KYRA

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Herbert Weyand

KYRA

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1

Kapitel 1 40 000 v. Chr.

Kapitel 2 2013

Kapitel 3 1997

Kapitel 4 Hein

Kapitel 5 2013

Kapitel 6 1997

Kapitel 7 Hein

Kapitel 8 1997

Kapitel 9 40 000 v. Chr.

Kapitel 10 Hein

Kapitel 11 1997

Kapitel 12 40 000 v. Chr.

Kapitel 13 1997

Kapitel 14 40 000 v. Chr.

Kapitel 15 1997

Kapitel 16 Hein

Kapitel 17 1998

Kapitel 18 40 000 v. Chr.

Kapitel 19 1997

Kapitel 20 1998

Kapitel 21 1998

Kapitel 22 Hein

Kapitel 23 1998

Kapitel 24 1998

Kapitel 25 800 n. Chr.

Kapitel 26 Hein

Kapitel 27 1998

Kapitel 28 800 n. Chr.

Kapitel 29 2012

Kapitel 30 800 n. Chr.

Kapitel 31 2012

Kapitel 32 800 n. Chr.

Kapitel 33 40 000 v. Chr.

Kapitel 34 2012

Kapitel 35 250 n. Chr.

Kapitel 36 800 n. Chr.

Kapitel 37 800 n. Chr.

Kapitel 38 250 n. Chr.

Kapitel 39 2012

Kapitel 40 800 n. Chr.

Kapitel 41 2012

Kapitel 42 1400 n. Chr.

Kapitel 43 250 n. Chr.

Kapitel 44 1400 n. Chr.

Kapitel 45 1400 n. Chr.

Kapitel 46 250 n. Chr.

Kapitel 47 1600 n. Chr.

Kapitel 48 250 n. Chr.

Kapitel 49 1600 n. Chr.

Kapitel 50 250 n. Chr.

Kapitel 51 2013

Kapitel 52 2013

Kapitel 53 2013

Kapitel 54 2013

Impressum neobooks

Kapitel 1

Die Kräfte, die im Kiesel stecken

Der Grotenrather Autor Herbert Weyand las in seinem Heimatort … (Aachener Zeitung)

Geilenkirchen-Grotenrath. Aktuell ist fast ganz Grotenrath eine Baustelle. Zumindest gilt das für die Corneliusstraße. Doch bald wird auch das Geschichte sein, der dann glatte Asphalt lässt dann nur in den Gedanken Raum für die jetzt sandigen und unebenen Wege. Wie war das früher, wer weiß noch, wie es früher war?

Diese Frage stellte sich vor einigen Jahren auch der aus Grotenrath stammende Autor Herbert Weyand. Und dazu zog er durch den Ort, befragte die „Ureinwohner” und kam mit einem wahren Berg an frischem Material nach Hause.

„Eigentlich habe ich versucht, eine Chronik über den Ort zu schreiben”, erzählt er bei der Autorenlesung in der alten Schule seines Heimatortes. „Doch das war Wahnsinn”. Also packte er das Zeug weg, ab ins Archiv. Im Mülleimer landeten die Aufzeichnungen jedoch nie. Und als er 2006 eine schwere Krebserkrankung überwand, packte ihn die Thematik erneut. Doch keine Chronik, sondern ein ganz besonderer Roman sollte es werden.

Ein Roman, den anzustoßen, ein kleiner schwarzer Kiesel reichte. Dieses mysteriöse Mineral spielt die Hauptrolle in seinem Erstling „Der Traumstein“. Die Kräfte, die im Kiesel stecken, versuchen von der Menschwerdung über Jahrtausende bis hin zur Neuzeit all jene zu entdecken, die ihn in Händen hielten.

Und Kyra ist die Letzte des uralten Stammbaums, die sich der Geschichte des Kiesels annimmt. … oder auch solches, das nur noch vom Hörensagen her zu erkennen ist, wird bei Herbert Weyand zu lebendiger Geschichte …

Winterschlaefer

… kurzum Herber Weyands Werk hat in mir eine wahre Gedankenflut entfacht, dass der Platz hier nicht ausreichen würde, all das niederzuschreiben, wozu es etwas zu sagen gäbe.

Meine vorzügliche Hochachtung vor dem außergewöhnlichen Tiefgang dieses Werkes, das an Gedanken- und Ideenfülle kaum zu übertreffen ist.

Einige erklärende Worte:

O. a. Artikel (auszugsweise wiedergegeben) wurde zu meinem Roman „Der Traumstein“ verfasst.

Kyra“ ist „Der Traumstein“, überarbeitet und ergänzt, um die Geschichte des Druiden Kendric.

Zu dem Jäger des Steins, Agnat, gesellt sich Markus, der mit einer anderen Intension an dem Geschehen interessiert ist.

Vor mehr als 40 000 Jahren findet der Neandertaler Arget ein Objekt, das bis in die heutige Zeit für Aufregung sorgt. Im Verlaufe der Jahrhunderte interessieren sich immer mehr Menschen für diesen Gegenstand, der nur deshalb im Besitz der Nachfahren verblieb, weil er das Aussehen eines daumengroßen Kieselsteins hat.

Wer ist Agnat, der in allen Zeitebenen versucht, in den Besitz des Steins zu gelangen?

Weshalb interessiert sich die Kirche seit Jahrhunderten für den geheimnisvollen Ort am Fuße des Hügels?

Kyra die vorerst Letzte der Ahnenreihe geht den Fragen und Geheimnissen, die sich um sie und ihre Familie ranken, auf den Grund. Sie stößt auf Unglaubliches und steht vor der Frage: „Muss die Schöpfungsgeschichte neu geschrieben werden?“

2013

Kyra eine junge Frau mit besonderen Eigenschaften.

Mittlerer Größe, blondes Haar und bezwingende blaue Augen.

Martin Kyras Vater. Ein gedrungener behäbiger Typ, wie seine männlichen Vorfahren. Er hat die größten Probleme mit seiner außergewöhnlichen Tochter klarzukommen, im Gegensatz zu

Britta Kyras Mutter, die etwas besser mit ihrem Kind zurechtkommt. Eine gut aussehende Frau, die Bewegung in Martins Leben bringt.

Andy ein außergewöhnlicher Mann und Wissenschaftler, der sich sofort in Kyra verliebt, aber Probleme mit Kyras Alter und der außergewöhnlichen körperlichen Entwicklung hat. Anfang dreißig, sportlich, dunkles zum Pferdeschwanz gebundenes Haar.

Wolf wie der Name es sagt, ein Wolf. Ein außergewöhnliches Tier, das sich jeweils dem Menschen anschließt, der im Besitz des Steines ist.

 

-40 000 v. Chr.

Arget der Steinzeitmensch und vielleicht erste Alkoholiker findet den Kiesel und wird mit

Byrda einer Vertreterin der Homo sapiens zum Begründer der heutigen Menschen.

250 n. Chr.

Knut lebt in der Römerzeit und stellt sich mit seinen nie erwachsen werdenden Brüdern

Kunolf und

Konrad gegen die Römer.

Kendric der Druide sieht als Erster die Gefahr, die den Menschen droht.

800 n. Chr.

Hermann der aufgrund seiner besonderen Befähigungen zum Rodungsfreien wird und den Grundstein zu dem Dorf legt, in dem Kyra heute lebt. Ein ebenso behäbiger, brummiger und gedrungener Typ, wie sein Nachfahre Martin.

Henrietta seine Frau.

1400 n. Chr.

Gerd ein Bauer, der Schwierigkeiten mit der Kirche bekommt, weil sich die Geschichten, die um seine Familie ranken, nicht erklären lassen.

Gertrud seine Frau

1600 n. Chr.

Peter ein weiterer Vorfahre Kyras der als Schöffe in seiner Zeit wirkt.

Kathryn seine Frau.

In allen Zeiten

Wolf als Begleiter des Menschen.

Hein der nicht greifbare und neugierige Chronist.

Agnat das ewig Böse?

Markus der Mönch.

Der Hügel

Die Höhle

Die Quelle

Die lang gezogene Mulde

Kapitel 1 40 000 v. Chr.

Heiß brannte die nachmittägliche Sonne auf die urwüchsige Landschaft. Der Falke kreiste lautlos am Himmel und sah auf das zerklüftete Gelände, durch das sich der Fluss, wie ein Wurm schlängelte. Am westlichen Ufer begann die Felswand, auf deren Plateau der Laubwald die Erde bedeckte. Der Raubvogel machte einen trägen Flügelschlag und sah in der Ferne die spiegelnde Fläche des Hochmoores, durchbrochen von Gras- und Laubinseln. An den Rändern lockten trügerische Sandflächen zur Rast. Eine weitere Veränderung der Flügelstellung ließ ihn gleiten. Die zweibeinigen Wesen auf dem Waldboden, die unbeholfen jagten, störten ihn nicht.

Die Meute hetzte ihn johlend vor sich her. Gutturale, kehlige Laute begleiteten die Hatz. Mühelos durchbrachen sie das Unterholz und Gestrüpp des Waldes, die Schmerzen der Dornen nicht achtend. Das Blut rauschte in den Ohren des Mobs. Sie wollten nur ihn.

Arget stolperte. Blut rann aus der klaffenden Fleischwunde über dem rechten Auge. Mühsam gelang es ihm, das Gleichgewicht zu halten. Der linke Arm baumelte herunter. Arget war es gewohnt, die Hände zur Unterstützung der Bewegung, zu nutzen. Schwerfällig torkelte er voran. Die rechte Hand trug einen dicken Ast mit knotigem Ende, aus dem Steinspitzen herausragten. Seiner Stützen beraubt, hüpfte er in bizarren Bewegungen durch das Buschwerk. Hinzu kamen die an seiner Kleidung, mit Fellschnüren, befestigten Steinwerkzeuge, die seine Flucht erschwerten, wenn nicht unmöglich machten.

Arget und seine Verfolger waren Fischer und Jäger. Der Siedlungsplatz ihres Stammes lag an einem kleinen, aber reißenden Fluss, der aus Südwesten kommend durch das Tal floss. Eigentlich kein richtiges Tal. Nach Westen erhob sich die Steilwand und nach Osten stieg die Landschaft leicht wellig an. Vom Plateau, über ihren Wohnhöhlen, betrachtet, wand er sich wie ein Wurm durch die Landschaft. Seit Generationen lebten sie dort und … solange der Wasserlauf die tägliche Nahrung gab, würden sie dort verweilen.

Das Wetter begünstigte die jagende Meute. Die Sonne brannte vom Himmel, die Luft lag schwül und feucht über der Landschaft. Einer der seltenen warmen Winde wehte aus Südwesten. Das flache Wasser des Hochmoores dampfte und sättigte die Atmosphäre mit Feuchtigkeit, die schwer auf den Bronchien lag. Ohne Scheu wühlten oder scharrten Hasen, Wildschweine und Hühnervögel im niedrigen Gestrüpp. Sie blieben von den Jägern unbeachtet.

Das gejagte Wild hatte keinen Blick für seine Umgebung. Schweiß, mit Blut vermischt, tropfte vom Knochenwulst in seine Augen und trübte die Wahrnehmung. Der Gejagte war mehr Mensch als Tier, mit groben Gesichtszügen, in dem die Öffnungen der Nase direkt in den Kopf führten. Ihm fehlten Stirn und Kinn. Die Haare klebten strähnig und blutig am Kopf. Den stämmigen Körper bedeckten zottige dunkle Haare. Der sowieso schon schleppende unrhythmische Gang ließ den Oberkörper, durch die Verletzungen, in noch stärkeren Bewegungen vor und zurückschwingen. Der rechte Arm ruderte mit dem Knüppel, um das Gleichgewicht des Körpers zu halten.

Die Verfolger kamen mit jedem Schritt näher. Eine Frage von Minuten, bis sie ihn hatten. Falls die Jäger ihn bis zur Quelle nicht erlegt hatten, war er fürs Erste gerettet. An dem heiligen Ort wurde jegliche Kampfhandlung unterbrochen. Die Große Mutter bestrafte jeden, der sich nicht daran hielt. Er musste also lediglich über die Lichtung kommen. Die Sicherheit lag unmittelbar vor ihm. Mit einer letzten Anstrengung warf Arget sich nach vorn und … stolperte. Vorbei … jegliche Chance vertan.

Einen Moment später standen die Verfolger über ihm und starrten mit kalten Augen, auf ihn hinab.

Argets gesunde Hand krallte in den Sand und wühlte in Todesangst tief hinein, um Halt zu finden. Unbewusst packte er einen kleinen Stein.

Der Schlag durchzuckte seinen Körper und zog die Muskeln zusammen, um sich sofort wieder zu lösen … in schier endloser Wiederholung. Spastisch zuckend wälzte er hin und her. Dann hielt der Körper inne und lag still. Die Gedanken lösten sich. Das war also der Tod. Ganz anders, als in seiner Vorstellung. Die Schmerzen verschwanden und wurden durch Wohlbehagen in Körper und Gedanken ersetzt.

War er schon bei der Großen Mutter?

Nein … die Stimmen der Stammesgenossen murmelten furchtsam Beschwörungen. Also musste er noch sein.

Arget zog die Gedanken wieder in den Körper und hob vorsichtig den Kopf. Seine Verfolger lagen auf dem Boden und bedeckten die Augen.

Eine Chance? Eingedenk der Verletzungen versuchte er vorsichtig, aufzustehen. Welch ein Wunder … seine Schmerzen waren verschwunden und auch der linke Arm wieder beweglich. Druck und Schmerz im Kopf lösten sich in Luft auf.

Was war geschehen? Fassungslos und zaghaft schlich er zur Quelle … jeden Augenblick darauf gefasst, einen Schlag über den Kopf oder einen Speer in den Rücken zu bekommen. Nichts dergleichen geschah. Er war in Sicherheit.

Arget schlürfte gierig das kühle Nass, das Mutter Erde freigiebig aus ihrem Leib entließ.

Dieser Platz an der Quelle gefiel ihm seit je her. Daran änderten auch die zwiespältigen Gefühle nichts, die ihn im Moment bewegten. Wohlbehagen und Angst lagen in ständigem Widerstreit. Auf Nahrungssuche kam der Stamm häufiger hier vorbei. Der geheimnisvolle Born lockte die Halbmenschen an.

Mächtige Birken streckten die Äste gen Himmel und umstanden das sprudelnde Nass. Oftmals war Arget versucht, sein Lager direkt neben der Quelle aufzuschlagen. Die Furcht vor dem Zauber, der von ihr ausging, war zu groß. Über diese Hürde konnte er noch nicht springen.

Jetzt saß er hier und wusste nicht, wie ihm geschah. Arget sah zur Mulde hinüber, auf ihren normalen Rastplatz, den sie nutzten, wenn sie während einer Jagd übernachteten. Genau dort kamen die beunruhigenden Träume. Er träumte Sachen, die seine Stammesgenossen nicht verstanden. Wie auch? In seinem Kopf liefen Bilder ab, die er selbst nicht verstand. Wie sollten sie ihn verstehen?

Häufig träumte er oder ein Mitglied des Stammes, für irgendeinen Gegenstand oder eine Sache, einen Begriff, der dann, in den kargen Sprachschatz aufgenommen wurde. Oft waren auch schon Worte da, für die es noch keinen Begriff gab - den sie erst noch finden mussten.

Doch bei ihm war es anders. Traumbilder, die ihn in dieser Mulde heimsuchten, waren so fremd, dass sie Angst machten.

Aber sein akutes Problem war im Moment wichtiger. Er prüfte seinen linken Arm, der wieder voll funktionsfähig war. Seine Hände fühlten kein Blut, als er über den Kopf strich. Fassungslos entglitten seine Gedanken. Arget begann zu zittern und fiel, wie ein totes Tier, schlagartig zu Boden. Dabei umschloss er den Stein fest in seiner Faust.

In gebührendem Abstand zu ihm beobachteten die Jäger die liegende Gestalt. Sie wagten nicht, den heiligen Platz zu betreten.

Arget trieb in einem Dämmerzustand. Einer der beunruhigenden Träume stellte sich ein, der seinem Missgeschick so sehr glich, dass er ihn mit seiner Person in Verbindung brachte.

Ein Stammesbruder stolperte fallend, während sich die Meute der Verfolger näherte. In Erwartung getötet zu werden versuchte der Gejagte, sich im Sand zu vergraben. Die gesunde Hand wühlte im Boden. Arget drohte zu kollabieren, als ihm klar wurde, dass er tatsächlich, die Verfolgung seiner Person sah. Doch dazu blieb keine Zeit. Übergangslos und plötzlich bildete helles Licht die Kontur seines Körpers nach. Beständig wurden haarfeine Strahlen in alle Richtungen ausgesandt und trafen die umstehenden kampfbereiten Männer. Ihre vom Jagdrausch verzerrten Gesichter wurden ratlos, um sich dann, mit unsäglicher Furcht zu füllen. Wie ein Mann fielen sie zu Boden. Der Gejagte, also er, schlich zaghaft zur Quelle. Auf dem sicheren Boden des heiligen Ortes verglühte das Licht langsam in seinen Körper zurück und konzentrierte seinen Glanz in die rechte, zur Faust geschlossenen, Hand. Er öffnete sie und der Stein saugte das Licht auf.

Arget schlug die Augen auf. Er lag neben der Quelle und sah durch das Blätterdach der Birken die Sonne. Sie strahlte im gleichen Glanz, wie sein Körper im Traum. Völlig verwirrt nahm er den unscheinbaren, schwarzen Kiesel auf seiner Handfläche zur Kenntnis. Unglaublich … und der sollte der Auslöser, des ungewöhnlichen Wunders sein?

Er wurde dabei erwischt, wie er den verbotenen Zaubertrank des Stammesführers, in sich hinein schüttete. Das gleiche Getränk, das der Magier bei seinen Beschwörungen und der Anrufung der Großen Mutter zu sich nahm. Schon lange und immer, wenn sich die Gelegenheit dazu bot, schlich Arget in die Höhle des heiligen Mannes und stahl diesen Trank. Er konnte nichts dagegen machen. Manchmal wurde seine Gier so groß, dass er unvorsichtig wurde. Das Getränk prickelte im Mund und schaffte in seinem Bauch ein wärmendes Gefühl. Der Kopf wurde leicht und die Gedanken verwirrten sich angenehm. In diesem Zustand musste er immer kichern.

Der mächtige Zauberer, ein alter weiser Mann, des Stammes gebärdete sich fuchsteufelswild. Bevor Arget sich ihm widersetzen konnte, machte der Magier die rituellen Handzeichen der Bestrafung durch die Große Mutter. Er verfluchte ihn und seine Nachkommen bis an das Ende der Zeit. Sie sollten alle gezeichnet sein, damit jeder sie erkenne. Der Zauberer warf seinen magischen Knochen gegen ihn, den er ständig bei sich trug. In panischer Angst, versuchte Arget zu entkommen und rempelte den alten Mann zur Seite, sodass er nach hinten in das Herdfeuer fiel. Die alten Lumpen und Felle des Zauberers loderten sogleich hell auf und verbrannten den alten Mann, der sich nicht mehr erheben konnte. Bevor er verging, bannten seine Augen Arget. In ihnen las er den Fluch, der ihn und die seinen bis ans Ende aller Tage verfolgen würde.

Der herbeigeeilte Stamm schrie auf. Der Zauberer brannte. Was sollten sie tun? Sie waren schutzlos. Wer hatte ihnen den Schutz genommen?

Arget.

Ungläubig richteten sich aller Augen auf ihn. Er sah, wie die Muskeln spielten und tatsächlich … wie ein Mann, stürzten sie auf ihn zu. Trotz heftiger Gegenwehr trafen ihn Schläge und Tritte. Er bekam keine Gelegenheit zu einer Erklärung und kämpfte bis zum Letzten. Aber, bevor er sich totschlagen ließ, suchte er sein Heil in der Flucht.

*

Kapitel 2 2013

Der Reflex schoss in den Körper und saugte Feuchtigkeit aus der Luft, die durch die Poren der trockenen Haut, zu den Transportleitungen sickerte. Die zähe verklumpte Masse, in dem System, nahm das Nass auf und verflüssigte sich. Das Herz begann langsam zu schlagen, stetig, zwei Stöße pro Minute. Die träge, sich akkumulierende Substanz, geriet in Bewegung und schob durch die Adern, bis sie zu Blut wurde. Die Umwandlung dauerte mehrere Monate. Den Kampf, um das Leben, nahm der leblose Körper nicht wahr. Erst nach und nach erwachten die ruhenden Zellen.

 

Unendlich langsam tauchte das Bewusstsein aus der tiefen trägen Dunkelheit und schickte ein Signal durch das System. Die Augenlider schoben nach oben und reflektierten tiefe Dunkelheit. Aus der undurchdringlichen Schwärze wurden milchige und, zu guter Letzt, klare, wahrnehmbare Eindrücke.

Was war geschehen? Wollte die Große Mutter ihn noch nicht gehen lassen? Sein Leben war doch gelebt? Und viel länger, als jeder andere, den er kannte. Die Pupillen wanderten und nahmen die gewohnte Umgebung wahr.

Gewohnte Umgebung? - Unmöglich! Er sah die bekannten Wände aus Lehm, die ihn so oft in den Schlaf begleitet hatten. Schwerfällig drehte er den Kopf und tatsächlich, er lag auf dem Platz, von dem aus er die Reise zur Großen Mutter antreten wollte … doch er lebte. Wollte die Große Mutter ihn noch nicht gehen lassen?

Seine Gedanken arbeiteten und sandten Signale an den Körper. Er schob die Glieder über die Lagerstatt. Was war los? Weshalb fühlte er sich so schwach? All seine Sinne wurden notwendig, um während des Aufstehens, die Balance zu halten. Schließlich stand er schwankend. Unwiderstehlich zog das Gefühl in ihm auf, das ihn nach draußen zog.

Arget schlurfte hölzern aus der Höhle, die seine Schlafstatt barg, in das große Gewölbe. In einiger Entfernung brannte ein Feuer. Mühsam stakte er darauf zu und ließ sich zwischen denen, die dort schon saßen, nieder.

Mit ihm gruppierten sich mindestens dreißig Personen, wie sie unterschiedlicher und dennoch gleicher nicht sein konnten, um die Herdstelle und schauten sich, ungläubig staunend an. Sie schienen aus unterschiedlichen abgelegenen Gegenden zu kommen, denn die Kleidung war verschieden und nur mit dem vergleichbar, was er bisher in seinen Träumen gesehen hatte.

Trotz ihrer Unterschiedlichkeit sahen alle gleich aus … wie aus einer Zelle geklont. Dieselbe gedrungene Erscheinung mit breiten Schultern und ausdrucksstarken Gesichtszügen. Und … sie waren alt.

*