Tagebuch eines Hilflosen

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05.06.2017

Berylliose ist kein poetisches Wort. Es bezeichnet eine schleichende Vergiftung des Organismus, eine Lungenkrankheit, hervorgerufen durch die Verarbeitungen eines Metalls namens Beryllium, das im Flugzeug- und Schiffsbau, in der medizinischen Industrie und bei der Herstellung von Computern verwendet wird.

Seit 1975 arbeitete die ebenso unpoetisch klingende amerikanische Bundesbehörde zur Durchsetzung des Bundesarbeitssicherheitsgesetzes an strengeren Richtlinien bezüglich Beryllium, um Arbeiter besser davor zu beschützen. Nach über 40 Jahren und unzähligen Kämpfen gegen Lobbygruppen der Industrie wurden die neuen Regeln Anfang 2017, kurz vor Ablauf der Präsidentschaft Obamas, fertiggestellt. Als sie jetzt unter Trumps Regierung zur Anwendung kommen sollten, wurden sie sofort ausgesetzt. Die hinter der Nichtanwendung der strengeren Richtlinien stehende Rechnung ist einfach: Arbeitsschutz kostet Geld. Berylliose dagegen nur Menschenleben. Menschenleben aber sind gute Kosten, denn die machen den Weg frei, für das Einzige, was unter Trump zählt: Jobs. Neue Jobs. Neue Jobs voller alter, schleichender Vergiftungen.

06.06.2017

Glücklich verkehrte Welt: Ich schreibe dieses Tagebuch nicht, um etwas von mir, sondern um etwas von einem anderen preiszugeben.

07.06.2017

Es ist keine Ironie der Geschichte, sondern der Zynismus der Gegenwart, dass die Whistleblowerin, die Informationen über russische Hackerangriffe auf die Präsidentschaftswahlen in den USA öffentlich machte und deshalb vor wenigen Tagen verhaftet wurde, den Namen Reality Winner trägt.

08.06.2017

Donald Trump hat heute nichts getwittert, und ich frage mich, ob es nicht generell an der Zeit wäre, die Weltgeschichte als Geschichte des Unterlassenen, Nicht-Gemachten, Leeren und Lückenhaften zu schreiben. Die Historie als Abfolge von Hohlräumen, aus denen die Geschichte heimlich ihr gemachtes Köpfchen rausstreckt. Aber das wird nicht passieren. Unterlassen gilt nicht als Handeln. Machen hat immer schon das Recht auf seiner Seite, während das Nichts-Tun unter der eigenen Beweislast begraben liegt. Und auch ich mache weiter …

09.06.2017

Wir schreiben das Jahr 2017. Ganz Washington ist von verrückten Republikanern besetzt. Ganz Washington? Nein! Ein unbeugsamer Republikaner hört nicht auf, Widerstand zu leisten. Sein Name ist Walter Jones. Er ist Vertreter des Repräsentantenhauses, abgeordnet aus North Carolina, und hat heute als Einziger auf republikanischer Seite gegen die Deregulierung der Wall Street gestimmt. Er hat auch schon gegen die Abschaffung von Obamacare votiert. Und kürzlich öffentlich gemacht, dass das US-Militär sechs Millionen Dollar ausgegeben hat, um neun seltene italienische Ziegen in Afghanistan anzusiedeln, in der Hoffnung, die dortige Kaschmir-Industrie zu beleben. Allerdings, so Jones, wisse niemand, wo die Tiere jetzt sind und was aus ihnen geworden ist. Ich hoffe, Walter Jones findet die Ziegen.

10.06.2017

Donald Trump spielt heute mal wieder Golf. Dan Scavino, sein ehemaliger Caddy, ist inzwischen Social-Media-Chef im Weißen Haus. Damit hat er seine Möglichkeiten verzehnfacht. Beim Golf sind nämlich nur 14 Schläger erlaubt, bei Twitter dagegen 140 Zeichen. Und trotzdem: Obwohl aus dem Caddy ein Twüterich geworden ist, hat er seine ursprüngliche Rolle behalten, denn noch immer ist Dan Scavino vor allem eines: ein Handlanger, der Schlagdrein Donald Trumps.

11.06.2017

Ich weiß nicht, ob dieses Tagebuch ein Ausdruck der Hilflosigkeit ist oder einer des Protests. Andererseits, vielleicht sind das nur zwei Aggregatzustände ein und derselben Sache, vielleicht bedeutet Protest nichts anderes als sich einer Hilflosigkeit zu entäußern, die sich selbst nicht mehr erträgt.

12.06.2017

Die Dialektik der Dezibel: Je lauter der Mann im Vordergrund brüllt, desto ruhiger können seine Leute im Hintergrund arbeiten. Bildungsministerin Betsy DeVos vernäht Amerikas Schulen still und heimlich die Münder. Damit sie stumm bleiben und beten lernen. Denn gefaltete Hände bilden keine Faust. Sie bilden Schulen. Schulen wie Betsy DeVos sie mag. Erzkonservative, reaktionäre, christliche Privatschulen. Gelddruckmaschinen im Namen des Herrn, auch wenn er in diesem Fall eine Frau ist. Aber keine Sorge, Betsy DeVos spendet einen Teil ihrer privaten Milliarden. Zum Beispiel für Organisationen, die Workshops anbieten mit dem Titel »Pray away the gay«.

Zeit, die verdammte Dialektik umzudrehen und es laut und deutlich zu sagen: Diesen homophoben Kreationisten gehört der Arsch zugenäht, denn sie haben ihn offen!

13.06.2017

Heute gibt’s mal ein dreiblättriges Kalenderblatt. So denn:

Am 13. Juni 1966 erklärt der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten das Aussageverweigerungsrecht für zulässig. Es räumt Angeklagten das Recht ein, zu ihren Taten zu schweigen.

Am 13. Juni 1977 publiziert die New York Times die Pentagon Papers. Die geheimen Papiere informieren die Öffentlichkeit über die kriegstreiberische Rolle der USA in Vietnam. Sie sind der Anfang vom Ende des Krieges.

Am 13. Juni 2017 verklagen zwei Staatsanwälte Donald Trump wegen unerlaubter Hotelgeschäfte. Die Medien berichten ausführlich darüber. Kurz darauf twittert Trump: »The Fake News Media has never been so wrong or so dirty.«

Und ich? Ich merke mal wieder, dass die Geschichte nicht fortschreitet. Sie dreht sich einfach nur um sich selbst. Aber auch das ist keine neue Erkenntnis – und trotzdem ein seltsames Glück.

»Jede Epoche«, erklärte der Historiker Leopold von Ranke 1854 bei einem Vortrag, »ist unmittelbar zu Gott, und ihr Wert beruht gar nicht auf dem, was aus ihr hervorgeht, sondern in ihrer Existenz selbst, in ihrem Eigenen selbst.«

Es wird sich zeigen, was das Geschrei des Donald Trump wert ist, und was die Gegenwart, die es durchhallt.

14.06.2017

… und ihre Antwort auf die heutige Schießerei werden Waffen sein, noch mehr Waffen, und die Spirale wird sich weiterdrehen, wird sich zum Himmel hinaufschrauben wie ihre Gebete, in denen sie um Genesung und Gewehre bitten …

PS: Weil man schon in ein paar Wochen nicht mehr wissen wird, von welcher Schießerei hier die Rede ist: Es handelt sich um den Angriff auf das Baseball-Team der Kongress-Republikaner. Der Abgeordnete Steve Scalise wurde bei der Attacke schwer verletzt. Der Angreifer wurde von der Polizei erschossen.

15.06.2017

Es sammelt der Mueller,

es mahlen die Mühlen,

in Washington werden sie bald statt in Mehl

in Donald’s Geldspeicher wühlen.

Manche nennen sie Mäuse,

andere Ratten,

während Dritte glauben

man tät’ sie beschatten.

Und während man in den Backstuben der Wahrheit

die Argumente wie Brote abwiegt,

sieht man, wie sich draußen im drehenden Winde,

das Getreide zum Brechen hinbiegt.

16.06.2017

Tagebuchschreiber wie ich sind katastrophale Kartografen. Sie gehören zu denjenigen, die nach oben sehen und nichts als einen leeren Himmel erblicken, und dann nach unten schauen, und das Gebiet zu ihren Füßen kartografieren. Will sagen: Die Gefahr eines solchen Tagebuchs ist mir vollends bewusst. Sie besteht darin, dass es sich im Klein-Klein seiner Einträge verrennt und den Blick fürs große Ganze verliert. Ein »richtiger« Kartograf – einer, der von oben schaut – würde sagen: Der Blick auf die Karte ist besser als der Blick aus dem Gebiet, das die Karte repräsentiert. Und da ist gewiss auch was dran. Aber letztlich setzt sich jede Karte ja aus Aufnahmen des Gebietes zusammen, das sie schlussendlich zeigt. Meine Tagebucheinträge sind diese Aufnahmen. Die Karte aber ist dieses Buch hier. Nur dass man es – im Gegensatz zu einer Karte – nicht auf einen Blick erfassen kann, sondern lesen muss. Nicht unbedingt von vorne nach hinten, sondern gern auch verquer, aber am Ende – in der Monadenhaftigkeit des einzelnen Eintrages – doch linear.

17.06.2017

Und weiter geht’s im Kuriositätenkabinett der Karriereleitern: Lynne Patton, die Hochzeitsplanerin von Trumps Sohn Eric, ist vom Ministerium für Wohnungsbau und Stadtentwicklung zur Chefin für das Gebiet New York und New Jersey ernannt worden. Erfahrungen in dem Bereich hat sie keine. Aber hey, immerhin fangen »Hochzeit« und »Hochhäuser« mit denselben vier Buchstaben an. Darauf lässt sich aufbauen.

18.06.2017

Vatertag in den USA. Trumps Sohn Eric bekommt von seiner Frau eine »Make America Great Again«-Schutzhülle für seinen Golfschläger geschenkt (denn die hatte er natürlich noch nicht), postet ein Bild des frisch umhüllten Kloppers auf Twitter und verlinkt auf den Shop der Donald-Trump-Webseite, wo es das Ding für 55 Dollar zu kaufen gibt. Es ist eine Socke mit Hut. Zum Glück eine schwarze und keine rote. Aber selbst wenn … Es ist Amerika. Es ist das Trumpire. Es ist alles Geschäft.

 

19.06.2017

Es sterben einfach zu viele Zivilisten. Also beschäftigt das US-Militär ab sofort sieben statt zwei Mitarbeiter, um in Syrien und dem Irak den Tod derjenigen Menschen zu untersuchen, die durch amerikanische Luftschläge umkommen. Welch Fortschritt! Die Humanität des modernen Krieges besteht in der korrekten Zählung der Toten.

20.06.2017

Tägliche Kritik an ein und derselben Sache bedeutet immer auch Abstumpfung, Aufgabe-Gedanken und – noch vor allem anderen – das Wissen um die alles und jeden umschmeichelnden Plausibilitäten der Sinnlosigkeit. Aber eines bedeutet es nie: Akzeptanz.

21.06.2017

In einem Vorort von Atlanta haben Demokraten und Republikaner anlässlich der Nachwahl für einen Sitz im US-Repräsentantenhaus zusammen 55 Millionen Dollar für Werbung ausgegeben. Zur Wahl gingen daraufhin genau 259.488 Menschen. Das macht 211,96 Dollar pro Person. Dafür kriegt man in den Supermärkten im Wahlgebiet durchschnittlich 120 Kilo Vanille-Eis mit Cookies drin. Wäre vielleicht überzeugender gewesen …

22.06.2017

Trump ist gut zu Vögeln. Klingt wie ein Witz, ist aber keiner. Während einer Rede in Iowa hat Donald Trump beklagt, dass Windräder Unmengen an Vögeln töten. Die Leute im Publikum haben genickt, auch wenn Trump keine Zahlen genannt hat. Aber die gibt’s: Jährlich sterben in den USA rund 300.000 Vögel durch Windräder. 10 Millionen lassen ihr Leben an Funkmasten, 400 Millionen knallen gegen Glasscheiben und 3,7 Milliarden werden von Katzen gefressen. Aber wehe, jemand beklagt, dass Katzen nicht gut zu Vögeln sind, dann schütteln die Leute nur mit den Köpfen.

23.06.2017

Ich sitze am Schreibtisch und erfinde die Welt. Mein Amerika besteht aus Worten. Meine Erfahrungen sind Leseeindrücke. Meine Informationen stammen allesamt von Fremden, die fernab von mir wohnen. Ich bin ein Lehnstuhl-Ethnologe des digitalen Zeitalters.

24.06.2017

Das letzte bisschen Erfahrung ist dahin, und eine Strategie gibt es nicht. Die Trump-Regierung hat die 2009 gegründete diplomatische Einheit für Pakistan und Afghanistan ohne Vorwarnung aufgelöst, und in dem noch verbliebenen Büro für Zentral- und Südasiatische Angelegenheiten sind alle wichtigen Stellen bezüglich Afghanistans unbesetzt. Stattdessen schickt das US-Militär 4.000 neue Soldaten ins Land. Aber das ist nur konsequent. Trumps Motto »Jobs! Jobs! Jobs!« heißt in Afghanistan in Wahrheit nämlich »Shots! Shots! Shots!«

25.06.2017

Fast alle amerikanischen Präsidenten haben Tagebuch geführt. Trump aber ist der erste, der das öffentlich tut. Er nimmt dafür einfach seinen Twitter-Account. Nennen wir es deshalb ein Twiary. Ein klassisches Werk minus Stift, Papier und Gedanken, die weiter als 140 Zeichen reichen. Ein solches Tagebuch war für sämtliche Präsidenten vor ihm eine Unmöglichkeit, ein sogenanntes TaBu.

26.06.2017

Am 26. Juni 2015 entschied der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten, dass gleichgeschlechtliche Paare das Recht haben zu heiraten. In Reaktion darauf erstrahlte das Weiße Haus an diesem Abend in Regenbogenfarben.

Am 26. Juni 2017 entschied der Oberste Gerichtshof, dass Donald Trumps Einreiseverbot für bestimmte muslimische Länder teilweise in Kraft treten kann. In Reaktion darauf wird das Weiße Haus heute Abend besonders weiß erstrahlen.

27.06.2017

Heute vor fünf Monaten hat Donald Trump die Executive Order Nr. 13769 unterschrieben, besser bekannt als »Muslim Ban«. Das Dekret soll Bürgern aus sechs mehrheitlich muslimisch geprägten Ländern für drei bis vier Monate die Einreise in die USA verwehren. Zu diesen Ländern zählen Iran, Irak, Jemen, Libyen, Somalia und der Sudan. Hinzu kommt noch Syrien, für das ein dauerhaftes Einreiseverbot gelten soll.

Gegen das Dekret wurde sofort geklagt. Und auch in den Medien wurde und wird aufs Bitterste darüber gestritten. Was dabei aber völlig untergeht: Trump ist bei Weitem nicht der Einzige, der versucht, Bürger aus bestimmten Ländern draußen zu halten. So verweigern z. B. 16 Staaten israelischen Staatsbürgern die Einreise. Dazu gehören u. a. der Iran, der Irak, der Jemen, Libyen, der Sudan und Syrien, also sechs von jenen sieben Ländern, deren Bürger Trump seinerseits die Einreise verweigern will. Vielleicht ist diese ganze Verbannungsnummer ja nicht nur auf Trumps Mist gewachsen und seiner Angst vor muslimischem Terror geschuldet, sondern auch eine heimliche Vergeltungsaktion der Israelis. Frei nach dem Motto: Wie du mir, so ich dir. Oder, um im Bilde zu bleiben: Visa du mir nicht, Visa ich dir nicht …

28.06.2017

In einigen von Donald Trumps Golfclubs hängt ein Cover des Time Magazine vom 1. März 2009, das Trump in Großaufnahme zeigt und in den dazugehörigen Schlagzeilen von seinen Erfolgen berichtet. Das Problem ist nur: Am 1. März 2009 ist gar kein Time Magazine erschienen. Und Donald Trump war im Jahr 2009 auch nie auf dem Cover. Mit einem Wort: Die Sache ist eine Fälschung.

So weit, so verständlich bei einem Narzissten und Egomanen. Was aber heißt es, wenn ein Mann, der die klassischen Medien als Hort von Fake News bezeichnet, ein solch klassisches Medium nutzt, um mit seiner Hilfe eine Fälschung zu seinen Gunsten zu machen? Sind Fake News x Fake News = Good News? Oder beginnt in den USA der Marsch durch die Institutionen statt mit einem Philosophie-Seminar mit einem Photoshop-Tutorial?

29.06.2017

Ein gewöhnlicher Donnerstag. Alles läuft so dahin. Nur nicht in Nicholasville, Kentucky, denn da ist nichts mehr an seinem Platz. Ein Sturm hat vor ein paar Tagen gewütet, und die Leute reden noch immer darüber. In der Old Danville Road hat er einen Carport zwei Fuß vom Haus weggerückt und anschließend das Auto aus der Garage geschoben. Danach ist er in die Hall Road gezogen, um einem Hühnerstall Kopfstand zu lehren und hat, zu guter Letzt, einem Hund seine Hütte geklaut. Der Hund ist jetzt obdach-, das Dutzend Hühner leblos. Aber kein Grund zur Sorge. Das mit den Hühnern läuft immer so in Kentucky …

30.06.2017

Trump regt sich auf, weil eine Moderatorin, die er nicht mag, sich während eines Empfangs bei ihm anzubiedern versucht hat, und das, obwohl sie, wie er sagt, nach einem Facelifting noch im Gesicht blutet.

Die Leute regen sich auf, weil Trump in aller Öffentlichkeit so über die Moderatorin spricht und sie obendrein noch eine Verrückte mit einem niedrigen IQ genannt hat.

Gott regt sich auf, weil weder Trump noch die Leute verstehen, dass das Blut nicht die Folge eines chirurgischen, sondern eines demiurgischen Eingriffs war und er einfach mal schauen wollte, wie die Menschen auf göttliche Wundmale reagieren. Aber so wie es aussieht, scheint heutzutage niemand mehr die Sache mit den Stigmata zu verstehen.

Und ich? Ich rege mich nicht, sondern schreibe nur auf, was Trump, die Leute und Gott mir nach ein, zwei, drei Gläsern Wein so alles erzählen.

01.07.2017

Ich hatte heute einen Wunsch: Ich wollte mich wie Donald Trump an einem ganz normalen Samstagnachmittag fühlen. Also hab ich mir die Tasche mit den Golfschlägern umgehangen, mir mein Fahrrad geschnappt und bin in den Park gefahren, um eine Runde zu drehen. Es lief gut, aber am letzten Loch habe ich den Ball böse verzogen, und während er auf Nimmerwiedersehen im Wasser verschwand, ist mir plötzlich etwas klar geworden: Ein guter Spieler macht einen schlechten Schlag und wird demütig. Ein schlechter Spieler macht einen guten Schlag und wird hochmütig. Und da war’s mit meinem Versuch, mich in Trump einzufühlen, vorbei.

02.07.2017

Auf Donald Trump ist Verlass: Wer ihn bedingungslos unterstützt, den lobt er in den höchsten Tönen. So z. B. gestern Abend bei einer Rede in New York den Baptistenprediger Robert Jeffress. Der hatte im Wahlkampf erklärt, wer als Christ sein Kreuz nicht bei Trump mache, sei ein Idiot. Außerdem, so der bekannte TV-Prediger, habe Gott nichts gegen Grenzmauern, er habe nur etwas gegen Schwule, Juden, Katholiken, Moslems und Mormonen (wenn auch nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge). Was Trump betrifft, so ist sich Pastor Jeffress jedenfalls sicher, dass Gott ihn gesandt hat, das sei ihm nach einem gemeinsamen Cheeseburger-Essen bei Wendy’s klar geworden.

Und siehe da, auch mir wird plötzlich etwas klar, denn ich verstehe endlich, was der wahre Unterschied zwischen Alter und Neuer Welt ist: In Europa beten sie in prunkvollen Kirchen die Knochen von Heiligen an, in Amerika dagegen lassen sie sich in einer schmierigen Burger-Brat-Bude von 220 Gramm Rindfleisch erleuchten.

03.07.2017

Opioide überschwemmen die USA. Es ist ein Klimawandel in den Blutbahnen. Die Zahl der Toten steigt wie der Meeresspiegel im Zeitraffer. Gegen Fentanylkonsum ist Heroin zu nehmen wie einen Schluck Mineralwasser zu trinken. Aber die Millionen von Abhängigen interessiert das nicht. Sie fressen es, weil es ihre Sorgen auffrisst. Opioeat.

04.07.2017

Unabhängigkeitstag? Von wegen! Knapp 52 % der Amerikaner sind in irgendeiner Form auf staatliche Unterstützung angewiesen. Donald Trump gehört nicht dazu. Er bekommt seine Hilfe von der Deutschen Bank. Bei der steht er mit 130 Millionen Dollar in der Kreide. Aber was macht’s?! Trump ist too big to fail. Er ist die Systemrelevanz in Person. Er ist – mit einem Wort – der Abhängigkeitstage-Erzeuger.

05.07.2017

Die wenigsten werden es wissen, aber dass Donald Trump bei den Republikanern ist, liegt im Grunde nur daran, dass die Partei, die ihm am nächsten gestanden hätte, nicht mehr existiert, da sie sich bereits 1860 aufgelöst hat. Ihre Inhalte aber hätten perfekt gepasst, denn die Partei sprach sich gegen Einwanderung aus, lehnte fachliche Expertisen ab und argumentierte streng populistisch. Außerdem redeten ihre Mitglieder mit Vorliebe von Wahlbetrug, hassten das politische Establishment und waren Anhänger diverser Verschwörungstheorien. Das Beste aber war der Name der Partei. Er war wie geschaffen für Donald Trump. Er lautete: The Know-Nothing-Party.