Mit Bedacht fliegen

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Mit Bedacht fliegen
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Christoph Kessel

MIT BEDACHT FLIEGEN

Über den Autor

Christoph Kessel, Jahrgang 1973, bereist seit Jahrzehnten alle Kontinente dieser Erde. Der gelernte Luftverkehrskaufmann und Diplom-Kaufmann arbeitet seit 1992 in unterschiedlichen Unternehmen der Airline-Branche. Dabei verbrachte er sowohl mehrere Jahre bei einem deutschen Flughafenbetreiber als auch bei verschiedenen ausländischen Fluggesellschaften. Dort erhält er seither Einblicke in den operativen Betrieb von Airlines sowie in die Bereiche Marketing und Public Relations.

Mit Bedacht fliegen war für Kessel schon deshalb immer ein Thema, weil er das langsame Reisen von Ort zu Ort dem schnellen Überwinden von Ozeanen und Kontinenten vorzieht. 2002/3 hat er innerhalb eines Jahres die Erde umrundet, möglichst mit Bus, Bahn und Schiff. 2006 erschien das Buch "Nächster Halt: Darjeeling-Hauptbahnhof" zu dieser Weltreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln. 2018 hat Christoph Kessel mit "Zu Gast - In vielen Ecken dieser Welt" sein zweites Buch publiziert, bei dem die verschiedenen Arten des Reisens im Mittelpunkt stehen.

MIT BEDACHT FLIEGEN

19 Aspekte zur Reisevorbereitung in Zeiten von Flugscham und

Greenwashing

Christoph Kessel


Impressum

Texte: © 2020 Christoph Kessel

Umschlag: © 2020 Christoph Kessel

Verlag: Christoph Kessel, Rubensallee 95, 55127 Mainz

E-Mail: mail@christoph-kessel.de

Druck: epubli - ein Service der neopubli GmbH, Berlin

Einleitung

Als vor etwas mehr als einhundert Jahren die kommerzielle Luftfahrt in mehreren Teilen der Welt fast zeitgleich mit dem Transport von Menschen begann, ahnte wohl niemand, dass dieser Verkehrsträger mit der Zeit einmal den gesamten Planeten in ein globales Dorf verwandeln würde. In den 1920er Jahren war Fliegen einem ganz besonderen elitären Kreis vorbehalten. Die kurzen Flüge, etwa von London über den Ärmelkanal nach Amsterdam, kosteten ein Vermögen. Noch vor 50 Jahren war ein Flug Luxus pur. Erst der Bau des berühmten „Jumbos“, der Boeing 747, Ende der 1960er Jahre führte allmählich zu Überkapazitäten und in der Folge zu niedrigeren Flugpreisen. 1970 lag auf der Strecke Frankfurt/M. – New York – Frankfurt/M. der Sondertarif bei 1318 DM. 1980 sank er auf 989 DM{1}. Auf diesem Niveau bewegt sich der Flugpreis bis heute und liegt damit inflationsbereinigt noch wesentlich niedriger als vor 40 Jahren. Wir haben uns an dieses Preisniveau gewöhnt und finden es teilweise ganz normal, für die Taxifahrt zum Flughafen mehr zu bezahlen, als für einen Kurzstreckenflug. Fliegen ist zu einem Massengut geworden, und nicht wenige Menschen sind der Ansicht, dass es praktisch ein Recht auf Fliegen gibt, wenn Forderungen aufkommen, Flugtickets zu verteuern.

Dass Fliegen die Umwelt negativ beeinflusst, ist der Luftverkehrsbranche bereits seit Jahrzehnten bekannt. Spätestens als 2004 im Rahmen der 35. Vollversammlung der internationalen Zivilluftfahrtorganisation

ICAO Umweltschutzziele gesteckt wurden, war allen bewusst, dass sich die Branche verändern muss. Damals wurde vereinbart, dass die Zahl der Menschen, die Fluglärm ausgesetzt sind, der Ausstoß von Stoffen, die die Luftqualität negativ beeinflussen und der Einfluss des Luftverkehrs auf den Treibhauseffekt und das globale Klima reduziert und begrenzt werden müssen.

Dass die Branche bereits seit Jahren generell bestrebt ist, diese Ziele zu erreichen, und dass einzelne Unternehmen darüber hinaus Pionierarbeit leisten, wurde in den letzten Jahren insbesondere von den Airlines schlichtweg nicht oder zu wenig kommuniziert. Stattdessen haben sich Fluggesellschaften entweder einen sehr harten Marketing-Wettbewerb über den Preis geliefert, oder sie wollten mit eleganten bis luxuriösen Produkten die Kunden an sich binden. Dass viele Unternehmen in der Luftverkehrsbranche bereits seit Jahren und Jahrzehnten die Wissenschaft dabei unterstützen, effizientere, spritsparende Flugzeugmodelle zu entwerfen und Alternativen zu fossilen Brennstoffen zu entwickeln, kam als Thema in der Unternehmenskommunikation kaum vor.

Das Jahr 2019 brachte schließlich die Wende. Plötzlich gab es freitags Klimastreiks nicht nur junger Menschen, und in Schweden kam der Begriff „Flugscham“ auf. Brüsteten sich in den Jahren zuvor viele User in den sozialen Netzwerken damit, dank niedrigster Flugpreise, ein Jet-Set-Leben führen zu können, kamen nun bei vielen Menschen Zweifel auf, ob es im Jahr 2019 noch opportun ist, ein Flugzeug zu betreten. Beim Thema Klimaschutz ist das Flugzeug ein greifbarer „Sündenbock“, macht es doch immer noch sehr viel Lärm und stößt Schadstoffe aus, die die Umwelt belasten. Dass es sich beim Kohlendioxid um etwa drei Prozent des weltweiten Ausstoßes handelt, ist den wenigsten bewusst. Aus welchen Teilen sich die restlichen 97 Prozent zusammensetzen, wissen wahrscheinlich noch weniger Menschen. Gerade der Teil, der dem Internet und den Streaming-Diensten hinzuzurechnen ist – durch den Energieverbrauch mehr als vier Prozent – wird oft in der Debatte vergessen. Dabei möchte ich keinen Verursacher gegen den anderen ausspielen, zumal der wirkliche Einfluss des Luftverkehrs auf das Klima noch immer nicht komplett erforscht ist. Allerdings entsteht aktuell der Eindruck, dass die Airline-Branche der Schlüssel zur Lösung der Klimaproblematik sei: Würde von heute auf morgen der gesamte Flugverkehr zum Erliegen kommen, werden immer noch 97 Prozent des bisher ausgestoßenen Kohlendioxids emittiert – sprich diese rigorose Maßnahme hätte keine wirklichen Auswirkungen auf die Entwicklung des weltweiten Klimas.

Allerdings ist auch das Gegenteil, also ein simples „Weiter-so“, keine Lösung. Der Begriff „Klimahysterie“ wurde meiner Meinung nach zurecht zum „Unwort des Jahres“ 2019 gewählt{2}. In diesem Buch geht es weniger um Strategien, die es wert sind, von der Politik oder von Branchenverbänden verfolgt zu werden, um die global vereinbarten Klimaziele zu erreichen. Vielmehr dreht sich in diesem Buch alles um Aspekte, auf die Sie einen konkreten Einfluss haben, um letztlich zu entscheiden, ob und wie Sie mit Bedacht fliegen können. Es geht auch nicht darum, einzelne Fluggesellschaften gegeneinander auszuspielen. Das Thema Klimaschutz ist erstens für die gesamte Branche genauso wichtig wie das Thema Flugsicherheit. Zweitens bringt es nichts, wenn es eine „grüne“ Airline gibt. Dieses Thema muss gemeinsam angepackt werden. Drittens wertet jeder Mensch die in den folgenden Kapiteln dargelegten Aspekte anders. Vielleicht haben Sie sogar eine Lieblingsairline, die Sie mit Hilfe der Aspekte, die ich in den folgenden Kapiteln anreiße, abklopfen möchten. Ferner unterliegt die Airline-Branche einem stetigen Wandel. Würde ich eine Fluggesellschaft als konkretes Beispiel heranziehen, hat dies gegebenenfalls zum Zeitpunkt meiner Recherche seine Berechtigung. Ein paar Wochen später ziehen im besten Fall Mitbewerber nach und das Beispiel ist zum Branchen-Standard geworden. Daher möchte ich mit diesem Buch tatsächlich eher ein Hilfsmittel anbieten, mit dem Sie prüfen können, ob und wie Sie weiterhin fliegen möchten. Lediglich unter Aspekt 12 – Die Kompensation des Flugs und unter Aspekt 13 – Der Treibstoff arbeite ich mit konkreten Beispielen, zu denen ich auch Zahlen von Airlines zurate gezogen habe. Um Sie mit Tipps noch ein wenig besser unterstützen zu können, habe ich dort, wo es möglich ist, entsprechende Webseiten angegeben, die sich mit dem jeweiligen Aspekt objektiv auseinandersetzen und Ihnen womöglich für ihre persönliche Recherche dienen können.

Ein weiteres Schlagwort, das oft im selben Atemzug mit dem Klimawandel genutzt wird, ist die Nachhaltigkeit. Diese schließt die eben angerissenen ökologischen Aspekte ein. Doch Nachhaltigkeit geht noch einen Schritt weiter. Es geht auch um Wirtschaftlichkeit und um die sozialen Aspekte. Hier schließt sich der Kreis zu der Statistik der Flugpreise. Die Frage lautet schlicht, zu welchem Preis wir uns in den Flieger setzen, und wer letztlich den wahren Preis einer Flugreise zu zahlen hat, sprich die Steuerzahler*innen, die Umwelt, die Mitarbeiter*innen oder doch alleine die Passagiere?

Auf den kommenden Seiten geht es folglich auch um die soziale Nachhaltigkeit im Luftverkehr, ehe ich mich in der Nachbetrachtung den sozio-ökonomischen Aspekten des Fliegens widme – die aktuell in vielen Diskussionen rund um das Thema Fliegen keine Berücksichtigung mehr finden. Über Feedback zu meinem Buch, insbesondere über Kritik zu meinen Ausführungen der folgenden Aspekte, freue ich mich. Im Impressum finden Sie entsprechende Kontaktmöglichkeiten.

Mainz, im Januar 2020

Christoph Kessel

Aspekt 1 – Der Weg zur Buchung

Flüge können seit jeher direkt bei einer Airline gebucht werden. Im Gegensatz zu diesem Direktverkauf, bieten Reisebüros im indirekten Verkauf ebenfalls die Möglichkeit, Tickets zu erwerben – nach eingehender Beratung.

Wir sind es mittlerweile gewohnt, viele Dinge in unserem Alltag mit ein oder zwei Klicks online zu bestellen oder zu reservieren. Das funktioniert beim Buchen von Flügen natürlich auch. Allerdings ist es bei der Buchung im Internet relativ schwierig, viele der Aspekte, die ich in den nächsten Kapiteln anreiße, selbst zu überprüfen. Die Webseiten und Apps der Airlines sind sich in der Regel sehr ähnlich. Es gibt eine Buchungsmaske, in der die Details für den Flug eingegeben werden. Im besten Fall besteht die Möglichkeit, Sonderwünsche anzugeben oder zusätzliche Services zu buchen. Einige wenige Airlines haben Ausgleichsprogramme (siehe Aspekt 12 – Die Kompensation des Flugs) bereits in den Buchungsprozess integriert. Das ist aber aktuell noch die große Ausnahme.

 

Dennoch verzeichnen die meisten Airlines große Umsatzzuwächse im Direktverkauf. War es früher möglich, im Stadtbüro der jeweiligen Airline Tickets zu kaufen, wurden diese bei den meisten Airlines mittlerweile abgeschafft. Auch der Ticketschalter am Flughafen hat fast überall ausgedient. Telefonisch zu buchen, ist zwar noch möglich. Den Großteil der Umsätze verzeichnen Airlines mittlerweile jedoch beim Online-Direktverkauf. Es ist stark anzunehmen, dass die meisten Kunden, die diesen Buchungsweg wählen, sehr preissensibel sind. Sie stoßen auf eine Preiskampagne und werden auf die Buchungsseite der Airline geleitet. Ob neben dem Preis weitere Aspekte zur Kaufentscheidung beitragen, sei dahingestellt. Vielleicht entsteht durch das verlockend günstige Angebot auch erst das Bedürfnis zu fliegen.

Alternativlos ist dieser Kaufprozess natürlich nicht. In Deutschland gibt es auch 2020 noch mehrere Tausend Reisebüros, deren Personal aufgrund der dualen Ausbildung bestens geschult ist und mit Sicherheit bei vielen der folgenden Aspekte eine Hilfestellung zur Entscheidungsfindung geben kann.

2004 wurde in Deutschland von vielen Fluggesellschaften die so genannte „Nullprovision“ eingeführt. Reisebüros gelten demnach als ein Makler, der im Auftrag des Kunden aktiv wird. Daher erhält das Reisebüro von den Airlines in der Regel keine Provision und ist auf das Beratungsentgelt angewiesen, das der Kunde entrichtet. Im Gegenzug sollte der Kunde eine objektive Beratung erhalten. Schließlich möchte das Reisebüro den Kunden möglichst an sich binden, damit dieser im besten Fall die nächste (Flug)-Reise wieder dort bucht.

Airlines, die sich von Mitbewerbern nicht (ausschließlich) über den Preis abheben möchten, investieren entsprechend in die Reisebüro-Kommunikation. Teilweise gibt es eigene Extranet-Seiten für Reisebüro-Mitarbeiter*innen, auf denen komplizierte Buchungsprozesse dargestellt werden, die sich teilweise bis heute gar nicht online vornehmen lassen. Es gibt im besten Fall auch separate Call Center, in denen die Reisebüro-Mitarbeiter*innen anrufen oder mit den Airline-Angestellten chatten können, um nicht alltägliche, sehr spezielle Fragen umgehend beantwortet zu bekommen.

Für komplizierte Reiswünsche eignet sich daher der Gang ins Reisebüro. Durch Ihr Nachfragen in Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit tragen Sie dazu bei, dass das Thema auch bei Airlines auf der Agenda erscheint, die sich damit bisher weniger auseinandergesetzt haben. Denn viele Reisebüros werden auch heute noch von Außendienstmitarbeiter*innen der Fluggesellschaften besucht, um zu erfahren, was den Kunden wichtig ist. Folglich können Sie dazu beitragen, dass diesem Thema mehr Aufmerksamkeit zukommt.

Und was den Flugpreis anbetrifft: Manche Reisebüro-Mitarbeiter*innen sind bei der Tarifierung extrem kreativ und können es mit den Preisvergleichsportalen im Internet aufnehmen, so dass sich das Beratungsentgelt letztlich sogar amortisiert, gerade wenn Sie für mehrere Personen buchen.

Letztendlich bewahrt Sie das Reisebüro womöglich sogar vor bösen Überraschungen. Die Mitarbeiter*innen weisen vielleicht darauf hin, dass es (Pflicht)-Impfungen für Ihr Zielland gibt, dass ein Visum zur Einreise oder ein bestätigtes Rückflugticket notwendig sind. Und kennen Sie immer Ihre Freigepäckgrenze? Dazu mehr in den entsprechenden Kapiteln.

Mit Bedacht fliegen setzt gegebenenfalls eine kompetente Beratung voraus. Die aktuellen Entwicklungen in der sich schnell verändernden Airline-Branche sollten Reisebüromitarbeiter*innen in einem guten Reisebüro kennen und Ihnen vermitteln können.

Aspekt 2 – Der Abflughafen

Aufgrund des föderalen Systems in Deutschland gibt es keinen Zentralflughafen wie in vielen Nachbarländern. Es gibt eine Vielzahl von Regionalflughäfen und wenige Großflughäfen. Dadurch besteht tatsächlich eine echte Wahlmöglichkeit beim Abflughafen.

Der deutsche Flughafenverband ADV hat 31 Mitglieder, die sich in „internationale Verkehrsflughäfen“ (22) und „regionale Verkehrsflughäfen und -landeplätze“ (9) unterteilen{3}. Mit Ausnahme von Sachsen-Anhalt hat jedes Bundesland mindestens ein ADV-Mitglied. Mit Bedacht fliegen könnte bedeuten, den nächsten Flughafen möglichst mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.

Mit der Debatte, welcher Flug sinnvoll ist und welcher nicht, könnte man sicherlich Seiten füllen und womöglich ein eigenes Buch verfassen. Da es in diesem Buch um bedachtsames Fliegen geht, sollte die Entscheidung, welchen Flug an sich Sie selbst für sinnvoll erachten, auch Ihre Entscheidung bleiben.

Möchte man Ziele außerhalb Europas erreichen, schränkt sich der Kreis der Flughäfen ein, die einen Interkontinentalflug anbieten oder einen Zubringerdienst zu diesen Flughäfen in ihrem Flugplan gelistet haben.

Ein Kriterium, den „richtigen“ Flughafen auszuwählen, könnte beispielsweise die Frage nach dem Lärmschutz sein, ob etwa ein Nachtflugverbot existiert{4} und wie dieses tatsächlich umgesetzt wird.

Eine Kennzahl, die ein Flughafen ausweist, sind die so genannten „Ferry flights“, zu Deutsch Überführungsflüge. Diese sind unter Nachhaltigkeitskriterien natürlich absolut kontraproduktiv, da bei dieser Art des Flugs eine leere Maschine von A nach B fliegt. Die Gründe für solche Flüge sind vielfältig. Natürlich lässt keine Fluggesellschaft ihr Fluggerät grundlos ohne so genannte „Payload“ (Passagiere, Fracht, Post) durch die Welt fliegen. Bei Fluggesellschaften, die nach einem regulären Flugplan fliegen, ist das die absolute Ausnahme, wenn beispielsweise der Flugplan aufgrund von Störungen durch Wetter derart durcheinander gewirbelt wurde, dass mehrere Flugstrecken gestrichen werden. Das Flugzeug fliegt dann zum nächsten Flughafen, um dort den regulären Flugbetrieb wieder pünktlich aufzunehmen.

Wesentlich öfter kommt es zu Überführungsflügen bei so genannten Charterflügen, bei denen das Flugzeug von einem Veranstalter für eine Strecke gemietet wird. Das Flugzeug fliegt gegebenenfalls vor oder nach dem Passagierflug leer, um den nächsten Charterflug-Auftrag zu erfüllen. Nachzuforschen, woher die Maschine kommt oder wohin sie im Anschluss fliegt, ist in diesem Fall wahre Detektivarbeit, da diese Flugplandaten natürlich nicht über Anzeigetafeln im Flughafen oder dessen Webseite einzusehen sind. Von daher ist es praktisch unmöglich, bei einem Charterflug eine entsprechende Prognose abzugeben.

Ob ein Flughafen seine Daseinsberechtigung hat oder nicht, könnte ein weiteres Kriterium für bedachtsames Fliegen sein. Schließlich gibt es bei jedem Flughafen zunächst einmal Flächen, die benötigt und versiegelt werden, egal wie hoch die Zahl der täglichen An- und Abflüge und die damit verbundene Lärmbelästigung ist. Gerade in den 1990er Jahren hatte Deutschland in strukturschwächeren Regionen damit zu kämpfen, dass die Truppen der Amerikaner, Briten, Franzosen und Sowjets aus Deutschland abzogen. Viele Menschen fanden in der Zeit des Kalten Kriegs beim Militär Arbeitsplätze, die damals verschwanden. An zahlreichen Standorten gab es allerdings Militärflughäfen, die sich auch zivil nutzen ließen. So entstanden viele Konversionsprojekte, mit deren Hilfe Arbeitsplätze gesichert wurden. Diese Flughäfen wurden vermehrt von neu gegründeten Fluggesellschaften angeflogen. Der wirtschaftliche Erfolg stellte sich bei vielen dieser Flughäfen leider nicht ein, weshalb sie mit der Zeit auf staatliche Beihilfen zurückgriffen.

Die EU erließ 2013 Leitlinien für staatliche Beihilfen für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften{5}. In diesen Leitlinien findet sich in der Einleitung der Hinweis, dass bereits 2011 der Marktanteil der „Billigfluganbieter“ (42,4 Prozent) den der „etablierten Fluggesellschaften“ (42,2 Prozent){6} erstmals überstieg. Ferner findet sich in dieser Einleitung der Hinweis, „dass bei der Flughafeninfrastruktur in Bezug auf die Passagiernachfrage und den Bedarf der Luftverkehrsgesellschaften erhebliche Überkapazitäten bestehen“{7}. Es wird weiterhin auf spezielle Geschäftsgebaren hingewiesen: „Die Entwicklung des Marktes und die enge Zusammenarbeit zwischen Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften haben jedoch allmählich den Weg für eine große Bandbreite an Geschäftspraktiken geebnet. Dazu zählt unter anderem der Abschluss langfristiger Verträge mit differenzierten Tarifen, die zuweilen erhebliche Anreize und Marketingunterstützung vorsehen, welche von den Flughäfen und/oder den lokalen Behörden an die Luftverkehrsgesellschaften gezahlt werden. Vor diesem Hintergrund könnten für den Betrieb von Flughäfen bereitgestellte öffentliche Mittel an Luftverkehrsgesellschaften weitergeleitet werden, um mehr gewerblichen Verkehr anzuziehen, was zu einer Verfälschung des Wettbewerbs auf den Luftverkehrsmärkten führen würde“{8}.

Diesen Zitaten ist zu entnehmen, dass letztlich über staatliche Beihilfen indirekt Flugpreise subventioniert wurden, um Flüge anzubieten, die sich im freien Wettbewerb nicht rentieren würden. Daher hat die EU diese Beihilfen auf maximal zehn Jahre begrenzt, so dass ab Ende 2024 ein solches Agieren bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr möglich ist. Die Seite Airliners.de hat 2014 eine Liste der deutschen Flughäfen erstellt, die von den damals neuen EU-Subventionsregeln betroffen sind{9}.

Ein weiteres Kriterium für die Wahl des Abflughafens ist die Pünktlichkeitsstatistik{10}. Je mehr Verspätungen es an einem Flughafen gibt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es an diesem Flughafen auch Warteschleifen in der Luft gibt, bei denen unnötig viel Treibstoff verbraucht wird. Gleiches gilt beim Abflug, für das Rollen zur Startbahn. Die Flugzeuge verbrauchen auf dem Weg zur Startbahn bereits Treibstoff. Wenn die Start- und Landebahnen durch andere Flugzeuge belegt sind, entsteht ein Stau. In diesem Fall wird dann unnötig viel Treibstoff verbraucht.

Mit Bedacht fliegen fängt bei der Wahl des Abflughafens an. Unter Nachhaltigkeitskriterien sollten sowohl ökologische Aspekte (Lärmschutz, Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Art des Flugs, Pünktlichkeit) als auch ökonomische Aspekte (Rentabilität) eine Rolle spielen.

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