Der Geburtstag der Frau Baronin

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Der Geburtstag der Baronin

1  Der Geburtstag der Frau Baronin

Der Geburtstag der Frau Baronin

Wenn wir des Morgens zu unserer geistigen und körperlichen Erfrischung einen kleinen Spaziergang machen und außerhalb der engen, schwülen Stadt in jene angenehme Gegend gelangen, wo in angemessenen Zwischenräumen die Villen der vornehmen Welt stehen, so fällt uns sicherlich das allerliebste kleine Haus vorteilhaft auf, welches von der Baronin C. bewohnt wird. Vor demselben breitet sich ein reizender Garten aus, dessen Wohlgerüche sich mit dem eigentümlichen Dufte des wilden Weines mischen, der sich um die Fenster der Villa schlingt, die Veranda beschattet und sich über der Haustür anmutig wölbt, welch letztere, da sie nur leicht angelehnt ist, uns den unbemerkten Eintritt in das Haus gestattet.

Ebenso unbemerkt in unserer Eigenschaft als unsichtbarer Lauscher gelangen wir in ein Zimmer, in welchem eben ein hübsches Stubenmädchen beschäftigt ist, den leichten Staub von Möbeln und Etageren zu entfernen. Da es eben 10 Uhr geschlagen hat, so können wir nicht umhin uns zu wundern, das Geschäft des Reinigens der Zimmer, welches in andern Häusern unserer Erfahrung nach früh am Morgen verrichtet wird, hier gegen Mittag ausgeführt zu sehen. Gleich darauf müssen wir uns jedoch wegen unserer Gedankenlosigkeit an den Kopf schlagen, denn wir wissen ja sehr gut, oder sollten es wenigstens wissen, daß die Baronin C. das Spätaufstehen liebt, eine sehr schöne Gewohnheit, welche von Mademoiselle Nanette auf das sorgfältigste nachgeahmt wird.

Letztere scheint indes ihre Arbeit beendet zu haben und will eben das Zimmer verlassen, was ihr jedoch nicht ganz gelingt, da sie in der Tür von einem jungen Herrn aufgehalten wird, dessen Äußeres wohl verdient, von uns näher betrachtet zu werden.

Er hat ein ziemlich langes Gesicht, welches von einem kleinen englischen Bart umrahmt und von spärlichen, in die Stirn gekämmten Haaren beschattet ist. Den Kopf trägt er außerordentlich hoch, was aber nicht etwa Stolz oder Hochmut, sondern vielmehr der enorm hohe Col verursacht, welcher eine bequeme Haltung des Kopfes auf keinen Fall zuläßt. An den Kragen schließt sich eine kleine helle Krawatte, welche kaum bemerkbar ist, da der junge Herr einen oben sehr eng anschließenden dunklen Rock trägt sowie über demselben einen hellen Paletot, der – eine Modefeinheit – die Länge des Rockes nicht ganz erreicht. Den sehr gewählten Anzug vervollständigen helle Sommerhosen sowie Stiefel, von denen wegen der darüberliegenden grauen Gamaschen nur die Spitzen sichtbar sind.

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