Is’ ja SAGENhaft! 3 - Norddeutsche Sagen jetzt erst recht!

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Is’ ja SAGENhaft! 3 - Norddeutsche Sagen jetzt erst recht!
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Is’ ja

SAGENhaft!

3

- Norddeutsche Sagen jetzt erst recht -

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Copyright (2017) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Illustrationen © Rudi Kohls

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de


Wir widmen dieses Buch

Gila und Marco,

die uns Alles bedeuten.

Inhalt

Prolog

Der Spot geht an. Es werde Licht!

Wer will noch mal? Wer hat noch nicht?

Hereinspaziert! Die Show beginnt,

wenn alle auf den Plätzen sind.

Das Popcorn knirscht. Manege frei!

Es folgt nun Sagenstaffel 3.

Die ist, na klar, bisher die Beste,

das gibt’s bekanntlich ja für Gäste,

drum hau’ ich unter viel Applaus

hier literarisch einen raus.

Wer auf die ersten Teile fliegt,

der weiß, was er zu lesen kriegt:

’ne Wundertüte voller Märchen

so frech wie bunte Gummibärchen,

genauer noch verulkte Sagen

zum Schmunzeln, Lachen, Weitertragen.

Und wer’s zum ersten Mal erlebt,

dem, hoff’ ich, auch sein Zwerchfell bebt,

und dass für ihn der kühle Norden

ist nachher kuschliger geworden.

Denn Rudi und mein Lyrik-Ich,

wir schmissen uns ganz fürchterlich

ins Zeug für diesen dritten Teil.

Was soll ich sagen? Das wird geil!

Wir haben uns kein Stück geschont,

doch hat sich’s, glaube ich, gelohnt.

Ich hab’ mir, nicht mal übertrieben,

gut Hornhaut an die Hand geschrieben

und muss seitdem vorm E-Mail-Simsen

erst vorher meinen Daumen bimsen.

Und Rudi litt beim Bildermalen

auch ganz besonders fiese Qualen

und hat sich in den Arbeitswochen

akut den Zeichenstift gebrochen.

Doch so entstanden zwölf Geschichten,

die SAGENhaftes euch berichten

und euch auf glühend heißen Reifen

glatt einmal durch den Norden schleifen:

In Lüneburg in Niedersachsen,

da pökelt sich ein Schwein die Haxen,

in Husum legt ’ne Oma Feuer,

in Hamburg baden Ungeheuer,

auf Rügen könn’n bekiffte Heiden

das Volk in Lübeck nich’ so leiden,

in Greifswald, gegen ihren Willen,

da muss ne heiße Hexe grillen,

in Rostock, wo’s an Zahlen fehlt,

man lediglich bis Sieben zählt,

in Bremen steht der Roland rum,

in Leer sind Riesinnen sehr dumm,

in Pommern und nicht San Francisco,

da geht der Tod gern in die Disco,

in Selxen gibt es Eichen-Spuk,

doch damit ist’s noch nicht genug,

denn in der Nordsee schwimmt und lenkt

ein Schiff, das alle Meere sprengt,

und im Nordwesten, fieser Lurch,

da knallt ein Kobold völlig durch.

Nun reicht’s mit diesem Eingeleite,

jetzt wechselt endlich mal die Seite!

1.
Wenn die Kastagnetten glühen

(Das brave Mütterchen)

Man sagt ja oft, ist jemand oll,

dann treibt er es besonders doll,

was meist bedeutet, dass die Alten

sich auch nach Torschluss noch entfalten.

Sie lassen’s dann mit solchen Sachen

wie Sex noch mal so richtig krachen,

doch kommen meist nach zehntem Winter,

im zweiten Frühling erst dahinter.

Doch dass das „Doller“ nicht nur heißt,

dass man noch mal den „Hengst“ beweist,

dass zeigt uns gleich die nächste Sage,

die fördert Folgendes zu Tage:

Die schildert, wie ’ne coole Oma,

schon ziemlich knapp vorm Endzeitkoma,

noch einmal ihre Kräfte weckt

und Heldenmut in sich entdeckt.

Sie wächst da über sich hinaus

und opfert Hab und Gut und Haus.

Sie wird, obwohl’s nicht angenehm,

zur Powerfrau trotz Hüftproblem

und zeigt, nicht alle von den Greisen

gehören gleich zum alten Eisen.

Drum heißt es künftig auch: Je oller,

desto beherzter, desto toller.

Nun bitte lest, was ich hier schreib’,

wie Omma ward zum Heldenweib:

In Husum fror’s im Winter stark,

drum froren die Bewohner arg,

zu Eis erstarr’n vom Zeh zum Kinn

danach stand ihnen nicht der Sinn,

vielmehr den Kälteschock zu mindern,

um den Gefrierbrand zu verhindern.

Was wirkt da besser als ein Ofen?

Natürlich Feiern, Saufen, Schwofen.

Drum machten sie die Not zur Tugend.

Es gab ein Fest für Alt und Jugend.

Man traf sich draußen vor der Stadt,

weil’s da am meisten Freiraum hatt’.

Es wurden Zelte aufgeschlagen,

es kurvten schlittbeschuhte Blagen,

es fuhren aufgemotzte Schlitten,

es gab Maroni, Mutzen, Fritten,

es lag zu Hüttengaudi-Musi

das Volk im dampfenden Jacuzzi“

und langsam kroch famose Wärme

durch Hosenbeine in Gedärme.

Es wurde richtig abgehottet,

der Winter wurde eingemottet.

Die ganze Stadt machte ’ne Sause,

nur eine hockte noch zu Hause.

Sie blieb zurück und zwar allein,

aufgrund multipler Zipperlein.

Es war die Oma, siehe oben,

die konnt’ sich leider nicht austoben,

die litt laut ärztlicher Berichte

an zu geringer Knochendichte.

Man konnte sagen, skandalös,

die Gute war schon arg porös

und für die Party dann tatsächlich

aufgrund des Rheumas zu gebrechlich.

Drum blieb die stark verkrümmte Lütte

nun ganz allein in ihrer Hütte

und kam auch sonst durch ihre Gicht

nur selten mal ans Tageslicht.

Stattdessen sah sie aus der Ferne

dem Treiben zu und das sehr gerne.

Sie freute sich an Spiel und Tanz

aus angemessener Distanz,

denn günstig lag ihr kleines Reich

am Rand der Stadt mit Blick vom Deich.

Von dort aus sah sie ungefähr

die ganze Szene bis zum Meer

und konnt’ zum Takt der Partymassen

die morschen Finger knirschen lassen.

Doch plötzlich sah die forsche Alte,

wie sich am Himmel etwas ballte,

und wie sein Nachtschwarz rasch ergraute,

weil sich da was zusammenbraute.

Auf See entstand, als Dunst verpufft’,

’ne weiße Wolke in der Luft.

Und weil’s die Mutti konnte deuten,

da hörte sie die Glocken läuten.

Sie jobbte mal auf Hallig Hooge

als Hobbymeteorologe

und wusste, das ist gar nicht gut,

auf weiße Wolke folgt die Flut.

Ihr war die drohende Gefahr

vom ersten Nebelfetzen klar.

Und während sie begann zu beten,

war’n alle andern noch am Feten.

Das Blöde war, dass keiner merkte,

dass sich der Wind plötzlich verstärkte

und sich recht dreist der „Blanke Hans“

gleich selbst einlud zum Freudentanz.

Die Meute steppte weiter nett

und unbeirrt übers Parkett.

Die Oma aber unterdessen,

die tat das Ganze richtig stressen,

die Wolke wurde immer breiter

und wuchs sekündlich immer weiter.

Auch war ihr Weiß, wie Schnee im Harz,

nun mittlerweile ziemlich schwarz.

Sie würde weiter kumulieren

und irgendwann dann explodieren.

Dann würd’ die Sturmflut ohne Gnaden

ihr ganzes Potential entladen

und Mann und Maus mit einem Husten

von Angesicht der Erde pusten.

Die Oma war am Überlegen:

„Wie kann ich die da wegbewegen?

Wie warn’ ich Frau und Kind und Mann,

wenn ich selbst gar nicht rennen kann?

Wie kann ich die Mischpoke retten?

Da glühen doch die Kastagnetten.

Da dampfen doch die Discoschuhe.

Da herrscht das Gegenteil von Ruhe.“

Und dennoch fing sie an zu brüllen.

War besser als in Schweigen hüllen.

Doch schnell war klar, ihr Warngeschrei

ging unter im Geräusche-Brei.

Kein Ton von ihrem Hilferuf

bewegte auch nur einen Huf.

Und wie’s um ihre Mauken stand,

ist ja vom Anfang her bekannt.

Drum musste sie kurz resümieren

und alles rekapitulieren:

„Die ganze Stadt ist aufm Swutsch

und ohne Warnung recht bald futsch.

Und ich kann weder einen schicken,

noch selber meinen Arsch hin kicken.

Auch rein akustisch, was für’n Scheiß,

verpufft hier jeder Warnhinweis.

Was kann ich also andres machen

als schlicht ein Feuer zu entfachen?“

 

Gesagt, getan, da war sie praktisch

und kroch zum Ofen äußerst taktisch,

sie schnappte sich ein Restbrikett

und schmiss es glühend auf ihr Bett.

Das brannte sofort lichterloh,

denn es bestand aus trocknem Stroh,

und auch der Rest vom Haus am Deich,

der tat’s dem Bett der Oma gleich.

Ich fasse noch mal kurz zusammen:

Die ganze Hütte stand in Flammen.

Das sollte aber nun als Zeichen

und Leuchtreklame erst mal reichen,

um Blicke von den Festzeltbänken

geflissentlich auf sich zu lenken.

Und siehe da, ihr Plan ging auf,

kein Mensch ging heute Abend drauf.

Denn just als ihre Bude brannte

ein jeder von der Party rannte,

gerade als an dieser Stelle

’ne riesengroße Monsterwelle

die Festlichkeiten, jede Wette,

Tsunami-like beendet hätte.

Der Party-Mob war fix und fertig

und dennoch geistesgegenwärtig,

so rettete er wiederum

die Mutsch vorm Krematorium,

indem er sie mit Vaseline

geschmeidig zog aus der Ruine.

Denn Oma hatte kurz gewippt

und war dann aus dem Schuh gekippt,

weil die Strapazen unsrer Hippsten

zum Ende hin das Licht ausknipsten.

Und als sie schließlich Auftrieb hatte,

da stand sie wieder auf der Matte,

doch war sie nach dem Ganzen bloß

zu allem Übel obdachlos.

Doch weil ganz Husum ohne „Nana“

gelandet wäre im Nirvana,

erbaute man für sie sogleich

’ne neue Hütte auf dem Deich,

und wurd’ mal wieder abgesteppt,

dann wurd’ sie künftig mitgeschleppt.

Zwar hockte sie oft in der Ecke

mit Fencheltee und Rheumadecke,

doch war sie immerhin dabei,

drum war die Steifheit einerlei.

Und außerdem, das war das Beste,

fungierte sie bei jedem Feste,

weil’s sinnvoll war und so bequem,

als gratis Sturmflutwarnsystem.

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