Buch lesen: «Immobilienrecht in Dänemark»

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Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Kapitel Einführung

2. Kapitel Grundstücksrecht

3. Kapitel Immobilien im Erbfall

Anhang I: Beispiel eines Auszugs aus dem elektronisch gestützten Grundbuch

Anhang I: Grundbuchauszug

Anhang II: Muster eines typischen Kaufvertrags über ein ganzes Grundstück

Anhang III: Hypothek

Anhang III: Hypothek

Anhang IV und V: Muster einer Grundstücksverkaufs/-erwerbsvollmacht

Anhang VI: Fundstellen von Gesetzen und Verordnungen

Anhang VII: Anschriften von wichtigen Behörden, Einrichtungen und Organisationen

Immobilienrecht in Dänemark

Zivil- und steuerrechtliche Aspekte des Erwerbs, der Veräußerung und der Vererbung von Immobilien

Bearbeitungsstand: Januar 2012

von

Prof. Dr. Gerhard Ring Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Deutsches und Europäisches Wirtschaftsrecht, TU Bergakademie Freiberg

und

Line Olsen-Ring, LL.M. Freiberufliche Übersetzerin für den EuGH und Lehrbeauftragte für Skandinavisches Recht an der Juristenfakultät der Universität Leipzig

Die Texte in diesem ebook sind Teil des Handbuchs Immobilienrecht in Europa,

herausgegeben von Dr. Susanne Frank, Notarin in München, und Thomas Wachter, Notar in München.


eine Marke der Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH

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Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

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ISBN 978-3-8114-1918-6

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Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Kapitel Einführung

2. Kapitel Grundstücksrecht

3. Kapitel Immobilien im Erbfall

Anhang I: Beispiel eines Auszugs aus dem elektronisch gestützten Grundbuch

Anhang I: Grundbuchauszug

Anhang II: Muster eines typischen Kaufvertrags über ein ganzes Grundstück

Anhang III: Hypothek

Anhang III: Hypothek

Anhang IV und V: Muster einer Grundstücksverkaufs/-erwerbsvollmacht

Anhang VI: Fundstellen von Gesetzen und Verordnungen

Anhang VII: Anschriften von wichtigen Behörden, Einrichtungen und Organisationen

Abkürzungsverzeichnis


ABL lov om andelsboligforeninger og andre boligfællesskaber(Gesetz über Wohnungsbaugenossenschaften und andere Wohngemeinschaften)
ApSL lov om anpartsselskaber (dänisches GmbH-Gesetz)
DBA Deutsch-Dänisches-Doppelbesteuerungsabkommen
EBL ejendomsavancebeskatningsloven (Gesetz über Grundstücksgewinnbesteuerung)
IntEnc CompL International Encyclopedia of Comparative Law
LT Lovtidende A (amtliche Sammlung von Gesetzen und Verordnungen)
RIW Recht der Internationalen Wirtschaft
TAL tinglysningsafgiftsloven (Gesetz über Grundbuchgebühren)
TB tinglysningsbekendtgørelse (Grundbuchverordnung)
TL tinglysningsloven (Grundbuchgesetz)
USL udstykningsloven (Siedlungsgesetz)
ÆRL Z lov om ægteskabets retsvirkninger (Gesetz über die Ehewirkungen)

Prof. Dr. Gerhard Ring/Dr. Line Olsen-Ring, LL.M.

1. Kapitel Einführung

A.Überblick1 – 15

B.Europäisches Recht und internationale Abkommen16 – 19

I.Europäisches Recht16, 17

II.Multilaterale Abkommen18

III.Bilaterale Abkommen19

C.Notariatssystem20 – 26

1 › A. Überblick

A. Überblick

Weiterführende deutschsprachige Literatur:

Dübeck, Einführung in das dänische Recht, 1996; Iversen, Das dänische Privatrecht im Spiegel seiner Literatur, ZEuP 2002, 403; Ring/Olsen-Ring, Einführung in das skandinavische Recht, 1999; dies., Erbrecht in Skandinavien (Schweden mit Bezügen zu den Erbrechten Dänemarks, Finnlands, Norwegens und Islands), in: NK-BGB, 3. Aufl., 2010, S. 1855; dies., Erbrecht in Dänemark, in: Erbrecht in Europa (hrsg. von Süß), 2. Aufl., 2008, S. 413; dies., Familienrecht in Skandinavien (Schweden, Dänemark, Finnland und Norwegen), in: NK-BGB, 2. Aufl., 2010, S. 2512; dies., Eherecht in Dänemark, in: Familienrecht in Europa (hrsg. von Süß und Ring), 2006, S. 375; Spaude, Das dänische Rechtswesen. Gerichtsaufbau und Verfahrensrecht, 1976; Steiniger, Einführung in das dänische Rechtssystem, 2. Aufl. 1984.

Weiterführende ausländische Literatur:

Blume, Legal Method in Danish Law, 2011; Dahl/Melchior/Rehof/Tamm, Danish Law in a European Perspective, 2. Aufl., 2002; Gammeltoft-Hansen/Gomard/Philip (Hrsg.), Danish Law. A general survey, 1982; Koktvedgaard, National Reports, in: IntEncCompL, Loseblattsammlung; Tamm, The History of Danish Law, Selected Articles and Biography, 2011.

1

Das Königreich Dänemark ist eine konstitutionelle Erbmonarchie, die Dänemark, die Färöer und Grönland umfasst, mit einer Bevölkerung von rund 5,5 Mio. Einwohnern. Den Färöern wurde 1948, Grönland 1979 Selbstverwaltung (hjemmestyre) im Rahmen der Monarchie eingeräumt. 2009 wurde auf Grönland eine erweiterte Selbstverwaltung (selvstyre) eingeführt (dazu Rn. 13). Dem Monarchen, augenblicklich Margrethe II, kommen ausschließlich formelle und zeremonielle Funktionen im Rahmen des parlamentarischen Regierungssystems zu. Das Parlament (Folketinget) besteht aus einer Kammer mit 179 Abgeordneten, von denen jeweils zwei auf Grönland und den Färöern gewählt werden. Die Regierung, d.h. Ministerpräsident (statsministeren) und Ressortminister, wird vom Monarchen ernannt (und darf im Parlament keine Mehrheit gegen sich haben). Das Parteienspektrum im Folketing ist wegen der relativ niedrigen Sperrgrenze von 2 % recht breit. Die dänischen Regierungen sind meist Minderheitsregierungen gewesen, weswegen die Politik stark auf Kompromisse und Konsens ausgerichtet ist. Seit Herbst 2011 regiert eine sozialdemokratisch geführte Koalition unter Führung der Vorsitzenden der Sozialdemokraten, Helle Thorning Schmidt.

2

Die Wohnungspolitik ist u.a. vom Gedanken geprägt, dass Wohnraum, der für ein ganzjähriges privates Wohnen (im Unterschied zu Ferienhäusern) bestimmt ist, nicht leer stehen darf. Damit soll der immer noch bestehenden Wohnungsknappheit entgegengewirkt werden. Aus dem Wohnungseigentum folgt somit eine seitens der Gemeinden anordenbare Pflicht, die Wohnung selbst zu bewohnen bzw. anderen zu Wohnzwecken zu überlassen (dazu Rn. 90 ff.). In den letzten Jahren werden vereinzelt (vor allem teurere) Wohnungen gebaut, die von der Wohnpflicht ausdrücklich ausgenommen werden. Umgekehrt darf eine Ferienwohnung grundsätzlich nicht als fester Wohnsitz dienen. Mit dem Ziel, die dänische „Sommerhauskultur“ zu schützen und befürchteten Preissteigerungen auf dem Markt durch Immobilienkäufe seitens kapitalkräftiger Ausländer entgegenzuwirken, gilt ein (durch ein Protokoll zum Maastrichter Vertrag von den Bestimmungen dieses Vertrags ausgenommenes) grundsätzliches Verbot für in Dänemark nicht wohnhafte Personen Ferienwohnungen zu erwerben (dazu Rn. 305).

3

Die Gesetzgebung vollzieht sich im Zusammenspiel von Folketing und Regierung. Gesetzentwürfe werden im Folketing in dreimaliger Lesung beraten. Sie beinhalten neben dem Gesetzestext auch Motive. Diesen kann neben den Berichten der Parlamentskommissionen (betænkninger) und den Gesetzesberatungen im Folketing erhebliche Bedeutung für die spätere Auslegung des verabschiedeten Gesetzes zukommen. Somit spielt bei der Auslegung von Gesetzesbestimmungen der teleologisch-historische Blickwinkel eine entscheidende Rolle.

4

Das Grundgesetz Dänemarks stammt aus dem Jahre 1848 und basiert auf dem Prinzip der Gewaltenteilung. Mit seinen weniger als 4.000 Wörtern zählt es zu den kürzesten Verfassungen der Welt und behandelt deshalb nicht alle verfassungsrechtlich relevanten Fragen der Gegenwart mit der gebotenen Ausführlichkeit. Die Regelungen des Grundgesetzes haben zum großen Teil einen unbestimmten Inhalt. Es besteht ein wachsendes Spannungsfeld zwischen der historischen Tradition und den Erfordernissen eines modernen Verfassungsstaates. Seit einigen Jahren finden Diskussionen über den Reformbedarf der Verfassung statt. Im Mittelpunkt der Überlegungen stehen vor allem die Grundrechte. Der Grundrechtekatalog der Verfassung ist aus heutiger Sicht unvollständig (so wird in der Praxis bspw. die Europäische Menschenrechtskonvention ergänzend herangezogen) und spiegelt vor allem jene Grundrechtsgewährleistungen wider, die am Ende des absolutistischen Zeitalters als zentral erachtet wurden. Eine Grundgesetznovellierung wird aber wahrscheinlich noch lange Zeit auf sich warten lassen. Das Verfahren zur Verfassungsänderung (mit plebiszitären Elementen) fordert nämlich eine erhebliche Mobilisierung der Wählerschaft, die bei dem Thema „Präzisierung der Menschenrechte“ schwerlich zu erwarten steht.

5

Dänemark ist seit einer großen Gemeindereform im Jahre 2007 verwaltungsmäßig in fünf Regionen (regioner) aufgeteilt, deren Aufgaben im Wesentlichen auf das Krankenhauswesen, den öffentlichen Nahverkehr sowie die Regionalentwicklung beschränkt ist. Daneben bestehen 98 Gemeinden (kommuner). Repräsentativorgan auf Gemeindeebene sind die gewählten Regional- und Gemeindevertretungen (regionalråd und byråd), in der Hauptstadt Kopenhagen die Bürgervertretung (borgerrepræsentationen). In den einzelnen Stadtteilen der Hauptstadt existieren Lokalausschüsse (lokaludvalg), die als Bindeglied zwischen den Bürgern der jeweiligen Stadtteile und der Bürgervertretung Kopenhagens fungieren, der Bürgervertretung Vorschläge vorlegen können und u.a. bei der Ausarbeitung von Plänen zur Stadtteilentwicklung mitwirken. Auf lokaler Ebene werden staatliche Aufgaben durch Staatsverwaltungen (statsforvaltningerne), die selbstständige regionale Institutionen sind, aber organisatorisch dem Innen- und Gesundheitsministerium unterstehen, ausgeübt. Die Staatsverwaltungen üben die staatliche Kontrolle zusammen mit den Gemeinden aus und sind in einer Reihe von Bereichen, etwa auch in Bezug auf Entscheidungen der Gemeinden nach dem Baugesetz, Beschwerdeinstanz. Die Staatsverwaltung ist außerdem in familienrechtlichen Angelegenheiten tätig.

6

Gegenwärtig werden konkrete Überlegungen zu einer Neustrukturierung der Verwaltung angestellt. Es wird erwogen, die – erst 2007 eingeführten – Regionen wieder abzuschaffen, vor allem um das Gesundheitswesen in staatlicher Regie zu steuern.

7

Der Gerichtsaufbau ist im Prozessgesetz geregelt. Zum 1.1.2007 fand eine umfassende Gerichtsreform statt. Gericht erster Instanz ist das Stadtgericht (byretten). Daneben urteilt in Kopenhagen ein Fachgericht für See- und Handelsrecht (sø- og handelsretten), das neben See- und Handelssachen auch in Konkursstreitigkeiten und in Fällen der Schuldensanierung sowie in gewissem Umfang in Immaterialrechtsstreitigkeiten zu befinden hat. Gegen Entscheidungen des See- und Handelsgerichts kann unmittelbar der Oberste Gerichtshof angerufen werden. Gerichte der zweiten Instanz sind die beiden Landgerichte – das „Vestre Landsret“ in Viborg mit Jurisdiktion über die Gerichte erster Instanz in Jütland, und das „Østre Landsret“ in Kopenhagen mit Jurisdiktion für den Rest des Landes. Die Landgerichte können als Rechtsmittelgericht gegen Entscheidungen der Stadtgerichte angerufen werden. Dritte und letzte Instanz ist der Oberste Gerichtshof (højesteret) mit Sitz in Kopenhagen. Obwohl das Grundgesetz die Errichtung von Verwaltungsgerichten inzident erlaubt, kennt Dänemark kein Verwaltungsgerichtssystem. Alle Klagen gegen die Verwaltung oder die Regierung werden vor den allgemeinen Gerichten verhandelt, es sei denn, entsprechende Klagen sind ausdrücklich gesetzlich für unzulässig erklärt worden. Den Gerichten als Justizorgan vorgeschaltet sind in vielen Fällen übergeordnete Verwaltungsorgane, bisweilen ein gerichtsähnlicher Beschwerdeausschuss. Des Weiteren kann ein vom Parlament bestellter Ombudsmann auf Beschwerden hin – oder aus eigenem Entschluss heraus – untersuchen, ob die Verwaltung geltendes Recht verletzt hat bzw. andere Fehler oder Versäumnisse vorliegen.

8

Ein spezifisches Verfassungsgericht existiert nicht. Dänische Gerichte haben sich bei der Berufung auf die Verfassung traditionell sehr zurückhaltend gezeigt. Die Verfassungstradition ist entscheidend von der Vorstellung geprägt, dass dem Gesetzgeber in Gestalt des Parlaments als – im Gegensatz zur Gerichtsbarkeit – vom Volk gewähltes Organ eine demokratische Legitimation als „autoritativer Verfassungsinterpret“ zukommt, die den Gerichten fehlt. 1999 wurde erstmalig ein Gesetz mit dem Vorwurf der Verfassungswidrigkeit belegt. Durch dieses Verfahren und das 1998 ergangene Urteil des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Verfassungskonformität des Maastrichter-Vertrags (die vom højesteret bejaht wurde) mag allerdings etwas Bewegung hin zu einer verstärkten verfassungsrechtlichen Kontrolle nationaler Gesetze erfolgt sein.

9

An der Spitze der hierarchisch strukturierten Staatsanwaltschaft steht der Reichsadvokat (rigsadvokaten). Unter dem Reichsadvokaten sind die Staatsadvokaten (statsadvokater) und die Direktoren der Polizeikreise (politidirektører) tätig.

10

Die Wirtschaft Dänemarks ist nach Jahren von Stabilität gegenwärtig von der Finanzkrise erfasst worden. Die Arbeitslosigkeit beträgt gegenwärtig ungefähr 6 %. Währungspolitisch ist anzumerken, dass Dänemark zwar den Euro nicht eingeführt hat, die dänische Krone (dkr) allerdings kursmäßig (innerhalb einer schmalen Schwankungsmarge) an den Euro gekoppelt ist (rund 7,46 dkr pro €).

11

Das Rechtssystem Dänemarks ist Teil des nordischen Rechtskreises, der ursprünglich auf germanischen Rechtstraditionen beruht. Im Vergleich zum Recht der Staaten Mitteleuropas wurde der nordische Rechtskreis im Laufe der Zeit nur in begrenztem Maße von fremden Rechtssystemen beeinflusst. Allein der Hanse kommt eine entscheidende Bedeutung für die frühe Konzeption des Handels- und Seerechts zu. Es hat keine eigentliche Rezeption des römischen Rechts stattgefunden. Eine Reihe von Prinzipien des römischen Rechts sowie naturrechtliche Vorstellungen flossen allerdings im 18. und 19. Jahrhundert in das nordische Rechtssystem mit ein.

12

Die dänischen Gesetzesstrukturen unterscheiden sich erheblich von den deutschen. Es fehlt eine dem BGB und HGB vergleichbare zivilrechtliche Gesamtkodifikation. Stattdessen existiert eine große Zahl von Einzelgesetzen, die jeweils begrenzte Rechtsmaterien zum Gegenstand haben. Die Einzelgesetze zielen im Allgemeinen nicht darauf ab, das jeweilige Rechtsgebiet erschöpfend zu regeln. Neben den Gesetzesvorschriften beanspruchen allgemeine, ungeschriebene Rechtsgrundsätze ergänzende Geltung. Bei der Gesetzesauslegung werden des Weiteren oftmals Analogie- oder Umkehrschlüsse aus anderen Gesetzesbestimmungen und/oder aus von der Rechtsprechung entwickelten Prinzipien gezogen. Auch ungeschriebenes Recht (Gewohnheitsrecht), darunter Handelsbräuche, hat vielfach ein bedeutendes Gewicht bei der Rechtsfindung. Daneben ist die Rechtsprechung wesentlicher Faktor der Rechts(fort)bildung. Die Judikatur mag mit dem Stichwort „Elastizität“ gekennzeichnet werden. Zum einen werden Vorschriften oftmals vom Gesetzgeber ganz bewusst generell gehalten, um eine richterliche Interpretation, die den aktuellen gesellschaftlichen Vorstellungen und Gegebenheiten Rechnung tragen soll, zu ermöglichen. Zum anderen, und mit dieser Idee verknüpft, kommt Präjudizien jedoch keine absolut bindende Wirkung zu. Früher ergangene Urteile, insbesondere solche höherer Instanzen, sind aber tatsächlich von großer Bedeutung – vor allem vor dem Hintergrund der Prinzipien der Gleichbehandlung und der Rechtssicherheit. Ein Charakteristikum richterlicher Freiheit im dänischen Privatrecht besteht auch darin, dass (obgleich an sich nur wenige gesetzliche Formerfordernisse bestehen) die Gerichte der fehlenden Beachtung von Formerfordernissen oft keine wesentliche Bedeutung beimessen (und im Rahmen des Gerichtsverfahrens nur eine nachträgliche Erfüllung derselben verlangen). Es sei noch angemerkt, dass im Vergleich zu Deutschland relativ wenige Gerichtsverfahren geführt werden. Konfliktvermeidung und Schlichtung stehen im Vordergrund. Dänemark hat eine recht kleine, überschaubare Hochschullandschaft. Der juristischen Literatur und der rechtswissenschaftlichen Forschung und Lehre kommt allgemein eine große Bedeutung zu. Es besteht eine ausgeprägte gegenseitige Beeinflussung zwischen Rechtswissenschaft und Gerichtsbarkeit.

13

Die Färöer haben seit 1958 eine in weiten Bereichen von Dänemark unabhängige Selbstverwaltung (hjemmestyre). Darauf basiert ihr eigenes, vielfach autonomes Rechtssystem. Seit einiger Zeit wird auf den Färöern verstärkt die Frage einer Unabhängigkeit von Dänemark diskutiert. Grönland war seit 1397 (Kalmarer Union) eine dänische Kolonie. Erst 1953 änderte sich der Status. Grönland wurde eine Region Dänemarks und erlangte 1979 – wie die Färöer – Selbstverwaltung (hjemmestyre). Selbstverwaltung wurde Grönland und den Färöern insbesondere im Hinblick auf die kommunalen und lokalen Wirtschaftsverhältnisse sowie Steuern und kulturelle Angelegenheiten eingeräumt. Dies geschah jedoch jeweils unter dem Vorbehalt der Beachtung der grundsätzlichen verwaltungsrechtlichen Prinzipien Dänemarks. Die Selbstverwaltung auf Grönland und auf den Färöern wird durch das Landsting (Grönland) bzw. das Lagting (Färöer) als gewähltem Repräsentativorgan der Bürger sowie der Verwaltung (landsstyre), die vom Landsting/Lagting gewählt wird, ausgeübt. Im Jahre 2009 wurde auf Grönland eine erweiterte Selbstverwaltung (selvstyre) eingeführt, wonach sich die Landesvertretung Grönlands selbstständig sehr weitreichende Gesetzgebungs- und Exekutivkompetenzen zuerkennen kann. Allein die Außen- und Sicherheitspolitik bleiben Reichsangelegenheiten. Etwaige Rohstoffeinnahmen fallen Grönland zu. Dies führt parallel zu einer Reduktion der Zuschüsse des dänischen Staates. Der Weg in einen souveränen Staat ist angebahnt worden. Das Gesetz über Selvstyre ermächtigt das grönländische Volk, über die Frage einer etwaigen staatlichen Unabhängigkeit Grönlands selbst zu entscheiden. Allerdings wäre in diesem Falle auch noch eine nachträgliche Einwilligung des dänischen Parlaments erforderlich.

Auf immobiliarrechtliche Besonderheiten auf Grönland und den Färöern wird im Folgenden nicht näher eingegangen.

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Auf internationaler Bühne ist Dänemark u.a. Mitglied der Vereinten Nationen und der NATO. Eine nordische politisch-rechtliche Zusammenarbeit findet auf vielen Ebenen, vor allem im Rahmen des Nordischen Rats, statt. Dieser besitzt zwar keine gesetzgeberische Kompetenz, kann aber in gemeinsamen Anliegen Empfehlungen an die nationalen Regierungen aussprechen. Seit Ende des 19. Jahrhunderts findet eine weitgehende internordische gesetzgeberische Zusammenarbeit statt, die zu einem gewissen Gleichklang der nordischen Rechtsordnungen auf vielen Gebieten, vor allem innerhalb des Privatrechts, geführt hat.

15

Zu erwartende Gesetzesreformen: Das dänische Immobilienrecht ist Gegenstand vieler, zum Großteil politisch motivierter Änderungen. Vor allem steuerrechtliche Aspekte stehen immer wieder auf der Tagesordnung des politischen Diskurses und es muss ständig mit Neujustierungen gerechnet werden. Fortwährend finden auch Korrekturen auf verbraucherschutzrechtlicher Ebene statt – ebenso wie eine Anpassung der Regelungen zur baulichen Verbesserung von Immobilien (bspw. durch Anordnung von Energiesparmaßnahmen). Das System eines Bausachverständigenberichts über den Zustand einer Immobilie im Zusammenhang mit dem Immobilienverkauf, verbunden mit dem Abschluss einer Versicherung gegen verdeckte Mängel, hat sich bewährt und ist im Jahre 2012 noch weiter ausgebaut worden.

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