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Aus der Reihe: Ein Riley Paige Krimi #3
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E R S E H N T

(EIN RILEY PAIGE KRIMI - BAND #3)

B L A K E P I E R C E

Blake Pierce

Blake Pierce ist die Autorin der Bestseller Riley Paige Krimi Serie, die bisher die spannenden Thriller VERSCHWUNDEN (Band #1), GEFESSELT (Band #2) und ERSEHNT (Band #3) umfasst. Blake Pierce ist außerdem auch die Autorin der MACKENZIE WHITE Krimi Serie.

Blake Pierce ist eine begeisterte Leserin und schon ihr ganzes Leben lang ein Fan des Krimi und Thriller Genres. Blake liebt es von Ihnen zu hören, also besuchen Sie www.blakepierceauthor.com und bleiben Sie in Kontakt!

Copyright © 2016 Morgan Rice

Aus dem Englischen von Marina Sun

Alle Rechte vorbehalten.

Außer durch eine Genehmigung nach dem U.S. Copyright Act von 1976, darf kein Teil dieses Buches ohne ausdrückliche Genehmigung der Autorin vervielfältigt, vertrieben oder in irgendeiner Form übermittelt, in Datenbanken oder Abfragesystemen gespeichert werden.

Dieses E-Book ist nur für ihren persönlichen Gebrauch lizenziert. Es darf nicht weiterverkauft oder an Dritte weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch mit anderen teilen möchten, erwerben Sie bitte für jeden Empfänger eine zusätzliche Kopie. Wenn Sie dieses Buch lesen, aber nicht gekauft haben, oder es nicht für Sie gekauft wurde, geben Sie es bitte zurück und erwerben Sie eine eigene Kopie. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit der Autorin respektieren.

Dieses Buch ist eine fiktive Geschichte. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind von der Autorin frei erfunden oder werden fiktiv verwendet. Ähnlichkeiten mit echten Personen, lebendig oder verstorben, sind zufällig.

Copyright Umschlagbild GongTo, genutzt unter der Lizenz von Shutterstock.com

BÜCHER VON BLAKE PIERCE

RILEY PAIGE KRIMI SERIE

VERSCHWUNDEN (Band #1)

GEFESSELT (Band #2)

ERSEHNT (Band #3)

MACKENZIE WHITE KRIMI SERIE

BEVOR ER TÖTET (Band #1)

Inhalt

PROLOG

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINUNDZWANZIG

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

KAPITEL VIERUNDZWANZIG

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG

KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG

KAPITEL NEUNUNDZWANZIG

KAPITEL DREISSIG

KAPITEL EINUNDDREISSIG

KAPITEL ZWEIUNDDREISSIG

KAPITEL DREIUNDDREISSIG

KAPITEL VIERUNDDREISSIG

KAPITEL FÜNFUNDDREISSIG

KAPITEL SECHSUNDDREISSIG

KAPITEL SIEBENUNDDREISSIG

KAPITEL ACHTUNDDREISSIG

KAPITEL NEUNUNDDREISSIG

KAPITEL VIERZIG

KAPITEL EINUNDVIERZIG

Prolog

Janine dachte, dass sie etwas Dunkles im Wasser, in der Nähe des Ufers, sah. Es war groß und schwarz und schien sich leicht in den sanften Wellen des Wassers zu bewegen.

Sie zog an dem Joint und reichte ihn ihrem Freund zurück. War das vielleicht ein wirklich großer Fisch? Oder eine andere Kreatur?

Janine schüttelte sich leicht und ermahnte sich, ihre Fantasie nicht mit sich durchgehen zu lassen. Angst würde ihr High ruinieren. Nimbo Lake war ein riesiges, künstliches Reservoir, in dem, wie in vielen anderen Seen in Arizona, Fische für Angler ausgesetzt waren. Hier hatte es noch nie Geschichten von irgendwelchen anderen Seekreaturen gegeben.

Sie hörte Colby sagen, “Wow, der See brennt!”

Janine drehte sich zu ihrem Freund um. Sein Gesicht voller Sommersprossen und die roten Haare leuchteten in der Sonne des späten Nachmittags. Er hatte gerade an dem Joint gezogen und starrte mit einem Ausdruck idiotischer Ehrfurcht über das Wasser.

Janine kicherte. “Du bist einfach high, Mann”, sagte sie. “Aber so was von.”

“Jup, aber schau dir den See an”, sagte Colby.

Janine sah über den See. Auch wenn ihr eigenes High noch nicht ganz den Höhepunkt erreicht hatte, war der Anblick beeindruckend. Die späte Nachmittagssonne ließ die Wände des Canyons in Rot und Gold erstrahlen. Das Wasser reflektierte die Farben wie ein großer Spiegel.

Sie erinnerte sich daran, dass nimbo Spanisch für Heiligenschein war. Der Name passte gut.

Sie nahm den Joint zurück und spürte das angenehme Brennen im Hals, als sie tief inhalierte. Bald würde sie das beste High erreicht haben. Sie freute sich darauf.

Trotzdem, was war die schwarze Form da im Wasser?

Nur eine Lichtspiegelung, sagte Janine sich selbst.

Was auch immer es war, es war besser es zu ignorieren, anstatt sich Angst machen zu lassen. Alles andere war so perfekt. Das hier war ihr Lieblingsplatz, ihrer und Colbys - so schön, in einer Bucht des Sees versteckt, weg von dem Campingplatz, weg von allem und jedem.

Sie und Colby kamen normalerweise am Wochenende her, aber heute hatten sie dafür die Schule geschwänzt. Das letzte Sommerwetter war zu gut, um in der Schule zu versauern. Es war deutlich kühler und schöner hier oben, als in Phoenix. Colbys Wagen stand auf dem Feldweg hinter ihnen.

Während sie über den See blickte, kam das ersehnte Summen - das Gefühl von einem wirklich guten, bevorstehenden High. Der See schien zu märchenhaft zu sein, um ihn anzusehen. Sie sah Colby an. Er sah auch unglaublich schön aus. Sie packte ihn am T-Shirt und küsste ihn. Er küsste sie zurück. Er schmeckte fantastisch. Alles an ihm sah fantastisch aus und fühlte sich auch so an.

Sie zog ihre Lippen von ihm zurück, sah ihm in die Augen und sagte atemlos, “Nimbo heißt Heiligenschein, wusstest du das?”

“Wow”, sagte er. “Wow.”

Er klang als wäre das das Eindrucksvollste, was er je in seinem Leben gehört hatte. Er hörte sich so seltsam an, während er das sagte, als wäre es etwas Religiöses. Janine fing an zu lachen und Colby stimmte mit ein. Innerhalb von Sekunden lagen sie sich in den Armen, grapschten und befummelten sich.

Janine schaffte es sich loszureißen.

“Was ist los?” fragte Colby.

“Nichts”, sagte Janine.

Sie zog sich mit einem Ruck ihr Top über den Kopf. Colbys Augen wurden groß.

“Was machst du?” fragte er.

“Was glaubst du, das ich mache?”

Sie begann an seinem T-Shirt zu zerren und versuchte es ihm auszuziehen.

“Wow, warte”, sagte Colby. “Hier?”

“Warum nicht hier? Besser als auf dem Rücksitz von deinem Wagen. Niemand guckt zu.”

 

“Aber vielleicht kommt ein Boot …”

Janine lachte “Und was, wenn ein Boot kommt? Wen kümmert's?”

Jetzt beteiligte Colby sich enthusiastisch und half ihr sein T-Shirt auszuziehen. Sie waren in ihrer Aufregung beide tollpatschig, was die Vorfreude nur noch erhöhte. Janine fragte sich, warum sie das nicht schon längst hier getan hatten. Es war schließlich nicht das erste Mal, dass sie hier einen Joint rauchten.

Aber Janine dachte immer noch an die Form im Wasser. Es war etwas und bis sie wusste, was es war, würde es sie weiter nerven und alles ruinieren.

Keuchend richtete sie sich auf.

“Komm”, sagte sie. “Lass uns etwas nachsehen.”

“Was?” fragte Colby.

“Ich weiß nicht. Komm einfach mit.”

Sie nahm Colbys Hand und sie stolperten den Abhang zum Wasser hinunter. Janines High fing an sich abzukühlen. Sie hasste es, wenn das passierte. Je schneller sie herausfand, dass das Ganze harmlos war, desto schneller konnte sie zu dem guten Gefühl zurückkehren.

Sie wünschte sich, ihr High wäre nicht so schnell und stark gekommen.

Mit jedem Schritt kam das Objekt mehr ins Blickfeld. Es war aus schwarzem Plastik und hier und da brachen kleine Blasen davon durch die Wasseroberfläche. Und daneben war etwas Kleines und Weißes.

Als sie direkt am Wasser standen, konnte Janine sehen, dass es ein schwarzer Müllsack war. An einem Ende war er offen und aus der Öffnung ragte die Form einer unnatürlich bleichen Hand.

Vielleicht eine Schaufensterpuppe, dachte Janine.

Sie beugte sich zum Wasser, um einen besseren Blick zu bekommen. Die grellrot angemalten Fingernägel standen in starkem Kontrast zu der bleichen Farbe. Eine schreckliche Erkenntnis durchfuhr Janines Körper wie ein elektrischer Schlag.

Die Hand war echt. Es war eine Frauenhand. In dem Müllsack war eine Leiche.

Janine fing an zu schreien. Sie hörte auch Colby neben sich schreien.

Und sie wusste, dass sie für eine lange Zeit nicht in der Lage sein würden, mit dem Schreien aufzuhören.

Kapitel Eins

Riley wusste, das die Bilder, die folgten, ihre FBI Akademie Studenten schocken würden. Einige von ihnen würden es vermutlich schwer verkraften. Sie sah in die eifrigen jungen Gesichter, die sie von den im Halbkreis hintereinander aufgestellten Tischen ansahen.

Schauen wir mal, wie sie reagieren, dachte sie. Das könnte wichtig für sie sein.

Natürlich wusste Riley, dass in der breiten Palette der Verbrechen, Serienmorde relativ selten waren. Trotzdem mussten diese jungen Leute alles lernen, was es zu lernen gab. Sie wollten FBI Agenten werden und würden bald herausfinden, dass die meisten örtlichen Polizisten keine Erfahrung mit Serienverbrechen hatten. Und Spezialagentin Riley Paige war eine Autorität für Serienmorde.

Sie drückte auf die Fernbedienung. Die ersten Bilder, die auf dem großen Flachbildschirm erschienen, waren alles andere als gewalttätig. Es waren fünf Kohlezeichnungen von Frauen verschiedenen Alters. Alle fünf Frauen waren attraktiv und lächelten und die Porträts zeigten artistisches Talent.

Als Riley klickte, sagte sie, “Diese fünf Zeichnungen wurden vor acht Jahren von einem Künstler namens Derrick Caldwell angefertigt. Jeden Sommer hat er viel Geld damit verdient, Porträts von Touristen zu zeichnen, die hier auf dem Dunes Beach Boardwalk in Virginia unterwegs waren. Diese Frauen waren unter den letzten seiner Kunden.”

Nach dem letzten der fünf Porträts klickte Riley erneut. Die nächste Aufnahme zeigte das abscheuliche Bild einer offenen Gefriertruhe, die mit den abgetrennten Gliedmaßen weiblicher Körper gefüllt war. Sie hörte die Studenten hörbar nach Luft schnappen.

“Das ist aus diesen Frauen geworden”, sagte Riley. “Während er sie zeichnete, hat Derrick Caldwell sich davon überzeugt, dass, um seine eigenen Worte zu nutzen, sie 'zu schön waren, um zu leben.' Also hat er sie eine nach der anderen gejagt, sie getötet, zerteilt und in seiner Gefriertruhe aufbewahrt.”

Riley klickte wieder und die nächsten Bilder waren noch schockierender. Es waren Fotos, die von dem Team des Gerichtsmediziners gemacht worden waren, nachdem sie die Leichen wieder zusammengesetzt hatten.

Riley sagte, “Caldwell hat die Leichenteile 'gemischt', sodass die Frauen bis zur Unkenntlichkeit entmenschlicht wurden.”

Riley wandte sich wieder an die Klasse. Ein Student lief zum Ausgang, während er sich den Magen hielt. Auch andere sahen so aus, als wären sie kurz davor sich übergeben zu müssen. Viele hatten Tränen in den Augen. Nur eine Handvoll schien unbeeindruckt.

Paradoxerweise war sich Riley sicher, dass die unbeeindruckten Studenten diejenigen sein würden, die das Training in der Akademie nicht abschlossen. Für sie waren das hier nur Bilder, nichts Reales. Sie würden den wahren Horror nicht überleben, wenn sie ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden. Sie würden nicht in der Lage sein, die persönlichen Auswirkungen, den möglichen posttraumatischen Stress, zu verkraften. Visionen der brennenden Fackel stahlen sich immer noch von Zeit zu Zeit in ihre Gedanken, aber ihr PTBS nahm ab. Sie heilte. Aber sie war sich sicher, dass jeder zuerst etwas fühlen musste, bevor er sich davon erholen konnte.

“Und jetzt”, sagte Riley, “möchte ich, dass Sie mir sagen, ob die folgenden Aussagen wahr oder falsch sind. Hier ist die Erste. 'Die meisten Serienmörder töten aus sexuellen Gründen.' Fakt oder Mythos?”

Die Hände der Studenten schossen nach oben. Riley zeigte auf einen besonders eifrig aussehenden Studenten in der ersten Reihe.

“Fakt?” sagte er.

“Ja, Fakt”, bestätigte Riley. “Auch wenn es andere Motive gibt, ist die sexuelle Komponente die häufigste. Das kann verschiedene Formen annehmen, manchmal recht bizarre. Derrick Caldwell ist ein klassisches Beispiel. Der Gerichtsmediziner hat festgestellt, dass er die Leichen der Opfer geschändet hat, bevor er sie zerteilte.”

Riley sah, wie die meisten ihrer Studenten Notizen in ihre Laptops tippten. Sie fuhr fort, “Hier ist die nächste Aussage: 'Serienmörder werden zunehmend gewalttätiger, je länger sie töten.'“

Wieder hoben sich viele Hände. Diesmal zeigte sie auf einen Studenten weiter hinten in den Reihen.

“Fakt?” sagte der Student.

“Mythos”, schüttelte Riley den Kopf. “Auch wenn ich Ausnahmen für die Regel gesehen habe, zeigt sich in den meisten Fällen keine solche Änderung über die Zeit. Derrick Caldwells Gewalttätigkeit blieb konsistent, während er tötete. Aber er war waghalsig, kaum ein böses Genie. Er wurde gierig. Er hat seine Opfer in einem Zeitraum von anderthalb Monaten getötet. Indem er dadurch die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, war seine Verhaftung unausweichlich.”

Sie sah auf die Uhr und bemerkte, dass ihre Stunde vorbei war.

“Das ist alles für heute”, sagte sie. “Aber es gibt viele falsche Annahmen über Serienmörder und viele Mythen zirkulieren noch. Das BAU hat die Daten gesammelt und analysiert und ich habe an Serienmorden im ganzen Land gearbeitet. Trotzdem gibt es noch viele Informationen, die uns fehlen.”

Die Klasse zerstreute sich und Riley fing an, ihre Materialien zusammenzupacken, um nach Hause zu gehen. Drei oder vier Studenten drängten sich um ihr Pult, um Fragen zu stellen.

Ein Student fragte, “Agentin Paige, waren sie nicht auch an dem Derrick Caldwell Fall beteiligt?”

“Ja, das war ich”, sagte Riley. “Aber das ist eine Geschichte für ein andermal.”

Es war auch eine Geschichte, die sie nicht unbedingt erzählen wollte, aber das sagte sie nicht.

Eine junge Frau fragte, “Wurde Caldwell für seine Verbrechen hingerichtet?”

“Noch nicht”, sagte Riley.

Riley wollte nicht unhöflich sein, aber schob sich an den Studenten vorbei zum Ausgang. Caldwells bevorstehende Hinrichtung war nichts, was sie mit ihnen diskutieren wollte. In Wahrheit erwartete sie, dass die Hinrichtung jetzt jederzeit festgesetzt werden konnte. Als die leitende Agentin in seinem Fall, hatte sie die Einladung seinem Tod beizuwohnen. Sie hatte sich noch nicht entschieden, ob sie sie annehmen würde.

Riley fühlte sich gut, als sie aus dem Gebäude in einen angenehmen September Nachmittag ging. Sie hatte schließlich immer noch Urlaub vom Außendienst.

Seit ein wahnsinniger Serienmörder sie gefangen gehalten hatte, litt sie unter PTSD. Sie war entkommen und hatte ihren Peiniger schließlich ausschalten können. Aber selbst danach hatte sie keinen Urlaub gemacht. Sie war gleich zum nächsten Fall gefahren. Ein schauriger Fall im Hinterland von New York, der damit geendet hatte, dass sich der Mörder vor ihnen mit einem Messer die Kehle durchschnitt.

Der Moment verfolgte sie immer noch. Als ihr Vorgesetzter, Brent Meredith, sie wegen eines neuen Falles ansprach, hatte sie abgelehnt. Auf Merediths Vorschlag hin hatte sie zugestimmt stattdessen eine Klasse in Quantico, an der FBI Akademie zu unterrichten.

Als sie nun in ihr Auto stieg und nach Hause fuhr, dachte Riley darüber nach, was für eine gute Entscheidung es gewesen war. Endlich hatte ihr Leben ein Gefühl von Ruhe und Frieden.

Und trotzdem kroch ein vertrautes Gefühl in ihr hoch, eines, das ihr Herz mitten an diesem klaren, blauen Tag zum Pochen brachte. Es war das Gefühl von Vorahnung, wurde ihr klar, von etwas Drohendem, das kurz bevorstand.

Und so sehr sie auch versuchte sich vorzustellen für immer in dieser Ruhe zu verbringen, wusste sie doch, dass sie nicht anhalten würde.

Kapitel Zwei

Riley zuckte leicht zusammen, als sie das Vibrieren in ihrer Tasche spürte. Sie hielt vor der Haustür des neuen Stadthauses und zog ihr Telefon heraus. Ihr Herz setzte einen Schlag aus.

Es war eine Nachricht von Brent Meredith.

Rufen Sie an.

Riley machte sich Sorgen. Ihr Chef könnte einfach fragen wollen, wie es ihr ging. Das tat er in letzter Zeit häufiger. Auf der anderen Seite könnte er sie zurück zur Arbeit rufen. Was würde sie dann tun?

Ich würde natürlich nein sagen, dachte Riley bestimmt.

Das könnte allerdings alles andere als leicht werden. Sie mochte ihren Chef und sie wusste, dass er sehr überzeugend sein konnte. Es war eine Entscheidung, die sie nicht treffen wollte, also legte sie ihr Telefon zurück.

Als sie die Haustür öffnete und in ihr helles, sauberes neues Zuhause trat, verschwanden Rileys Ängste für einen Moment. Alles fühlte sich so richtig an, seit sie hierher gezogen waren.

Eine melodische Stimme rief.

“¿Quién es?”

“Soy yo,” rief Riley zurück. “Ich bin wieder zu Hause Gabriela.”

Ihre guatemalische Haushälterin trat aus der Küche und trocknete sich die Hände mit einem Handtuch. Es war schön Gabrielas lächelndes Gesicht zu sehen. Sie war seit langem ihre Haushälterin, schon Jahre bevor Riley sich von Ryan hatte scheiden lassen. Riley war dankbar, dass Gabriela zugestimmt hatte, bei ihr und ihrer Tochter einzuziehen.

“Wie war dein Tag?” fragte Gabriela.

“Sehr gut”, erwiderte Riley.

“¡Qué bueno!”

Gabriela verschwand wieder in der Küche. Der wundervolle Geruch von Abendessen lag in der Luft. Sie hörte Gabriela auf Spanisch singen.

Riley stand in ihrem Wohnzimmer und genoss ihre Umgebung. Sie und ihre Tochter waren erst vor kurzem hierher gezogen. Das kleine Haus im Farm-Stil, in dem sie seit dem Ende ihrer Ehe gelebt hatten, war zu isoliert, um sicher zu sein. Außerdem hatte Riley das dringende Verlangen gehabt, etwas zu ändern, für sich selbst und für April. Jetzt, wo ihre Scheidung endlich durch war und Ryan großzügigen Unterhalt zahlte, war es Zeit ein neues Leben anzufangen.

Es gab immer noch unfertige Ecken, um die sie sich kümmern musste. Viele ihrer Möbel waren recht alt und passten nicht in so ein hochwertiges Umfeld. Sie würde Ersatz dafür finden müssen. Eine der Wände sah zu leer aus und Riley hatte schon alle ihre Bilder aufgehängt. Sie machte sich eine mentale Notiz, am kommenden Wochenende mit April einkaufen zu gehen. Der Gedanke schien Riley angenehm normal, als wäre sie eine Frau mit einem schönen Familienleben anstatt eine Agentin, die teuflische Mörder jagte.

Jetzt fragte sie sich—wo ist April?

Sie lauschte. Keine Musik kam aus Aprils Zimmer im Obergeschoss. Dann hörte sie ihre Tochter schreien.

Aprils Stimme kam aus dem Garten hinter dem Haus. Riley keuchte und rannte durch den Esszimmerbereich auf die große Terrasse. Als sie sah, wie Aprils Gesicht und Oberkörper kurz über dem Zaun auftauchten, der zwischen den Gärten war, brauchte Riley einen Moment, um zu verstehen, was vor sich ging. Dann entspannte sie sich und lachte. Ihre automatische Panik war eine Überreaktion gewesen. Aber sie war instinktiv. Es war noch nicht lange her, dass Riley April aus den Fängen eines Wahnsinnigen hatte retten müssen, der es nur auf April abgesehen hatte, um sich an ihrer Mutter zu rächen.

 

April tauchte auf und verschwand wieder, wobei sie vor Freude quietschte. Sie sprang auf dem Trampolin des Nachbarn. Sie hatte sich schnell mit dem Mädchen angefreundet, das dort lebte. Sie war ein Teenager, etwa im gleichen Alter, und ging auf die gleiche Highschool.

“Sei vorsichtig!” rief Riley ihrer Tochter zu.

“Alles gut, Mom!” rief April atemlos zurück.

Riley lachte wieder. Es war ein fast unvertrauter Laut, der aus einem Gefühl entsprang, das sie beinahe vergessen hatte. Sie wollte sich wieder daran gewöhnen zu lachen.

Sie wollte sich auch an das freudige Gesicht ihrer Tochter gewöhnen. Es kam ihr vor, als wäre es erst gestern gewesen, dass April als ein schrecklich rebellischer und schmollender Teenager durch das Haus stampfte. Riley konnte April keinen Vorwurf machen. Sie wusste, dass sie als Mutter einiges zu wünsche übrig ließ. Sie tat alles was sie konnte, um das zu ändern.

An ihrer Beurlaubung gefiel ihr besonders gut, dass sie nicht die langen, unregelmäßigen Arbeitsstunden weit weg von zu Hause hatte. Jetzt stimmten ihre Stunden mit denen von April überein und Riley fürchtete sich vor dem Tag, an dem sich das wieder ändern würde.

Wir sollten es genießen, solange wir können, dachte sie.

Riley ging zurück ins Haus und hörte gerade rechtzeitig, wie es an der Türe klingelte.

Sie rief, “Ich gehe schon, Gabriela.”

Sie öffnete die Tür und war überrascht sich einem lächelnden Mann gegenüber zu finden, den sie nicht erkannte.

“Hi”, sagte er etwas schüchtern. “Ich bin Blaine Hildreth, von nebenan. Ihre Tochter ist gerade bei uns, mit meiner Tochter, Crystal.” Er hielt Riley eine Schachtel hin und fügte hinzu, “Willkommen in der Nachbarschaft. Ich habe Ihnen ein Einweihungsgeschenk mitgebracht.”

“Oh”, sagte Riley. Sie war von der unerwarteten Freundlichkeit überrascht. Daher brauchte sie einen Moment, bis sie sagen konnte, “Bitte, kommen Sie herein.”

Sie nahm die Schachtel ungelenk entgegen und bot ihm im Wohnzimmer an, sich zu setzen. Riley setzte sich auf das Sofa und hielt das Geschenk auf ihrem Schoss. Blaine Hildreth sah sie erwartungsvoll an.

“Das ist so freundlich von Ihnen”, sagte sie und öffnete die Schachtel. Es war ein gemischtes Set farbenfroher Kaffeebecher, zwei von ihnen mit Schmetterlingen, die anderen beiden mit Blumen.

“Die sind sehr schön”, sagte Riley. “Möchten Sie einen Kaffee?”

“Sehr gerne”, sagte Blaine.

Riley rief Gabriela, die aus der Küche kam.

“Gabriela, kannst du uns in diesen Bechern Kaffee bringen?” bat sie und reichte ihr die Schachtel. “Blaine, wie mögen Sie Ihren?”

“Schwarz bitte.”

Gabriela nahm die Becher mit in die Küche.

“Mein Name ist Riley Paige”, sagte sie zu Blaine. “Danke, dass Sie vorbeigekommen sind. Und vielen Dank, für das Geschenk.”

“Gern geschehen”, sagte Blaine.

Gabriela kam mit zwei Tassen köstlichen, heißen Kaffees zurück und ging dann wieder in die Küche. Zu ihrer Verlegenheit bemerkte Riley, dass sie ihren männlichen Nachbarn genau ins Auge nahm. Jetzt, da sie Single war, konnte sie der Versuchung nicht widerstehen. Sie hoffte, dass es ihm nicht auffiel.

Ach, und wenn schon, dachte sie. Vielleicht macht er gerade das gleiche mit mir.

Zuallererst fiel ihr auf, dass er keinen Ehering trug. Witwer oder geschieden, dachte sie.

Zweitens schien er etwa in ihrem Alter zu sein, vielleicht ein bisschen jünger, wahrscheinlich Ende dreißig.

Er sah außerdem recht gut aus. Er hatte beginnende Geheimratsecken, aber das sprach nicht gegen ihn. Und er schien schlank und fit zu sein.

“Also, was machen Sie so?” fragte Riley.

Blaine zuckte mit den Schultern. “Mir gehört ein Restaurant. Kennen Sie Blaine's Grill im Stadtzentrum?”

Riley war angenehm überrascht. Blaine's Grill war eines der schönsten Mittagstisch-Restaurants in Fredericksburg. Sie hatte gehört, dass es auch am Abend hervorragend war, aber sie hatte noch keine Möglichkeit gehabt es auszuprobieren.

“Da war ich schon”, sagte sie.

“Nun ja, das ist meins”, sagte Blaine. “Und Sie?”

Riley atmete tief durch. Es war nie einfach einem Fremden zu sagen, was sie beruflich tat. Vor allem Männer schienen von der Antwort eingeschüchtert zu werden.

“Ich bin beim FBI”, sagte sie. “Agentin im Außendienst.”

Blaine machte große Augen.

“Wirklich?” fragte er überrascht.

“Nun ja, jetzt gerade bin ich beurlaubt. Ich unterrichte eine Klasse an der Akademie.”

Blaine lehnte sich interessiert vor.

“Wow. Ich bin sicher, dass Sie faszinierende Geschichten haben. Ich würde mich freuen eine zu hören.”

Riley lachte leicht nervös. Sie fragte sich, ob sie jemals in der Lage sein würde jemandem außerhalb des Büros von den Dingen zu erzählen, die sie erlebt hatte. Es würde noch schwerer sein über die Dinge zu reden, die sie getan hatte.

“Ich denke nicht”, sagte sie schärfer als beabsichtigt. Riley konnte sehen, wie Blaine sich versteifte und musste einsehen, dass ihr Ton recht unhöflich gewesen war.

Er ließ die Schultern fallen und sagte, “Verzeihung. Ich wollte Ihnen kein Unbehagen bereiten.”

Sie unterhielten sich noch eine Weile, aber Riley war bewusst, dass ihr neuer Nachbar deutlich reservierter war, als am Anfang. Nachdem er sich höflich verabschiedet hatte, schloss Riley die Tür hinter ihm und seufzte. Ihr wurde klar, dass sie sich so nicht beliebt machen konnte. Die Frau, die ein neues Leben anfangen wollte, war immer noch die gleiche alte Riley.

Aber sie sagte sich selbst, dass das im Moment kaum etwas ausmachte. Eine Trostbeziehung war das letzte, was sie gerade brauchte. In ihrem Leben musste einiges geordnet werden und sie fing gerade erst an, Fortschritte in diese Richtung zu machen.

Trotzdem war es nett gewesen, sich einige Minuten mit einem attraktiven Mann zu unterhalten und eine Erleichterung endlich Nachbarn zu haben - und so nette noch dazu.

*

Als Riley und April sich zum Abendessen an den Tisch setzten, konnte April die Finger nicht von ihrem Smartphone lassen.

“Bitte hör auf zu texten”, sagte Riley. “Nicht beim Essen.”

“Gleich, Mom”, sagte April. Sie tippte weiter auf ihrem Handy.

Mittlerweile war Riley von Aprils Teenagerverhalten nur noch leicht genervt. Wenn sie ehrlich war, hatte es auch seine guten Seiten. April machte in diesem Jahr große Fortschritte in der Schule und fand neue Freunde. Soweit es Riley betraf, waren diese auch deutlich angenehmer, als die Kinder, mit denen April sich vorher getroffen hatte. Riley nahm an, dass April gerade einem Jungen schrieb, an dem sie interessiert war. Bisher hatte April ihn allerdings nicht erwähnt.

April hörte auf zu texten, als Gabriela mit einem Tablett Chiles Rellenos aus der Küche kam. Als sie die dampfenden, köstlich gefüllten Paprika auf den Küchentisch stellte, kicherte April schelmisch.

“Scharf genug, Gabriela?” fragte sie.

“Sí”, kicherte Gabriela ebenfalls.

Es war ein Running Gag zwischen den dreien. Ryan hatte Gerichte verabscheut, die zu scharf waren. Tatsächlich konnte er sie kaum essen. Wohingegen April und Riley nach dem Mott lebten je schärfer, desto besser. Gabriela musste sich nicht länger zurückhaltend - oder zumindest nicht so sehr wie früher. Riley bezweifelte, dass April oder sie die Schärfe von Gabrielas originalen Gerichten aus Guatemala verkraften könnten.

Nachdem Gabriela das Essen verteilt hatte, sagte sie, “Der Mann war guapo, nicht wahr?”

Riley spürte, wie sie rot wurde. “Gutaussehend? Das war mir gar nicht aufgefallen, Gabriela.”

Die Haushälterin lachte laut auf. Sie setzte sich zu ihnen an den Tisch und fing an, eine kleine Melodie zu summen. Riley nahm an, dass es sich um ein guatemalisches Liebeslied handelte. April starrte ihre Mutter an.

“Was für ein Mann, Mom?” fragte sie.

“Oh, unser Nachbar war kurz hier---”

April unterbrach sie aufgeregt. “Oh mein Gott! War es Crystals Vater? Er war es, oder? Ist der nicht super?”

“Und ich glaube er ist alleinstehend.” warf Gabriela ein.

“Okay, genug ihr zwei”, sagte Riley mit einem Lachen. “Lasst mir ein bisschen Raum zum Atmen. Es ist nicht nötig, dass ihr beide mich mit dem Mann von nebenan verkuppelt.”

Sie machten sich über die gefüllten Paprika her und sie waren fast mit dem Essen fertig, als Riley ihr Handy vibrieren spürte.

Verdammt, dachte sie. Ich hätte es nicht mit an den Tisch nehmen sollen.

Das Vibrieren hörte nicht auf. Sie konnte es nicht weiter ignorieren. Seit sie nach Hause gekommen war, hatte Brent Meredith ihr noch zwei weitere Nachrichten hinterlassen und sie hatte sich jedes Mal gesagt sie würde ihn später zurückrufen. Jetzt ließ es sich nicht länger hinauszögern. Sie entschuldigte sich und stand auf, um den Anruf anzunehmen.

“Riley, es tut mir leid Sie so zu überfallen”, sagte ihr Chef. “Aber ich brauche wirklich Ihre Hilfe.”

Riley war überrascht, dass Meredith sie beim Vornamen nannte. Das war selten. Auch wenn Sie sich ihm sehr nah fühlte, sprach er sie normalerweise als Agentin Paige an. Er legte immer sehr viel Wert auf Formalitäten.

“Worum geht es, Sir?” fragte Riley.

Meredith schwieg für einen Moment. Riley fragte sich, warum er so zurückhaltend war. Ihre Stimmung sank. Sie spürte, dass es genau die Art von Anruf war, die sie gefürchtet hatte.

“Riley, ich möchte Sie um einen persönlichen Gefallen bitten”, sagte er und klang dabei weitaus weniger bestimmend als üblich. “Ich wurde gebeten einen Mord in Phoenix untersuchen zu lassen.”

Riley war überrascht. “Einen einzelnen Mord?” hakte sie nach. “Warum ist dafür das FBI nötig?”

“Ich habe einen alten Freund in der Außenstelle in Phoenix”, sagte Meredith. “Garrett Holbrook. Wir sind zusammen auf die Akademie gegangen. Seine Schwester Nancy war das Opfer.”

“Das tut mir leid”, sagte Riley. “Aber die örtliche Polizei …”

In Merediths Stimme hörte sie eine seltene, flehende Note.

“Garrett braucht unsere Hilfe. Sie war eine Prostituierte. Sie ist einfach verschwunden und dann ist ihre Leiche in einem See gefunden worden. Er möchte, dass wir den Mord als die Arbeit eines Serienmörders betrachten.”