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II. Grenzen der Auslegungszuständigkeit der mitgliedstaatlichen Gerichte

236

Die Kompetenz der mitgliedstaatlichen Gerichte zur Auslegung des nationalen Rechts kann grundsätzlich nicht durch das Unionsrecht eingeschränkt werden. Gleichwohl kann die Interpretation mitgliedstaatlicher Normen die Auslegung unionsrechtlicher Normen erforderlich machen. Mit der Auslegung der Normen des EU-Rechts ist jedoch nach Art. 19 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 EUV der Gerichtshof der EU betraut. Die insoweit erfolgte notwendige Verzahnung zwischen unionsrechtlicher und mitgliedstaatlicher Rechtsprechung wird in dem Begriff zum → Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV dargestellt.

A › Ausschluss (aus der EU) (Matthias Knauff)

Ausschluss (aus der EU) (Matthias Knauff)

I.Allgemeines237

II.Europarecht238 – 240

III.Völkerrecht241 – 243

Lit.:

F. Götting, Die Beendigung der Mitgliedschaft in der Europäischen Union, 2000; D. Hanschel, Der Rechtsrahmen für den Beitritt, Austritt und Ausschluss zu bzw. aus der Europäischen Union und Währungsunion –Hochzeit und Scheidung à la Lissabon, NVwZ 31 (2012), 995; G. Meier, Die Beendigung der Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft, NJW 27 (1974), 391; A. Puttler, Sind die Mitgliedstaaten noch „Herren“ der EU? – Stellung und Einfluss der Mitgliedstaaten nach dem Entwurf des Verfassungsvertrages der Regierungskonferenz, EuR 39 (2004), 669; S. Schmahl, Die Reaktionen auf den Einzug der Freiheitlichen Partei Österreichs in das österreichische Regierungskabinett – Eine europa- und völkerrechtliche Analyse, EuR 35 (2000), 819; J. Zeh, Recht auf Austritt, ZEuS 7 (2004), 173.

A › Ausschluss (aus der EU) (Matthias Knauff) › I. Allgemeines

I. Allgemeines

237

Die Frage nach der Möglichkeit des Ausschlusses eines Mitgliedstaates aus der EU gegen dessen Willen hat bislang keine praktische Bedeutung erlangt. Gleichwohl wird sie vor dem Hintergrund problematischer Entwicklungen in einzelnen EU-Mitgliedstaaten gelegentlich thematisiert. Für ihre Beantwortung sind sowohl das Europa- als auch das Völkerrecht von Bedeutung.

A › Ausschluss (aus der EU) (Matthias Knauff) › II. Europarecht

II. Europarecht

238

Das → Primärrecht der EU enthält keine Regelungen über den Ausschluss eines Mitgliedstaates. Insbesondere ermächtigt die an eine schwerwiegende und anhaltende Verletzung der Grundwerte der EU i.S.v. Art. 2 EUV anknüpfende Regelung über die Suspendierung der Mitgliedschaftsrechte in Art. 7 Abs. 3 EUV nicht zu einem Ausschluss des betreffenden Mitgliedstaates aus der EU.

239

Hieraus ist zugleich die europarechtliche Wertung zu entnehmen, dass die umstrittene Möglichkeit des Ausschlusses eines Mitgliedstaates aus der EU auf völkerrechtlicher Grundlage allenfalls bei noch schwerwiegenderen Verletzungen des Europarechts in Betracht kommt und (mindestens) die Verfahrenserfordernisse des Art. 7 Abs. 3 EUV beachtet sein müssen.

240

Ein Ausschluss im Wege der → Vertragsänderung kommt wegen der notwendigen Zustimmung des betreffenden Mitgliedstaates nicht in Betracht. Schließlich ist auch ein Gegenschluss aus der Existenz der Regelungen über den im Ermessen jedes einzelnen Mitgliedstaats stehenden → Austritt (aus der EU), Art. 50 EUV, nicht geeignet, ein europarechtlich verankertes Ausschlussrecht zu Lasten eines Mitgliedstaates durch die übrigen Mitgliedstaaten zu begründen.

A › Ausschluss (aus der EU) (Matthias Knauff) › III. Völkerrecht

III. Völkerrecht

241

Ob der Ausschluss eines Mitgliedstaates aus der EU auf völkerrechtlicher Grundlage erfolgen kann, ist abhängig davon, ob Art. 7 EUV i.V.m. Art. 354 AEUV als abschließende Regelungen in Bezug auf gravierende Verstöße und das Europarecht diesbezüglich als self-contained régime zu qualifizieren sind. Sofern dies in der Literatur vereinzelt bejaht wird, kommt ein Ausschluss nicht in Betracht. Nach h.M. kommt den genannten Vertragsbestimmungen jedoch kein abschließender Charakter zu; vielmehr werde durch die unterbliebene Regelung des Ausschlusses gerade der Rückgriff auf das allgemeine Völkervertragsrecht ermöglicht, welches auf die EU-Gründungsverträge im Hinblick auf deren Charakter als völkerrechtliche Verträge grundsätzlich anwendbar ist.

242

Die Wiener Vertragsrechtskonvention (WVRK) enthält für den Fall des Fehlens vorrangiger spezieller Vertragsvereinbarungen mögliche Grundlagen für einen Ausschluss. Nach Art. 60 Abs. 2 WVRK berechtigt „[e]ine erhebliche Verletzung eines mehrseitigen Vertrags durch eine Vertragspartei a) [...] die anderen Vertragsparteien, einvernehmlich den Vertrag ganz oder teilweise zu suspendieren oder ihn zu beenden i) entweder im Verhältnis zwischen ihnen und dem vertragsbrüchigen Staat ii) oder zwischen allen Vertragsparteien“. Gem. Art. 60 Abs. 3 Buchst. b) WVRK liegt eine erhebliche Verletzung „in der Verletzung einer für die Erreichung des Vertragsziels oder des Vertragszwecks wesentlichen Bestimmung“, so dass nur vereinzelte gravierende Verstöße gegen zentrale Bestimmungen der EU-Gründungsverträge durch einen Mitgliedstaat dessen Ausschluss nicht rechtfertigen könnten. Die Anwendbarkeit der Vorschrift ist gleichwohl fraglich, da weder die EU noch alle ihre Mitgliedstaaten Vertragsparteien der WVRK sind. Voraussetzung wäre daher, dass der Norm die Qualität von Völkergewohnheitsrecht zukommt. Dies ist zum derzeitigen Stand der Völkerrechtsentwicklung zumindest zweifelhaft.

243

Anderes gilt jedoch im Hinblick auf Art. 62 WVRK (clausula rebus sic stantibus). Danach kann eine grundlegende Veränderung der Umstände eine Beendigung eines Vertrages rechtfertigen, wenn es sich bei den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegebenen Umständen um eine wesentliche Grundlage für die Zustimmung der Vertragsparteien handelte und eine Änderung der Umstände eine tiefgreifende Umgestaltung der vertraglichen Verpflichtungen zur Folge hat. Bei einem Mitgliedstaat, der dauerhaft gravierend gegen die Grundwerte der EU verstößt, deswegen auf europarechtlicher Grundlage sanktioniert wird und gleichwohl nicht gem. Art. 50 EUV aus der EU austritt, erscheint nicht ausgeschlossen, die fehlende, jedoch die Grundlage des → Beitritts (zur EU) bildende Bereitschaft zur konstruktiven Mitwirkung in der EU als derartig grundlegende Veränderung zu qualifizieren, die eine Beendigung der Geltung der Gründungsverträge ihm gegenüber und damit seinen EU-Ausschluss nach Art. 62 WVRK rechtfertigt.

A › Ausschuss der Regionen (Heinz-Joachim Pabst)

Ausschuss der Regionen (Heinz-Joachim Pabst)

I.Allgemeines244

II.Entstehungsgeschichte und Rechtsgrundlagen245, 246

III.Aufgaben und Befugnisse247 – 253

1.Obligatorische Stellungnahmen248, 249

2.Fakultative Stellungnahmen250

3.Fristsetzung251

4.Initiative Stellungnahmen252

5.Weitere Äußerungen des AdR253

IV.Zusammensetzung254 – 262

1.Mitgliederzahl und Verteilungsschlüssel254 – 256

2.Ernennung257 – 261

3.Vergütung262

V.Innere Organisation und Verfahren263 – 270

1.Innere Organisation263 – 268

a)Präsidium264

b)Generalsekretariat265

c)Nationale Delegationen und Fraktionen266

d)Fachkommissionen267, 268

2.Verfahren269, 270

VI.Prozessuale Fragen271

Lit.:

A. Benz, Regionen als Machtfaktor in Europa?, VerwArch 84 (1993), 328; J. E. Himmel, Regionale Interessenvertretung in der EU, 2012; R. Johne, Vertretung der Landtage im Ausschuss der Regionen. Zur parlamentarischen Komponente unmittelbarer Interessenvertretung der deutschen Bundesländer in der Europäischen Union, ZParl 31 (2000), 103; A. Kiefer, Der Ausschuss der Regionen im Jahr 2008, in: Jahrbuch des Föderalismus 10 (2009), 471.

A › Ausschuss der Regionen (Heinz-Joachim Pabst) › I. Allgemeines

I. Allgemeines

244

Der Ausschuss der Regionen (AdR) ist – wie der Europäische → Wirtschafts- und Sozialausschuss (WSA) – eine unterstützende Einrichtung für die Organe der Europäischen Union (→ Organe und Einrichtungen). Der AdR ist hingegen selbst kein Organ der EU. Ziel war die Schaffung einer institutionalisierten Repräsentanz für die mitgliedstaatlichen Organisationsebenen unterhalb der Zentralstaaten. Der AdR sieht es als seine Aufgabe, zur Gestaltung von EU-Rechtsvorschriften mit Auswirkungen auf die Regionen und Städte Stellung zu nehmen und im Gesetzgebungsprozess Konsultationen von Verbänden lokaler und regionaler Gebietskörperschaften herbeizuführen.

A › Ausschuss der Regionen (Heinz-Joachim Pabst) › II. Entstehungsgeschichte und Rechtsgrundlagen

II. Entstehungsgeschichte und Rechtsgrundlagen

245

Der AdR hat seine Grundlegung erst im Vertrag von Maastricht gefunden. Er war ursprünglich mit 222 Mitgliedern aus den damaligen 15 Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft besetzt. Bereits in Art. 263 Abs. 2 EGV war mit Blick auf zukünftige Erweiterungen der Gemeinschaft die bis heute geltende Höchstmitgliederzahl von 350 vorgegeben. Entsprechend Art. 263 Abs. 1 EGV bestand der AdR aus Vertretern der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, die entweder ein auf Wahlen beruhendes Mandat in einer regionalen oder lokalen Gebietskörperschaft innehaben oder gegenüber einer gewählten Versammlung politisch verantwortlich sind.

246

Im Vertrag von Lissabon sind die Regelungen zum AdR in Art. 13 Abs. 4 EUV, Art. 300 und Art. 305–307 AEUV überführt worden. Anders als in den Vorfassungen ist die Zahl der Mitglieder aus den jeweiligen Mitgliedstaaten gem. Art. 305 UAbs. 2 AEUV mittlerweile nicht mehr Gegenstand des → Primärrechts. Sie wird vielmehr durch Beschluss des → Rates (Ministerrates) festgelegt. Die Formulierung zur Zusammensetzung des AdR in Art. 300 Abs. 3 AEUV ist gegenüber der Fassung des Art. 263 Abs. 1 EGV hingegen unverändert.

A › Ausschuss der Regionen (Heinz-Joachim Pabst) › III. Aufgaben und Befugnisse

III. Aufgaben und Befugnisse

247

Der AdR hat vornehmlich die Aufgabe, die Interessen der gewählten Vertretungen in den Mitgliedstaaten zur Geltung zu bringen, insbesondere i.R.d. Rechtsetzungsprozesses der Union (→ Rechtsetzungsverfahren). Er hat dabei rein beratende Funktion. Sein zentrales Instrument ist die Stellungnahme gem. Art. 288 UAbs. 5 AEUV (→ Empfehlungen/Stellungnahmen). Stellungnahmen sind ihrem Wesen nach nicht verbindlich. Ist in den Verträgen aber die Stellungnahme des AdR obligatorisch vorgesehen, so ist ein Rechtsakt nichtig, wenn er ohne eine Aufforderung zur Stellungnahme an den AdR ergeht.

1. Obligatorische Stellungnahmen

248

Der AEUV sieht an verschiedenen Stellen obligatorische Stellungnahmen des AdR vor. Obligatorische Stellungnahmerechte sind enthalten in:

Art. 91 Abs. 1, Art. 100 Abs. 2 (Verkehrspolitik); Art. 148 Abs. 2 S. 1, Art. 149 UAbs. 1 (Beschäftigungspolitik); Art. 153 Abs. 2 UAbs. 2 (Sozialpolitik); Art. 164 (Europäischer Sozialfonds); Art. 165 Abs. 4, 1. Spstr., Art. 166 Abs. 4 (Bildungspolitik); Art. 167 Abs. 5, 1. Spstr. (Kulturpolitik); Art. 168 Abs. 4 S. 1, Art. 168 Abs. 5 (Gesundheitspolitik); Art. 169 Abs. 3 (Verbraucherschutz); Art. 172 UAbs. 1 (Transeuropäische Netze); Art. 175 UAbs. 3, Art. 177 UAbs. 1 S. 1 und 2, UAbs. 2, Art. 178 UAbs. 1 (Kohäsionspolitik); Art. 192 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 und 2, Abs. 3 S. 1 (Umweltpolitik); Art. 194 Abs. 2 UAbs. 1 S. 2 (Energiepolitik).

249

Der AdR darf obligatorische Stellungnahmen gem. Art. 304 UAbs. 1 S. 1 AEUV nicht verweigern. Dies folgt aus der beratenden Funktion des AdR, wie sie in Art. 13 Abs. 4 EUV angelegt ist, sowie aus dem Grundsatz der Organtreue (→ Organkompetenzen). Allerdings führt eine verweigerte Stellungnahme nicht zur Nichtigkeit des betreffenden Rechtsaktes.

2. Fakultative Stellungnahmen

250

Der AdR kann daneben gem. Art. 307 UAbs. 1 AEUV fakultativ zu Stellungnahmen aufgefordert werden; hier wird ihm ein Ermessen für die Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Daneben wird der AdR gem. Art. 307 UAbs. 3 AEUV in allen Fällen, in denen der WSA gem. Art. 304 AEUV gehört wird, hiervon in Kenntnis gesetzt und kann seinerseits eine Stellungname abgeben, sofern er regionale Interessen betroffen sieht.

3. Fristsetzung

251

Art. 307 UAbs. 2 AEUV sieht für obligatorische wie für fakultative Stellungnahmen ein Recht zur Fristsetzung vor. Die Frist kann durch das → Europäischen Parlament, vom Rat und von der → Europäischen Kommission gesetzt werden. Die Mindestdauer der Frist beträgt einen Monat. Gibt der AdR die Stellungnahme nicht innerhalb der – abhängig vom Umfang der Sache angemessen zu setzenden – Frist ab, kann die Stellungnahme unberücksichtigt bleiben, weshalb dann wiederum keine Nichtigkeit des Rechtsaktes eintritt. Ist für die Abgabe einer – obligatorischen oder fakultativen – Stellungnahme eine Frist gesetzt, muss das Organ, das zur Abgabe der Stellungnahme aufgefordert hat, diese Frist abwarten.

4. Initiative Stellungnahmen

252

Der AdR kann Stellungnahmen im Anwendungsbereich der Unionsverträge gem. Art. 307 UAbs. 4 AEUV auch initiativ abgeben. Die Initiativstellungnahmen sind Ausdruck des Selbstbefassungsrechts des AdR nach Art. 307 UAbs. 5 AEUV, das alle Themen betrifft, die in den Aufgabenbereich der Europäischen Union fallen.

5. Weitere Äußerungen des AdR

253

Neben den Stellungnahmen kann der AdR in Entschließungen seine Ansicht zu aktuellen Fragestellungen der Union darlegen, sowie Studien zu Themen mit regionalem Bezug veröffentlichen.

A › Ausschuss der Regionen (Heinz-Joachim Pabst) › IV. Zusammensetzung

IV. Zusammensetzung

1. Mitgliederzahl und Verteilungsschlüssel

254

Der AdR besteht gem. Art. 305 UAbs. 1 AEUV aus höchstens 350 Mitgliedern. Die Verteilung der Mitglieder nach den Mitgliedstaaten erfolgt grundsätzlich nach Bevölkerungszahlen, folgt dabei aber – noch weitergehend, als dies im Europäischen Parlament der Fall ist – dem Grundsatz degressiver Proportionalität, wonach die relativ größeren Staaten eine gemessen an ihrer Bevölkerungszahl relativ geringere Mitgliederzahl entsenden dürfen.

255

Die Höchstmitgliederzahl wurde wegen des Beitritts Kroatiens (2013) kurzfristig um drei Sitze überschritten; zu den zu diesem Zeitpunkt vergebenen 344 Sitzen kamen neun Sitze zugunsten Kroatiens hinzu.

256

Der Verteilungsschlüssel beruht gem. Art. 305 UAbs. 2 AEUV auf einem Beschluss des Rates. Dieser ist für die Amtsperiode von 2015 bis 2020 am 14.12.2014 (Beschluss über die Zusammensetzung des Ausschusses der Regionen [B 2014/930/EU]) ergangen. Zur Verteilung der Sitze der aktuellen Amtsperiode des AdR s. die Webpräsenz des AdR (http://cor.europa.eu/de/Pages/home.aspx).

2. Ernennung

257

Die Ernennung der Mitglieder erfolgt durch den Rat. Dieser nimmt dazu eine gemäß den Vorschlägen der Mitgliedstaaten erstellte Liste von Mitgliedern sowie einer gleich großen Zahl von Stellvertretern an.

258

Die Mitgliedstaaten müssen sich bei der Ausübung ihres Vorschlagsrechts i.R.d. Vorgaben des Art. 300 Abs. 3 AEUV bewegen. Sie müssen also sicherstellen, dass es sich bei den designierten Mitgliedern und Stellvertretern um Vertreter von regionalen und lokalen Gebietskörperschaften handelt, die entweder ein auf Wahlen beruhendes Mandat in einer regionalen oder lokalen Gebietskörperschaft innehaben oder gegenüber einer gewählten Versammlung politisch verantwortlich sind. Zudem ist auf die spezielle Inkompatibilitätsvorschrift nach Art. 305 Abs. 3 S. 5 AEUV zu achten, wonach Mitglieder des AdR nicht zugleich Mitglieder des Europäischen Parlaments sein dürfen. Der Rat beschließt im Übrigen ohne weitere inhaltliche Prüfung oder die Möglichkeit einer Auswahl.

259

Die Stellvertretung ist poolbezogen zu verstehen, weshalb sie durch einen beliebigen Stellvertreter der gleichen nationalen Delegation erfolgt. Die deutsche Delegation weicht hier aufgrund interner Absprache insoweit ab, als dass es sich um eine mandatsbezogene Stellvertretung handelt.

260

Gem. Art. 305 UAbs. 3 S. 1 AEUV werden die Mitglieder des AdR auf fünf Jahre ernannt; in der Vorfassung (Art. 263 UAbs. 4 S. 1 EGV) betrug die Amtsperiode noch vier Jahre. Die Wiederernennung der Mitglieder ist zulässig.

261

Mit Ende des nationalen Mandates nach Art. 300 Abs. 3 AEUV endet gem. Art. 305 UAbs. 3 S. 4 AEUV zugleich die Mitgliedschaft im AdR; für diesen – nicht selten eintretenden – Fall ist die Ernennung eines neuen Mitglieds bzw. Stellvertreters notwendig. In Deutschland beruht die Erstellung der Liste auf dem Abkommen der Länder über die Entsendung der Mitglieder und Stellvertreter in den Ausschuss der Regionen der Europäischen Gemeinschaft vom 19.8.1993; über die Liste ergeht ein Beschluss der Ministerpräsidenten der Länder. Berücksichtigt werden Vertreter der Landes- wie der Kommunalebene.

3. Vergütung

262

Anders als für den WSA fehlt eine Art. 301 UAbs. 3 AEUV vergleichbare Regelung zur Festlegung der Vergütung. Die Vergütung erfolgt daher im AdR auf Grundlage der in Art. 306 UAbs. 2 AEUV vorgesehenen Geschäftsordnung (GO AdR). Art. 5 Nr. 5 GO AdR sieht eine Erstattung von anlässlich einer Plenartagung entstandenen Beförderungskosten vor, daneben werden Reise- und Sitzungsvergütungen gewährt.

A › Ausschuss der Regionen (Heinz-Joachim Pabst) › V. Innere Organisation und Verfahren

V. Innere Organisation und Verfahren

1. Innere Organisation

263

Der AdR gliedert sich in die nationalen Delegationen, daneben in Fraktionen und interregionale Gruppen. An der Spitze steht das Präsidium. Zugleich verfügt der AdR über ein Generalsekretariat.

a) Präsidium

264

An der Spitze des AdR steht ein Präsident sowie ein Präsidium. Das Präsidium besteht neben dem Präsidenten aus einem Ersten Vizepräsidenten, einem Vizepräsidenten pro Mitgliedstaat, 28 weiteren Mitgliedern und den Vorsitzenden der gem. Art. 9 GO AdR gebildeten Fraktionen aus Vertretern gleicher politischer Zugehörigkeit. Der Präsident und das Präsidium werden auf zweieinhalb Jahre gewählt.

b) Generalsekretariat

265

Der AdR verfügt an seinem Sitz in Brüssel seit dem Vertrag von Amsterdam über ein eigenes Generalsekretariat, an dessen Spitze ein Generalsekretär steht. Dem Generalsekretär obliegt die Ausführung der durch den AdR getroffenen Beschlüsse.

c) Nationale Delegationen und Fraktionen

266

Innerhalb des AdR bilden sich zunächst die nationalen Delegationen. Daneben erfolgt – vergleichbar dem Europäischen Parlament – ein Zusammenschluss politisch verwandter Vertreter in länderübergreifenden Fraktionen; die GO AdR geht aber auch von der Existenz fraktionsloser Vertreter aus.

d) Fachkommissionen

267

Die inhaltliche Arbeit erfolgt in insgesamt sechs Fachkommissionen für folgende Sachbereiche:

Kohäsionspolitik und EU-Haushalt

Wirtschaftspolitik

Sozialpolitik, Bildung, Beschäftigung, Forschung und Kultur

Umwelt, Klimawandel und Energie

Natürliche Ressourcen und Landwirtschaft

Unionsbürgerschaft, Regieren, institutionelle Fragen und Außenbeziehungen.

268

Die Fachkommissionen erarbeiten insbesondere Entwürfe der Stellungnahmen und ggf. auch der übrigen Äußerungen des AdR. Die Fachkommissionen sind mit ungefähr 100 Mitgliedern besetzt, wobei jedes Mitglied des AdR zwei Fachkommissionen angehören darf. Daneben existiert eine Kommission für Finanz- und Verwaltungsfragen, die dem Präsidium zuarbeitet.

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Altersbeschränkung:
0+
Umfang:
2130 S. 1 Illustration
ISBN:
9783811475106
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Bookwire
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