Nachhaltigkeit für Deutschland? Frag doch einfach!

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Nachhaltigkeit für Deutschland? Frag doch einfach!
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Michael von Hauff

Nachhaltigkeit für Deutschland? Frag doch einfach!

Klare Antworten aus erster Hand

UVK Verlag · München


Prof. Dr. Michael von Hauff ist seit 1991 Inhaber des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftspolitik und internationale Wirtschaftsbeziehungen an der TU Kaiserslautern. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Umwelt- und Entwicklungsökonomie. Er hat eine Vielzahl von Arbeiten über den Zusammenhang von Ökologie und Ökonomie und über die ökonomische und ökologische Entwicklung von Entwicklungsländern wie Indien, Vietnam und Myanmar publiziert. In den letzten Jahren hat er sich besonders dem Leitbild Nachhaltiger Entwicklung im Rahmen von Publikationen und Forschungsprojekten zugewandt. Der Studiengang „Nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit“ am Fernstudienzentrum der TU Kaiserslautern geht auf seine Initiative zurück.

Umschlagabbildung und Kapiteleinstiegsseiten: © bgblue – iStock

Abbildungen im Innenteil: Figur, Lupe, Glühbirne: © Die Illustrationsagentur

Autorenfoto: privat

utb-Nr. 5435

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN 978-3-8252-5435-3 (Print)

ISBN 978-3-8463-5435-3 (ePub)

Inhalt

  Vorwort

  Was die verwendeten Symbole bedeuten

  Kapitel

  Nachhaltigkeit in Zahlen Was sind die wichtigsten Zahlen und Fakten zum Thema Nachhaltigkeit?

  Nachhaltigkeit: Der Status quo Wofür steht Nachhaltigkeit? Woher kommt der Begriff? Hat sich der Begriff in seiner Bedeutung verändert? Worauf zielt nachhaltige Entwicklung heute ab? Sind mit diesen drei Dimensionen alle Aspekte der Nachhaltigkeit abgedeckt? Gibt es Unterschiede zwischen der wissenschaftlichen und der alltäglichen Verwendung des Begriffs? Gibt es ein anschauliches Beispiel von Natur- durch Sachkapital? Wie lautet dazu die Erläuterung der Handlungsregeln? Gibt es Schwächen bei den beiden Ansätzen? Wie wird die ausgewogene Nachhaltigkeit begründet? Gibt es Beispiele für übernutzte Ökosysteme? Warum muss der Begriff nachhaltige Entwicklung inhaltlich konkretisiert werden? Weshalb ist der Begriff heute in aller Munde? Gibt es bereits Vorreiter für auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Branchen? Welche Rolle spielen bei der Nachhaltigkeit die Medien? Wie sieht es mit weiteren Branchen aus? Werden die Beispiele der Branchen die Konsumenten erreichen können? Gibt es Umfragen oder Studien zum Entwicklungsstand oder wie die Bevölkerung zu Nachhaltigkeit steht? Wurden die Nachhaltigkeitsziele noch konkretisiert? Warum kam es zu nachhaltiger Entwicklung und wo stehen wir heute? Gibt es weitere wichtige Schritte zur nachhaltigen Entwicklung?

  Nachhaltigkeit international Wo können wir Nachhaltigkeit international finden? Wie steht es um die Industrieländer? Was hat die UNO mit Nachhaltigkeit zu tun? Wird die Agenda 21 „gelebt“? Was hat es mit dem Rio-Prozess auf sich? Was waren die wichtigsten Etappen im Rio-Prozess? Können Sie die wesentlichen Etappen kurz vorstellen? Wurden die Beschlüsse der Konferenzen nach 2002 konkreter? Gab es bei der Konferenz von 2012 gemeinsame Ziele? Warum hat die erste Euphorie der Rio Konferenz 1992 nachgelassen? Wie kommt es hinsichtlich der Umsetzung von nachhaltiger Entwicklung zu Verunsicherungen? Gibt es konkrete Anhaltspunkte für die nachlassende Euphorie? Können verantwortliche Akteure zum Thema Plastikmüll genannt werden? Kann auch der Energiesektor mit aufgezählt werden? Die Agenda 2030 mit den 17 Nachhaltigkeitszielen ist für alle Länder weltweit auf eine politische Verbindlichkeit angelegt. Stimmt das wirklich? Sind manche Volkswirtschaften mit der Verfolgung von Nachhaltigkeitsstrategien überfordert? Wie wird das Thema in den einzelnen Ländern umgesetzt? Gibt es unter den 17 Nachhaltigkeitszielen eine Priorisierung? Umfasst die Präambel der Agenda nur diese Kernbotschaften? Gibt es bei den Zielen auch einzelne, die untereinander in Konflikt geraten können? Sind die 17 SDGs und die Unterziele entsprechend den drei Nachhaltigkeitsdimensionen ausgewogen gewichtet? Alle Länder sollen bis 2030 die Ziele erreichen. Aber wer kann es wirklich schaffen? Steht Nachhaltigkeit auf der Ebene der EU auf der politischen Agenda? Gibt es für die Nachhaltigkeitsstrategie von 2016 konkrete Rechtsgrundlagen? Wie wird die Agenda 2030 konkret umgesetzt? Wie sieht es um die politische Steuerung der EU-Nachhaltigkeitsstrategie aus und welche Defizite sind festzustellen? Gibt es weitere Kritikpunkte an der Nachhaltigkeitsstrategie?

  Nachhaltigkeit in Deutschland Wie sieht es mit der Nachhaltigkeit in Deutschland aus? Hatten Länder sehr unterschiedliche Strategieansätze? Wie kam es in Deutschland zu einer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie? Kam es zu dem geforderten neuen Politikstil und zu einer umfassenden Transformation? Wie wurde die erste nationale Nachhaltigkeitsstrategie bewertet? Welches Fazit würden Sie nach der Nachhaltigkeitsstrategie ziehen? Was bringt uns die Agenda 2030 und die neue deutsche Nachhaltigkeitsstrategie? Wie werden die einzelnen Nachhaltigkeitsziele inhaltlich konkretisiert? Was wurde bei der Umsetzung der Ziele bisher erreicht und wo gibt es noch Potenzial der Verbesserung? Welche Verbesserungsmöglichkeiten können genannt werden? Gibt es bestimmte Ziele, über die häufiger diskutiert wird als über andere? Ist nicht auch die Frage des Zugangs zu Wasser äußerst wichtig? Wie wird Wasserstress gemessen? Wie sehr wird die Frage von Recht und Gerechtigkeit behandelt? Gibt es einen Vorteil, wenn ein (volks-)wirtschaftlicher Indikator herangezogen wird? Welches Fazit ziehen Sie aus den unterschiedlichen Indikatoren? Was wurde in Deutschland hinsichtlich der Nachhaltigkeitsstrategie bisher erreicht und wo gibt es noch Handlungsbedarf? Welche Ziele der Nachhaltigkeitsstrategie werden in Deutschland erreicht? Wo geht die Entwicklung in die richtige Richtung, aber es verbleibt eine Zielverfehlung zwischen 5 und 20 Prozent? Wo geht die Entwicklung in die richtige Richtung, aber es verbleibt eine Lücke von mehr als 20 Prozent? Und wo geht die Entwicklung in die falsche Richtung? Wie lassen sich die vier Bewertungskategorien quantitativ aufteilen? Was tut die Bundesregierung bzw. wo gibt es noch Handlungsbedarf? Wie zeichnet sich die Kategorie „Entwicklung in die falsche Richtung“ aus? Ist die Komplexität bzw. die Vernetzung der Ziele in der strategischen Umsetzung hilfreich? Welche Zuständigkeiten haben die Bundesländer für die SDGs? Haben sich einzelne Bundesländer den 17 Nachhaltigkeitszielen verschrieben? Was wird auf kommunaler Ebene hinsichtlich der Nachhaltigkeitsziele vorgenommen? Welches Ziel wird dabei auf kommunaler Ebene verfolgt? Können auch Unternehmen im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie einen Beitrag leisten? Worum geht es bei CSR? Was ist demnach das wichtigste Ziel von CSR? Gibt es eine CSR-Strategie in Deutschland? Gibt es weitere Unterstützungen für CSR? Was sind die zentralen Kritikpunkte am Konzept CSR? Wie können Bürger Nachhaltigkeitsziele verfolgen? Welche Formen bürgerlichen Engagements gibt es? Gibt es zur Konkretisierung der Aktionstage Nachhaltigkeit Fallbeispiele?

 

  Nachhaltigkeit in der Gesellschaft Wie kann man die einzelnen gesellschaftlichen Bereiche bzw. Sektoren im Rahmen von Nachhaltigkeit konkretisieren und ausgestalten? Können alle gesellschaftlichen Bereiche beleuchtet werden? Wie kommt es zu nachhaltiger Bildung? Wie verfolgen weiterführende Bildungseinrichtungen das nachhaltige Bildungsziel? Wie darf man sich die Umsetzung strategischer Nachhaltigkeitsziele durch Hochschulen vorstellen? Wie kommt es zu nachhaltigem Konsum? Warum spielt der Konsum eine so entscheidende Rolle? Welche Bevölkerungsgruppen neigen besonders zu nicht nachhaltigem Konsum? Welche Ziele werden im Allgemeinen mit Konsum verfolgt? Wie kann man sich über nachhaltigen Konsum informieren? Welche Bereiche bieten sich für nachhaltigen Konsum noch an? Mit welchen Auswirkungen müssen wir rechnen, wenn wir uns dem nachhaltigen Konsum verweigern? Wie kommt es zu nachhaltigen Innovationen? Welche Theorie liegt den Überlegungen zu nachhaltigen Innovationen zugrunde? Wie lassen sich nachhaltige Innovationen an dem Beispiel der Digitalisierung verdeutlichen? Ist die Digitalisierung also schon heute ein Vorteil für die Nachhaltigkeit? Gibt es für nachhaltige Digitalisierungsinnovationen Beispiele? Gibt es Lösungsstrategien zur Verringerung der potenziellen Probleme der Digitalisierung? Und wie wirkt sich die Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt aus? Und welche der beiden konträren Wirkungen des Digitalisierungstrends auf den Arbeitsmarkt gewinnt die Oberhand? Gibt es aufgrund des Arbeitsmarktrisikos politischen Handlungsbedarf? Wie kommt es zu nachhaltigem Wachstum? Wie wirkt sich ein Null-Wachstum und Degrowth auf die wirtschaftliche Entwicklung aus? Wer sind die Befürworter von Green Growth? Und was ist das Ziel der Inklusion? Wie kommt es zu einem nachhaltigen Gewerbegebiet? Wodurch zeichnet sich ein nachhaltiges Gewerbegebiet aus? Gibt es zu nachhaltigen Gewerbegebieten ein konkretes Beispiel? Wie kommt es zu nachhaltigem Handel? Gibt es Bestrebungen, der Tendenz zunehmender Einkommensdisparitäten entgegenzuwirken? Welche Anstrengungen nahmen die Entwicklungsländer selbst vor? Gibt es seitens Deutschlands weitere Bemühungen zur Förderung nachhaltigen Handels? Welche Barrieren für einen nachhaltigen Handel bestehen noch? Gibt es ein weiteres Beispiel aus dem Bereich internationaler Handel? Wie kommt es zu einer nachhaltigen Biodiversität? Wie lässt sich Biodiversität bewerten? Gibt es für Biodiversitätsprobleme ein Beispiel? Was sind die Ursachen der Problematik der Biodiversität?

  Nachhaltigkeit in der Zukunft Worin liegen die Hemmnisse und Probleme, die zu einer mangelnden Dynamik bei der Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung führen? Könnten Sie zum Thema Lobbyisten ein Beispiel nennen? Wie kann man aus aktueller Sicht ein Fazit aus den bestehenden Entwicklungen einerseits und den zukünftigen Herausforderungen andererseits ziehen?

  Glossar – Wichtige Begriffe kurz erklärt

  Verwendete Literatur

  Wo sich welches Stichwort befindet

Vorwort

Nachhaltige Entwicklung gilt unter Experten als zukunftsorientiertes Leitbild bzw. Paradigma. Diesem Leitbild hat die Völkergemeinschaft erstmals 1992 auf der Konferenz in Rio de Janeiro als dem Leitbild des 21sten Jahrhunderts zugestimmt. Die Neuorientierung, die durch dieses Leitbild vorgegeben wurde und den global vorherrschenden Mainstream des Neoliberalismus ablösen sollte, führte zunächst zu einer großen Euphorie. Sie basierte auf der Hoffnung, dass nachhaltige Entwicklung bei konsequenter Umsetzung einen wichtigen Beitrag zur Lösung oder zumindest zur Verringerung der drängenden Probleme wie Klimawandel, Rückgang der Biodiversität, Armut, Hunger, ungleiche Verteilung, Gendergerechtigkeit aber auch militärische Konflikt beitragen könnte.

Zwischen Hoffnung und der konkreten Entwicklung kam es jedoch zu einer Kluft: vielfach beließ man es dabei die Probleme zu beklagen oder zu verdrängen. Viele Verantwortungsträger gingen überwiegend auf den vertrauten Pfaden einer nicht nachhaltigen Entwicklung weiter, oder beschränkten sich auf einige wenige Reformen. Eine umfassende Transformation, wie sie in dem Leitbild angelegt und gefordert wird, bleibt bisher aus. Dabei steht gerade jetzt in der aktuellen Krise die verbreitete Forderung: „so können wir nicht weiter wirtschaften“, verstärkt im Raum und wird in zunehmendem Maße von Politikern, Wissenschaftlern, Vertretern der Kirche aber auch von Vertretern aus der Wirtschaft vorgetragen.

Nachhaltigkeit wurde bisher begrifflich in verschiedene Bereiche der Gesellschaft in unterschiedlicher Intensität und Intention eingeführt. In der Wirtschaft wird bei der Produktion und den Produkten vieles schon als nachhaltig ausgewiesen. Besonders in der Werbung wird der Begriff häufig genutzt, ohne dass Experten oder auch allgemein den Konsumenten immer klar wird, warum eine Produktion oder ein Produkt als nachhaltig ausgezeichnet und beworben wird. Für viele Unternehmen gehört es in diesem Kontext heute zur Imagepflege sich im Internet in Hochglanzbroschüren als nachhaltiges Unternehmen und damit als progressiv und verantwortungsvoll zu generieren. Dabei gibt es durchaus Unternehmen, die sich dem Leitbild ernsthaft verpflichtet fühlen und bei der Umsetzung auf einem guten Weg sind.

In der Wissenschaft gibt es einige Disziplinen, wie z. B. die Architektur oder das (Bau-)Ingenieurwesen, aber auch die Sozialwissenschaften, die Nachhaltigkeit zunehmend entdecken. Die Ingenieurwissenschaften wenden sich bisher primär der ökologischen Nachhaltigkeit zu. Es geht also darum umweltschonendere Produktionsanlagen bzw. Maschinen und Produkte zu entwickeln und herzustellen. Dabei geht es dann um eine höhere Energieeffizienz oder um eine ressourcensparende Produktion. Hier gibt es teilweise vielversprechende Entwicklungen. Aber auch in den Sozialwissenschaften wenden sich einige Vertreter der verschiedenen Disziplinen der nachhaltigen Entwicklung teilweise systematisch zu. So entstand beispielsweise die Nachhaltigkeitsökonomie, die sich von der noch dominierenden Mainstream Ökonomie deutlich unterscheidet.

Der Bildungssektor, der sich besonders der nachhaltigen Entwicklung zuwenden sollte, da Schüler und Studierende in ihrem zukünftigen Arbeitsleben mit dem Thema vertraut sein sollten, geht das Thema noch eher zurückhaltend bzw. partiell an. Fragt man Schüler oder Studierende über ihre Kenntnisse zur nachhaltigen Entwicklung, so haben sie zu dem Thema meistens – wenn überhaupt – nur rudimentäre Vorstellungen bzw. Kenntnisse. Es gibt jedoch einige Schulen und Hochschulen, die eine Vorreiterrolle einnehmen. Zu nennen sind beispielsweise die Universität Lübeck oder die Hochschule für Nachhaltigkeit Eberswalde. Aber sie sind bisher in Deutschland noch die Ausnahme.

 

In der Politik kann man eine gewisse Ambivalenz feststellen: Einerseits hat Deutschland eine ambitionierte nationale Nachhaltigkeitsstrategie und auch Bundesländer haben auf Landesebene oft eigene Nachhaltigkeitsstrategien, die im Vorwort als wichtige Grundlage für die Politikgestaltung ausgewiesen werden. In politischen Statements oder Diskussionen wird von Politikern jedoch darauf kaum Bezug genommen. Auch die Politikstile, die z. B. auf mehr Partizipation ausgerichtet sein sollten, haben sich noch nicht konsequent in Richtung Nachhaltigkeit weiterentwickelt. Eine häufige Begründung ist: mit Nachhaltigkeit kann man keine Wahl gewinnen. Daher ist eine nachhaltigkeitsorientierte Politik (noch) nicht opportun. Dabei mangelt es nicht an Literatur zur Gestaltung bzw. Umsetzung einer nachhaltigen Politik. (vgl. u. a. v. Hauff, Nguyen 2013)

Die Medien nehmen das Thema bisher auch noch nicht in ausreichendem Maße wahr. Die Vielzahl der Talkshows beschränkt sich in kaum zu überbietenden Wiederholungen auf „Tagesereignisse“. Natürlich werden einige Themen, die der nachhaltigen Entwicklung zuzuordnen sind, diskutiert. Dabei steht der Klimawandel im Mittelpunkt, wobei z. B. der dramatische Rückgang der Biodiversität und seine Folgen auch in den Medien viel mehr Beachtung verdient. Klimawandel wird jedoch häufig unzureichend bzw. verengt wahrgenommen und diskutiert.

So wurde z. B. bisher die Beziehung zwischen Klimawandel und Wirtschaftswachstum, ein sehr komplexes Thema, weitgehend verdrängt. Dabei ist die Kausalität klar: ein steigendes Wirtschaftswachstum trägt tendenziell zur Verschärfung des Klimawandels bei und ein fortschreitender Klimawandel wirkt sich tendenziell negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung bzw. das Wachstum aus. Dabei ist Wachstum in unserem Wirtschaftssystem eine wichtige Voraussetzung für eine positive Entwicklung am Arbeitsmarkt, die Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme und für das Staatsbudget, das für die wachsenden Aufgaben des Staates u. a. für Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft von großer Bedeutung ist. Dennoch gilt auch hier: Einige Medien beschäftigen sich mit nachhaltiger Entwicklung immer wieder im Rahmen von fundierten Beiträgen, die den ganzheitlichen Ansatz behandeln und Möglichkeiten zur Umsetzung aufzeigen.

Ein erstes Resümee ist somit: Nachhaltige Entwicklung fordert einen grundsätzlich neuen Denk- und Politikstil, der ganzheitlich ausgerichtet ist. Es reicht nicht sich auf einige Aspekte nachhaltiger Entwicklung zu beschränken. Es geht vielmehr darum die ökologische, die wirtschaftliche und die soziale, d.h. die gesellschaftliche Dimension zusammen zu denken, was dann auch zu einem ganz neuen Stabilitätsdenken führt. Dabei muss die nachhaltige Stabilitätsformel von den Grenzen der Belastbarkeit der Natur bzw. der ökologischen Systeme ausgehen und diese als unwiderruflich akzeptieren.

Das komplexe Leitbild wird in diesem Buch vorgestellt. Es wird auch exemplarisch aufgezeigt, wie sich nachhaltige Entwicklung umsetzen lässt und welche Hemmnisse zu überwinden sind. Eine wesentliche Forderung dieses Buches primär an die Politik aber auch an andere gesellschaftliche Akteure ist, dass ein kohärentes Nachhaltigkeitskonzept bzw. Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt und angestrebt wird. Die zentrale Grundposition dieses Buches, die auch eine Antwort auf die Feststellung gibt „so kann es nicht weiter gehen“ ist:

Es gibt für die Menschheit keine Alternative zur nachhaltigen Entwicklung die erfolgversprechender für eine nationale, aber auch globale Stabilität im Sinne einer ökologischen, ökonomischen und sozialen Ausgewogenheit einschließlich der Gerechtigkeit ist.

In dem Buch werden hierzu wichtige Fragen beantwortet. Dabei können nicht alle relevanten Fragen in der ausreichenden Tiefe beantwortet werden. Eine Vertiefung wird daher durch weiterführende Literaturquellen möglich. Die mehr als zwanzigjährige Forschungsarbeit des Autors zur Nachhaltigkeitsökonomie wurde durch viele Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiter aber auch Studierende bereichert. Allen gilt Dank, ohne sie im Einzelnen nennen zu können. Im Rahmen dieses Buches gilt mein besonderer Dank Herrn Dr. Jürgen Schechler vom UVK Verlag München, der die Konzeption entwickelt hat und mir mit wichtigen Anregungen ganz wesentliche Impulse gab. Dank gilt auch meiner ehemaligen Mitarbeiterin Julie Vesque, die mich bei der Gestaltung stets hilfsbereit unterstützt hat.

Stuttgart im August 2020 Michael von Hauff