Tagebuch eines Hilflosen

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09.02.2019

Sämtliche Medien hierzulande berichten in groß aufgeblähten Artikeln darüber, dass Donald Trumps Arzt dem Präsidenten bei der alljährlichen Untersuchung einen sehr guten Gesundheitszustand bescheinigt hat. Aber niemand berichtet über John Dingell. Er hatte sich seit den 1950er-Jahren für die Einführung einer gesetzlichen Krankenversicherung stark gemacht, war 1965 mitverantwortlich für die Implementation von Medicare ins Sozialversicherungssystem der USA, stand hinter der Ausweitung des Medicaid-Programms in den 1980er- und 1990er-Jahren und war 2010 entscheidend am Affordable Care Act beteiligt. Das Gesetz ist weithin nur als Obamacare bekannt, tatsächlich aber hat das Repräsentantenhaus das Gesetzgebungsverfahren 2009 nach Dingell benannt. Dingell war fast 60 Jahre Mitglied des Kongresses. Er ist vorgestern im Alter von 92 Jahren gestorben. In seiner letzten Rede erklärte er, dass in der heutigen Zeit die herausragende Stellung des Präsidenten offenbar dazu benutzt werde, das Land zu spalten und den politischen Gegner zu verunglimpfen.

Trump blieb trotzdem nichts anderes übrig, als nach dem Tod Dingells die Fahne auf dem Weißen Haus sowie sämtliche Flaggen auf öffentlichen Gebäuden, Militäreinrichtungen und den Schiffen der Marine auf Halbmast setzen zu lassen. Sie dürfen laut Anordnung erst wieder hochgezogen werden, wenn heute Abend die Sonne untergegangen ist. Der Zwerg der politischen Kultur muss also noch bis morgen warten, bevor er seinen langen Schatten wieder aufs Land werfen kann.

10.02.2019

… und so schlampt sie sich dahin, diese Präsidentschaft, begleitet von ritualisierter Aufregung und bestelltem Applaus, während neue Machbarkeiten darauf warten, im Gefolge der Zeit zu Gewohnheiten zu werden, an diesem Sonntag, dem 108. seit Anfang des Schlamassels …

11.02.2019

Dass Donald Trump nicht viel von Gesetzen hält, die seiner Politik im Wege stehen, ist bekannt. Er hat wiederholt ihm missliebige Richter in aller Öffentlichkeit an den Pranger gestellt, hat das Justizministerium angewiesen, seine politischen Gegner zu bestrafen und – weil das nicht passiert ist – gefordert, den stellvertretenden Justizminister Rosenstein zusammen mit Hillary Clinton ins Gefängnis zu stecken, und schließlich hat er im Zuge der Wahl des Obersten Richters Brett Kavanaugh alles dafür getan, dass das Weiße Haus über 100.000 Seiten mit Informationen nicht an den zuständigen Rechtsausschuss übergibt. Kein Wunder, wenn irgendwann die Hüter von Recht und Ordnung selbst anfangen, die Gesetze nach ihren Wünschen auszulegen oder gleich komplett zu ignorieren. So geschehen jüngst im Bundesstaat Washington. Dort weigern sich aktuell 13 Bezirkssheriffs, einem strengeren Waffenrecht Geltung zu verschaffen, obwohl eine entsprechende Wahl im November genau das entschieden hatte. Knapp 60 % der Wähler hatten dafür gestimmt, halbautomatische Gewehre nicht länger an unter 21-Jährige zu verkaufen und generell strengere Backgroundchecks durchzuführen. Die Sheriffs aber wollen das neue Recht nicht durchsetzen. Für gewöhnlich redet man sich in einer solchen Situation heraus, um eine unerwünschte Regelung nicht anwenden zu müssen, und verweist auf äußere Umstände: zu wenig Personal, noch bestehende rechtliche Unklarheiten, irgendwas in der Art. Hier aber ist es anders, denn die Sheriffs sagen klipp und klar, dass sie durch die Entscheidung das verfassungsmäßige Recht, Waffen zu tragen, eingeschränkt sehen und deshalb das Ergebnis der Wahl nicht umsetzen werden. Die Stärke des Gesetzes wird so zum Gesetz des Stärkeren uminterpretiert – und Donald Trump ist der heimliche Kronzeuge dieser Form des amerikanischen Traumes von Freiheit.

12.02.2019

Die US-amerikanische Staatsverschuldung hat heute erstmalig in der Geschichte des Landes die 22-Billionen-Dollar-Marke durchbrochen. Das letzte Mal, als sich mein Tagebuch die Höhe des Schuldenstandes angeschaut hat, zeigte der Kalender den 4. September 2017. Damals stand das Land mit knapp 20 Billionen in den Miesen. Aber damals gab’s auch noch eine Schuldenobergrenze. Die ist aber inzwischen ausgesetzt worden. Noch bis zum 1. März kann Donald Trump unbegrenzt Löcher in die Staatskasse reißen. Und das wird er auch tun, denn wenn er eines gelernt hat, dann ist es, Schulden zu machen. In einem CBS-Interview im Juni 2016 hatte er ganz offen erklärt: »Ich bin der König der Schulden. Niemand kennt Schulden besser als ich. Ich habe mit Schulden ein Vermögen gemacht.«

Diesmal machen allerdings andere den Reibach. Es sind diejenigen, bei denen die USA in der Kreide stehen. Dazu gehören vor allem Staaten wie Japan und China, der Social Security Trust Fund, eine Reihe von ausländischen Investoren, diverse Pensionsfonds, Banken, Versicherungen sowie Broker und Dealer aller Art. Sie alle verdienen an den amerikanischen Schulden, denn allein für die Zinsen muss die USA eine Milliarde Dollar zahlen – pro Tag!

13.02.2019

Jamal Khashoggi ist seit über vier Monaten tot. Seitdem hat Trump kaum noch was zu Saudi-Arabien gesagt, Kritisches schon gar nicht. Seine letzten beiden Tweets waren Dankesbezeugungen an die Saudis, dass sie den Ölpreis gesenkt haben und Geld nach Syrien pumpen (damit die USA das nicht zahlen müssen). Die gesetzlich begründete Forderung des Kongresses, zu erklären, ob Kronprinz Mohammed bin Salman für die Ermordung des Journalisten verantwortlich ist, hat Trump zurückgewiesen und erklärt, er sei dem Kongress in diesem Punkt nicht zur Rechenschaft verpflichtet. Aber damit nicht genug. Jetzt hat der ehemalige Vorsitzende von Trumps Inaugurationskomitee, Thomas J. Barrack jr., nachgelegt. Barrack jr., der von Beruf Immobilieninvestor ist, hat schon in den 1970er-Jahren für verschiedene saudische Prinzen gearbeitet und seit Trumps Amtsantritt einen Großteil seiner Investitionen aus Saudi-Arabien erhalten. (Das Geld hat er übrigens in der Steueroase Cayman Islands geparkt.) Seinem alten Kumpel Donald Trump ist Barrack jr. im Fall Khashoggi gern beigesprungen und hat erklärt, der Westen verstünde Saudi-Arabien einfach nicht. Amerikanische Gräueltaten seien, so sagt er, genauso schlimm oder sogar noch schlimmer als das, was die Saudis Khashoggi angetan hätten. Das mag stimmen oder nicht (unabhängig davon, dass jede Gräueltat eine zu viel ist), aber Barrack jr. geht es gar nicht um Aufklärung, sondern um Verharmlosung und Relativierung. Das zeigt auch seine Erklärung, wonach westlicher Einfluss und westliche Korruption den Nahen Osten im Allgemeinen und Saudi-Arabien im Besonderen zu dem gemacht hätten, was sie heute sind. Aber diese Erklärung ist falsch und verlogen. Nicht nur, weil Barrack jr. selbst viel Zeit und Geld in Saudi-Arabien investiert hat und demzufolge selbst einer der westlichen Scheißkerle ist. Nein, sie ist auch insofern verlogen, weil in dieser pseudo-postkolonialistischen Weltwahrnehmung – die selbst kolonialistische Bilder bedient – die »anderen« immer unschuldig und ohnmächtig sind. (In Deutschland wird diese Sicht auf die Dinge bevorzugt beim Blick auf Afrika gepflegt.) Aber wie dem auch sei: Geht es nach Barrack jr., so sind die Saudis nur missbrauchte Marionetten im großen Spiel des Westens, der angeblich alle Fäden in der Hand hält. Ihre Taten werden auf diese Weise a priori entschuldigt, verharmlost und relativiert. Es ist die Meistererzählung derjenigen, die die Zukunft mit der Geschichte aufwiegen. Kein Wunder, dass die Gegenwart hier wie da beschissen aussieht.

14.02.2019

Heute vor einem Jahr hat sich das Schulmassaker von Parkland ereignet. 17 Menschen kamen damals ums Leben. Anlässlich des Jahrestages hat das Weiße Haus ein Statement veröffentlicht, in dem es heißt, man bete für all jene in Parkland und anderswo, die Menschen verloren haben durch »Waffengewalt« (»gun violence«). Das Statement auf Trumps privatem Twitter-Account, das wenige Minuten später herauskam, war nahezu wortgleich – bis auf das Ende. Denn da hieß es, man bete für alle, die Menschen durch »Gewalt an Schulen« (»school violence«) verloren haben. So gesehen stimmt also etwas mit den Schulen nicht, mit den Waffen dagegen ist alles in Ordnung. Trumps »Lösung« für das Problem der Schulmassaker setzt deshalb auch genau dort an: Er fordert seit Längerem schon die Bewaffnung der Lehrer, denn dann, so seine Logik, kann sich ein Unglück wie das von Parkland nicht wiederholen.

PS: Dass Trump das Wort »gun violence« ersetzt hat, ist kein Zufall. Er nutzt es auch sonst so gut wie nie. Das einzige Mal, dass er es über seinen Twitter-Account in die Welt rausposaunt hat, war im Januar 2014. Damals hatte sein Freund Thomas Barrack Jr. (genau, der von gestern … ) gerade große Teile von Harvey Weinsteins Filmfirma übernommen, und Trump mokierte sich darüber, dass Weinstein gegen »gun violence« sei, sie in seinen Filmen aber propagiere. Trumps Lösung bestand aber auch in diesem Fall nicht darin, die Waffengewalt zu problematisieren, weder im Film noch sonst irgendwo. Und warum auch? Für Donald Trump gehören Knarren einfach dazu. Für ihn sind sie – an Stelle der verhassten Fake-News-Fatzken von der Presse – so etwas wie die vierte Macht im Staate: Legislative, Judikative und Exekutive in einem.

15.02.2019

Donald Trump: Die Begierde ist Notstand geworden. Heute hat er ihn ausgerufen. Und das hat seinen Grund: Ein Mann wie Donald Trump lebt vom Notstand. Er schafft ihn, weil er sich in ihm verewigen will. Mauern waren schon immer Objekte für die Notdurft der Notständigen.

 

16.02.2019

Memo an mich: Es ist wesentlich lustiger (und auch lukrativer) Katzenvideos zu drehen als das Tagebuch eines Trumpeltiers zu verfassen.

17.02.2019

Memo an meine Sachbearbeiterin beim Arbeitsamt, die mir aufstockende Leistungen im Rahmen von ALG II gewährt, jetzt aber eine Steigerung meiner Einnahmen fordert, wobei ihr, wie sie mir erklärt hat, ein Mehrgewinn von 123,18 Euro im Monat genüge, denn das ist es, was ich aktuell von ihr bekomme, und wenn ich so viel erwirtschaften könnte, wäre sie sehr glücklich, denn dann wären wir beide fein raus, mein leibliches Ich aus ihrem Büro und mein leidliches Ich aus ihrer Statistik.

Also, so ganz unter uns, verehrte Sachbearbeiterin, das wäre mit Sicherheit machbar. Allerdings müsste Donald Trump dafür ein paar Haustiere haben. Vorzugsweise ein paar lustige Katzen. Aber nix da. Trump ist der erste US-Präsident seit Zachary Taylor (1849), bei dem das Weiße Haus haustiertechnisch verwaist. Es gibt also schlichtweg kein Material, um dieses Tagebuch hier mit lustigen Katzengeschichten zu füllen. Mit einem Präsidenten wie Calvin Coolidge hätte das wunderbar funktioniert, denn der hat gleich drei Stubentiger bei sich im Weißen Haus wohnen lassen. Genau wie Rutherford Birchard Hayes. Wobei der auch noch eine Horde Hunde mit ins Weiße Haus gebracht hat. Einer von denen, ein junger Windhund, den alle nur Grim nannten, war sogar musikalisch. Wann immer Hayes’ Frau Lucy »Star Spangled Banner« angestimmt hat, hat er mitgeheult. Allerdings in ziemlich erbärmlichem Ton, wie mir der Manuskripteverwalter im Hayes Presidential Center mitgeteilt hat. Aber das hätte mich nicht weiter gestört, zumal Mrs. Hayes den Hund von der Großindustriellen-Familie DuPont bekommen hat, was gleich noch Stoff und Fell für eine kleine Geschichte über politische Einflussnahme im 19. Jahrhundert gegeben hätte. Auf jeden Fall wären das lustige Storys geworden. Zumal es auch Mäuse im Weißen Haus gab. Andrew Johnson hat die immer gefüttert. Er hat sie in seinem Schlafzimmer entdeckt und sie mit Weizenkörnern versorgt. (Andrew Johnson, das müssen Sie wissen, verehrte Sachbearbeiterin, war geschäftlich mit einer Getreidemühle verbandelt und hatte deshalb immer ein paar Weizenkörner in der Tasche.) Die Mäuse waren zwar Johnsons einzige Haustiere im Weißen Haus, aber immerhin. Das wäre wirklich lustig geworden. Vor allem wenn noch Johnsons Tochter Martha mit ins Spiel gekommen wäre, denn die wollte die vielen Mäuse loswerden und hat permanent versucht, sie zu vergiften. Sie wusste nicht, dass ihr Vater ein paar Zimmer weiter die Viecher ständig füttert. Das wäre eine richtig schöne Komödie geworden, sogar mit politischem Inhalt, weil sich Johnson im Weißen Haus bei seinen Mäusen versteckt hat, während der Kongress darüber beriet, ihn des Amtes entheben zu lassen. Am Ende fehlte Johnsons Gegnern nur eine einzige Stimme, dann wäre der Präsident politisch mausetot gewesen, aber so konnte er weitermachen, im Weißen Haus, mit seinen Mäusen … Im Falle von Donald Trump, verehrte Sachbearbeiterin, bin ich dagegen vollkommen machtlos. Ich habe mein kleines Journal nicht umsonst das Tagebuch eines Hilflosen genannt. Ich hätte es zwar auch das Tagebuch eines Haustierlosen nennen können, aber das hätte alles nur noch schlimmer gemacht. Jedenfalls, verehrte Sachbearbeiterin, was ich mit alldem sagen will, ist Folgendes: Wenn Donald Trump beim Thema Haustiere die Ausnahme macht, muss ich beim Thema Einnahmen passen.

18.02.2019

Donald Trump hat den japanischen Ministerpräsidenten Shinzō Abe heimlich gebeten, er möge ihn als Kandidaten für den Friedensnobelpreis vorschlagen – und der hat’s tatsächlich getan. Allerdings ist die Heimlichtuerei aufgeflogen. Jetzt ist Trump nominiert – und Shinzō Abe darf sich ab sofort Schizo-Abe nennen. Das passt sowieso besser zu ihm. Nicht nur wegen Trumps ganz und gar nicht friedfertiger Politik, sondern auch, weil Schizo-Abe trotz Fukushima immer noch auf die Kernenergie setzt. So einer muss gespalten sein.

19.02.2019

In Saturday Night Live parodiert der Schauspieler Alec Baldwin Donald Trump. Das ist auch deshalb so gut, weil Donald Trump im wahren Leben Alec Baldwins Donald-Trump-Parodie parodiert. Nur leider weiß Donald Trump das nicht. Und es bringt auch nichts, es ihm zu sagen. Er würde nicht verstehen, dass die Parodie einer Parodie nichts anderes ist als negative Authentizität.

20.02.2019

Donald Trump hat die New York Times heute als »Feind des Volkes« (»enemy of the people«) bezeichnet. Er hat den Begriff schon mehrfach benutzt, wobei er wahlweise die New York Times, CNN oder die »Fake-News-Medien« im Allgemeinen zu Volksfeinden erklärt hat. Zum ersten Mal hat er den Ausdruck in diesem Sinne übrigens am 17. Februar 2017 in einem Tweet verwendet und am 24. Februar 2017 in einer Rede auf der Conservative Political Action Conference in Oxon Hill zu einer Art negativem Leitmotiv seiner Präsidentschaft gemacht. Aber die Tradition des Brandmarkens unliebsamer Menschen, Gruppen oder Institutionen als Volksfeinde ist natürlich viel älter. Bereits die Römer haben diverse Kaiser, allen voran den allseits unbeliebten Nero, zum »hostis publicus« erklärt. Später haben dann die Französischen Revolutionäre all jene, die die Entartungen ihres Umsturzes für »terreur« hielten, als »ennemi du peuple« gebrandmarkt und die meisten von ihnen einen Kopf kürzer gemacht. 120 Jahre später hat sich Lenin ausdrücklich auf die guillotine-geilen Franzosen bezogen, als er Marx’ Begriff des Klassenfeindes zu dem des Volksfeindes umdefiniert hat. Stalin und Hitler haben den Terminus dann auf eine neue Stufe »gehoben« und ihm den Status einer Rechtskategorie verschafft, die politische Säuberungen nicht nur erlaubte, sondern geradezu erforderte. Und als Russland 2014 die Krim annektierte, haben Putin und seine Propagandagesellen all jene zu »Volksfeinden« erklärt, die nicht mit in den großen vaterländischen Jubel einstimmen wollten.

In den USA dagegen wurde der Begriff vor Trumps Präsidentschaft nicht im politischen Sinne gebraucht. Insofern hat Trump zumindest für sein Land tatsächlich Neues geschaffen. Wobei man nicht vergessen darf, dass einige von denen, die andere als Volksfeinde bezeichnet haben, später selbst zu Feinden des Volkes erklärt wurden. Der Erste, der diesen Stempel aufgedrückt bekam und dafür mit dem Leben bezahlte, war der römische Volkstribun Tiberius Sempronius Gracchus. Er wurde 133 v. Chr. von einer Reihe wütender Senatoren mit Stuhlbeinen erschlagen. Sein Vergehen: Er hatte sich in ihren Augen über bestehendes Recht hinweggesetzt und einen Staatsnotstand verschuldet …

21.02.2019

In den vergangenen Monaten war kaum noch etwas von Trumps großem Wahlkampfversprechen zu hören, den Washingtoner Eliten-und-Lobbyisten-Sumpf trockenlegen zu wollen. Zwar hatte Trump kurz nach Amtsantritt, am 28. Januar 2017, ein Dekret erlassen, das es Mitarbeitern des Weißen Hauses verbietet, innerhalb von fünf Jahren nach dem Ende ihres Arbeitsverhältnisses als Lobbyisten tätig zu sein. Aber wie so oft war das nur heiße Luft. Das Dekret hat den Sumpf nicht trockengelegt. Im Gegenteil, es ist lediglich über seine Oberfläche geweht und hat sie ein bisschen geföhnt, damit der Sumpf nicht mehr so matschig aussieht. Darunter aber geht die Lobbyisten-Party feucht-fröhlich weiter. Insgesamt 33 Mitarbeiter der Trump-Regierung verdingen sich inzwischen als Lobbyisten. So hat z. B. Ryan Zinke, der bis Ende 2018 Innenminister war, vor wenigen Tagen eine Tätigkeit bei der Washingtoner Lobbyfirma Turnberry Solutions aufgenommen. Dort hat er auch einen alten Bekannten getroffen – Corey Lewandowski, Trumps früheren Wahlkampfmanager, der zusammen mit drei weiteren ehemaligen Trump-Leuten (Ryan O’Dwyer, Jason Osborne und Mike Rubino) Turberry Solutions aufgebaut hat. Lewandowski ist allerdings offiziell gar nicht als Lobbyist eingetragen. Angeblich, weil er keine registrierungspflichtige Lobbyarbeit verrichtet. Aber das ist im Grunde ja geradezu die Definition von erfolgreichem Lobbyismus: unregistriertes Regieren.

22.02.2019

Im Zuge von Trumps Steuerreform hatten die Analysten der großen Banken den Amerikanern einen wahren Geldsegen prophezeit. Nach der Steuererklärung, so hieß es, werde das Geld in Strömen aus dem Staatssäckl zurück in die Taschen der Leute fließen. So hatte z. B. die UBS-Bank noch im Dezember Steuerrückzahlungen für die US-Bürger von 40 bis 70 Milliarden Dollar versprochen. Im Januar war dann noch von 20 Milliarden die Rede. Aktuell beläuft sich die Schätzung bloß noch auf 8,5 Milliarden Dollar. Und die Steuerrückzahlungen sinken weiter und weiter, während sich die Weismacher in den großen Banken vom Geld ihrer Analysen neue Anzüge kaufen, um künftig als Schwarzmaler auftreten zu können.

23.02.2019

Vor Kurzem ist ein 50.000 Dollar teurer Golf-Simulator im Weißen Haus installiert worden. Trump hat ihn aus eigener Tasche bezahlt. Eine überaus sinnvolle Investition, denn jetzt kann der Privatmann Donald Trump zu jeder Tages- und Nachtzeit Golf mit dem Politik-Simulator spielen, der vor 754 Tagen im Weißen Haus installiert worden ist.

24.02.2019

District of Condomia

Der präsidiale Jobschaffer schafft die Hebammen ab,

nur noch 1,42 Kinder pro Frau in Washington D. C.,

Trumps Politik drückt die Geburtenrate

auf ein 30-Jahres-Tief im ganzen Land,

Gott verhüte die Vereinigten Staaten.

25.02.2019

Das Weiße Haus hat eine Arbeitsgruppe zur Klimasicherheit gegründet. Die Idee stammt von Trumps Wissenschaftsberater William Happer, der bereits Anfang der 1990er-Jahre unter George Bush senior die Klimapolitik der USA mitbestimmt hat. Happers Plänen zufolge soll die präsidiale Arbeitsgruppe Front gegen den wissenschaftlichen Konsens machen, demnach die Erderwärmung ein Produkt menschlichen Handelns ist, und Zweifel an der Tatsache säen, dass das Verbrennen von Erdöl, Kohle und Gas den Planeten schädigt. Ihr erstes Ziel ist es, den offiziellen Klimareport der USA anzufechten. Der wurde im November 2018 veröffentlicht und hat deutlich gemacht, »dass die Auswirkungen und Kosten des Klimawandels bereits jetzt in den Vereinigten Staaten zu spüren sind«. Trump hat den Report zwar unterschrieben, glaubt aber nach eigenen Angaben nicht an seine Ergebnisse. Deshalb hat er jetzt den alten Knochen Happer aus dem Fossilienzimmer geholt und ihn beauftragt, etwas dagegen zu tun. Allerdings findet Happer kaum jemanden, der mitmachen will. Und das, obwohl er mit Trumps Segen Arkanpolitik betreiben darf. Denn da die Gruppe nicht als offizieller Beirat fungiert, kann sie im Geheimen tagen und muss ihre Ergebnisse weder veröffentlichen noch anderen zugänglich machen. Eigentlich das perfekte Angebot fürs letzte Aufgebot. Das Fossilienzimmer als Zufluchtsstätte der Fuel-Fuel-Fuel-Fetischisten. Statt Klimaschutz gibt’s Klimaskeptikerschutz. Also, wenn jetzt keiner kommt, ist die Welt von William und Donald wirklich nicht mehr zu retten.

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