An Fluss und See

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Aus der Reihe: Natur erleben #3
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An Fluss und See
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Andreas JaunAn Fluss und See


Andreas Jaun

An Fluss und See

Natur erleben – beobachten – verstehen

www.naturerleben.net


Andreas Jaun ist Biologe mit einem eigenen Büro in Spiez / Schweiz. Neben verschiedenen Projekten in den Bereichen Naturschutz, Artenförderung und Landschaftsplanung ist er auch in der Umweltbildung tätig.

Das Projekt «Natur erleben – beobachten – verstehen» mit Büchern, Website und ab Herbst 2011 mit einer iPhone-App wurde unterstützt von:

– BAFU (Schweiz. Bundesamt für Umwelt), Abteilung Arten / Ökologie / Landschaft und Sektion Umweltbildung, Bern

– Ricola AG, Laufen

– Bank Sarasin & Cie AG, Basel

1. Auflage: 2011

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-258-47673-5

Alle Rechte vorbehalten

Copyright © 2011 by Haupt Berne

Jede Art der Vervielfältigung ohne Genehmigung des Verlages ist unzulässig.

Gestaltung und Satz: pooldesign.ch

eBook-Herstellung und Auslieferung:

Brockhaus Commission, Kornwestheim

www.brocom.de

www.naturerleben.net in Partnerschaft mit www.naturgucker.net

www.haupt.ch

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Vorbereitung für den Ausflug an Fluss und See

Flüsse und Seen: Eine Einleitung

Wasser bedeutet Leben

Farbe des Wassers

Lebensraum Fließgewässer

Lebensraum Stillgewässer

Lebensraum Moore und Sümpfe

Lebensraum temporäre Stillgewässer

Wasserpflanzen

Wassertiere

Frühling

Einleitung Frühling

Amphibien – Leben im Wasser und an Land

Produzenten, Konsumenten und Destruenten

Nahrungsnetz

Die Ringelnatter – eine Wasserschlange

Paarungszeit und Brutzeit

Der Eisvogel – ein schillernder Fischer

Gehen auf dem Wasser – Wunder oder Physik?

Nachtexkursion ans Wasser

Kurzinformationen Frühling

Sommer

Einleitung Sommer

Wasserschlauch

Libellen – Leben in Wasser und Luft

Eine Larve – aber was wird daraus wohl entstehen?

Die Taumelkäfer

Die Aue

Taucher mit acht Beinen

Problematische Neuzuzügler unter den Pflanzen

… und unter den Tieren

Leben an der Quelle

Kurzinformationen Sommer

Herbst

Einleitung Herbst

Der Biber – ein tierischer Baumeister

Schaurige Moorlandschaften

Fische – die unbekannten Schuppen- und Flossenträger

Hydrophile Käfer

Kurzinformationen Herbst

Winter

Einleitung Winter

Eis

Überwinterungsstrategien der Wasserbewohner

Gefiederte Wintergäste

Tarnungsspezialist

Weichtiere mit harter Schale

Die Wasseramsel

Fischotter – pelzige Jäger im und am Wasser

Das Schilfrohr

Kurzinformationen Winter

Anhang

Fragen und Antworten

Dank

Bildnachweis

Vorwort

Ein Spaziergang am Wasser ist jahreszeitlich bedingt immer wieder für Überraschungen gut. Da dienen Seerosenblätter kleinen Fröschen als Rastplatz, im Schilfgürtel bauen zahlreiche Wasservögel ihre Nester, Lurche und Insekten kreuzen unseren Weg und da finden sich Totholzhaufen, die sehr lebendig sind. Mit etwas Glück können Reiher, Eisvogel und Biber beobachtet werden. Die Tier- und Pflanzenwelt von Gewässern ist besonders vielfältig und vernetzt.

Runter vom Sessel, hinein in die Natur! Erleben Sie die unbekannte Natur vor der Haustür, spüren Sie den Zusammenhängen nach und entdecken Sie, wie raffiniert sich die Natur auch auf kleinem Raum eingerichtet hat. Dafür werden keine besonderen biologischen Kenntnisse vorausgesetzt – was Sie für Ihre Erkundungen benötigen, wird durch das vorliegende Buch (und dessen Folgebände) vermittelt. Besonders hilfreich sind dabei die Beobachtungstipps, die Sie stets am Ende der einzelnen Kapitel finden.

Und weil die Natur nichts Statisches ist, sondern das Resultat von Vernetzungen und gegenseitigen Abhängigkeiten und weil das Erkunden ja auch Spaß machen soll, finden Sie überall Verweise auf andere, verwandte Themen im Buch sowie auf Geräusche, Filme und zusätzliche Bilder auf der Website www.naturerleben.net. Beispielsweise ist die Wasseramsel der einzige Singvogel, der sowohl gut fliegen und schwimmen als auch ausgezeichnet tauchen kann. Hören Sie ihre Stimme auf der Website und beobachten Sie im Film auf der Website wie sie schwimmend und tauchend ihre Nahrung sucht. Wenn Sie eigene Beobachtungen oder Fotos mit anderen teilen möchten, können Sie dies dank unserer Partnerschaft mit www.naturgucker.net auch ganz einfach über unsere Website tun.

Ab all dem Kreuz und Quer und Hin und Her zwischen Buchkapiteln und Website soll auch etwas hängen bleiben – mit den Quizfragen können Sie locker prüfen, wie viele Geheimnisse Sie schon gelüftet haben.

Ab Oktober 2011 gibt’s noch eine weitere Dimension zu entdecken: Mit der iPhone- App zur Buchreihe können zum Beispiel die häufigsten Tier- und Pflanzenarten in und an unseren Bächen, Flüssen und Seen bestimmt werden und das Beantworten der Quizfragen direkt in der Natur schärft Augen und Ohren.

 

Viel Spaß beim Beobachten, Entdecken und Erleben der Natur wünscht der Autor und Ihr Haupt Verlag!

Vorbereitung für den Ausflug an Fluss und See

Tiere

Behandeln Sie alle Tiere, die Sie beobachten möchten, mit Respekt. Wollen Sie Tiere zum näheren Beobachten fangen, ist besondere Vorsicht geboten. Sie sollten die Tiere nur kurz in einem Glas oder einer Becherlupe und Wassertiere nur in einem Gefäß mit Wasser betrachten. Achten Sie auf Schatten, denn in den Gefäßen kann es für die Tiere sehr schnell zu heiß werden. Wichtig ist auch, die Tiere wieder am selben Ort freizulassen. Viele Arten haben besondere Anforderungen an ihren Lebensraum. Zudem besteht besonders bei Amphibien die Gefahr, mit den Tieren einen gefährlichen Krankheitserreger zu verschleppen.

Pflanzen

Pflanzen lassen sich meist gut betrachten, ohne dass Teile oder ganze Pflanzen ausgerissen werden müssen. Auch abgestorbene Pflanzenteile bieten vielen Arten Unterschlupf oder dienen als Überwinterungsverstecke. Bewegen Sie sich bitte sehr vorsichtig, um die Ufervegetation nicht zu beeinträchtigen.

Abfälle

Hinterlassen Sie keine Abfälle. Warum nicht auch störenden Abfall von anderen mitnehmen? In einen zusätzlichen Plastiksack verpackt, machen Abfälle Ihre Tasche nicht schmutzig. So wie Sie eine saubere Umgebung schätzen, werden Ihnen andere dankbar sein.


Hunde

Die meisten Hunde lieben Wasser. An natürlichen oder renaturierten Fluss- und Seeufern sollten Sie aber auf mögliche Konflikte mit Wildtieren achten. Für viele Tiere sind diese Bereiche die letzten verbliebenen Lebensräume zur Aufzucht ihrer Jungen. In Naturschutzgebieten und Zonen, in denen Leinenpflicht besteht, dürfen Hunde wirklich nicht frei laufen gelassen werden.


Ausrüstungsliste

Natürlich sind Beobachtungen auch ohne Spezialausrüstung möglich, doch mit ein paar Hilfsmitteln machen sie mehr Spaß:


Notizbuch und Schreibzeug
Lupe (Becherlupe)
Kescher (Fangnetz)
Durchsichtige Fangbehälter (z. B. Marmeladenglas)
Flache Schalen zum Beobachten von Wassertieren
Fernglas
Kamera (idealerweise spritzwasserdicht oder sogar wasserdicht)
Pflanzen- und Tierbestimmungsbücher
Taschenmesser
Apotheke mit Desinfektions- und Insektenschutzmittel
Zwischenverpflegung
Angepasste Kleidung (z. B. Stiefel, Sonnenschutz)

Sicherheit

Gewässer sind faszinierende Lebensräume, bergen aber auch Gefahren. Besonders Kinder müssen immer unter Aufsicht sein, da sie die Gefahren noch nicht richtig einschätzen können. Aber auch Erwachsene sind sich der Risiken nicht immer bewusst. Gewitter können Fließgewässer sehr schnell extrem ansteigen lassen. Etwas verzögert zeigen sich die Folgen auch außerhalb der eigentlichen Niederschlagszonen. Lassen Kraftwerke Wasser ab, führt das zu erheblichen Wasserstandänderungen innerhalb kurzer Zeit. Im Winter sollten nicht freigegebene Eisflächen nicht betreten werden. Eine scheinbar dicke Eisschicht kann an gewissen Stellen (zum Beispiel im Bereich von Zuflüssen) viel schwächer sein.




Im Frühling beginnt wieder das Wachstum der verschiedenen Wasserpflanzen.

Wasser bedeutet Leben

Gewässer wie Seen, Flüsse und Bäche hatten für uns Menschen schon immer eine große Bedeutung. Die Besiedlung der Kontinente erfolgte vermutlich zunächst entlang der Wasserwege. Hier war immer Wasser und Nahrung zu finden, außerdem konnte unwegsames und dicht bewachsenes Gelände auf dem oder am Wasser leichter überwunden werden. Auf dem Wasserweg lassen sich auch relativ leicht schwere Güter transportieren. Mit Beginn der technischen Revolution wurde fließendes Wasser zum Antrieb von Maschinen eingesetzt und diente später auch der Stromerzeugung. Schließlich darf die Bedeutung des Wassers für Freizeit und Erholung nicht vergessen werden. Baden, Schwimmen, Tauchen, Rudern, Segeln oder einfach nur entspannt am Ufer sitzen – Menschen suchen gerne die Nähe des Wassers. Und dieser Aspekt wird immer wichtiger.

Wasser ist eine chemische Verbindung von Sauerstoff und Wasserstoff mit einzigartigen Eigenschaften. Wasser ist unabdingbar für alles Leben auf der Erde. Vor mehr als drei Milliarden Jahren entstanden in den Urozeanen die ersten einfachen Lebensformen. Lange Zeit entwickelte sich das Leben ausschließlich im Wasser und erreichte dort eine ungeheure Artenvielfalt. Vor weniger als 500 Millionen Jahren begannen die ersten Pflanzen das Land zu besiedeln, blieben jedoch vom Wasser abhängig.

«Gehen auf dem Wasser»

Ohne Nahrung können Mensch und Tier längere Zeit überleben, jedoch nicht ohne Wasser. Aber nicht alles Wasser kann von allen Lebewesen genutzt werden. Wichtig ist, zwischen Meerwasser (also Salzwasser) und Süßwasser zu unterscheiden. Je nach Salzkonzentration im Wasser sind unterschiedliche physiologische Anpassungen von Tieren und Pflanzen erforderlich. Es gibt nur relativ wenige Wasserbewohner, die sowohl im Meer als auch im Süßwasser leben können. Bekannte Beispiele sind Wanderfische wie der Atlantische Lachs (Salmo salar) und der Europäische Aal (Anguilla anguilla).


Renaturierter Flussabschnitt

Lachs

Aal

Gewässer stellen aber auch Hindernisse dar und können zum Beispiel bei Hochwasser große Schäden an Infrastruktur und Kulturland anrichten. Vielerorts wurden Gewässer aufwändig korrigiert, kanalisiert, verbaut oder sogar eingedolt. Dadurch wurden aber nicht nur Probleme gelöst, sondern auch neue geschaffen. Durch das schnelle Ableiten des Wassers wurden zum Beispiel die Engpässe und die Hochwassergefahr weiter flussabwärts verlagert. Aber die größten negativen Auswirkungen haben diese Gewässerkorrekturen auf die natürlichen Bewohner der Gewässer und der Auenlandschaften (zum Beispiel Fischotter, Biber, Flusskrebse, Flussuferläufer). Fehlende Gewässerdynamik, verbaute Ufer, Staudämme als Barrieren und zu geringe Restwassermengen sind nur einige Aspekte. Da konnten auch die deutlichen Verbesserungen in Sachen Wasserqualität keinen Ausgleich schaffen.

«Fischotter»

«Der Biber»

«Flusskrebse»

Erfreulicherweise hat in den letzten Jahren ein Umdenken eingesetzt. Vielerorts sind Renaturierungen und Aufwertungen von Gewässern und Uferbereichen geplant oder bereits umgesetzt. In diesen aufgewerteten Gebieten fühlen sich nicht nur die ursprünglichen Bewohner dieser Lebensräume wohl, sondern auch der Mensch. Daher kommt es leider immer wieder zu Konflikten zwischen Naturschutzinteressen und Naherholungsansprüchen. Aber mit Toleranz, Gesprächsbereitschaft und vor allem Verständnis für die Ansprüche der Gewässer- und Auenbewohner sollten sich gute Lösungen finden lassen.


Bei Zusammenflüssen lassen sich oft unterschiedliche Farben des Wassers erkennen. Je nach Ursprungsgebiet und Sedimentfracht können die Unterschiede deutlich oder fast nicht erkennbar sein.

Farbe des Wassers

Das Wassers eines tiefen Bergsees ist wunderbar blau, das Leitungswasser in einer Flasche farblos, das Wasser eines Tieflandflusses grünbraun, der Moortümpel ganz klar, aber braun (nicht getrübt) und das Wasser eines Gletscherbaches milchig trüb. Welches ist nun die ursprüngliche Farbe des Wassers, und woher kommen die Variationen? Hat das aktuelle Wetter Einfluss? Wie Sie sicher richtig getippt haben, ist reines Wasser farblos und klar. Aber warum sehen die Gewässer dann so unterschiedlich aus?

Viele Flüsse im Tiefland transportieren Schwebstoffe und sind reich an organischen Substanzen. Der relativ hohe Nährstoffgehalt fördert das Algenwachstum. Das Wasser ist daher oft grünbraun gefärbt. Auch Gletscherbäche sind schwebstoffreich. Der Gesteinsabrieb des Gletschers führt zu einer milchigen Färbung. Die sogenannte Gletschermilch beeinflusst die Wasserfarbe über viele Kilometer. Wenn dieses Wasser in einen See gelangt, sammeln sich dort die Schwebstoffe. Vor allem die blaugrünen Anteile des Sonnenlichts werden reflektiert, der See schimmert dann oft in einem schönen Türkis. Moorwasser dagegen ist meist ganz klar. Seine braune Färbung, die auch an den aus Moorgebieten fließenden Bächen zu beobachten ist, rührt von Huminstoffen her, die im Wasser gelöst sind. Das klassische Blau eines Gewässers ist auf die Streuung des Sonnenlichts zurückzuführen. Andere Lichtanteile, wie beispielsweise Rot, werden absorbiert, während die blauen Anteile gestreut und damit zum Betrachter zurückgeworfen werden. Je tiefer ein Gewässer, desto stärker ist dieser Effekt. Die «Wassertiefe» in einem Glas oder einer Flasche reicht nicht, um ihn sichtbar zu machen. Die oft geäußerte Vermutung, die blaue Farbe sei auf die Spiegelung des blauen Himmels zurückzuführen, ist auch nicht ganz falsch. Je nach Betrachtungswinkel kann sich der Himmel sehr stark auf der Wasseroberfläche spiegeln und den Farbeindruck massiv verstärken oder verändern.

«Schaurige Moorlandschaften»


Das Blau des Wassers vor dieser Kormorankolonie wird durch den blauen Himmel noch verstärkt.

Beobachtungstipps

Machen Sie im Laufe eines Jahres Fotos von je einem Stillgewässer und einem Fließgewässer zu verschiedenen Jahreszeiten, unterschiedlichen Tageszeiten und bei verschiedenen Wetterlagen. Beschriften Sie diese, sodass Sie sie richtig zuordnen können. Vergleichen Sie die Farbe des Wassers zwischen den verschiedenen Aufnahmen.

 

Fragen


Welche Faktoren beeinflussen die Intensität der Blaufärbung des Wassers?
Welche Ursachen können zu braunem Wasser führen?

Antworten

Lebensraum Fließgewässer

Ein Fluss ist ein mehr oder weniger natürliches Fließgewässer. Die umgangssprachlichen Begriffe Bächlein, Bach oder Strom stehen für eine Klassierung nach Abflussmenge. Zudem kann ein Bach vom Kronendach vollständig beschattet werden, ein Fluss ist jedoch zu breit dazu. Die Beschattung beeinflusst das Pflanzenwachstum und die Wassertemperatur. In der Praxis sind die Grenzen zwischen den Begriffen aber nicht leicht zu ziehen. Erschwerend kommt dazu, dass die Wassermengen auch unter natürlichen Bedingungen stark schwanken. Sehr verallgemeinernd lässt sich ein Fluss in vier verschiedene Abschnitte unterteilen. Innerhalb dieser gibt es jedoch immer wieder Bereiche, die auch einem anderen Abschnitt zugeordnet werden könnten. Besonders in den oberen Abschnitten können sich Bereiche mit starkem und geringem Gefälle mehrmals abwechseln.

Quellgebiet

Jeder Fluss, der ins Meer mündet, entsteht aus vielen Nebenflüssen und hat entsprechend viele Quellgebiete. Meist wird aber nur eine Quelle pro Fluss festgelegt. Um diese zu ermitteln, kann man sich flussaufwärts von der jeweils größten Wasserführung leiten lassen oder durch die längere Fließstrecke. Manchmal wird aber auch ein besonderer Ort als Quelle festgelegt. Ein Beispiel ist der Tomasee im Kanton Graubünden als Quelle des Rheins.


Schwemmebene eines Flussoberlaufes. Das Material wird hier deponiert und umgelagert, daher kommt es zu den verzweigten Läufen.


Gletscherbach kurz nach dem Austritt aus dem Gletscher

Als eigentliche Quelle bezeichnet man einen Ort, wo das Grundwasser auf natürliche Weise aus dem Boden tritt. Es gibt verschiedene Typen, die austretende Wassermenge unterscheidet sich und kann im Laufe des Jahres variieren. Die charakteristische Lebensgemeinschaft umfasst insbesondere Insektenlarven, neben den Larvender Zweigestreiften Quelljungfer (Cordulegaster boltonii), einer Libellenart, beispielsweise Larven verschiedener Eintags- und Steinfliegenarten.

«Leben an der Quelle»

Eintagsfliegenlarve

Oberlauf

Im Oberlauf ist das Gelände deutlich profiliert, und die Flüsse weisen meist ein starkes Gefälle auf. Das führt bei starker Tiefen- und Seitenerosion zu tief eingeschnittenen Kerbtälern (auch als V-Täler bezeichnet). Die Flüsse können sich aber auch in tiefe Schluchten mit fast senkrechten Wänden einfressen oder sich in flachen Abschnitten stark verzweigen. Das Flussbett ist im Oberlauf stark strukturiert, immer wieder gibt es kleinere und größere Wasserfälle. Die starken Verwirbelungen und die niedrigen Wassertemperaturen führen zu einer hohen Sauerstoffsättigung des Wassers. Es gibt kaum größere saisonale Schwankungen der Wassertemperatur.

Schäumender Gebirgsbach mit Schwemmholzablagerungen

Wegen der Erosion, der laufenden Materialumlagerungen und der Verwirbelungen können sich hier praktisch keine höheren Wasserpflanzen ansiedeln. Die wenigen Nährstoffe werden meist schnell wieder weitertransportiert. Die Zahl der Larven von Steinfliegen, Köcherfliegen und Eintagsfliegen ist oft erstaunlich. Auch Bachforellen (Salmo trutta) und (zumindest früher) junge Lachse haben hier ihren Lebensraum. Die Wasseramsel ist an diesen Flussabschnitten ebenfalls häufig zu beobachten.

«Eine Larve»

«Fische»

«Die Wasseramsel»

Mittellauf

Im Mittellauf ist das durchschnittliche Gefälle bereits deutlich geringer, entsprechend kleiner ist die Fließgeschwindigkeit. Das abgelagerte Material, wie Kies und Sand, ist immer noch zum großen Teil grobkörnig, aber bereits weitgehend rundgeschliffen. In diesem Abschnitt überwiegt die Seitenerosion klar gegenüber der Tiefenerosion. Das Flussbett wird dadurch breiter, was die Fließgeschwindigkeit weiter herabsetzt. Kleine Steine und Sand werden immer noch weitertransportiert, größere Steine aber nur noch bei Hochwasser mitgerissen. Da es im Mittellauf immer wieder dynamischere Abschnitte gibt, ist das Wasser noch sauerstoffreich. Neben Algen und Wassermoosen können hier auch höhere Pflanzen wie Wasserhahnenfußarten (zum Beispiel Ranunculus fluitans) wachsen. Bei den Fischen sind Bachforelle (Salmo trutta), Äsche (Thymallus thymallus) und Elritze (Phoxinus phoxinus) häufig. Unter den Vögeln sind Wasseramsel, Gänsesäger und Eisvogel zu nennen. Auch Eintags-, Stein- und Köcherfliegen sind im Mittellauf häufig. Es handelt sich aber um andere Arten als im Oberlauf. Charakteristisch und auffällig sind auch die Prachtlibellen (Calopteryx sp.).


Flusslauf mit gut sichtbarer Ufererosion

«Fische»

«Die Wasseramsel»

«Der Eisvogel»

Unterlauf

Im Unterlauf sind Gefälle und damit auch Fließgeschwindigkeit nochmals geringer als im Mittellauf. Durch kleine Unregelmäßigkeiten im Flussbett kommt es immer wieder zu kleinen Richtungsänderungen des Flusses und somit zur Ausbildung von Mäandern. Berühren sich mit der Zeit zwei benachbarte Schlingen, nimmt das Wasser die neu entstandene Abkürzung. Es bleibt dann ein sogenannter Altarm zurück, der mit der Zeit zu einem langsam verlandenden Altwasser werden kann.

«Mäander»


Weibchen einer Blauflügel-Prachtlibelle (Calopteryx virgo)


Eintagsfliege

Eintagsfliege


Unterlauf eines Flusses gesäumt von Auenwald

Ausgedehnte Auenlandschaften bilden sich aus. Im untersten Bereich, an der Mündung ins Meer oder in Seen, kommt es unter natürlichen Bedingungen zu einer Verästelung des Flusslaufes. Im Mündungsbereich reduziert sich die Fließgeschwindigkeit, das mitgeführte Material lagert sich ab. Der Fluss muss seine eigenen Ablagerungen umfließen, wodurch es immer wieder zu neuen Verzweigungen kommt. Große Flüsse haben so über die Jahrtausende Deltas von vielen Hundert Quadratkilometer Fläche aufgeschüttet.

«Die Aue»

Das Wasser weist im Unterlauf einen hohen Anteil an Schwebstoffen (Tonteilchen und organisches Material) auf. Der Nährstoffgehalt ist entsprechend hoch, der Sauerstoffgehalt geringer als in den oberen Flussabschnitten. Die Pflanzenwelt ist vielfältiger. Im Uferbereich können ausgedehnte Schilfröhrichte (Phragmites australis) entstehen. In den Altarmen und Altwässern wachsen zudem verschiedene Schwimmblattpflanzen, wie zum Beispiel die Weiße Seerose (Nymphaea alba) und die Große Teichrose (Nuphar lutea).

«Das Schilfrohr»

«Wasserpflanzen»

Seerose

Mäander – oder das Schlängeln von Fließgewässern


Beginn der Mäanderbildung: Auf der Kurvenaußenseite (Prallhang) wirkt die Erosion, und auf der Innenseite (Gleithang) wird Material abgelagert.


Eine Abfolge von solchen Flussschlingen wird als Mäander bezeichnet. Wenn sich zwei Schlingen berühren, kommt es zu einem Durchbruch. So entstehen Altarme und Altwasser.


Flusslauf mit Altarm (einseitig verbunden)


Flusslauf mit Altwasser (vollständig vom Flusslauf getrennt)

Entstehung von Mäandern bis zur Abschnürung von Altwasserarmen

Ein verlässliches Kennzeichen für natürliche Fließgewässer des Flachlandes sind schlängelnde Gewässerläufe. Der Begriff Mäander geht auf den Fluss Büyük Menderes in der Westtürkei zurück, der in der Antike Maiandros hieß und einen sehr stark gewundenen Lauf hatte. Mäander bilden sich in einem bestimmten Bereich von Abflussmenge und Gefälle. Die deutlichsten Flussschlaufen entstehen bei mäßigem bis geringem Gefälle und mäßiger Strömung. Das Gelände muss allerdings gut formbar sein. An der Kurvenaußenseite (Prallhang) wird Material abgetragen, an der Innenseite (Gleithang) wird Material abgelagert. Mit der Zeit entstehen so die typischen Mäander, welche die Fließstrecke enorm verlängern und die Fließgeschwindigkeit verringern.

Grottenolm (Proteus anguinus)

Unterirdische Fließgewässer

Es gibt Stellen, wo Fließgewässer aus dem Fels austreten, und solche Stellen, wo sie im Boden verschwinden. Es existieren auch Seen ohne oberirdische Abflüsse. Vor allem in kalkhaltigem Gestein kann Wasser über längere Zeit große und ausgedehnte Höhlensysteme bilden, durch die Flüsse viele Kilometer unterirdisch fließen.

Erstaunlicherweise leben sowohl in den Höhlengewässern als auch im Grundwasser zahlreiche Wassertiere, unter anderem Schnecken, Ruderfußkrebse, Wasserasseln und Flohkrebse. Aufgrund ihres Lebens in völliger Dunkelheit sind die Tiere ohne Pigmente und erscheinen dadurch weiß oder durchsichtig. Die kleinen Arten ernähren sich hauptsächlich von den Bakterienfilmen auf dem Substrat. Der Grottenolm, eine höhlenbewohnende Amphibienart mit pigmentloser Haut, ernährt sich wiederum von diesen kleinen Wasserwirbellosen.

Wasserassel

Grottenolm

«Erstaunliche Selbstheilungsfähigkeiten»

Die kleinen Fließgewässer

Den weitaus größten Anteil am Gewässernetz haben die vielen kleinen Fließgewässer. Sie sind leider auch heute noch unter starkem Druck. Nach wie vor werden neue Abschnitte begradigt, verbaut oder gar eingedolt. Meist geschieht dies schleichend und weitgehend unbemerkt, weshalb sich kein großer Widerstand regt.

Die Groppe lebt gerne auch in kleineren, kühlen Fließgewässern mit steinigem Grund.


Intensiv genutzte Uferbereiche eines kleinen Fließgewässers

Es ist äußerst wichtig, dass auch diese vielen kleinen bis sehr kleinen Gewässer geschützt und aufgewertet werden. Die intensive Nutzung bis in Uferbereiche zerstört vielerorts den Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten und lässt wertvolle Ufergehölze nicht aufkommen.

«Ufergehölze»

Beobachtungstipps

Versuchen Sie, die verschiedenen Fließgewässer, die Sie kennen, einem der oben genannten Abschnitte zuzuordnen. Wahrscheinlich werden Sie feststellen, dass das nicht immer so einfach und eindeutig möglich ist. Betrachten Sie die Sedimente im Wasser und am Ufer. Sind es vorwiegend große Steine, kleine Steine oder gar Sand? Sind die Steine stark gerundet? Achten Sie doch auch auf die Strömungsgeschwindigkeit und die Turbulenzen. Wenn Sie ein Blatt oder kleine Holzstücke ins Wasser werfen, sehen Sie gut, was damit geschieht. Vielleicht gelingt es Ihnen, auch eine der erwähnten typischen Arten zu entdecken!

Interessant, aber oft ernüchternd ist der Vergleich der aktuellen Situation oder von Luftbildern (z. B. aus Google Earth) mit alten Fotos, Landkarten oder Gemälden.

Fragen


Wie entstehen Altwasser?
Worin besteht der Unterschied zwischen Altwasser und Altarm?
Wie sieht das Bett eines Fließgewässers im Bereich des Deltas aus?
Was sind Mäander, und wie entstehen sie?
In welchen Gewässerabschnitten kann man Bachforelle und Äsche finden?

Antworten

Lebensraum Stillgewässer


Glazial entstandener See (Thunersee)

Unter dem Begriff Stillgewässer werden alle Binnengewässer mit stehendem Wasser zusammengefasst, unabhängig von ihrer Größe und Entstehung.

Seen

Seen sind kleinere und größere Gewässer mit einer Tiefe von meist mehreren Metern. So kann sich eine Temperaturschichtung ausbilden, die längere Zeit bestehen bleibt. Aufgrund ihrer Größe und Tiefe sind diese Stillgewässer nur im Uferbereich und den Flachwasserzonen von Wasserpflanzen bewachsen.

«Wasserzirkulation in Seen»

Flussbarsch

Die Entstehung der Seen Mitteleuropas ist am häufigsten auf die abtragende oder aufschüttende Wirkung von Gletschern zurückzuführen. Glazialen Ursprungs sind zum Beispiel die meisten Seen in den Alpen und im Alpenvorland (beispielsweise Thunersee, Chiemsee). Aber auch norddeutsche Seen, wie beispielsweise der Schweriner See, sind auf vergangene Gletschertätigkeiten zurückzuführen. Daneben gibt es Seen, die durch tektonische Vorgänge, Bergstürze, Karstprozesse oder vulkanische Aktivitäten (Kraterseen) entstanden sind. Eine Sonderstellung nehmen großflächige, aber sehr flache Seen (beispielsweise Neusiedler See) ein. Solche Steppenseen sind oft nicht einmal zwei Meter tief, was der obigen Definition widerspricht.

Seen wirken im Gegensatz zu den Fließgewässern sehr konstant und ruhig und scheinen keinen großen Veränderungen unterworfen zu sein. Dieser Eindruck täuscht jedoch.

Zum einen treten jahreszeitliche temperaturbedingte Umwälzungen auf. Zum anderen können je nach Lage und Windverhältnissen beträchtliche Wellen entstehen, die zu Ufererosion führen. Zuflüsse tragen kontinuierlich Material in das Seebecken ein, wodurch ausgedehnte Deltas entstehen können. Über einen Zeitraum von Tausenden von Jahren werden die Seen langsam aufgefüllt. Man spricht von Auflandung. Bei kleinen Seen geschieht das natürlich deutlich schneller. Aber auch ohne regelmäßigen Stoffeintrag durch Zuflüsse werden die Uferbereiche langsam seichter, denn abgestorbene Pflanzen und Tiere lagern sich ab. Dies geschieht besonders im Bereich von Röhrichten. Die Pflanzengemeinschaften der Uferzonen können dadurch immer weiter in den See hinein wachsen. In diesem Fall spricht man von Verlandung. Normalerweise wirken an einem See sowohl Auflandungs- als auch Verlandungsprozesse. Über aufgefüllten Seen können unter günstigen Bedingungen ausgedehnte Moore entstehen.

«Wasserzirkulation in Seen»

«Das Schilfrohr»

«Uferzonierung»