Heil mich, wenn du kannst

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Aus der Reihe: Heil mich - Reihe #1
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Heil mich, wenn du kannst
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Alisha Mc Shaw, Melanie Weber-Tilse

Heil mich, wenn du kannst

Michael

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Über das Buch:

Prolog

Michael

Susan

Michael

Susan

Michael

Susan

Michael

Susan

Michael

Susan

Michael

Susan

Michael

Susan

Michael

Susan

Michael

Susan

Michael

Susan

Michael

Susan

Michael

Susan

Michael

Susan

Michael

Susan

Epilog

Danksagung Alisha Mc Shaw

Über Alisha McShaw

Danksagung Melanie Weber-Tilse

Über Melanie Weber-Tilse

Impressum neobooks

Über das Buch:



Eine Stunde.

Eine Stunde hat gereicht, um das Leben von Michael Thompson völlig auf den Kopf zu stellen und dafür zu sorgen, dass nichts mehr ist, wie es vorher war. Eine Stunde, die er zu spät war, um den brutalen Überfall auf seine Schwester Annabell zu verhindern, infolge dessen sie im Koma liegt.

Eine Nacht.

Eine Nacht hat gereicht, um auch das Leben von Susan Weatherbee völlig umzukrempeln. Einst von Michael auf Händen getragen, hält er es von einem Tag auf den anderen nicht mehr für nötig, sich bei ihr zu melden. Als sie ihn zur Rede stellen will, wird sie hochkant von ihm herausgeworfen.

Vier Jahre später treffen sie wieder aufeinander. Beide hüten ein Geheimnis, das erneut alles verändern könnte.


Deutsche Originalausgabe, 1. Auflage 2016

Ihr findet uns auf

facebook.com/AlishaMcShaw

http://alishamcshaw.de/

www.weber-tilse.de

https://www.facebook.com/m.webertilse

Herausgeber:

Alisha Mc Shaw

Apostelstrasse 8, 56567 Neuwied

Melanie Weber-Tilse

Breslauer Str. 11, 35274 Kirchhain

© August 2016 Alisha Mc Shaw / Melanie Weber-Tilse

Alle Rechte vorbehalten!

Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der offiziellen Erlaubnis durch die Autoren.

Covergestaltung: Jay Aveline Quinn

Bilder: © feedough © nejron © SOMATUSCANI / depositphotos.com

Bilder Innenteil: © Seamartini / depositphotos.com

Prolog

Es wurde langsam dunkel und immer wieder sah sie nervös auf ihr Handy. Er hatte sie vor einer halben Stunde schon abholen wollen und doch war sein Auto weit und breit nirgends zu sehen. Die Kälte kroch in ihren Körper und sie zog den Mantel enger um sich.

Sie befand sich nicht gerade in der sichersten Gegend der Stadt, und mit jeder Minute die verging, wurde ihr Unbehagen größer.

Schritte ließen sie aufblicken. Hastig ging ihr Blick nach hinten, doch sie konnte niemanden sehen. Automatisch setzten sich ihre Beine auf dem Bürgersteig in Bewegung. Sie wollte jetzt nur noch eines, so schnell wie möglich aus dieser Gegend hinaus.

Wo blieb er nur? Er hatte doch versprochen, sie abzuholen und nur deshalb hatte sie die Party ihrer Freunde verlassen und war zur Strasse gegangen. Die Schritte hinter ihr beschleunigten sich und Angst stieg in ihr auf. Jetzt konnte sie den schweren Atem ihres Verfolgers hören. Da, er fing an zu laufen und sie verfluchte nicht zum ersten Mal die Entscheidung, Highheels angezogen zu haben, anstatt flacher und bequemer Pumps.

Noch bevor ein Schrei ihre Lippen hätte verlassen können, wurde sie in eine Seitengasse geschubst und eine nach Zigarettenrauch riechende Hand legte sich schwer über ihren Mund. »Ganz ruhig, Schlampe!«, hörte sie da auch schon eine raue Stimme an ihrem Ohr, Alkoholgeruch wehte an ihrer Nase vorbei. »Wenn du still bist, wird dir nichts passieren!«

Mit immenser Kraft drückte ihr Angreifer sie gegen eine Hauswand, während er noch immer ihren Mund zuhielt. Fast gleichzeitig spürte sie, wie die andere Hand an ihrem Körper entlang tastete, und sie schloss entsetzt die Augen. Dann zog etwas an ihrem Arm, es schepperte leise und sie begriff, das er in ihrer Tasche herumwühlte und deren Inhalt auf dem Boden verteilte.

»Scheiße Mann, wo hast du die verfickte Kohle?«, fluchte er unterdrückt und sie begann zu hoffen, dass der Kerl nur Geld wollte. Leise wimmerte sie gegen die Hand auf ihrem Mund und blinzelte. Der faulige, alkoholgetränkte Atem ihres Angreifers kam immer näher, als er ihr mit zusammengekniffenen Augen ins Gesicht sah. »Wenn du auch nur einen Mucks von dir gibst, Schlampe, dann mach ich dich kalt, kapiert?«

Sie nickte wie erstarrt und versuchte, die aufsteigende Übelkeit zu verdrängen. Der Mann löste seine Hand von ihrem Mund. »In meinem BH!«, flüsterte sie, während Tränen ihre Wangen herab rannen. Unfähig, sich auch nur einen Millimeter zu rühren, ließ sie über sich ergehen, dass der Typ ihre Bluse zerriss und sie keuchend begrabschte.

Dann hatte er offenbar gefunden, was er suchte. Sie konnte das leise Rascheln der Scheine hören.

»Mehr hast du nicht?«, fragte er, hob die Hand mit den Scheinen hoch und jetzt konnte sie sehen, das er zitterte. Drogen!, schoss es ihr durch den Kopf. Der braucht den nächsten Schuss! Wimmernd verneinte sie, da sie selten mehr als das Geld für ein Taxi mitnahm. Da er ja gesagt hatte, das er sie abholen würde, reichte es heute vermutlich nicht einmal dafür.

»Scheiße Mann, was soll ich denn mit verschissenen zehn Mäusen anfangen, häh?«

In dem Moment begann ihr am Boden liegendes Handy zu klingeln. Laut und deutlich ertönte die Melodie von Beyoncés Crazy in Love. Erneut fluchte ihr Gegenüber und versuchte, das Handy mit dem Fuß zu zertreten. Es klingelte noch einige Sekunden, bevor es unter der Wucht der Tritte den Geist aufgab und verstummte.

»Annabell?«, rief eine laute Stimme von irgendwoher. Michael! Erleichterung durchflutete sie, und noch ehe sie darüber nachdenken konnte, begann sie auch schon zu schreien.

Sie sah noch eine Faust auf sich zufliegen, dann traf der Schlag ihr Gesicht, und sie ging zu Boden. »Halt's Maul, du verdammtes Flittchen!«, kreischte ihr Angreifer, und eine Reihe von Tritten prasselte auf sie ein. Immer und immer wieder trat er zu, und dann - wurde es endlich schwarz vor ihren Augen.

Michael

Ein leises Summen ertönte aus der Telefonanlage und er nahm den Hörer ab.

»Mr. Thompson, ich werde jetzt Feierabend machen«, meldete sich seine Sekretärin Mrs. Davis.

 

»In Ordnung, bis morgen.«

Schon lange wünschte er ihr keinen schönen Feierabend mehr oder einen ruhigen Abend. Nicht seit dem Vorfall vor vier Jahren.

Es war schon nach 18 Uhr und wieder einmal war Mrs. Davis länger geblieben. Sie war die gute Seele seiner Firma und er wusste, dass sie oft genug zwischen ihm und seinen Abteilungsleitern vermittelte.

Er stand von seinem Stuhl auf und trat an die große Glasfront. Früher hatte er den Ausblick, der sich ihm hier oben bot, wirklich genossen. Er konnte fast den ganzen Central Park überblicken und wusste, dass die Lage seines Bürogebäudes exquisit war. All das hatte ihn früher mit Stolz erfüllt - damals, als seine Schwester noch an seiner Seite gewesen war.

Mit der Faust schlug er gegen das Fenster. Vier beschissene Jahre war es jetzt her und doch überkam ihn jedes Mal, wenn es dunkel wurde, diese Wut. Die gleiche Wut, die er damals gefühlt hatte, als er sie dort auf dem Boden gefunden hatte. Blutig geschlagen, und nicht mehr bei Bewusstsein.

Wenn er doch nicht zu spät gekommen wäre. Wenn er sich doch nicht länger mit ihr beschäftigt hätte. Dann … ja, dann, würde seine Schwester hier neben ihm stehen, ihn anlächeln und daran erinnern, dass er dringend den Jahresabschluss durcharbeiten musste.

Er seufzte und fuhr sich mit der Hand durch die kurzen Haare. Alles Grübeln brachte nichts. Er konnte es nicht mehr ändern. Er hasste sich, er hasste sie. Aber noch mehr hasste er den Junkie, der seine Schwester ausgeraubt hatte und nie gefasst worden war.

Scheiße, er musste sich zusammenreißen. Seine Angestellten zählten auf ihn, zählten darauf, dass sie ihren Arbeitsplatz behielten und das ging nur, wenn er die Firma auch weiter am Laufen hielt.

Der Vorstand saß ihm im Nacken. Sie wollten, dass er einige seiner Tätigkeiten mehr auf sie abwälzte und ihnen die Möglichkeit gab, Dinge selbständiger anzugehen. Aber bisher sträubte er sich vehement dagegen.

Wieder schaute er raus in den trüben Oktober. Langsam kroch die Dunkelheit hervor und die ersten Laternen warfen diffuses Licht auf den Central Park. Dort unten lief irgendwo der Scheißkerl herum, der seine Schwester ins Koma geprügelt hatte.

Vor vier Jahren war sie überfallen worden und seither nicht wieder aufgewacht. Die Ärzte sagten ihm ständig, es könne jeden Tag soweit sein. Seither wartete er darauf. Jeden verdammten Tag.

Seufzend wandte er sich vom tristen Anblick des Parks ab und begab sich wieder an seinen Schreibtisch. Auf dem Laptop war der Jahresbericht geöffnet und dieser musste bis Morgen fertig sein. 284 Seiten warteten darauf, durchgearbeitet und auf ihre Richtigkeit überprüft zu werden.

Bevor er sich an die Arbeit machte, holte er sich einen starken Kaffee, den Mrs. Davis ihm vorhin noch hingestellt hatte. Dann machte er sich daran, dem Vorstand zu zeigen, dass er es noch draufhatte.

***

Es war weit nach vier Uhr, als er den Laptop zuklappte und sich müde über die Augen rieb. Der Blick auf die Uhr bestätigte ihm, dass es sich nicht lohnte, noch nach Hause zu fahren.

Er stand auf und streckte sich. Durch das Fenster sah er, dass das Wetter umgeschlagen hatte und nun kleine Flocken zu Boden segelten.

Die Zeit, die ihm bis zum Treffen mit dem Vorstand blieb, würde er nun für sich nutzen.

Von seinem Büro aus führte nicht nur eine Tür in das vordere Sekretariat, sondern auch eine zweite in einen angrenzenden Ruheraum mit Badezimmer. Früher hatte er die Räumlichkeiten kaum genutzt, heute dagegen übernachtete er oft hier.

Neben Anzügen und Hemden waren auch legere und bequeme Anziehsachen sowie Jogging-Klamotten in seinem Kleiderschrank vorhanden.

In genau diese schlüpfte er, als er sich aus seinem Anzug geschält hatte und wählte dann den Weg zu den Aufzügen.

Der Highspeed-Aufzug brachte ihn innerhalb einer Minute die 60 Stockwerke nach unten. Diese Geschwindigkeit würde er jetzt beim Joggen nicht erreichen, aber er hatte vor, sich den Frust in hohem Tempo abzulaufen.

Die kalte und klare Luft empfing ihn und nachdem er sich warm gemacht hatte, fiel er in einen schnellen und harten Rhythmus.

Susan

Müde zog sie das Gummiband aus den Haaren, welches ihre Haare zusammenhielt. Ein anstrengender Tag lag hinter ihr und sie freute sich auf den wohlverdienten Feierabend.

»Susan? Der Chef möchte dich sehen!«, zerstörte da die Stimme ihrer Kollegin Melinda all ihre Hoffnungen. Stirnrunzelnd wandte sie sich zu ihr um. »Hey, ich bin nur der Überbringer der schlechten Nachrichten«, zwinkerte diese ihr mit erhobenen Händen zu.

»Ich kann keine Überstunden machen, Mel.« Susan fuhr sich mit der Hand über die müden Augen. »Ich kann Cassy nicht schon wieder zu einer Tagesmutter geben. Ich arbeite sowieso schon fast nur, um diese bezahlen zu können!«

Die Kollegin lächelte bedauernd, zuckte dann mit den Schultern und sah zu, dass sie die Station verließ, bevor auch sie noch ein Opfer der Launen ihres Chefs werden konnte. Seufzend schob Susan das Haarband über ihren linken Arm, ehe sie sich schweren Herzens auf den Weg zum Zimmer ihres Vorgesetzten machte. Sie klopfte energischer, als ihr zumute war.

»Herraaahaaain!«, ertönte es und Susan beeilte sich, das Zimmer zu betreten. »Susan Schätzchen, kommen Sie rein, kommen Sie rein!«

Susan verkniff sich ein Augenrollen. Phil Donaldson, ihr Chef, wog schätzungsweise 130 Kilogramm, schnaufte wie ein Walross, war so gut wie immer hervorragend gelaunt und stockschwul. Er lebte bereits seit über 20 Jahren mit ein und demselben Mann in einer festen Partnerschaft, und nur allzu offensichtlich schien er der weibliche Part in der Beziehung zu sein, denn man sah ihn selten anders als singend und trällernd über den Flur laufen. Fehlte nur noch, dass er ein rosa Handtäschchen mit sich führte und damit herum wedelte.

Doch der Schein trog, denn Phil konnte knallhart sein, wenn er es denn wollte. Susans Hände schwitzten schon, noch bevor sie auf dem Stuhl Platz genommen hatte, auf den er deutete. »Susan, Schätzchen, wie schön, dass Sie noch Zeit für mich gefunden haben«, trällerte Phil, und erneut gelang es Susan nur knapp, nicht bissig zu antworten. Sie arbeitete nun seit fast zehn Jahren für den schwergewichtigen Mann und wusste, was sie sagen konnte und was nicht.

»Was kann ich für Sie tun, Phil?«, fragte sie daher und lächelte angestrengt.

»Susan, was würden Sie von einem Acht-Stunden-Tag mit festen Arbeitszeiten, einem übertariflichen Gehalt und viel Freizeit für sich und Ihre kleine Tochter halten?« Phil lehnte sich mit verschränkten Armen in seinem Sessel zurück, der protestierend knarrte. Susan blinzelte. Sollte das eine Falle sein? Sie schnupperte vorsichtig, hatte Phil etwa getrunken?

»Geht's Ihnen gut, Chef?«, fragte sie vorsichtig, worauf sich dieser noch weiter in seinem Sessel zurücklehnte und schallend lachte. Offensichtlich hatte sie ihre Irritation nicht gut genug verborgen, denn Phil beugte sich jetzt nach vorne, löste die verschränkten Arme und sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.

»Es geht mir hervorragend, Schätzelchen. Ich habe heute Mittag einen wirklich lukrativen Auftrag hereinbekommen, und in meiner grenzenlosen Güte waren Sie die Erste, an die ich gedacht habe. Wenn Sie allerdings nicht interessiert sind ...«, er wuchtete seinen Körper aus dem Sessel und griff den Ordner, der vor ihm auf dem Schreibtisch lag.

»Nein, nein!«, beeilte sich Susan, zu sagen. »Ich war nur überrascht, Phil. Gerade Sie müssen doch zugeben, das Worte wie übertarifliches Gehalt und geregelte Arbeitszeiten nicht gerade alltäglich bei uns sind.«

Grunzend ratterte Phil die Eckdaten runter, während er mit der Akte vor Susans Nase herum wedelte. »750$ die Woche, Sechs-Tage-Woche, acht Stunden am Tag, sonntags frei, Pflege einer Koma-Patientin. Schwerreicher Bruder, Haus in West Bay, Long Island. Sie liegt seit gut vier Jahren im Koma, keine Veränderung des Zustands. Im Haus lebt ein Pfleger, der die Patientin schon lange betreut und Ihnen alle wichtigen Informationen geben kann. Wollen Sie den Job, oder wollen Sie ihn nicht?«

Hastig griff Susan nach der Akte und presste sie an sich. »Natürlich!«

»Gut, Schätzelein. Das habe ich mir doch fast gedacht. Der Pfleger, ein gewisser Jonathan Briggs, wird Sie am Montag um acht Uhr erwarten. Alles andere steht in der Akte. Viel Erfolg und schönes Wochenende!« Mit diesen Worten verließ Phil sein Büro und ließ die noch immer verdatterte Susan dort allein. Mit zittrigen Händen betrachtete sie den Ordner, der einiges an Gewicht hatte. Dann wurde sie blass.

»Akte Annabell Thompson«, stand in ordentlichen Buchstaben darauf.

Michael

Michael hatte versucht, sich den Frust wegzulaufen. Wie immer hatte er es nicht geschafft und die Dämonen, die ihn verfolgen, konnte er auch diesmal nicht abschütteln.

Verschwitzt kam er am riesigen Komplex seiner Firma an und begab sich direkt in das hauseigene Schwimmbad. Auch hier lagen immer eine Badehose und genügend Handtücher für ihn bereit.

Mit einem kraftvollen Sprung tauchte er in die Fluten ein, und durchquerte mit nur einem einzigen Zug fast die Hälfte des Beckens. Prustend tauchte er auf und zog konstant eine Bahn nach der anderen.

Eine halbe Stunde später schwamm er an den Rand und zog sich aus dem Wasser. Kurz hielt er inne, um zu Atem zu kommen. Das klackende Geräusch von Schuhen mit Absätzen hallte von den gefliesten Wänden wieder.

»Guten Morgen, Mr. Thompson«, erklang da schon die nervtötende Stimme von Francoise Denver aus dem Einkauf.

Sie versuchte schon seit Jahren, Michael zwischen ihre Beine zu bekommen. Damals, als es sie noch gab, hätte er an Francoise keinen einzigen Gedanken verschwendet und die erste Zeit nach dem Überfall auf seine Schwester stand ihm nicht der Kopf danach, sich in einem Frauenkörper zu versenken.

Aber heute, jetzt und hier … stand er auf und trat auf sie zu. »Ms. Denver.«

Er musterte sie und presste die Lippen fest aufeinander. Eigentlich stand er nicht auf billige Frauen und an Francoise wirkte alles billig. Der Rock war zu eng und zu kurz, die Bluse war ebenfalls zu eng und gab von ihrer prallen Oberweite viel zu viel preis. Der Lippenstift war zu Rot und die Augen zu stark betont. Nicht umsonst hatte er sie für den Empfang abgelehnt und sie stattdessen in den Einkauf als Mädchen für alles gepackt. Die Männer dort freuten sich, wenn sie ein wenig Ablenkung bekamen.

Bisher hatte er noch keine Beschwerden über sie gehört. Ganz im Gegenteil, ihr Engagement – auf was sich das auch immer bezog – stand bei vielen der männlichen Angestellten hoch im Kurs.

Michael trat näher an sie heran und konnte jetzt das viel zu schwere Parfum riechen. »Was kann ich für Sie tun?«, fragte er und ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel.

Er sah, wie ihre Augen aufblitzten und sie sich nervös über die Lippen leckte. Sein Lächeln wurde breiter, denn er wollte diese Lippen endlich um seinen Ständer spüren.

Francoise strich vorsichtig mit einem Finger über seine nasse, muskulöse Brust, immer auf der Hut, ob er sie abweisen würde. Er spürte ihre Unsicherheit und eigentlich turnte ihn das überhaupt nicht an. Schon gar nicht, wenn eine Frau sich ihm so anbot.

Aber es war zu lange her, viel zu lang.

»Ich hoffe, ich kann etwas für Sie tun«, seufzte sie an seiner Brust und schaute ihm dabei direkt in die Augen. Wieder leckte sie über ihre viel zu roten Lippen und Michael drängte sie nun Schritt für Schritt nach hinten.

Die Schuhe klackten auf dem Boden und als sie nicht weiter nach hinten konnte, drängte er seinen Körper an ihren. Er wich ihrem Mund aus und knurrte: »Es wird nicht geküsst.«

»Natürlich«, hauchte sie und ließ ihre Hände nun mutiger an seinem Körper auf Wanderschaft gehen.

Seine Hände dagegen stützte er hinter ihr ab, und rückte wieder ein Stück von ihr weg. Sie verstand die Geste sofort. Das war wohl nicht ihr erster Blowjob und sie sank, trotz des engen Rockes, auf die Knie. Ihre Hände wanderten zu seiner Badehose und Michael konnte von oben beobachten, wie sie seinen harten Ständer befreite.

Als ihre Lippen sich über seine Erektion stülpten, schloss er genießerisch die Augen. Viel zu lang war es her und er konnte sich kaum zurückhalten.

 

Seine Atmung ging schneller und er genoss das Gefühl des warmen Mundes, in den er hineinstieß. Als er den Kopf in den Nacken legte, blitzte kurz ein Gesicht auf. Ein Gesicht mit einem wundervollen Lächeln. Braune Augen, die ihn liebevoll anschauten, Lippen, die so weich waren, dass er sie immer wieder küssen musste.

Mit einem Keuchen öffnete er die Augen, blickte nach unten und sah die roten Lippen, die seinen Ständer umschlossen und die rote Farbe, die sich schmierig über seinen Schwanz verteilte.

»Fuck«, knurrte er, entzog sich ihr und stemmte sich von der Wand ab.

»Hab ich … habe ich etwas falsch gemacht?«, stotterte Francoise.

Während er sich die Badehose hochzog, schüttelte er den Kopf. »Nein.« Dann ließ er sie dort hocken, wo sie war, und verschwand aus der Schwimmhalle.

Jetzt hatte er sich den Titel Arsch des Tages redlich verdient. Aber als er ihr Gesicht gesehen hatte, da war ihm die Situation mit Francoise noch falscher vorgekommen, als sie sowie schon war.

Verdammt, er hatte diese Frau geliebt. Und er bekam sie immer noch nicht aus dem Kopf.

Diesmal fuhr er mit dem privaten Fahrstuhl direkt in seine Räumlichkeiten hinauf. Weder wollte er in dieser Aufmachung, noch mit seinem Gemütszustand einem Angestellten begegnen.

Ohne Umwege ging er unter die Dusche. Wie schon zuvor bei Francoise stützte er sich mit beiden Händen an der Wand ab und ließ das warme Wasser über seinen Körper fließen. Was war da nur in ihn gefahren? Noch nie, egal wie aufgestaut seine Hormone gewesen waren, hatte er sich einfach so einer Frau hingegeben. Nicht jede Frau hatte er geliebt oder eine lange Beziehung mit der jeweiligen geführt, aber immer war er ihnen auf Augenhöhe begegnet und es war ein gegenseitiges Geben und Nehmen gewesen.

Um auf andere Gedanken zu kommen, drehte er das Wasser eiskalt und spannte die Muskeln an, als die Kälte wie Messerstiche auf ihn einprasselte.

Frisch geduscht, rasiert und mit einem neuen Anzug ausgestattet saß er kurze Zeit später an seinem Schreibtisch und überprüfte ein letztes Mal den Abschlussbericht.

Ein leises Anklopfen kündigte seine Sekretärin an. Seit über acht Jahren arbeitete sie bei ihm und er kannte ihre Schritte, ihr Klopfen an seiner Tür und hätte wohl das unverkennbare herzliche Lachen unter tausenden heraushören können.

»Guten Morgen, Mr. Thompson. Ihr Kaffee.« Sie trat mit sorgenvoller Miene an seinen Schreibtisch heran und reichte ihm die Tasse mit der dampfenden Flüssigkeit. »Sie waren schon wieder die ganze Nacht wach.« Jetzt hatte ihr Blick zusätzlich einen tadelnden Ausdruck angenommen.

Immer wenn sie in diesem Ton mit ihm sprach, kam er sich wie ein kleiner Schuljunge vor und nicht wie ein gestandener Mann, der ein Millionenunternehmen führte.

Heute zeigte sie sich allerdings sehr diplomatisch, indem sie nicht weiter auf das Thema einging.

»Ich habe den Konferenzraum drei vorbereitet. Wenn Sie mir den Bericht mit ihren Korrekturen durchschicken, kann ich die Mappen direkt noch fertigmachen. Ach, und Jonathan hat sich gemeldet. Er hat mit der Health Help International Kontakt aufgenommen und dort eine neue Pflegekraft für Ihre Schwester angefordert. Er hofft, dass er schnell einen Ersatz für Samantha Gomez erhält. Sobald er mehr weiß, wird er sich wieder melden.«

»Danke, Ann.« Plötzlich traf ihn die Müdigkeit mit voller Wucht und doch hatte er noch einen langen Tag vor sich.

Bevor er sein Büro verließ, strich er über das Bild auf seinem Schreibtisch, welches ihn und seine fröhliche Schwester zeigte. Dann nahm er einen großen Schluck des starken Kaffees, straffte die Schultern und trat in Anns Vorzimmer.