen würde.





Die Befreiung durch einen Volkshelden, der für seine rechtlosen Mitmenschen trotz erheblicher Beeinträchtigungen unter Einsatz seines Lebens gegen die Obrigkeit kämpfte, war noch bis in das späte Mittelalter sehr populär. Jedes Land, in dem große Teile der Bevölkerung von einer herrschenden Minderheit geknechtet, gedemütigt und ausgenutzt wurden, hat zu allen Zeiten solche Helden hervorgebracht. Diesen wurden von Jahr zu Jahr, auch wenn es sie nie gegeben hatte, oder sie schon längst nicht mehr unter den Lebenden weilten, die tollkühnsten Fähigkeiten angedichtet, und diese wurden sodann in schöner Regelmäßigkeit immer mehr ausgeschmückt und weitererzählt. Die couragiertesten Handlungen der Haudegen wurden in den ihnen gewidmeten Balladen fortwährend hinzuerfunden, umgedichtet, weiterentwickelt und miteinander verschmolzen.





So hatten die Engländer ihren Robin Hood, der die Witwen und Waisen beschützte und der als Rächer der Enterbten bekannt geworden war, die Schweizer ihren Armbrust-Scharfschützen Wilhelm Tell und die Norddeutschen ihren Freibeuter Klaus Störtebeker.







Das war übrigens der, der nach seiner Enthauptung zwar kopflos, aber immer noch aufrecht gehend, an elf seiner Gefährten vorbeiging, um diese vor der Hinrichtung zu bewahren. Was letztlich aber vergeblich war, da anschließend trotz gegenteiliger Abmachung auch seine Anhänger geköpft wurden.







Dann gab es noch Johannes Bückler, besser bekannt unter dem Namen Schinderhannes, dem nach einem räuberischen Leben die Guillotine zum Verhängnis wurde und den Freiheitskämpfer Andreas Hofer, der seine Tiroler gleich dreimal siegreich im Kampf gegen die Truppen Napoleons anführte und später, nachdem er von seinem Landsmann Franz Raffl gegen eine Belohnung von tausendfünfhundert Gulden verraten wurde, von einem Erschießungskommando liquidiert wurde. Nachdem er von der ersten Exekutionssalve der nicht sehr zielsicheren Soldaten nur verletzt wurde, soll er angeblich ausgerufen haben: „Ach, ihr Franzosen schießt so schlecht!“





Das sind nur einige wenige Beispiele. Es gibt Unmengen von weiteren Erlösern, Rettern und Heilanden, die zu allen Zeiten gegen das Unrecht eingeschritten sind, und alle haben sie eines gemeinsam, nämlich den erlittenen, märtyrerhaften Heldentod.





Der gewaltsame Tod eines Befreiers war schon immer unabdingbare Voraussetzung dafür, dass dieser im Volksglauben ewig weiterlebte, und das war bei Jesus von Nazareth nicht anders. Die Menschen erwarteten sehnsüchtig einen Messias, einen Gesalbten, der das Ende der Unterdrückung durch die Römer einläuten sollte. Es schlug damals die große Stunde der Revolutionäre, der Propheten und wohl sicher auch der Scharlatane. Wissenschaftler haben einmal genau nachgezählt: Neun Propheten, sieben Rebellen und fünf Erlösergestalten sind in dieser Zeit historisch belegt. Und zu allen späteren Zeiten sind ihnen weitere nachgefolgt – bis heute.





So verwundert sicher nicht weiter, dass auch die Kapitel des Alten Testaments keinesfalls zeitgenössische Aufzeichnungen sind. Die Geschichten von Abraham, Moses, Noah usw. wurden Generationen nach den Ereignissen, die sich angeblich auf so wundersame Weise zugetragen hatten, niedergeschrieben, und zwar von Männern, die mit Sicherheit die angeblich göttlichen Inspirationen überproportional ausgelebt hatten. Zu einer Zeit, als nur ein verschwindend geringer Teil der Menschen lesen und schreiben konnte, wurden die verfassten Texte, die oftmals einen kaum zu ertragenden Grad von naiver Dummheit und einfältiger Geistlosigkeit erreichten, zum Gesetz. Und das eigentlich Unvorstellbare ist: Diese Gesetze gelten heute noch!





Abraham



Abraham, Sohn des Tharah aus Ur in Chaläa, dem Süden des heutigen Irak, und Urvater des Menschengeschlechts, schließt im Alter von neunundneunzig Jahren mit Gott einen Bund. Dieser fordert von ihm und von seinen Nachkommen fortan das Zeichen der Beschneidung. Was diese, angeblich von Gott geforderte, entsetzliche und ekelhafte genitale Verstümmelung den Menschen weltweit angetan hat und auch heute noch antut, ist kaum zu beschreiben.





„Dies ist mein Bund, den ihr halten sollt zwischen mir und euch und deinem Samen nach dir: Alles Männliche werde bei euch beschnitten; und ihr sollt das Fleisch eurer Vorhaut beschneiden. Und das soll das Zeichen des Bundes sein zwischen mir und euch. Und acht Tage alt soll alles Männliche bei euch beschnitten werden nach euren Geschlechtern, der Hausgeborene und der für Geld Erkaufte


[

Sklave

]

, von allen Fremden, die nicht von deinem Samen sind; es soll gewisslich beschnitten werden dein Hausgeborener und der für dein Geld Erkaufte. Und mein Bund soll an eurem Fleische sein als ein ewiger Bund. Und der unbeschnittene Männliche, der am Fleische seiner Vorhaut nicht beschnitten wird, selbige Seele soll ausgerottet werden aus ihrem Volke; meinen Bund hat er gebrochen!“ (1. Mose 17, 10-14)





Diese widerliche und grauenhafte Praxis, die auf vorchristliche und vorislamische Zeiten zurückgeht, wurde später auch für Mädchen eingeführt – hauptsächlich von asiatischen und orientalischen Muslimen, äthiopischen Juden und Anhängern von weiteren traditionellen Religionen. In Ländern, in denen auch die Beschneidung von Mädchen üblich ist, gehen ungebildete Menschen einfach davon aus, sie sei religiös vorgeschrieben. Dass hat man ihnen eingebläut, und darum glauben sie es auch. Warum aber Gott diese abscheuliche und bestialische Vorschrift eingefordert hat, wird in der Bibel mit keinem Wort begründet. Trotzdem wird die Einhaltung dieser angeblich göttlichen Richtlinien von schwachsinnigen und geisteskranken Religionsführern ohne jegliches Zugeständnis abverlangt, und niemand fragt sich, warum der von ihnen angebetete Allmächtige bei der Herstellung des Menschen Männer mit Vorhaut und Frauen mit Klitoris ausgestattet hat.

 





Gott jedenfalls segnete Abraham und teilt ihm (dem Neunundneunzigjährigen!) mit, dass er der Vater vieler Völker sein wird und dass aus diesen Völkern Könige hervorgehen werden.







Ob bei dem Gespräch mit Gott noch jemand zugegen war? Natürlich nicht! Die alten Männer der Bibel waren immer allein, wenn ihnen Gott oder einer seiner Engel persönlich erschienen ist. Das macht die Heilige Schrift ja auch so glaubhaft – jedenfalls für die vergeistigten Haubentaucher und für die vertrauensseligen Amen-Sager.







Um den Glauben Abrahams auf die Probe zu stellen, erhält dieser irgendwann von Gott den Befehl, seinen über alles geliebten Sohn Isaak – bei den Muslimen war es natürlich der mit seiner Sklavin Hagar gezeugte Ismael – als Brandopfer darzubringen.





Abraham baut daraufhin einen Altar, schichtet Brennholz auf und bindet Isaak darauf fest. Erst als er das Messer zum tödlichen Stoß bereits erhoben hatte, erscheint in letzter Sekunde ein Engel, der ihm berichtet, dass Gott nur „Spaß“ gemacht habe, weil er seine Loyalität prüfen wollte. Jetzt kann man sich allerdings fragen, wie hat Isaak diese widerwärtige Geschichte überstanden? Wie wurde dieses Kind mit einem derart traumatischen Erlebnis fertig? Sollte man angesichts dieser „spaßigen“ Solidaritätsprüfung nicht die geistige Zurechnungsfähigkeit Gottes infrage stellen? Bezeichnend ist, dass einige durchgeknallte Theologen sogar in diesem Drama noch etwas Positives sehen: Hat Gott nicht in seiner unermesslichen Güte durch die Vermittlung eines Engels Isaak das Leben geschenkt?





Abraham, auf den sich bis heute alle monotheistischen Religionen berufen, war an die hundert Jahre alt, als seine Frau Sara Isaak geboren hat. Bald darauf verstarb Sara im Alter von hundertsiebenundzwanzig Jahren. Abraham suchte für sie pflichtgetreu eine geeignete Begräbnisstätte, die er auch in einer Höhle nahe der im Westjordanland gelegenen Stadt Hebron fand. Er zeugte nach Saras Tod noch sechs weitere Kinder, erreichte das stolze Alter von hundertfünfundsiebzig Jahren und wurde nach seinem Ableben in der gleichen Höhle neben Sara bestattet.





Weil religiöse Fanatiker bis heute auf die ausschließlichen Besitzrechte an diesem (nicht einmal eindeutig identifizierten!) Loch in dem Berg bei Hebron pochen, bringen sie sich gegenseitig mit wachsender Begeisterung um. So wurden zum Beispiel bei der arabischen Revolte im Jahre 1929 in einem schrecklichen Massaker siebenundsechzig Juden wie Vieh abgeschlachtet.





Ob Abraham überhaupt jemals gelebt hat, ist indes mehr als fraglich. Historisch belegte Nachweise dafür gibt es nicht. Einzig die biblischen Erzählungen und einige davon abhängige Traditionen, denen man mit viel Vorsicht begegnen sollte, berichten von Abrahams angeblicher Existenz.





Noah



Ein weiteres Beispiel aus dem Alten Testament ist der Mythos von der Arche Noah. Weil Gott von den Menschen nichts mehr wissen wollte, ließ er sie (mit Ausnahme einer einzigen Familie!) einfach infolge eines vierzig Tage und vierzig Nächte andauernden Regens ertrinken – und zwar inklusive ihrer sündenfreien Kinder. Damit nicht genug, wurde auch noch das Leben von Abermilliarden unschuldigen Tieren, die Gott ja ursprünglich ebenfalls mit unbändigem Enthusiasmus entworfen und alsdann prunkvoll fabriziert hatte, rigoros und unerbittlich ausgelöscht.







Und Jahwe sah, dass des Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Gebilde der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag. Und es reute Jahwe, dass er den Menschen gemacht hatte auf der Erde, und es schmerzte ihn in sein Herz hinein. Und Jahwe sprach: „Ich will den Menschen, den ich geschaffen habe, von der Fläche des Erdbodens vertilgen, vom Menschen bis zum Vieh, bis zum Gewürm und bis zum Gevögel des Himmels; denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe.“ Noah aber fand Gnade in den Augen Jahwes.









Und Gott sprach zu Noah: „Das Ende alles Fleisches ist vor mich gekommen; denn die Erde ist voll Gewalttat durch sie; und siehe, ich will sie verderben mit der Erde. Denn ich, siehe, ich bringe die Wasserflut über die Erde, um alles Fleisch unter dem Himmel zu verderben, in welchem ein Hauch des Lebens ist; alles, was auf der Erde ist, soll verscheiden.“ (1. Mose 6, 5-8, 13, 17)







Wer glaubt, dass sich diese Geschichte tatsächlich zugetragen hat, glaubt mit hoher Wahrscheinlichkeit auch an den Räuber Hotzenplotz und an das Sandmännchen.





Noah – zu diesem Zeitpunkt sechshundert Jahre alt! – baut nach Rücksprache mit Gott (zum zweiten Mal: Nein, Zeugen gab es nicht!) ein Schiff aus Holz, um der zu erwartenden Sintflut zu entgehen.





Um den Fortbestand der Menschen und Tiere zu sichern, nimmt er auf Anraten Gottes außer seiner Frau, seinen Söhnen sowie deren Frauen ausnahmslos sämtliche Tiere jeglicher Art mit. Von den reinen (koscheren) Tieren und den Vögeln des Himmels jeweils sieben männliche und sieben weibliche, von den übrigen (unreinen) Tieren jeweils nur ein männliches und ein weibliches Exemplar.





Schon rein mathematisch gesehen hätte das Schiff so riesengroß sein müssen, dass ein heutiger doppelwandiger Supertanker im maßstäblichen Verhältnis locker auf die Wasseroberfläche eines Regentropfens passen würde.







Wissenschaftler schätzen, dass es auf der Erde derzeit mehr als fünfzehn Millionen Tierarten gibt – allein im Jahre 2007 wurden ca. zwanzigtausend neue Tierarten entdeckt – und dass bis heute bereits sage und schreibe ca. fünfhundert Millionen Tierarten ausgestorben sind.







Nach biblischen Angaben gab es jedoch zu dieser Zeit insgesamt nur 130 Tierarten, und deshalb war ein Schiff mit einer Länge von 300 Ellen (131 m), einer Breite von 50 Ellen (22 m) und einer Höhe von 30 Ellen (13 m) völlig ausreichend, um alle zu retten.







Frage: Hat man damals die Größe der Arche an die Menge der zu rettenden Tiere angepasst, oder wurde die Anzahl der in Wahrheit existenten Millionen von Tierarten solange herunter gerechnet, bis alle in die Arche passten?







Natürlich waren die Bibelschreiber gezwungen, die Anzahl der Tiere im Hinblick auf die doch sehr begrenzten technischen Möglichkeiten der damaligen Baumeister so weit zu reduzieren, bis es wenigstens einigermaßen glaubhaft war. Aber jetzt stellt sich natürlich die Frage, wenn tatsächlich

sämtliche

 Tierarten Zuflucht in der Arche gefunden hätten, wie sollte das überhaupt möglich gewesen sein? Wie hätten zum Beispiel Elefanten aus Afrika, Eisbären aus Grönland, Tiger aus Indien, Lamas aus Südamerika oder Kängurus aus Australien den Weg zu dieser Arche finden können? Tiere aus Ländern und Erdteilen, die für Noah zu diesem Zeitpunkt gar nicht existent waren – von denen er nie zuvor gehört hatte!





Weiterhin wäre wohl der größte Teil aller Kreaturen überhaupt nicht in der Lage gewesen, die riesige Distanz bis zum Trockendock der Arche jemals zu überbrücken. Wie hätten zum Beispiel einige der südamerikanischen Ausgaben aus der Gattung der Mollusken, gemeinhin auch als Schnecken bezeichnet, die gewaltigen Entfernungen überwinden können? Um ihre Errettungschancen zu wahren, hätten diese sich doch bereits Jahrzehnte oder Jahrhunderte vor dem Ereignis auf den Weg machen müssen! Und wie hätte Noah während der Sintflut über ein Jahr lang seine Familienmitglieder, die ja zwecks Arterhaltung nicht einmal die unreinen Tiere schlachten durften, und die Abermillionen von Tieren versorgen sollen? Wie hätten diese Tiere alle überleben können, wo doch viele von ihnen auch das natürliche Futter der anderen darstellten? Zu klären wäre auch, wie zum Beispiel die bekanntermaßen äußerst kurzlebigen Eintagsfliegen, die ebenfalls mit nur einem Paar vertreten waren, mehr als ein Jahr lang unbeschadet überdauern konnten.







Gott müsste doch eigentlich bezüglich der von ihm geschaffenen Tiere sowieso vor einem Dilemma stehen. Er hat zum Beispiel prächtige Raubtiere mit ungeheurer Kraft und Schnelligkeit ausgestattet, damit diese ihre bevorzugten Beutetiere fangen und fressen können. Und er hat prächtige Beutetiere mit ungeheurer Kraft und Schnelligkeit ausgestattet, damit diese ihren Fressfeinden entkommen können. In jedem Einzelfall kann aber immer nur eines der beiden Tiere überleben. Entweder verhungert das prächtige Raubtier, weil es das prächtige Beutetier nicht fangen konnte, oder das prächtige Beutetier wird gefressen, weil das prächtige Raubtier es doch erbeuten konnte. Die Frage ist nur: Auf welcher Seite steht Gott?







Wie dem auch sei – unmittelbar nach der erfolgreich überstandenen Sintflut fordert Gott zur Krönung des Ganzen Noah auf, ihm ein Großteil der zuvor mühsam geretteten Tiere zum Dank für den glücklichen Ausgang der Rettungsaktion als Brandopfer darzubringen.







Und Noah baute Jahwe einen Altar; und er nahm von allem reinen Vieh und von allem reinen Gevögel und opferte Brandopfer auf dem Altar. Und Jahwe roch den lieblichen Geruch . Und Gott segnete Noah und seine Söhne und sprach zu ihnen: „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde.“ (1. Mose 8, 20-21; 9, 1)







Mit folgerichtiger Logik, göttlicher Vernunft oder auch nur einigermaßen gesundem Menschenverstand hatte diese Vorgehensweise ja wohl kaum etwas zu tun. Zuerst verlangt Gott von Noah, für die Arterhaltung sämtlicher Tiere zu sorgen, und nachdem dies unter größten Strapazen gelungen war, lässt er von allen

reinen

 Tieren mindestens ein Paar einfach verbrutzeln. Hätte er nicht gleich anordnen können, dass Noah von den

koscheren

 Tieren nur jeweils sechs statt sieben Paare retten soll?





Was soll`s – alle nicht geopferten Tiere wurden jedenfalls nach der glücklich überstandenen Sintflut zunächst in die wohlverdiente Freiheit entlassen. Der Haken war nur, die Arche strandete, wie nicht anders zu erwarten, auf der Bergspitze, die nach dem Rückgang des Hochwassers als Erste aus dem Wasser ragte. Dieser Gipfel gehörte zu dem im heutigen Anatolien gelegenen Berg Ararat und der ist immerhin majestätische 5.137 Meter hoch. Wie die Mitglieder der Familie Noah dort im ewigen Schnee und Eis ohne Sauerstoffgeräte überleben konnten, ist ein weiteres unerklärliches Phänomen.







Und die Wasser nahmen gar sehr überhand auf der Erde, und es wurden bedeckt alle hohen Berge, die unter dem ganzen Himmel sind. Fünfzehn Ellen darüber nahmen die Wasser überhand, und die Berge wurden bedeckt. (1. Mose 7, 19-20)







Da zu dieser vorchristlichen Zeit auch bereits der 8.848 Meter hohe Mount Everest, von dem Noah natürlich noch nie etwas gehört hatte, existierte, muss die gesamte Erde sogar mehr als achttausendachthundertvierundfünfzig Meter unter Wasser gestanden haben. Jetzt muss man allerdings wissen, dass die Temperatur auf dem Mount Everest auch im Juli, dem wärmsten Monat im Jahr, durchschnittlich nur minus 19°C beträgt und in den übrigen Monaten Spitzenwerte von bis zu minus 60°C erreicht werden. Bei diesen Temperaturen wäre die gesamte Wasserfläche, die sogar für den Mount Everest „Land unter“ bedeutet hätte, in kürzester Zeit zu einer mehrere kilometerdicken Eisfläche erstarrt. Da diese Eisfläche während der restlichen Existenzdauer unseres Planeten wohl nie mehr aufgetaut wäre, würde Noah und seine Familie mit Sicherheit noch heute und bis in alle Ewigkeit tiefgefroren und bestens konserviert in der Arche sitzen. Da sogar der gigantische Ararat noch ca. 3.700 Meter

unter

 diesem Eismantel gelegen hätte, wäre es mit dem von Gott ersonnenen neuen Menschengeschlecht wohl nichts geworden.





Wider jegliche Logik ist die Arche der Familie Noah nicht im Himalaya, sondern auf dem Ararat gestrandet. Aber auch in dieser, ebenfalls noch absolut menschenfeindlichen Höhe, mussten die Insassen sodann gezwungenermaßen sehr lange ausharren, denn das ehemalige

Trockene

 bildete ja nunmehr den Grund eines unvorstellbar riesigen und mindestens fünftausend Meter tiefen Meeres. Aus diesem, die gesamte Erde bedeckenden gewaltigen Ozean, ragte zunächst nur der Gipfel des höchsten Berges (also der Ararat, weil der Mount Everest ja noch völlig unbekannt war) hervor, und auch dieser erst, nachdem die tobenden Wasser zurückgegangen waren.

 





Jetzt fragt man sich aber: Wenn zum damaligen Zeitpunkt die Landmassen der gesamten Erde mindestens fünftausend Meter unter – seltsamerweise flüssigem – Wasser lagen, wohin ist dieses Wasser dann nach der Sintflut abgeflossen? Mangels irdischer oder auch außerplanetarischer Auffangbecken könnte logischerweise nur eine Verdunstung des Wassers den Konflikt gelöst haben. Was andererseits aber bedeuten würde, dass das

Trockene

 in der vorher bekannten Form erst nach Jahrmillionen wieder aufgetaucht wäre. Dass die Familie Noah unter diesen Umständen trotzdem ein neues Menschengeschlecht hervorgebracht hat, verdient höchste Anerkennung. Irgendwie hatten sie, allen Naturgesetzen zum Trotz, mit der Hilfe Gottes sämtliche Barrikaden überwunden, denn die Wasser gingen erstaunlich schnell zurück – wohin auch immer.







Und die Wasser hatten überhand auf der Erde hundertfünfzig Tage. Und Gott gedachte des Noah und allen Getieres und allen Viehes, das mit ihm in der Arche war; und Gott ließ einen Wind über die Erde fahren, und die Wasser sanken. Und im siebten Monat, am siebzehnten Tage des Monats, ruhte die Arche auf dem Gebirge Ararat. Und die Wasser nahmen fort und fort ab bis zum zehnten Monat; im zehnten Monat, am Ersten des Monats, wurden die Spitzen der Berge sichtbar. Und im zweiten Monat, am siebenundzwanzigsten Tage des Monats, war die Erde trocken. (1. Mose, 7, 24 – 1. Mose 8, 1, 4-5, 14)







Den Kletteramateuren ist es sogar gelungen, aus dem eigentlich nur von bestausgerüsteten Extrembergsteigern zu bezwingenden Hochgebirge abzusteigen. Das gelang auch dem sechshundertjährigen Noah und seiner sicher nicht viel jüngeren Ehefrau. Da kann man nur tief beeindruckt und ergriffen konstatieren: Respekt!





Die Abermillionen Tiere haben ebenfalls alle überlebt und sind wohlbehalten – die bereits beispielhaft erwähnten Schnecken wahrscheinlich erst nach etlichen Jahrzehnten – in der Ebene angekommen. Das gilt erstaunlicherweise auch für die wechselwarmen Kreaturen, die damals wohl konditionell besser drauf waren, als ihre aktuellen Nachkommen. Würde man heute zum Beispiel eine Eidechse in fünftausend Meter Höhe aussetzen, würde sie mit Sicherheit augenblicklich einen Kälteschock erleiden, tiefgefrieren und nie mehr auftauen.







Die biblische Arche-Erzählung hält schon lange nicht mehr einem naturalistischen Kontext stand. Bereits im siebzehnten Jahrhundert wurde es notwendig, den neuen Kontinent Amerika mit seinen menschlichen und tierischen Bewohnern, sowie die neu entdeckten Kreaturen Asiens und Afrikas mit der wörtlichen Bibel-Interpretation zu vereinen. Weiterhin gab es Erklärungsbedarf für die Neuverteilung der Tierwelt, die sich ja nach der Sintflut zunächst auf einem Punkt konzentrierte. Dieses Dilemma hat die Kirche den Skeptikern wie folgt zu erklären versucht: Nach der Zerstörung des Turmes von Babel hat Gott die Menschen über die gesamte Erde vertrieben, wobei jedes Volk „seine“ Tiere mitnahm in eine neue Heimat. Diese abenteuerliche Darstellung wurde aber bereits im Jahr 1646 von Sir Thomas Browne klassisch gekontert, als er fragte: „Warum nahmen dann die Eingeborenen Nordamerikas Klapperschlangen mit, und keine Pferde?“







Wie die glücklich und wohlbehalten im Tal angekommenen Tiere dort sodann auch weiterhin überleben konnten, ist wiederum nur durch ein Wunder zu erklären. Zwischen den Raubtieren und ihren potenziellen Beutetieren muss es wohl ein Friedensabkommen, also eine Art „Nichtangriffspakt“ gegeben haben, denn die Beutetiere, zumindest die, von denen es nur jeweils ein Paar gab, durften von den Raubtieren natürlich im Hinblick auf die Erhaltung der Art nicht gefressen werden. Andererseits hatten die Beutetiere sicher ebenfalls nichts zu lachen, da ihnen das „grüne Kraut“, das ja vollständig der Naturkatastrophe zum Opfer gefallen war, auch für sehr lange Zeit fehlte.





Es ist wohl anzunehmen, dass zum Beispiel die eine oder andere Raubkatze unter Missachtung des Gebotes der Stunde trotzdem eine Antilope gerissen hat. Erstens, weil sie sonst verhungert wäre und zweitens, weil es ganz einfach ihrem Charakter entsprach. Die Vorstellung eines lammfrommen Löwen, der seine potenziellen Beutetiere trotz eines vor Hunger rebellierenden Magens gnädig verscho