Fürchte den Killer: Sieben Action Krimis

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa



8



Mr McKee sorgte dafür, dass die Operation auf allen Ebenen grünes Licht bekam. Wir brauchten neben dem Okay der Justiz vor allem auch die Unterstützung der örtlichen Polizeibehörden, mit denen wir über unser Field Office in ständigem Kontakt bleiben würden. Vor allem musste genehmigt werden, dass das FBI das fällige Startgeld vorstreckte.

Zwei Tage nach dem ersten Treffen mit Clement kam es zu einer weiteren Verabredung mit unserem Informanten.

Diesmal trafen wir uns in der Nähe von Loebs Boathouse im Central Park.

„Was ist mit der Liste der Teilnehmer?“, fragte ich.

„Da werden Sie sich noch etwas gedulden müssen.“

„Langsam weiß ich nicht, was diese Hinhalterei soll und ob das Ganze nicht vielleicht nur eine große Luftblase ist, die Sie uns da präsentieren“, konnte ich meine Enttäuschung nicht verbergen.

„Hören Sie, Agent Trevellian, ich muss extrem vorsichtig sein.“

„Konnten Sie wenigstens noch etwas mehr über Robert Dawn erfahren?“

„Nein. Ich fürchte, mit den Angaben, die ich Ihnen gegeben habe, werden Sie auskommen müssen. Aber ich habe inzwischen mit ein paar Leuten über Ihre Teilnahme an dem Rennen geredet. Ich nehme an, Ihr Partner ist als Beifahrer dabei?“

Ich nickte. „Ja, so hatten wir uns das gedacht.“

„Sie werden unter Ihrem richtigen Namen an dem Rennen teilnehmen. Die entscheidenden Personen wissen, dass Sie FBI-Agent sind. Sie sehen darin einen zusätzlichen Reiz für das Publikum.“

Ich starrte Clement an wie einen Geist. Wollte der Kerl die ganze Operation schon zum Scheitern bringen, noch ehe sie begonnen hatte? Ich glaubte mich verhört zu haben. „Das kann unmöglich Ihr Ernst sein!“, stieß ich hervor.

„Irrtum, Agent Trevellian. Das musste sein. Ihr Wagen ist so individuell, dass die Leute, mit denen ich zu tun haben, Ihre Identität ohnehin im Handumdrehen ermitteln könnten. Ich deutete ja bereits an, wie weit deren Arm reicht. Nein, Sie treten dort als Jesse Trevellian an, ein FBI-Agent, der neben seinem langweiligen Beamten-Job im Dienst der Gerechtigkeit noch ein paar verborgene dunkle Leidenschaften hat, die mit Benzin und PS zu tun haben. Außerdem habe ich erzählt, dass die Anschaffung des Sportwagens Sie hoch verschuldet hat und Sie dringend Geld brauchen. Die Story passt zu Ihnen und Ihrem Wagen. Sehen Sie nur zu, dass Ihr Field Office nicht irgendwelche groß angelegten und möglicherweise auffälligen Begleitaktionen veranstaltet, sodass man auf die Idee kommt, Sie wären im dienstlichen Auftrag dabei. Außerdem brauche ich Ihre private Handynummer.“

Ich gab ihm meine Karte. „Wie geht es dann weiter?“

„Sie überweisen das Startgeld auf ein Schweizer Bankkonto. Sind die vierzigtausend Dollar ein Problem für Sie?“

„Nein.“

„Gut. Bevor das nicht überwiesen ist, läuft nämlich nichts.“

„Verstehe.“

„Sie werden dann in den nächsten Tagen einen Anruf erhalten. Ein Mittelsmann wird ein Treffen mit Ihnen vereinbaren, auf dem Sie den GPS-Sender und die Start-Daten des Rennens bekommen. Das war es dann.“

Er drehte sich um, beobachtete einige Augenblicke lang ein Pärchen am Seeufer, das aus irgendeinem Grund sein Misstrauen erweckt hatte und wirkte insgesamt ziemlich hektisch.

„Wann bekommen wir die Teilnehmer-Liste?“, hakte Milo nach. „Sie hatten sie uns versprochen.“

„Was brauchen Sie noch die Liste?“, fragte er. „Sie können das Rennen nicht mehr stoppen, weil Sie doch Robert Dawn einfangen wollen!“

„Also war alles nur Gerede!“, stellte ich fest. „Die Liste ist für uns auch ein Zeichen dafür, ob wir Ihnen trauen können oder nicht. Im Übrigen brauchen wir sie, um gegen die Teilnehmer juristisch vorgehen zu können, sobald wir Dawn haben.“

Er verzog das Gesicht. „Sie sind ein Optimist, Agent Trevellian!“ Er lachte kurz auf. „Übermorgen. Versprochen. Aber so lange brauche ich noch.“

„Und was ist mit den Namen von Hintermännern?“, ließ ich ihn gar nicht erst zur Ruhe kommen.

„Der Scarbucchi-Clan will hundert Millionen waschen, wie ich gehört habe...“

Er warf uns einen Brocken hin, ohne uns wirklich etwas substanzielles mitzuteilen, begriff ich.

„Was ist mit dem Hotel, in dem die große Wettparty stattfindet? Können Sie uns darüber inzwischen etwas mehr sagen?“, mischte sich Milo ein.

Er seufzte hörbar. „Ich weiß inzwischen, dass es sich innerhalb der Vereinigten Staaten befindet. Mehr kann ich Ihnen vielleicht übermorgen sagen. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte.“

Er hatte es ziemlich eilig, uns zu verlassen. Ich sah ihm noch eine Weile nach. Er lief einem Skateboardfahrer in den Weg und sprang im letzten Moment zur Seite.

„Was spielt der Mann für ein Spiel?“, fragte Milo.

„Keine Ahnung. Aber allein die Chance, einen Killer wie Robert Dawn aus dem Verkehr zu ziehen, ist es schon Wert, sich darauf einzulassen.“







9



Der Anruf erfolgte mitten in der Nacht. Es war zwei Uhr, als das Handy klingelte. Ich nahm den Apparat ans Ohr und fragte „Ja?“, während ich mich verzweifelt bemühte, schnell genug wach zu werden, um alles zu verstehen, was mir der Gesprächspartner an der anderen Seite der Verbindung zu sagen hatte.

„Jesse Trevellian?“

„Am Apparat.“

„Kommen Sie in die HOT & SPICY Filiale in Yonkers, 211 George Washington Lane.“

„Wann?“

„Jetzt sofort. Fahren Sie jetzt los, rufen Sie niemanden an, kommen Sie allein.“

„Was ist mit meinem Beifahrer?“

„Den brauchen wir dabei nicht.“

Es machte klick. Das Gespräch war beendet.

Ich zog mich schnell an und setzte mich in den Wagen. Dann fuhr ich Richtung Norden. New York nennt man zu Recht die Stadt, die niemals schläft. Aber morgens um zwei Uhr ist der Verkehr wenigstens erträglich und so fern nicht irgendwo eine Großbaustelle ist, muss man um diese Uhrzeit auch nicht mit einem der gefürchteten Staus rechnen.

Eine halbe Stunde später erreichte ich Yonkers, die mittlere Großstadt nördlich der Bronx, die mit dem Big Apple teilweise zusammengewachsen war.

HOT & SPICY war eine Kette von Fast Food-Läden mit mexikanischem Essen. Genormte Tortillas und Chili con Carne. Es gab inzwischen im gesamten Big Apple sowie in Newark, Paterson, Yonkers und New Rochelle Filialen und das Netz der Schnellrestaurants, in der man die SPICY ART OF LIVING genießen konnte, wie die Werbung versprach, stand davor, sich noch weiter auszubreiten.

Die Filiale von Yonkers lag in einem etwas heruntergekommenen Teil der Stadt, der gerade einer gründlichen Sanierung unterzogen wurde. Die Eröffnung des HOT & SPICY war somit sicherlich eine Investition in die Zukunft.

Ich stellte den Wagen in einer Nebenstraße ab und aktivierte dann den Rechner auf der Mittelkonsole. Der TFT-Bildschirm leuchtete auf. Ich bekam eine Verbindung ins Netz und sandte eine kurze Mail an Milo und an das Field Office, in dem ich meinen Aufenthaltsort mitteilte. Sicherheitshalber.

 

Dann stieg ich aus.

Soweit ich das mitbekommen hatte, war ich nicht verfolgt worden.

Die letzten fünf Minuten bis zur HOT & SPICY Filiale ging ich zu Fuß.

Das mexikanische Schnellrestaurant hatte rund um die Uhr geöffnet. Vierundzwanzig Stunden non Stopp. Aber als ich eintrat waren kaum Gäste dort und ich fragte mich, ob sich das für den Franchise-Nehmer eigentlich rechnete.

Hinter dem Tresen stand ein stämmiger Mann mit dunklem Oberlippenbart und Halbglatze.

Ich ging an ihm vorbei bis in die hinterste Ecke des HOT & SPICY. Das Mobiliar war weiß und leicht zu reinigen. Es erinnerte mich immer ein bisschen an die Einrichtung einer Klinik.

An einem Tisch saß ein Mann, der ganz sicher nicht zur typischen Stammkundschaft eines HOT & SPICY Restaurants gehörte. Er trug einen grauen Dreiteiler, war Mitte fünfzig und hatte ein Gesicht, das wie aus Stein gemeißelt wirkte. Harte Linien, von denen mindestens drei Viertel nach unten ausgerichtet waren.

Er sah mich auf eine Weise an, die mir sofort klar machte, dass er auf mich wartete.

„Haben wir gerade telefoniert?“, fragte ich.

„Sie sind Trevellian“, stellte er fest.

„Ja.“

„Setzen Sie sich.“

Ich ließ mich ihm gegenüber nieder. Er schob mir einen Umschlag über den Tisch.

„Ich nehme an, das ist der GPS-Empfänger“, vermutete ich. „Sie sollen mich einweisen, wie er benutzt wird.“

„Das ist nicht nötig. Das Gerät ist aktiviert. Sie können daran nicht herummanipulieren. Von nun an werden Sie es ständig in Ihrem Wagen aufbewahren.“

„Was ist mit dem Starttermin?“

„Die Daten werden Ihnen auf das GPS-Gerät überspielt und angezeigt – exakt 24 Stunden vor dem Zeitpunkt, an dem Sie den 75. Längengrad Richtung Westen überschreiten dürfen!“

Der Mann im grauen Dreiteiler erhob sich.

„Leben Sie wohl und viel Glück beim Rennen, Mister Trevellian. Ach ja, ich hoffe, Sie wissen, dass Sie sich durch die Überweisung des Startgeldes strafbar gemacht haben und dass Ihre Karriere beim FBI ein jähes Ende findet, wenn Ihre Teilnahme bekannt wird.“

„Ich bin nicht so eitel, dass ich einen Hubschrauberpiloten engagiere, der mich filmt und anschließend die Bilder ins Internet setze!“

Der Mann im grauen Dreiteiler lächelte flüchtig. „Das können Sie ruhig tun, Trevellian! Allerdings auf eigene Gefahr! Im Endeffekt vergrößert das nur den Nimbus, den das Northern Cannonball bekommt!“

„Mag sein.“

„Klüger ist es allerdings, einen Helikopter-Piloten zu engagieren, der die Strecke abfliegt und einen vor der Highway Patrol warnt. Ich kenne da ein paar Leute, die so etwas für 500 Dollar die Stunde aufwärts anbieten.“

„Nein danke, ich komme schon klar.“

„Wie Sie meinen, Trevellian.“

Mit diesen Worten ließ er mich sitzen, ging zur Tür und verließ das HOT & SPICY.







10



Am nächsten Morgen machte mich Mandys Kaffee wieder einigermaßen wach. Den GPS-Sender, den ich bekommen hatte, war eine Sonderanfertigung ohne jegliche Tastatur. Das Gerät war aktiviert. Auf einem Display wurde jeweils die genaue Position angegeben, sodass man sich dem 75. Längengrad bis auf ein paar Meter nähern konnte, wenn man das wollte. Unseren Spezialisten war es leider unmöglich, das Gerät zu öffnen und einer genauen Analyse zuzuführen. Das hätte wahrscheinlich das Ende meiner Teilnahme am Rennen bedeutet und wäre von den Organisatoren sofort bemerkt worden.

Nachdem ich Milo morgens an der bekannten Ecke abgeholt hatte und zur Federal Plaza gefahren war, hatte ich den Wagen in der zum Bundesgebäude gehörenden Tiefgarage abgestellt. Ich war zwar überzeugt davon, dass die Organisatoren des Rennens jede meiner Fahrten von nun an genauestens verfolgten, aber ich entschied, dass allem, was von meinen bisherigen Gewohnheiten abwich, gefährlich werden konnte und ihnen vielleicht auffiel. In der Tiefgarage hatten unsere Spezialisten zumindest die Gelegenheit ein paar Untersuchungen an dem Gerät durchzuführen, es zu durchleuchten und die elektromagnetische Signatur aufzuzeichnen.

Ob sich das von dem Gerät ausgehende Signal tatsächlich zurückverfolgen ließ, stand noch nicht fest.

Etwa um zehn Uhr morgens meldete sich Clement bei mir.

„Ich habe jetzt die Liste der Teilnehmer“, behauptete er. „Außerdem eine Liste von New Yorker Unterweltgrößen, die in den mit dem Rennen zusammenhängenden Wettbetrug mit drinhängen.“

„Großartig. Darauf warten wir ja auch schon eine ganze Weile. Vielleicht wäre es besser, wenn Kollegen sich mit Ihnen treffen – ich meine in Anbetracht der Tatsache, dass ich jederzeit damit rechnen muss, beim Northern Cannonball zu starten...“

„Nein, ich will, dass Sie zum Treffpunkt kommen, Trevellian. Ich will kein Risiko eingehen!“

Das Risiko soll dann wohl lieber ich tragen!, ging es mir etwas ärgerlich durch den Kopf. Andererseits war die Liste der Teilnehmer des Northern Cannonball so wichtig, dass man dafür schon einiges riskieren konnte.

„Wo und wann?“, fragte ich.

„Battery Park, am Terminal nach Liberty Island, heute zwei Uhr am Nachmittag. Seien Sie pünktlich. Ich werde nicht warten.“

Das Gespräch wurde unterbrochen.







11



Alexander Jason Clement bewohnte ein Penthouse am Ende der Avenue B. Das Gebäude war eines der wenigen Apartmenthäuser in dieser Gegend, hatte fünfundzwanzig Stockwerke und eine Tiefgarage, die allen Bewohnern einen Parkplatz garantierte. Das „Rolling Bones“, der Club den Clement betrieb, war nur gut hundert Meter entfernt.

Er nahm den Lift in die Tiefgarage und blickte nervös auf die Uhr.

Er lag in der Zeit.

Unter dem linken Arm klemmte eine dünne Aktentasche.

Clement lockerte seine Krawatte. Ihm war plötzlich warm geworden. Das Innere von Liftkabinen erweckte in ihm immer leichte Gefühle von Klaustrophobie. Aber Treppen zu steigen war keine Alternative, die er ernsthaft erwog. Dazu war sein Terminkalender schlicht und ergreifend zu voll – und seine Kondition zu schlecht.

Clement erreichte das Parkdeck, war froh die Liftkabine verlassen zu können und ging mit weiten, raumgreifenden Schritten auf seinen Wagen zu. Einen Mercedes.

Er öffnete und setzte sich ans Steuer.

Ein Mann trat hinter einem der Betonpfeiler hervor. Er musste dort gewartet haben. Er trug einen grauen Dreiteiler, sowie einen dünnen Regenmantel.

Und schwarze Lederhandschuhe.

Er riss die Tür auf und setzte sich neben Clement auf den Beifahrersitz.

Clement saß wie erstarrt hinter dem Lenkrad.

„Hi, Ray!“, murmelte er. „Um ehrlich zu sein...“

„...hattest du mit mir nicht gerechnet“, sagte der Mann im grauen Anzug. Er verzog das Gesicht, das wie aus Stein gemeißelt wirkte und durch zahllose harte Linien gezeichnet wurde.

„Ich habe einen dringenden Termin, Ray.“

„Den du leider nicht wahrnehmen kannst!“

Rays Hand steckte in der rechten Tasche des dünnen Regenmantels. Er hob sie leicht an. Etwas wölbte sich unter dem dünnen Mantelstoff hervor.

„Ich habe hier eine Waffe mit Schalldämpfer“, stellte Ray fest. Seine Stimme klang wie klirrendes Eis. „Mach den Motor an, fahr los und tu genau, was ich dir sage!“

Clement schluckte.

„Hör mal, Ray, ich weiß nicht, was das jetzt soll...“

„Los jetzt!“

Clement startete den Wagen und fuhr aus dem Parkhaus. Anschließend folgte er dem Einbahnverkehr auf der Avenue B, ehe es schließlich Richtung Norden ging.

Etwa eine Dreiviertelstunde später durchquerten sie die Bronx und erreichten schließlich das nördlich des Big Apple gelegene New Rochelle.

Ray befahl Clement auf ein brachliegendes Industriegelände am Rande von New Rochelle zu fahren. Mehrere Werkshallen standen hier nebeneinander, aber produziert wurde dort schon lange nichts mehr. Ein Zulieferer der chemischen Industrie, der Werkstoffe zum Korrosionsschutz gefertigt hatte, war bankrott gegangen und jetzt stritten die Rechtsnachfolger und die Behörden der Stadt New Rochelle darüber, wer für die Kosten der Altlastensanierung aufzukommen hatte. Bis das nicht geklärt war, würde sich hier nichts mehr bewegen.

Hinweisschilder untersagten das Betreten des Grundstücks und wiesen jeden, der es doch tat auf die Gefahren hin.

Ray ließ Clement vor die dritte Halle fahren und aussteigen. Clement gehorchte zögernd. Ray nahm unterdessen die Aktentasche mit, die Clement auf den Rücksitz geworfen hatte, als er eingestiegen war.

Ray öffnete die Tasche. Er zog einen Computerausdruck heraus. Ein Datenträger fand sich auch.

„Wirklich sehr interessant“, sagte Ray. „Wer hätte gedacht, dass du ein Verräter bist!“

„Ray, das sieht nur so aus, aber ich kann das alles erklären!“

„Weißt du was? Wir beobachten dich schon eine ganze Weile. Und eigentlich interessiert es niemanden in der Organisation noch, welche Gründe du vielleicht vorbringst. Das Problem ist einfach, dass mit dir niemand mehr Geschäfte machen will, weil du einfach allen zu sehr auf die Nerven gehst und sie es dich nicht leisten können, sich selbst in Gefahr zu bringen.“

 

Clement schluckte. Er wich einen Schritt zurück. Einen Augenblick lang erwog er, einfach wegzulaufen. Aber er sah ein, dass er keine Chance hatte. Sein Gegenüber war zu dicht an ihm dran. Es war kaum denkbar, dass Ray daneben schoss.

„Welche Chance habe ich noch?“

„Hängt von den Antworten ab, die ich von dir kriege“, sagte Ray.

„Ich sag dir alles, was du willst.“

„Zunächst mal möchte ich wissen, wer die Liste der Rennteilnehmer bekommen sollte?“

„Niemand! Keine Ahnung, ich...“ Er stammelte vor sich hin und bekam nicht einen einzigen verständlichen Satz auf die Reihe.

„War es dieser Trevellian?“, fragte Ray.

„Ray, du kennst mich!

Ray zog die Waffe aus der Manteltasche, richtete sie auf Clement und feuerte. Das Geräusch glich einem kräftigen Niesen. Clements Schrei war wesentlich lauter – aber auch den würde hier niemand hören. Clement griff sich an den Arm. Rays Pistolenlauf mit dem aufgesetzten Schalldämpfer glitt tiefer. Ein weiterer Schuss folgte und traf Clement im Oberschenkel. Das Hosenbein verfärbte sich blutrot. Clement versuchte, die Blutung zu stillen und taumelte rückwärts. Er strauchelte zu Boden und blickte Ray mit Angst geweiteten Augen an. „Ich bin gespannt, wie viel Blei du brauchst, um mir vernünftige Antworten zu geben!“ Ray trat näher und achtete peinlich genau darauf nicht in die Blutflecken zu treten, die sich am Boden bereits gebildet hatten. Clement kroch vor seinem Peiniger ein paar Meter davon. Ray folgte ihm und richtete erneut die Waffe auf den am Boden Liegenden. „Ich will jetzt wissen, ob dieser Trevellian gegen uns ermittelt und was er weiß!“

„Er weiß nichts!“, zeterte Clement.

„Aber es stimmt, dass er sich nicht einfach so aus Freude an seinem Wagen für das Rennen gemeldet hat!“

„Ja“, keuchte Clement. „Was willst du machen? Das Rennen vielleicht absagen?“

„Nein. Das ist eines von den Dingen, die unter keinen Umständen passieren werden“, erklärte Ray. „Wir regeln das auf unsere Weise.“ Ray atmete tief durch. Sein Mund verzog sich dabei. Er richtete die Waffe jetzt auf Clements Kopf und feuerte zweimal kurz hintereinander. Wie rote Drachenzungen leckte das Mündungsfeuer aus der vorderen Öffnung des Schalldämpfers heraus. Ein Geräusch, das wie zwei kurz hintereinander ausgeführte Schläge mit einer zusammengerollten Zeitung klang, ertönte. Auf Clements Stirn hatten sich zwei kleine rote Löcher dicht nebeneinander gebildet. Er sackte in sich zusammen und eine Blutlache begann sich auf den Asphalt vor der dritten Werkshalle zu ergießen.