Redewendungen: Überflüssiges (Wasser)

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Carsten Both

Redewendungen: Überflüssiges (Wasser)

Redewendungen – Oft verwendet, Ursprung unbekannt?! – EPISODE 64

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Inhaltsverzeichnis

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Episode 64

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Impressum neobooks

Episode 64

Überflüssiges (Wasser)

In einem globalen (Wasser-)Kreislauf kann es (Wasser-)Überfluss sowieso nur im übertragenen Sinne geben – abgesehen vom kurzfristigen lokalen Zuviel, wie es sporadisch beim Ertrinken [vgl. Episode 60] oder beim Sintfluten [vgl. Episode 59] auftritt. Insofern macht es nur Sinn, Überflüssiges in Redewendungen zu thematisieren, um Unsinnigkeit zu illustrieren:

Regelrecht etwas Überflüssiges erzeugt, wer Wasser ins Meer, in den Brunnen, in den Bach, in den Fluss schüttet oder trägt. Da diese Tätigkeit ähnlich sinnvoll ist, wie das Einschleppen von Eulen in die Griechen-Kapitale oder das Mitbringen von Holz in den Wald [vgl. Episode 3], meint auch diese Redewendung, die in der Provinz, etwa bei den dörflichen Anliegern von Donau (Lauingen), Rhein (Köln) und Elbe (Hamburg), zugleich oder bloß mit dem jeweiligen Flussnamen bekannt ist, etwas offensichtlich Aussichtsloses tun, was Vergebliches anstellen.

Die Brunnenvariante „schüttet Wasser in eyn Brunn“ wurde bereits vom Narrenliteraten Sebastian Brant (1457/58-1521) spöttisch im legendären deutschsprachigen „Narrenschiff“ (1494) angeführt, inklusive eines die sinnvolle Tat illustrierenden Holzschnitts.

Die Rhein-Version ist beim Brant-Kollegen, Moralisten und Spiegelvorhalter Thomas Murner (1475-1537) zu finden, der in „Schelmenzunft“ (1512) die gerade angebrochene Neuzeit bereits monierte: „Die iunge Welt ist so verkert, mich dunckt, wer sy ietzt Boßheit lert, der dreit das Wasser in den Ryn.“ Dass die „junge Welt“ mittlerweile erwachsen bis vergreist ist, ändert nichts an der ewigen Gültigkeit dieses Spruchs.

Der Ursprung der Wendung ist jedoch in der Antike zu suchen, denn schon den reimenden Zeitgenossen unseres germanischen Helden Arminius war diese Art von Überflüssigkeit bekannt: Der römische Dichter Publius Ovidius Naso (43 v.Chr. - um 17 n.Chr.) nutzte die lateinische Redewendung „aquas in mare fundere“ („Wasser ins Meer gießen“) um Vergebliches zu verdeutlichen; Ovid hätte damit also item sein eigenes langes, anbiederndes Bemühen um Begnadigung beschreiben können, nachdem er 8 von Kaiser Augustus (63 v.Chr. - 14 n.Chr.) ans Schwarze Meer verbannt worden war. Nur um Ihre boulevardeske Neugier zu befriedigen: Glaubt man antiken Gerüchten, dann war der Metamorphosen-Autor und Erotik-Dichter (nur) deshalb verbannt worden, weil er die (eine) heiße Julia bzw. Iulia (19/18 v.Chr. - 28 n.Chr.) zufällig bei ihrem Lieblingshobby beobachtet hatte – und dabei hatten in Rom doch alle längst gewusst, was für ein mieses Flittchen Augustus’ Enkelin war! Sie kam also ganz nach ihrer gleichnamigen Mutter; diese Julia (39 v.Chr. - 14 n.Chr.) war schon 2 v.Chr. wegen unzähliger Orgien und Liebhaber vom Vater aus Rom verbannt worden.

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